Der Tag startet sonnig, und nach dem frühstück machen wir uns abfahrbereit. Bevor wir zur Wolfschanze fahren, hat Peter jedoch noch einen kleinen Umweg eingeplant, es geht nach Kąty. Hier gibt es einen von fünf sogenannten Rollbergen des Oberländischen Kanals, das sind Trockenschiffshebewerke. Dabei werden Schiffe zur Bewältigung des Höhenunterschieds von 99 Metern auf Schienenwagen über Land transportiert. Eigentlich sind es bis Kąty nur rund 60 Kilometer, aber wir brauchen für die Strecke recht lang, denn die letzten 5 Kilometer haben es in sich. Die Straßen sind schmaler und schlechter als in Schottland, ich hab Angst dass uns der Fahrradträger am Heck abreißt, bei dem Klipperpflaster. Aber dann sind wir endlich da, und der winzige Parkplatz reicht gerade mal noch für uns, denn es steht bereits ein Kastenwagen dort. Aber viel mehr ist auch nicht los, also alles gut. Ich laufe schon mal vor während Peter noch einparkt, und mache erste Photos. Die Schienenwagen sehen aus wie Zug-Fahrgestelle und sind als Standseilbahnen ausgelegt, der Antrieb erfolgt mittels Wasserrädern. Wir haben Glück, am Kanal ist einiges los und wir können mehrere Boote beim Heben und Senken über den Rollberg beobachten. Aber irgendwann wollen wir weiter, auch wenn wir noch ewig zu schauen könnten. Wir haben noch 200 Kilometer vor uns, davon ist aber ein großer Teil Schnellstrasse bzw. Autobahn. Trotzdem weiß man hier nie, wie schnell man voran kommt. Und natürlich müssen wir wieder aufpassen, dass wir unsere Maut App rechtzeitig aktivieren. Scheinbar sollen die Mautpflichtigen Strecken auch noch ausgeweitet werden, Peter entdeckt neue Mautschilder, die jedoch noch weggedreht – also noch nicht gültig sind. Vermutlich liegt das an den noch unfertigen Kamerabrücken. Alles in allem kommen wir aber gut durch und kurz nach 15 Uhr erreichen wir die Wolfsschanze, das ehemalige Führerhauptquartier. Hier befindet sich auch direkt ein Campingplatz, und da es mittlerweile ausserhalb der Saison ist, kommen wir unproblematisch unter. Für den Stellplatz inklusive Strom, Frischwasser, Sanitär mit Dusche & WC und inklusive Eintrittskarten für uns beide zahlen wir weniger als 40 €, das ist vollkommen ok. Da die Eintrittskarten nur heute gültig sind, und die Anlage um 18 Uhr schliesst, machen wir uns direkt auf den Weg, alles zu erkunden. Peter besorgt uns noch für jeweils 2,50 € einen Audio Guide, und es ist die gleiche Technik und sogar der gleiche Sprecher wie gestern in der Marienburg Die Bunkeranlage war riesig und vieles ist mittlerweile zerstört. Aber dennoch bliebt noch mehr als genug zu besichtigen. Die Anlage ist aufwendig hergerichtet, die Wege sind gepflastert und alles ist auch mit Rollstuhl oder Kinderwagen erreichbar. Die Tafeln sind alle viersprachig – polnisch, englisch, deutsch und russisch. Am interessantesten finden wir die Bauweise der Bunker, der Führerbunker zum Beispiel bot bei einer Grundfläche von mehr als 2.500 m² im inneren nur 1.000 m² Grundfläche. Denn das „Gebäude“ wurde quasi in eine Schachtel mit 3 m dicken Betonwänden gesteckt und das ganze wurde dann wieder in eine noch größere Schachtel mit 3 m dicken stahlverstärkten Betonwänden gesteckt. Und zwischen beiden Schachteln gab es eine 80 cm dicke Schicht Kies. Das erklärt, warum trotz der Sprengungen mit ungefähr 8 Tonnen Sprengstoff je Bunker, noch so viel erhalten ist. Es hat zwar teilweise die Decken und Wände zum Einsturz gebracht, aber den Erdboden gleichmachen kann man diese Betongiganten einfach nicht. Neben der Bauweise der Bunker und der Beschreibung des Alltags auf der Wolfsschanze werden natürlich auch das Stauffenberg Attentat und der Warschauer Aufstand thematisiert. Dieses Freilichtmuseum ist gut gemacht – das Thema ist wirklich schwierig aber es gelingt der Spagat, einfach nur zu informieren ohne zu belehren oder zu beschuldigen. Wir schaffen zeitlich eine Punktlandung und geben die Headsets wie gefordert bis 17.50 Uhr wieder zurück. Dann geht es zurück zum Wohnmobil, und wir starten in den Abend. Es gibt Salat und Pizza vom Grill, also ist viel zu tun. Nach knapp zwei Stunden sitzen wir satt vorm Wohnmobil, und es gibt den abendlichen Anruf daheim. Gerade als ich abwaschen will, rufen Michi und Karin an – unsere Terrassentür steht offen, der Rolladen ist zu. Da aber der Schlüssel auf der Terrasentür steckte, vermutet Peter direkt, dass Husejin nur lüften wollte und noch nicht wieder zu gemacht hat. Und eine kurze Rücksprache mit unserem Nachbarn bestätigt das auch, also alles in Ordnung. Aber es ist gut zu wissen, dass aufgepasst wird! Die Mottenplage im Keller hält sich wohl auch in Grenzen, laut Michi schwirrten 3 Motten im Keller rum, langsam scheinen wir die Plage (hoffentlich) in den Griff zu bekommen. Während ich spüle, räumt Peter den Grill weg und macht Ordnung. Dann verziehen wir uns rein, denn draussen kommen jetzt die Mücken. Ausserdem muss ich gleich mal meine Haut absuchen, ich hatte vorhin tatsächlich eine Zecke im Shirt. Zum Glück habe ich es aber gemerkt und konnte sie loswerden, bevor sie mich angeknabbert hat. Morgen wollen wir weiter nach Lötzen an die Masurischen Seen. Wahrscheinlich bleiben wir zwei Tage, mal schauen. Wir werden berichten.