Während ich um kurz nach Mitternacht ins Bett tappse, sitzt Peter noch bis fast ½ 2 Uhr am Rechner. Den Morgen lassen wir daher geruhsam angehen und frühstücken erst spät. Heute steht nicht viel auf dem Programm, ein bisschen Innendienst und natürlich die Planung der nächsten Tage. Wir sind noch unsicher, ob wir noch einige Tage hier in Polen dranhängen und zwei Nationalparks besuchen, oder ob wir langsam Richtung Litauen durchstarten. Wir recherchieren im Internet und wälzen Reiseführer, dann vertagen wir die Entscheidung, und machen uns erst einmal auf den Weg in die Stadt. Bei unserer Bootstour haben wir gesehen, dass es hier eine Seebrücke gibt, da wollen wir hin. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einem winzigen Imbiß vorbei, wo „kuchnia regionalna“ dransteht, was vermutlich soviel wie regionale Küche bedeutet. Schicke Restaurants gibt es hier en Masse, aber Steak und Burger können wir auch zu Hause essen. Wir schauen rein und an der kleinen Schiefertafel sind von Hand ein dutzend Gerichte aufgeschrieben. Wir verstehen natürlich nichts, und die ältere Dame (scheinbar die Besitzerin) versteht uns auch nicht. Aber sie bittet direkt die einzigen Gäste, ein junges Paar mit Kleinkind, ob sie dolmetschen können. Der Mann spricht sehr gut Englisch, und erklärt uns fix alle Gerichte. Und es kommt wie es kommen muss, wir entscheiden uns beide für Piroggen. Es gibt zwei Sorten, die russische Variante mit Hüttenkäse und Kartoffeln, und die „normalen“ mit Hackfleisch gefüllten. Eine Portion mit sechs prall gefüllte Piroggen kostet 5 €, dafür kann ich nicht kochen. Die Piroggen werden auch hier frisch zubereitet und schmecken sensationell, bis jetzt für uns die besten die wir gegessen haben. Rund und satt machen wir uns nun auf den Weg zur Seebrücke. Es stürmt so sehr, dass ich Angst habe, dass mir beim Photographieren das Handy aus der Hand gerissen wird. Wir können weit über den See blicken, und die Wellen tosen gegen das Ufer. Damit hat sich das Thema Schwimmen für heute erledigt, bei dem Wetter brauchen wir gar nicht ins Wasser. Es ist auch so gut wie kein Boot unterwegs, da haben wir gestern wirklich Glück gehabt mit unserem tollen Ausflug über die Seenplatte. Wir machen noch einige Photos, dann laufen wir zum Supermarkt Biedronka. Ich brauche unbedingt einen Bimsstein für meine Füsse, die sind vom vielen Barfußlaufen in einem recht wilden Zustand, und eine Flasche Bodylotion schadet auch nicht. Ich hab vergessen welche einzupacken und meine Haut ist wirklich trocken. Dann nehmen wir noch einen Sechserpack Cola light mit, der ist hier deutlich billiger als im Kaufland. Da hat Peter nun was zu schleppen, 6 x 1,5 l sind nun mal 9 Kilo, aber zum Glück können wir über die Brücke am Campingplatz, die ist seit wenigen Minuten wieder begehbar. Diese Brücke mit einem Gewicht von mehr als 100 Tonnen wird manuell von einem Brückenführer – natürlich mit einer entsprechenden Getriebeübersetzung - sehr mühsam von Hand binnen fünf Minuten geöffnet bzw. geschlossen. Die Brücke wurde vor vielen Jahren umgerüstet auf einen elektrischen Antrieb, allerdings war das Konzept nicht ausgereift und hat den Kai zerstört. Seit mehr als 30 Jahren erfolgt daher der Brückenhub wieder durch Muskelkraft. Zurück am Womo kümmern wir uns erneut um die Routenplanung, und entscheiden uns, morgen bis Kaunas zu fahren. Dort wollen wir die Burg besichtigen und die beiden Standseilbahnen anschauen und/oder mit denen fahren. Auch die Altstadt soll sehr schön sein, mal schauen. Auf jeden Fall sind wir dann auch wieder im Euroland, und Wildcamping ist im Baltikum an vielen Stellen auch erlaubt. Da in Litauen viele Parkplätze über eine App namens Unipark bezahlt werden können oder müssen, installiert sich Peter die direkt einmal. Nun sollten wir für morgen vorbereitet sein. Mal schaun was das Wetter die kommenden Tage bringt, heute Nacht soll Regen einsetzen und uns vermutlich morgen den ganzen Tag begleiten. Aber wir haben Herbst, und sind dankbar für die vielen Sonnentage, seit wir gestartet sind. Nun wird es Zeit Tante Erika anzurufen, die heute ihren 96. Geburtstag feiert. Nach dem Telefonat kümmern wir uns um das Abendessen. Es gibt als erstes altes getoastetes Brot mit Ziegenkäse und Avocado, danach für jeden einen Burger, und für später haben wir noch einiges an Obst zum Naschen. Nach dem Essen gehe ich Abwaschen, und Peter baut ab, verräumt alles und füllt Wasser auf. Nun sind wir quasi abfahrbereit, denn die Kassette hat er heute früh schon geleert. Bevor wir uns nochmal an die Rechner setzen, geht es ab zum Duschen. Auch wenn hier alles einfach ist, die Duschen haben richtig heisses Wasser und duftig sauber geht es zurück zu Tatzel. Morgen früh müssen wir als erstes ins Hotel um den Campingplatz zu bezahlen, und dann mal schaun wie wir durchkommen. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Grenze von Polen nach Litauen ist auf der einen Seite von der russischen Exklave begrenzt und auf der anderen Seite von Weissrussland. Und dazwischen durch führen nur zwei Strassen. Vor allem müssen wir aber dran denken, unsere Uhren umzustellen, denn das Baltikum ist uns zeitlich eine Stunde voraus, aber das gilt zum Glück für alle drei Länder. Nun machen wir es uns noch kurz gemütlich, und heute heisst es mal etwas früher ins Bett gehen, morgen wird sicherlich ein langer Tag.