Als wir gerade mit Frühstück fertig sind, kommt die Besitzerin des Parkplatzes und der gesamten „Anlage“ angefahren und öffnet wieder ihr Kassenhäuschen. Sie ruft uns ein freundliches „Good Morning“ durch die offene Tür vom Wohnmobil zu, und macht sich dann auf den Weg zu einem der etwas weiter weg liegenden Hütten. Wir packen fertig zusammen und starten nun Richtung Norden, immer entlang an der Küste. Ich halte das Handy „schussbereit“ denn ich möchte – wie bereits bei Litauen und Lettland - ein Photo vom Grenzschild Estland machen, aber leider kommt gar keines. Ob das geklaut wurde oder die Baustelle dran schuld ist? Wie auch immer, das Photo wird wohl in meiner Sammlung fehlen. Als erstes suchen wir eine Tankstelle, denn hier ist der Sprit wieder billiger. Bei 1.389 € schlagen wir zu und machen den Tank voll. Nun haben wir noch ungefähr eine Stunde Fahrt bis Pärnu. Peter hat einen Parkplatz rausgesucht, von dem aus man die City zu Fuß erreichen kann, und scheinbar auch kostenlos ist. Der Parkplatz ist schnell gefunden, kostenlos ist allerdings nur die erste Stunde, das wird nicht reichen. Bezahlen kann man per SMS, aber das geht nur, wenn man einen Handyvertrag bei einem estnischen Telefonanbieter hat. Steht auch deutlich dran, aber das nutzt einem als Tourist nicht viel. Neben uns steht ein Pärchen aus Leverkusen, die haben den Tip bekommen, einige Meter weiter am Parkautomat zu zahlen. Wir sind unsicher, ob der auch für diesen Bereich gilt, aber tatsächlich können wir den Platz auswählen. Leider ist aber bei einer Parkdauer länger als 60 Minuten die erste Stunde nicht mehr kostenlos, sondern muss auch mit zwei Euro bezahlt werden. Nicht schön, aber bevor wir hier jetzt noch länger rumstehen, zahlen wir die sechs Euro für drei Stunden und laufen los. Zuerst geht es zum Roten Turm, dem ältesten Gebäude der Stadt. Der Turm ist mittlerweile weiß verputzt, und es ist nun ein Museum drin, das allerdings erst wieder ab morgen geöffnet hat. Der Turm selbst ist ziemlich zwischen anderen Häusern eingebaut und nicht direkt zu sehen. Aber wir finden ihn und machen einige nette Photos. Dann bummeln wir weiter durch die Stadt, und die mal wieder unglaublichen Parkanlagen. Wir kommen auch am Rathaus und der wunderschönen russisch-orthodoxen Katharinenkirche vorbei. Weiter geht es durch die Fußgängerzone. In der Innenstadt kommen wir an einigen Läden vorbei und werden ungeplant fündig. Für Mama bringen wir Füllungen für die Adventspäckchen mit, wir haben da was mit Bienendekor gefunden, was Mutter gefallen hat. Und ich habe eine neue Lieblings Strickmütze bekommen. Nicht eine von den dicken kuscheligen die ich im Winter permanent trage, sondern so eine für laue Sommerabende und schöne Herbsttage. Ich bin so begeistert und zieh die den Rest des Tages nicht mehr aus. Peter ergattert eine Kappe mit Estonia Schriftzug für seine Sammlung. Also sind alle glücklich und weiter geht es – und zwar nun bis zum Talliner Tor. Wir sind hungrig und wollen etwas essen, aber nicht in irgendeinem Touri-Restaurant. Dann sehen wir das BumBum, warum auch immer ich mir einbilde, das wäre ein chinesisches Restaurant, weiß ich jetzt auch nicht mehr. Auf jeden Fall gehen hier gerade einige Handwerker rein, das ist immer ein gutes Zeichen. Wir folgen, und werfen am Eingang nur einen kurzen Blick auf die Speisekarte, die auf einer Tafel ausgestellt ist. Irgendwas mit