Sonntag, 23. Juni 2019
Und wieder prasselt der Regen die ganze Nacht aufs Dach und weckt uns etliche Male. Aber wie es dann so ist, gerade wenn man noch einmal eingeschlafen ist, randaliert der Wecker. Da wir eine lange Strecke vor uns haben, beeilen wir uns. Ich spring noch schnell unter die Dusche, dann packen wir zusammen, nabeln unser Bobbycar (Bobil bedeutet im norwegischen Wohnmobil) vom Strom ab und fahren zur Dumpstation. Dort noch schnell die Tanks leeren und das Frischwasser auffüllen. Dann geht es auf die Piste. Wir starten auf der E39, immer entlang der Fjorde – und natürlich begleitet vom prasselnden Regen. Auch hier gibt es wieder reichlich Tunnel, laut Wikipedia mehr als 700 km im ganzen Land. Die Strecke ist echt schön, ein bisschen weniger nass wäre auch nicht schlecht. Aber nun gut, so langsam gewöhnen wir uns dran. Nach 120 km kommt die Fähre. Ich freue mich schon, Fähre fahren ist nun mal ein Hobby von mir. Wir können direkt durchfahren und stehen als erstes in der Reihe. Da wir etwas Zeit haben und auch gerade mal kurz die Sonne raus lugt, bleiben wir an Deck und machen Photos und geniessen den Wind um die Nase. Dann legen wir an. Peter dreht den Zündschlüssel und – NICHTS! Irritierter Blick. Neuer Versuch. NICHTS! Peter checkt schnell das Energie-Management, das sagt dass die Fahrzeugbatterie leer ist. Jetzt sind wir vollkommen ratlos, denn wir sind ja gerade gute 120 km gefahren. Und die Batterie vom Wohnraum mit Kühlschrank etc. läuft unabhängig, daran kann es auch nicht liegen. Wie dem auch sei, wir stehen im weg. Aber schnell sind zwei Helfer da und wir schieben unseren Dicken von der Fähre auf den Parkplatz. Dann kommt auch schon ein anderer Kollege mit einer Starterbatterie angelaufen. Aber auch als er überbrückt springt das WoMo partout nicht an. Angeblich würde Sprit fehlen, das kann aber nicht sein, der Tank ist voll. Jetzt bleibt uns nur noch, den Schutzbrief rauszukramen und den Pannendienst anzufordern. Das erweist sich als recht unproblematisch. Während wir auf den Abschlepper warten, versucht Peter nochmal zu starten. Und siehe da, es springt an. Und zack geht die Motorkontrollleuchte an mit dem freundlichen Hinweis, umgehend den Motor checken zu lassen. Also warten wir weiter auf den gelben Engel – wobei der Pannendienst in Norwegen ja rot ist. Dann rollt ein LKW von Falck an. Der Mechaniker ist super nett, und irgendwie denken wir beide dauernd, dass wir den kennen. Dazu aber später mehr. Wir erzählen ihm erst mal was passiert ist, und das wir keine Ahnung haben warum sich die Batterie entladen hatte. Dann macht er die Zündung an – und die Fehlermeldung ist weg. ??? Tja, er war aber eigentlich gar nicht so überrascht und meinte nur, dass das schon mal vorkommt und er das z. B. vom Ducato her (der Baugleich ist) kennt. Die Batterie spinnt kurz, dadurch zeigt das Motormangement den Fehler mit dem Hinweis dass man umgehend in die Werkstatt muss. Und dann löscht sich der Fehler wieder von selbst. Seiner Ansicht nach könnten wir getrost weiterfahren. Na prima – ärgerlich weil wir gut 2,5 Stunden verloren haben. Auf der anderen Seite natürlich viel viel besser als an einem Samstag vor einem langen Wochenende (Montag ist in Norwegen Sankt Hans Fest) vor einer Werkstatt zu parken und zu warten bis das Fahrzeug repariert werden kann Er gibt uns noch seine Handynummer mit – denn die nächsten 2 Stunden Fahrt sind wir noch in seinem Zuständigkeitsgebiet und er würde uns bei Bedarf gerne nochmal helfen. Dankbar speichern wir die Nummer und machen uns wieder auf den Weg. Nach einer guten Stunde Fahrt erreichen wir Førde. Dort parken wir vor einem großen Supermarkt und machen eine kurze Pause. Dann geht es weiter. Und dann sehen wir am Strassenrand