Donnerstag, 26. September 2024
Mittlerweile haben wir Tag 30 unserer Reise und heute haben wir uns einen Tag „frei“ genommen. Das heisst ausschlafen, faulenzen, lesen und planen – und natürlich mal wieder Duschen. Mittlerweile sind wir hier alleine auf dem Platz, wer weiß ob überhaupt nochmal Gäste kommen. Die Saison scheint wirklich rum zu sein, wobei Städte wie Tallin vermutlich nie Saison haben. Mittags brate ich uns Nürnberger Rostbratwürstchen, die müssen nun mal langsam weg, dazu gibt es von dem leckeren Körnerbrot. Dann nutzen wir eine Regenpause, um hinten alle Kisten aus der Garage zu packen und frische Handtücher rauszuholen. Im Gegenzug verräumen wir die erste Ladung an Schmutzwäsche hinten rein. Dann laufen wir eine Runde an den Strand, mir war nicht klar wie dicht wir hier am Wasser sind, aber nun weiß ich wenigstens, was ich die ganze Zeit gerochen habe. Der Strand hier gehört mit zum Grundstück des Campingplatzes, und es stehen zwei Bänke am Strand. Auch hier ist wieder alles sehr nett gemacht und ausgeschildert. Zurück am Womo schnappe ich mir den Rechner um den gestrigen Tagesbericht nachzuholen, und Peter beginnt die weitere Planung.



Die Nacht ist vollkommen ruhig, erst kurz vor unserer Abfahrt kommt ein kleiner Reisebus mit einer Schulklasse auf den kleinen Wanderparkplatz gefahren. Unser erster Weg führt uns heute zum Mühlenberg nach Angla. Während der Fahrt fliegt über uns ein riesiger Schwarm Graureiher, das sieht unglaublich aus. Und nur wenige Kilometer weiter fahren wir an einem Feld vorbei, wo der (oder ein anderer) Schwarm gerade pausiert, so viele Graureiher haben wir in unserem Leben nicht gesehen – und schon gar nicht auf einem Fleck. Nun erreichen wir Angla, der große Parkplatz ist leer, nur auf dem Mitarbeiterparkplatz stehen zwei PKW. Bereits vom Parkplatz aus kann man einen großen Teil des Freilichtbereiches überblicken, und wir machen bereits zwei oder drei Photos von den tollen alten Windmühlen. Dann gehen wir aber erst einmal ins scheinbar recht neue Museumsgebäude. Dort wartet bereits eine sehr nette ältere Dame auf uns, die uns alles erklärt. Wir kaufen unsere Eintrittskarten, Peter bekommt wie üblich einen deutlichen Rabatt. Dann beginnen wir ganz im Keller mit unserem Rundgang. Hier sind alte Bearbeitungsmaschinen ausgestellt, also Drehmaschinen, Hand- und Säulenbohrmaschinen, Pflugschare, Handmühlen und jede Menge weitere Gerätschaften aus dem frühen 19. Jahrhundert. Es wurde ausserdem eine alte Feuerstelle fast original nachgebildet, inklusive dem Kamin der über mehrere Etagen geht. Dann gibt es eine voll funktionsfähige alte Esse, die bei Schmiedeseminaren und sonstigen Veranstaltung noch genutzt wird. Grundsätzlich scheint es hier viele Veranstaltungen zu geben, denn auch die sanitären Einrichtungen hier unten sind ausreichend für ganze Reisebusgruppen. Und wie so oft darf auch hier das benutzte Toilettenpapier nur in den Mülleimer und nicht in den Abfluss. Aber das kennen wir auch schon aus Litauen und Lettland. Aber ich schweife ab - ausser den Räumen mit den alten Maschinen und landwirtschaftlichen Geräten gibt es nun nur noch einen großen Gruppenraum für Steingutarbeiten. Saaremaa ist bekannt für Kunsthandwerk aus Dolomitgestein, das in Steinbrüchen in Kaarma abgebaut wird. Vom Keller aus gehen wir eine Etage nach oben, dort ist jedoch nur eine Art Restaurant sowie ein kleiner Souvenirshop, dort werden diverse Sachen aus Dolomitgestein verkauft, unter anderem Schalen, Mörser, Untersetzer, Schüsseln, aber auch Strickwaren und regionale Süßigkeiten gibt es hier. Wir gehen also noch eine Etage höher, hier ist noch eine kleine Ausstellung mit Photos aus der Vergangenheit von Saaremaa, sowie einige Möbel aus den frühen sechziger Jahren. Ansonsten sind auch hier große Veranstaltungsräume, aber sonst nichts interessantes mehr. Also geht es nun raus, und die namensgebenden Ausstellungsobjekte sind nicht zu übersehen. Fünf alte große Windmühlen stehen hier, vier davon sind regionale Bockmühlen, weiterhin gibt es eine sogenannte Holländische Mühle. Diese kann auch von innen besichtigt werden, und wir klettern natürlich bis ganz oben rein. Das Holz knarzt und bei jedem Schritt beben die Dielen, die Mühle ist nun knapp 100 Jahre alt und sieht von innen aber wirklich noch prächtig aus. Die letzte Renovierung der Mühlen fand zwischen 2009 und 2011 statt. Eigentlich kann auch eine der Bockmühlen besichtigt werden, in der bei Veranstaltungen noch Mehl hergestellt wird. Aber die Saison ist rum und die Mühle leider bereits zu. Neben den Mühlen gibt es noch eine Ausstellung alter