Sonntag, 8. September 2024
Wir kommen erst spät zur Ruh, denn es ist Samstag Abend und die Schönen und Reichen fahren mit ihren Booten immer zwischen See und der über Nacht geschlossenen Brücke hin und her, und das ganze mit lauter Partymusik. Aber nach 1 Uhr wird es langsam ruhiger und wir können schlafen. Der Morgen beginnt diesmal nicht mit Frühstück, sondern zuerst kümmer ich mich um unser Picknick für den Tag. Für jeden gibt es zwei Trinkflaschen, für Peter ausserdem einen großen Thermosbecher mit Kaffee. Dann schmiere ich Brote für uns beide, zum Naschen gibt es eine Dose voll mit leckeren Weintrauben und natürlich Chips. Ausserdem packen wir zwei große Badehandtücher und Sonnencreme ein. Dann heisst es frühstücken, wie so oft setzen wir uns dazu raus vor unser Wohnmobil. Um kurz nach halb zehn machen wir uns auf den Weg zum Hafen, die Brücke ist glücklicherweise gerade für den Straßenverkehr frei, also kommen wir direkt am Campingplatz über den Kanal. Der Bootsverleih hat gerade geöffnet, und der Mitarbeiter von gestern hat scheinbar wie geplant den verhandelten Preis und unseren Namen weitergegeben, auf jeden Fall klappt alles problemlos, und nach der Bezahlung können wir aufs Boot. Als erstes bekommen wir noch zwei Schwimmwesten aufs Boot gelegt, das ist prima und die machen wir auch direkt hinter unseren Sitzen fest, damit wir die im Notfall griffbereit haben. Die Einweisung erfolgt mit Händen und Füssen, der Mitarbeiter heute spricht so gut wie kein Englisch, aber Peter kennt sich ja zum Glück aus, und nach wenigen Minuten geht es los. Zuerst cruisen wir eine Runde auf dem See, damit Peter ein Gefühl für das Boot bekommt. Mit 9 PS ist es nun ja nicht gerade ein Rennboot, aber für uns beide sollte es reichen. Da die gesamte Bordelektronik nicht funktioniert, muss Peter komplett per Handy navigieren. Der Mitarbeiter gestern hatte uns eine App empfohlen, die Peter dann abends noch installiert hat. Die App zeigt Kurs, Geschwindigkeit und Untiefen an. Ich habe parallel dazu eine andere Navigations App installiert, so kann ich auch den Kurs verfolgen. Die Masurischen Seen sind gigantisch, und obwohl wir das Boot für fünf Stunden gebucht haben, merken wir schnell, dass wir nur einen Bruchteil sehen werden. Nach der „Warmfahrrunde“ über den See geht es zuerst durch den Kanal Niegociński. Vor uns fährt ein Segelboot, dass wie alle Segelboote in diesen Kanälen einen Klappmast hat, da es sonst unter den Kanalbrücken nicht durchkommt. Hier darf man maximal sechs km/h fahren, also dauert die Durchfahrt etwas. Dann erreichen wir den See Tajty, und kurz danach biegen wir in den nächsten Kanal ab, den Kanal Piękna Góra. Dieser ist etwas schwieriger zu fahren, da er in einer scharfen Kurve im See endet. Nun liegt der See Kisajno vor uns, und damit ein Meer aus weissen Segeln, hunderten Motorbooten und Jetskis. Es ist Sonntag und schönes Wetter, scheinbar ist halb Polen auf den Masurischen Seen unterwegs. Wir haben Spaß, und auch wenn unser Boot nicht das schnellste ist, kommen wir doch gut voran. Mittlerweile haben wir den See Dargin erreicht, und fahren weiter gen Norden, vorbei an der Brücke Most Sztynorcki. Dort sehen wir auf der linken Seite einen Steg, da wollen wir anlegen, wenn wir zurückfahren, in der Hoffnung, dass es da eine Toilette gibt. Die Schaukelei auf dem Wasser hat meine Blase mehr in Bewegung gebracht als mir lieb ist. Aber erst einmal geht es noch ein Stück weiter, durch den See Kirsajty und bis auf den See Mamry. Schweren Herzens wendet Peter hier, obwohl er am liebsten noch stundenlang weiter gefahren wäre. Wir fahren den gleichen Weg wieder zurück, und