plötzlich nochmal unseren „roten“ Engel, der gerade ein anderes Fahrzeug Huckepack nimmt. Und dann wird uns klar woher wir den Abschlepper „kennen“: Norwegen Rescue, eine Doku von National Geographic. Die Firma Falck betreut die E39 von Bergen bis Byrkjelo. Wer hätte gedacht das wir dem mal in live begegnen  Aber nun gut, unser Schätzchen läuft also wieder. Von Førde aus geht es weiter, in Byrkjelo geht es auf die kleinere Fv60 bis zum Innvikfjorden. Absolut traumhaft! Dann in Stryn ab auf die 15. Dann wird es richtig spannend, wir nähern uns der ersten wirklichen Serpentinenstrecke, den Hjelledalen. Dann weiter zum Djupvatnet, der zur Hälfte zugefroren ist. Hatte ich erwähnt des es ein wenig frisch geworden ist? Aktuell haben wir ganze 3°C! Dann schraubt sich die Strasse in weiteren Serpentinen wieder runter Richtung Geiranger. Unterwegs stoppen wir immer wieder für kurze Photo-Sessions, denn die Landschaft ist traumhaft. Da es mittlerweile sehr spät geworden ist, sind auch nur noch wenige Touristen unterwegs. Dann der Parkplatz mit der ersten Sicht direkt auf den Geirangerfjord. Wow, kein Wunder dass hier jährlich tausende Touristen einfallen und von Mai bis September ungezählte Kreuzfahrtschiffe hier ankern. Ab hier versuchen wir einen Stellplatz für die Nacht zu ergattern. Aber das erweist sich als gar nicht so einfach. Also fahren wir erstmal weiter. Direkt nach Geiranger beginnt die sogenannte Adlerstrasse. Die Kurven der Serpentinen erinnern an Adlerschwingen, daher der Name. Am Ende der kurvenreichen Strecke bietet ein Aussichtspunkt nochmals einen wundervollen Blick auf den Fjord und das kleine Örtchen Geiranger. Schliesslich erreichen wir Eisdal. Der Campingplatz ist zwar auch schon geschlossen, aber es hängt ein Schild mit einer Handynummer aus, die man anrufen soll falls man noch einen Stellplatz braucht. Und wir haben Glück und der Besitzer weist uns telefonisch einen Platz zu. Da die Fläche recht schräg ist, versuchen wir mit den Auffahrkeilen auszugleichen, das gelingt leider nur zum Teil. Aber für eine Nacht muss es reichen. Morgen geht es dann weiter nach Trondheim. Für heute reicht es – gut‘s Nächtle !



Freitag, 21. Juni 2019
Was für ein Wetter! So wie es geregnet hat – viel mehr geschüttet – hat sich der Stellplatz über Nacht vermutlich in einen See verwandelt. Als ich heute früh die Tür öffne warnt mich Peter spasseshalber, dass ich auf die Enten und Schwäne aufpassen soll. Aber ganz so schlimm ist es zum Glück doch nicht. Als ich zum Waschhaus gehe kommt sogar für einen kleinen Moment die Sonne hinter den schwarzen Wolken hervor. Aber wie gesagt – nur für einen kurzen Moment. Also ziehen wir uns vorsichtshalber warm und halbwegs regensicher an und gehen als erstes zur Rezeption. Dort kaufen wir die Bergen-Card. Und das erste Erfolgserlebnis des Tages: Mit unserer Camping Key Europe vom ADAC bekommen wir 20% Rabatt. Dann weiter zur Haltestelle. Dort warten auch schon ein paar andere Camper auf den Bus. Mit der 90 fahren wir dann ca. 25 Minuten bis zur Haltestelle Nesttun. Dort steigen wir in die Stadtbahn um. Dank der Bergen-Card sind alle öffentlichen Verkehrsmittel umsonst und angeblich warten auch jede Menge weiterer Vergünstigungen auf uns. Wir werden sehen. Mit der Stadtbahn fahren bis zur Endstation mitten in der Stadt. Nur ein paar Minuten Fussweg und wir sind am berühmten Fischmarkt. Wow, dort gibt es wirklich jede Menge zu staunen. Lachs ist ja nichts sooo besonderes, aber Seeigel und Wal sieht man bei uns an der Fischtheke eher nicht. Als die Fischhändler uns anbieteen den Wal zu probieren, sagen wir nicht nein. Das Fleisch ist fast schwarz, schmeckt aber unheimlich lecker. Zusammen mit Japan und Island gehört Norwegen zu den drei Ländern, die