Landmaschinen und Traktoren, und es gibt einen großen Teich und einiges an Tieren. Neben Hasen, Enten, Hühnern und Ziegen gibt es auch einige Gänse, laut Google handelt es sich um Afrikagänse, die haben einen sehr auffälligen Höckerschnabel. Die ganze Anlage ist toll gepflegt, alles ist wirklich schön gemacht, vieles ist auch in englisch beschriftet, mal wieder ein Eintritt, der sein Geld wert war. Wobei die zu der Jahreszeit nicht mehr viel verdienen, es ist bereits Mittag und uns ausser uns ist bis jetzt nur ein Paar aus den Niederlanden da. Wir gehen noch mal kurz in das Restaurant, dort liegen kostenfreie Prospekte aus. Und ich quatsche einfach mal die Dame an der Kasse an, ob sie vielleicht estische Euro hat. Daraufhin strubbelt die ihre gesamte Kasse und noch ein Zigarrenkistchen mit Kleingeld durch, und schafft es fast, einen Kurssatz zusammenzubekommen. Ausserdem sollen wir unserer sammelnden Mama herzliche Grüsse ausrichten. Die Leute sind hier alle unglaublich freundlich, ein tolles Urlaubsland. Nun geht es weiter, der nächste Stop ist der Kaali-Meteoritenkrater. Der Einschlag war vor geschätzt 4.000 Jahren, allerdings gibt es wie so oft in der Wissenschaft jede Menge unterschiedlicher Einschätzungen dazu. Das es sich um einen Meteoriteneinschlag handelt wurde übrigens erst 1937 nachgewiesen. Der Ursprungs Meteorit soll ein Gewicht von bis zu 10.000 Tonen gehabt haben, die sich aber beim Eintritt in die Erdatmosphäre deutlich reduziert hat und der schliesslich mit einem Gewicht zwischen 60 und 80 Tonnen eingeschlagen ist. Der Hauptkrater hat einen Durchmesser von 110 Metern und ist etwas 16 Meter tief, am Boden hat der kleine grüne Tümpel immerhin einen Durchmesser von etwa 50. Die Infotafeln sind interessanter als der Krater selbst, wir lesen alles und laufen dann einmal oben über den gesamten Kraterrand. Dann geht es weiter nach Kuressaare, der Hauptstadt der Insel. Wir kurven einmal durch die Stadt, finden die aber nicht wirklich spannend. Was uns jedoch interessiert ist die Bischofsburg. Peter findet in der Nähe einen Parkplatz, und dann warten wir erst einmal einen Regenguss ab. Der ist zum Glück bald durch und wir machen uns auf den Weg zur Burg. Als erstes geht es einmal auf dem Wall des Burggraben komplett um die Burg drum rum. Die Burg wirkt im Vergleich zu der gesamten Anlage recht klein und kompakt. Sie liegt direkt am Meer, auch wenn der Burggraben nicht mit der Ostsee verbunden ist. Wir machen tolle Photos, das Wetter spielt mit, es ist nur extrem windig. Dann gehen wir den Wall runter und in die Burg rein, und sind erstaunt wie winzig der Innenhof ist. Mit wenigen Schritten durchschreiten wir den Innenhof, und gehen in den Museumsshop. Wir kaufen nur Ansichtskarten, erneut mehr als zwanzig Euro Eintritt zu zahlen haben wir keine Lust, denn wir haben in diesem Urlaub bereits mehrere Burgen gehabt. Nun geht es weiter zu einem Campingplatz, der knapp zwanzig Kilometer entfernt ist. Als wir drauf fahren, steht bereits ein roter umgebauter Feuerwehr-LKW aus Deutschland dort, der uns vorhin in der Stadt bereits aufgefallen ist. Sonst ist aber niemand dort, die Rezeption ist abgesperrt, der Schlüssel steckt von aussen, alles wirkt verlassen, sehr seltsam. Wir fragen das Paar mit dem LKW, die haben nur den Sohn angetroffen. Angeblich hat der Campingplatz bereits geschlossen (laut Reiseführer soll der aber noch bis Ende Oktober geöffnet sein). Die Mutter würde später kommen und nochmal das Sanitärhaus aufsperren. Wir finden das alles etwas seltsam, also suchen wir, ob es in der Nähe einen anderen Platz gibt. Und tatsächlich, nochmal zwanzig Kilometer weiter ist ein anderer Platz. Peter ruft sicherheitshalber an, und ja, wir können gerne kommen. Eine halbe Stunde später erreichen wir einen entzückenden winzigen Campingplatz, der fast direkt am Meer liegt. Die Wiese hinter dem Haus der Besitzer hat Platz für gut zehn Wohnmobile, ausserdem gibt es noch eine Zeltwiese. Das winzige Sanitärhäuschen ist ganz entzückend gestaltet, alles ist super sauber und einfach nett und durchdacht gemacht. Man merkt, dass der Besitzer selbst Wohnmobilfahrer ist. Wir buchen direkt für zwei Tage, morgen ist zur Abwechslung mal nur faulenzen und planen angesagt. Und wenn es zwischendurch trocken ist, würde ich gerne mal Wäsche umschichten, also Handtücher tauschen und Schmutzwäsche nach hinten in der Garage verstauen. Aber heute abend machen wir es uns erst einmal gemütlich. Mal schauen was im Fernsehen kommt, ansonsten sind wir ja von Muttern ausreichend mit Rätselheften versorgt. Langweilig wird uns sicherlich nicht.