an der Brücke legt Peter wie geplant am Steg an. Ich springe schnell von Bord, und tatsächlich gibt es hier neben einem Imbisswagen auch zwei Dixies. Prima, mehr brauche ich gar nicht. Zurück an Bord kann ich nun auch wieder klar denken, und während Peter ablegt packe ich unsere Brote aus. Während wir über die Seen schippern, picknicken wir gemütlich und ich mache jede Menge Photos. Dann übernehme ich auch mal kurz das Ruder. Yepp, klappt besser als erwartet. Aber schnell ich gebe das Steuer wieder ab, denn vor uns ist schon wieder Trubel: Segelboote kreuzen wild mitten in der Fahrrinne, Jetskis schiessen kreuz und quer über den See und Motorboote pflügen durchs Wasser und machen so hohe Wellen, das unser kleines Bötchen übelst schwankt. Das soll bitte der Chef richten, immerhin kennt der im Gegensatz zu mir die Verkehrsregeln auf dem Wasser. Wobei die einfach sind. Segelkraft vor Muskelkraft vor Motorkraft. Das heisst wir als Motorboot müssen allen anderen Vorfahrt gewähren, egal welchen Blödsinn die anstellen. Aber da Peter ja ein erfahrener (Mit-)Segler und vor allem auch Windsurfer ist, kennt er sich gut aus und kann oft vorausschauend sagen, dass ein Segler gleich hart im Wind segeln und uns daher schnibbeln wird. Während ich Spaß habe, in der Sonne zu sitzen und durch geschaukelt zu werden, hat Peter total Spaß am Fahren. Ich denke irgendwann wird er doch noch den Bootsführerschein machen, dann brauchen wir uns auch nicht mit neun PS begnügen. Wobei die natürlich sparsam im Verbrauch sind, das Bötchen hat eine Reichweite von mehr als 200 km, das ist schon ordentlich. Bei den 100 PS Motoren geht der Spaß ganz schön ins Geld. Aber erst einmal schauen, die Unterlagen für den Bootsführerschein liegen auf jeden Fall schon mal zu Hause, wir werden sehen. Unsere Fahrt neigt sich auf jeden Fall dem Ende zu, und pünktlich fünf Stunden nach Fahrtantritt legt Peter unser Boot wieder am Steg im Hafen an. Trotz unseres Picknicks am Bord haben wir Hunger, also schauen wir bei der Tawerna rein, bei der wir gestern bereits die Speisekarte studiert haben. Peter entscheidet sich für Plince z pomoćką, das sind eine Art Kartoffelpuffer, und zwischen zwei Scheiben Plince liegt eine Scheibe Kassler. Die Portion ist gewaltig, vier Kartoffelpuffer und zwei Scheiben Kassler, dazu eine Knoblauchcreme. Ich entscheide mich für dreierlei Hering, einmal auf Zwiebeln, dann auf Senfsauce und die letzte Variante ist mit in Balsamico eingelegten Zwiebeln, dazu gibt es frisches Brot. Zum Trinken teilen wir uns einen Liter Mineralwasser, die Fahrt hat durstig gemacht. Das Essen war unglaublich lecker – und dazu auch günstig. Pro Kopf haben wir ohne Getränk um die 8 € gezahlt. Eigentlich wollten wir noch schwimmen gehe, aber ich bin echt KO vom Nichtstun, und wir gehen zurück zum Campingplatz. Nach einem Kaffee rufe ich bei Tante Erika an und quatsche eine Weile mit ihr und Muttern, dort ist alles in Ordnung. Dann gehe ich Geschirr abwaschen und im Anschluss wasche ich von Hand noch ein paar Anziehsachen aus. Morgen soll es nochmal warm und sonnig werden, da trocknet das schnell. Während dessen hat Peter schon mal wieder Wasser aufgefüllt. Später quatschen wir noch ein bisschen mit einem Ehepaar aus Potsdam und tauschen Reiseberichte aus, bevor wir uns dann gegen 20.30 Uhr ins Womo zurückziehen. Das Abendessen fällt spartanisch aus, wir machen uns jeder einfach eine Scheibe Brot. Dann holen wir unsere Rechner raus, und während ich den Tagesbericht tipper, meldet Peter unsere Zählerstände an die Stadtwerke und macht Buchführung. Für morgen haben wir bis jetzt noch keine Pläne, wir werden sehen.