kommerziellen Walfang betreiben. Allerdings streng reglementiert. Die Fangquote liegt bei weniger als 1 % der Population. Dann gehen wir zum Hafen. Und wie bereits in Stavanger liegen auch hier etliche Kreuzfahrtschiffe vor Anker. Die Viking Sun, die wir dort bereits gesehen haben, liegt jetzt mit zwei Schwesterschiffen im Hafen. Nach dem Bummel über den Fischmarkt wollen wir auf den Ulriken. Da die Seilbahnstation eines gutes Stück ausserhalb liegt, buchen wir zu den Tickets auch die Busfahrt mit. Wieder gibt es einen satten Rabatt mit der Bergen-Card. Die Fahrt mit dem Bus dauert gut 10 min. Als wir ankommen stehen schon recht viele Leute an der Gondel an. Aber nun gut, da steht dass die Gondeln pro Stunde bis zu 250 Personen auf den Berg rauf bringen. In einer viertel Stunde sollten wir locker oben sein. Zum Glück wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie lange die Schlange wirklich ist. Denn wir sehen aktuell nur die Leute im Eingangsbereich. Dann geht es eine Treppe rauf, am Ende der Treppe geht die Schlange nochmal um 2 Gitter rum. Aber das wissen wir anfangs nicht. Erst als wir am Ende der Treppe sind, sehen wir das nochmal mehr als 40 Leute vor uns stehen, und wir aber schon eine geschlagene Stunde gewartet haben. Denn am Ausgang steht einen Gruppe der Viking Sun und wird quasi durch den Hintereingang mit reingelassen. Immer 6 Leute bei uns aus der Schlange, 6 Passagiere der Viking. Kein Wunder warum wir nicht voran kommen. Nach 2 Stunden ist es endlich geschafft. Aber in dem Moment, in dem wir die Gondeln besteigen, startet draussen wieder ein gigantischer Wolkenbruch. Na prima. Innerhalb von sieben Minuten ist die Gondel oben angekommen. Noch während der Fahrt haben wir schnell den Regenschutz über den Rucksack gezogen, unserer Regenjacken angezogen und schon stehen wir wie begossene Pudel draussen auf der Aussichtsplattform. Für einen kurzen Moment stoppt der Regen und wir können ein paar spektakuläre Photos machen – halb Sonne und halb Wolken. Dann schlagartig ist der Berg in eine riesige Wolke gehüllt und wir sehen nichts mehr. Also wieder anstellen für die Rückfahrt. Das geht jetzt zum Glück etwas schneller, nach einer guten halben Stunde sind wir wieder unten. Zehn Minuten später sitzen wir wieder im Bus in die City. Wir drehen eine weitere Runde über den Fischmarkt, dann entscheiden wir uns für eine Stadtrundfahrt mit dem Hop on off Bus. Und auch hier lohnt sich die Bergen Card. Wir bekommen Kopfhörer und können uns die Audiokommentare in Deutsch anhören. Die komplette Runde dauert ca. eine Stunde, wenn man zwischendurch nicht aussteigt um ein Museum o. ä. zu besichtigen. Da es aber wieder ordentlich schüttet bleiben wir einfach sitzen und geniessen die Fahrt. Zurück am Fischmarkt hat der Regen glücklicherweise etwas nachgelassen. Wir laufen gemütlich los und gehen zur Fløybahn (ich sag nur: Bergen-Card ). Die Standseilbahn führt – wie der Name vermuten lässt – auf den Fløyen. Vor Ort hat man eine tolle Aussicht auf die gesamte Stadt und den Hafen. Dort können wir zusehen wie die Queen Viktoria gerade wieder in See sticht. Das Wetter spielt so halbwegs mit, die Aussicht ist phantastisch – und es ging deutlich schneller als auf den Ulriken! Dann zurück in die Stadt. Von der Fløybahn sind es nur wenige Schritte bis nach Bryggen, den alten Hansekontoren. Die alten Holzhäuser sind wunderschön anzusehen. Wir stromern noch ein bisschen durch die Straßen, aber irgendwann ist es uns wirklich zu kalt und zu nass und wir machen uns auf den Rückweg. Wieder haben wir Glück. Die Stadtbahn ist schon abfahrbereit als wir einsteigen. Beim umsteigen in Nesttun warten wir nicht mal eine viertel Stunde. Kurz nach 19 Uhr sind wir zurück. Und ich geniesse den Luxus einer schnell funktionierenden Heizung. Während draussen der Himmel wieder alle Schleusen öffnet, trinken wir lecker heissen Kaffee und ich krame den Rechner raus um meinen Tagesbericht zu verfassen. Morgen geht es weiter nach Geiranger. Und wir vermuten dass uns die Viking Schiffe auch dort treu bleiben…



