Donnerstag, 19. September 2024
Wir wachen heute früh in einer dicken Nebelsuppe auf, alles draussen ist klatschnass. Gut das Peter bereits gestern abend alles abgebaut hat. Wir reiben gründlich die von innen tropfnasse Frontscheibe trocken, dann machen wir uns auf den Weg zum Berg der Kreuze, einer Wallfahrtsstätte in Litauen. Ja genau, wir fahren heute noch einmal kurz zurück nach Litauen, aber später geht es wieder zurück nach Lettland. Die Fahrt ist wie so oft unspektakulär. Die Sonne lacht, und aus den morgendlichen 13° C sind bereits gut 20°C geworden. Natürlich nutzen wir unseren Kurztrip nach Litauen noch einmal zum Tanken, Peter hat eine Tankstelle in dem Örtchen Joniškis rausgesucht. Und mal wieder stimmen Preis an der Tafel und Preis an der Zapfsäule nicht überein, aber tatsächlich gibt es hier dann auch den Rabatt beim Bezahlen. Und so haben unseren letzten Tiefpreis nochmal geknackt und konnten heute für 1.265 € pro Liter tanken. Weiter geht es, und kurz vor dem Berg der Kreuze sehen wir bereits einige Reisebusse stehen, es gibt dort einen kostenpflichtigen Parkplatz, wir müssten 3 € zahlen. Aber Peter hatte vorab über Google Maps festgestellt, dass es nur 100 Meter weiter einen Parkstreifen gibt, für vielleicht 4-5 Fahrzeuge, aber vielleicht haben wir ja Glück. Und tatsächlich – wir haben Glück und können Tatzel dort parken. Der Berg ist eigentlich kein Berg, vielmehr handelt es sich um zwei kleine Hügel direkt hintereinander, und wie der Namen bereits sagt, ist er übersät mit Kreuzen in allen Größen. Es gibt verschiedene Legenden zur Entstehung, Fakt ist jedoch, dass er im Laufe der Jahre ein politisches Symbol gegen die russischen Besatzer wurde. Im April 1961 wurden dann die Kreuze durch die Kommunistische Partei Litauens mit Bulldozern niedergewalzt, nur um kurz darauf erneut durch die Bevölkerung aufgestellt zu werden. In den Jahren 1973, 1974 und 1975 wurde diese Aktion wiederholt, und jedes Mal wurden noch mehr Kreuze durch die Menschen aufgestellt. Die letzten Zählungen 1990 wurden bei 50.000 abgebrochen, da die Kreuze einfach nicht zählbar sind. Wenn man all die kleinen Holzkreuze mitrechnen würde, die an größeren Kreuzen hängen, würde man sicherlich auf mehrere hunderttausend Kreuze kommen. Wir finden diesen Wallfahrtsort ziemlich bedrückend und vielleicht sogar schaurig. Direkt neben dem Doppelhügel ist eine Art Freiluftkapelle, dort wird gerade eine Messe gelesen. Wir laufen ein wenig herum, machen einige Photos, aber wir bleiben nicht lange und sind froh als wir wieder in Tatzel sitzen und weiterfahren. Im nächsten Ort halten wir an einem kleinen Imbiß, denn wir haben Hunger. Laut Google gibt es an diesem Wagen eine tolle Pizza – und genau das können wir eine knappe halbe Stunde später sehr satt bestätigen. Ehrlich gesagt war das eine der besten Pizzen unseres Lebens. Und dann haben wir von dem Besitzer auch noch eine Tüte duftender frischer Äpfel geschenkt bekommen für die Fahrt. Wie nett ist das denn!!! Um 16 Uhr haben wir in Tervetes in Lettland eine Weinprobe gebucht, das wird daher dann auch unser Tagesziel. Wir haben jedoch noch ein paar Minuten Zeit, also machen wir noch einen Schlenker vorbei an einem Wanderparkplatz. Dort führt ein Holzsteg an und dann um einen kleinen See. Der Weg dorthin führt mal wieder über Schotterpisten, das ist immer anstrengend zu fahren da es sehr laut ist. Um den See komplett zu umrunden, reicht die Zeit leider nicht, aber immerhin schaffen wir es, den Aussichtsturm zu besteigen, und bis zum See und zurück zu laufen. Dann müssen wir weiter, wieder erst einmal auf Schotterpisten. Nun erreichen wir das Weingut. Wir halten die ganze Zeit gespannt Ausschau nach Weinreben, aber da sind keine. Sehr seltsam. Wir werden sehr nett begrüßt, die Dame des Hauses spricht etwas deutsch und ist wirklich nett. Ihr Mann, der