Würstchen und Sauerkraut ??? Also doch kein Chinese, aber egal, einheimisches Essen ist immer gut. Das Restaurant hat den Charme einer Dorfkneipe die auch gleichzeitig Tanzsaal der Stadt und Jugendtreff ist. Vor Kopf ist eine Art Buffett mit Suppentöpfen aufgebaut, daneben steht ein riesiger Korb mit verschiedenen Sorten Brot, eine Schüssel Butter, eine Schüssel Saure Sahne, Wasser in Glaskaraffen mit Zitronen- und Orangenscheiben darin sowie Kaffee. Wir bestellen uns Nudeln, dann fragt Peter nach, was es mit dem Buffett auf sich hat: tja, für 3,50 € kann man das dazu buchen, und darf soviel Suppe, Brot, Wasser und Kaffee nehmen wie man mag, es gibt Soljanka und Kartoffelsuppe. Da sind wir dabei, und schnell steht fest dass das Abendessen ausfallen wird. Die Suppen sind einfach nur perfekte Hausmannskost, und die Nudeln eigentlich schon viel zu viel. Aber auch soooo lecker! Glücklich und mehr als satt verlassen wir das Restaurant, und laufen gemächlich durch die Stadt zurück zum Womo. Nun geht es nur wenige Kilometer weiter zu einem Parkplatz am Strand. Dort darf man auch wieder für eine Stunden kostenlos stehen, und mehr Zeit brauchen wir auch nicht. Schuhe aus und barfußgeht es an den Ladys Strand. Große Schilder weisen darauf hin, dass man hier die Privatsphäre der Damen waren soll, die hier seit mehr als hundert Jahren nackt zu baden pflegen. Und tatsächlich ist bei dem schönen Wetter einiges los, viele Damen haben blank gezogen, aber es gibt auch männliche Nackedeis. Uns ist es egal, wir wollen ja nicht schwimmen sondern durchs Wasser laufen, und das tun wir. Nach einer knappen halben Stunde erreichen wir die Mole der Hafeneinfahrt, und hier müssen wir aus zeitlichen Gründen eh wenden und zurück zum Parkplatz. Bis Virtsu haben wir jetzt eine knappe Stunde Fahrt, da wollen wir versuchen die Fähre um 16.25 Uhr zu erreichen. Punkt 16 Uhr fahren wir am Fähranleger vor, kaufen unser Ticket und stellen uns wie zugewiesen in die Spur sieben. Zwanzig Minuten später stehen wir fast ganze vorne auf der Fähre und haben nun eine halbe Stunde Zeit für Photo und sonstiges. Die meisten Stürmen ins Bordrestaurant, das scheint gut zu sein, aber die ganze Fähre riecht nach Kraut, kaum zum Aushalten. Wir verbringen die Fahrt auf einem der oberen Decks, geniessen den Wind und photographieren unser Womo von allen Seiten. So sehen wir wenigstens mal, ob oben drauf noch alles ok ist. Dann erreichen wir schon Muhu, und ruckzuck sind wir von der Fähre runter. Peter fährt quasi einmal um Muhu drumrum, die Insel ist ja sehr klein aber nett. Muhu und Saaremaa sind unter anderem für die alten Windmühlen bekannt, und wir halten direkt bei einer an, und machen einige Photos. Dann geht es über den Damm, der uns nach Saaremaa bringt und weiter zu einem Wanderparkplatz, den Peter als Tagesziel erkoren hat. Hier beginnt ein sechs Kilometer langer Rundweg um vier Moor-Seen und ein großes Torfmoor. Leider ist es schon spät, daher laufen wir nur die gut 1,5 Kilometer bis zu einem Aussichtsturm, geniessen den Blick auf die untergehende Sonne bevor wir zurück zum Auto laufen. Und nun ist auch genug für heute, und wir machen Feierabend. Der Anruf bei Mutter ist kurz, der Empfang ist hier echt schlecht. Aber Internet funktioniert, also schicken wir viele Photos. Gleich geht es an die Planung der nächsten Tage und dann bald ins Bett. Reisen strengt an, aber macht Spaß.