Donnerstag, 20. Juni 2019
Da wir gestern Abend bereits die Tanks geleert und frisch gefüllt haben, können wir direkt nach dem Frühstück starten. Los geht es auf der E39 Richtung Norden. In Mortavika endet die Strasse am Fährhafen. Wir haben Glück, denn als wir ankommen bereitet sich die Fähre gerade schon aufs ablegen vor. Noch schnell bezahlen (529 NOK – also mehr als 50 €!), rauf auf die Fähre und schon schliesst sich die Luke. Das war eine Punktlandung. Der Kapitän scheint es eilig zu haben, denn ruckzuck sind wir drüben in Arsvågen. Von dort orientieren wir uns immer Richtung Nord-Ost, fahren gemütlich an Fjorden und Seen entlang und vorbei am Folgefonne Nasjonalpark. Das Wetter meint es heute leider nicht richtig gut mit uns. Es ist frisch draussen, regnerisch, und die Wolkendecke hängt tiefer als jeder getunte Manta. Aber für Sonnenanbeter ist Skandinavien einfach Was ich bis jetzt nicht erwähnt hatte: Unser Navi lispelt! Also ich meine natürlich die nette Dame, die uns sagt wann wir abbiegen müssen – die lispelt. Damit hatte das Navi auch direkt einen Namen: die lispelnde Lizzy  Eigentlich ist Lizzy gut drauf, allerdings verliert sie in den Tunneln manchmal ein wenig die Orientierung. Wobei wir direkt beim Thema wären: Tunnel. Kurze, lange, helle, dunkle, nasse, grob in den Fels gehauene, mit Beton ausgekleidete, schnurgerade, kurvige, tief unter einem Fjord durch oder steil zu einem Pass hoch führende Tunnel: Die Norweger lieben Tunnel. Wir haben heute mal mitgerechnet, auf unserer Strecke von knapp 400 km hatten wir mehr als 60 km Tunnel! Und das abenteuerlich daran: Die bauen in den Tunneln zum Teil riesige Kreisverkehre mit einer Beleuchtung wie auf der Kirmes. Da wir heute wie gesagt eh Schietwetter haben, ist das zum Teil ganz angenehm - und im Winter bei Schneesturm bestimmt auch. Bei tollem Wetter würde ich aber sicherlich mehr Landschaft sehen wollen. Neben Seen, Fjorden und Bergen gibt es heute auch ein paar Wasserfälle zu sehen. Der Langfoss z. B. ist schon sehr spektakulär. Auf dem Parkplatz haben sie auch noch eine Ausstellung mit Steinen und Fossilien die es dort in der Umgebung gibt. Kaum zu glauben das solche Schmuckstücke im Fels verborgen liegen. Als wir weiterfahren sehen wir den nächsten imposanten Wasserfall, den Låtefossen. Aber wir haben keine Chance anzuhalten. Die Strasse ist supereng, entgegenkommende Wohnmobile passen kaum aneinander vorbei und der vorhandene Parkplatz ist mit 4 Autos bereits überbelegt. Aber nicht so schlimm, halt ein Wasserfall-Photo weniger im Photobuch. Wir geniessen das, was wir im Vorbeifahren sehen können und freuen uns an der Fahrt. Weiter geht es am scheinbar endlosen Hardangerfjord. In Kvanndal halten wir am Fährhafen an und picknicken gemütlich. Dann fahren wir weiter. Da die Zeit fortschreitet nehmen wir einen Wegpunkt aus unserer Routenplanung raus und bleiben auf der 7 Richtung Bergen. Das spart uns zwar nur 35 km aber auf Grund der Streckenführung eine knappe Stunde. Gegen 16.30 Uhr erreichen wir den Campingplatz Lone. In Bergen selbst gibt es nur einen Platz mit 18 Stellplätzen, der fast immer belegt ist. Also versuchen wir es gar nicht erst sondern fahren einen der vier etwas ausserhalb liegenden Campingplätze an. Die nette Dame an der Rezeption drückt uns direkt den Fahrplan und die Wegbeschreibung in die Hand, so können wir morgen früh direkt mit dem Bus los und Bergen erkunden. Bericht folgt 