die Weinprobe durchführt, holt gerade die Kinder von der Schule ab. Wir können aber unser Wohnmobil schon mal für die Nacht parken, das haben wir vorab mit den beiden geklärt. Während Peter sich von dem Hund der Familie totschmusen lässt, sehe ich den Grund, warum hier keine Weinreben sind. Das Weingut stellt Obstwein her – das ist eine freudige Überraschung! Wir dürfen uns schon mal in den Pavillon setzen, wo die verschiedenen Sorten ausgestellt sind, und bekommen jeder einen großen Becher dampfend heissen Kaffee. Dann kommt auch schon der Hausherr, und die Verkostung beginnt. Er spricht sehr sehr gut Deutsch, und erzählt, wie vor 10 Jahren alles begann, welche Hürden es gab mit Corona, dem Angriffskrieg der Russen auf die Ukraine und dem schweren Hagelschaden an Ernte und Gebäude letztes Jahr. Und dass sie aber trotzdem noch existieren, auch wenn seit dem Krieg die Besucherzahlen aus Deutschland, Frankreich und allgemein Westeuropa stark zurückgegangen sind. Es gibt sieben Sorten Obstwein, drei der Sorten gibt es zusätzlich noch als Variante mit Kohlensäure. Es schmecken alle richtig gut, und einige sogar sensationell. Zwischen den einzelnen Weinproben gibt es selbstgebackenes Brot und selbstgemachten Käse, dazu einen Krug Wasser. Es ist alles hübsch arrangiert, man merkt das da Herzblut drin steckt. Dann zeigt er uns noch den Teil des Hause, der aktuell noch als Winzerei dient. Dort stehen die ganzen Edelstahl-Fässer in denen der Wein reift. Im winzigen Verkaufsraum steht die manuelle Verkorkungsanlage, in Summe produzieren die beiden ungefähr 6.000 Flaschen Wein und Frizzante im Jahr, alles als Familienbetrieb. Das heisst auch die Kinder müssen helfen und Etiketten kleben, es erinnert uns sehr an die Imkerei von Teta und Peter. Natürlich kaufen wir im Anschluss auch noch etwas Wein zum Mitnehmen, und eine Flasche landet direkt im Kühlschrank für heute Abend. Wir dürfen uns auf dem Grundstück frei bewegen, es ist direkt an einem See gelegen. Aber da er bei der Weinprobe immer großzügig eingeschenkt hat, zieht es uns eher gemütlich auf die Couch im Womo. Ich werde schnell eine Runde tippern, und dann planen wir noch etwas die nächsten Tage. Viel mehr wird heute nicht passieren.



Der heutige Tag beginnt unentschlossen. Wir wollen auf der einen Seite gerne noch einmal nach Riga rein, aber auf der anderen Seite haben wir keinerlei Motivation, denn bis auf paar wenige „Highlights“ haben wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Riga bereits in den vergangenen zwei Tagen erkundet. Nach dem Frühstück will Peter erst einmal die Nässe unter der Markise wegwischen, dabei läuft im braune Brühe über die Arme, denn die Markise ist von beiden Seiten furchtbar verdreckt. Somit steht unser Plan fest: es gibt einen Hausputz Tag, mit ausreichend Pausen für leckeres Essen und Kaffee trinken. Peter nimmt sich als erstes die Markise vor und schrubbt die gründlich von der Unter- und der Oberseite. Die glänzt bald darauf wie neu – es ist richtig hell geworden darunter - und dann kann die nun den Rest des Tages abtrocknen. Zuhause können wir das nicht machen, weil wir das Wohnmobil ja entweder auf der Strasse parken oder im Schuppen. Ich ziehe unser Bett ab und hole mir in der Rezeption den Schlüssel für den kleinen Waschraum. Dort steht ein Waschtrockner, denn man (natürlich gegen Gebühr) benutzen kann. Ansonsten wird das Womo (inklusive Fahrerhaus natürlich!) einmal von oben bis unten geschrubbt, alle Böden gesaugt, Staub gewischt, Küche und Bad geputzt und und und. Peter kümmert sich noch um die Dachluken, zieht die Schrauben der Dachrollos nach (jetzt wissen wir auch, wo das Quietsche herkam) und so nimmt der Tag seinen Lauf. Am Abend sind wir müde, aber sehr zufrieden mit dem Ergebnis, und nach einer heissen Dusche krabbeln wir abends ins duftig frisch bezogene Bett