Samstag, 5. Oktober 2024
Der Morgen ist kalt, aber auch heute sollen wir wieder einen trockenen und teils sonnigen Tag haben, das sind ja tolle Aussichten. Wir verlassen den schönen Campingplatz und fahren heute als erstes eine gute halbe Stunde zu einem Wanderparkplatz in dem Dörfchen Käsmu. Dort gibt es einen tollen Rundwanderweg, der durch den Wald geht, dabei aber zum Teil direkt am Ostseestrand lang führt. Am Strand liegt direkt wieder ein großer Findling namens Vana-Jüri kivid, ausserdem können wir von hier aus noch einen knappen Kilometer auf der schmalen Landzunge Saartneem laufen, die ins Meer rein ragt. Im Sommer könnte man sogar von da aus noch eine kleine Insel erreichen, aber bei den Temperaturen haben wir keine Lust auf nasse Füsse. Die ganze Landzunge ist von verschieden großen Findlingen umgeben, auf einer Luftaufnahme im Internet sah es fast aus wie die Milchstrasse. Auf dem Wanderweg ist viel los, aber klar, es ist Wochenende und das Wetter ist schön, da lockt es auch andere raus. Unterwegs gibt es wieder jede Menge Findlinge zu sehen, die zum Teil wirklich riesig sind. Ausserdem ist der Weg mit unzähligen Schaukeln ausgestattet, die überall in den Bäumen hängen, und natürlich nicht nur Kinder zum Schaukeln animieren. Knapp sieben Kilometer später sind wir wieder am Wohnmobil zurück. Da der Parkplatz ist recht klein ist, mussten wir längs an einem Zaun parken, und natürlich sind wir nun vorne und hinten durch PKW eingeparkt. Aber Peter jongliert unseren Tatzel schnell raus, und weiter geht es nun zu dem größten Findling Estlands. Der liegt in der Nehrung des Fischerdorfes Letipea und hat ein Volumen von sagenhaften 930 m³. Der Stein scheint aber nicht viele zu interessieren, ausgeschildert ist zumindest nichts und der Trampelpfad, der zum Strand führt, ist auch nur mit Mühe zu finden. Aber Dank Google Maps finden wir den Stein natürlich, und die Sucherei hat gelohnt. Jetzt geht es zurück zum Womo, und es geht zu unserem heutigen Tagesziel, nach Narva. Narva ist eine Grenzstadt zu Russland, und bildet zusammen mit Iwangorod eine sogenannte Zwillingsstadt, die allerdings gerade strikt getrennt ist. Am Grenzübergang hat sich eine lange Schlange von Fußgängern gebildet, Fahrzeuge dürfen diesen Grenzübergang aktuell nicht passieren. Alles wirkt grau, trüb und traurig. Wir laufen vom Parkplatz aus hoch zur Hermannsfeste, die sich quasi Auge in Auge gegenübersteht mit der Festung Iwangorod. Die Sonne kommt gerade nochmal zwischen den Wolken hervor, und wir machen einige wunderschöne Aufnahmen der beiden Burgen. Nur getrennt durch die Narva und doch gefühlt Welten entfernt. Es ist ein sehr eigenes Gefühl, hier zu stehen und auf Russland zu blicken. Das macht vielleicht auch den Widerspruch dieser Stadt aus – 95% der Einwohner gehören der russischen Minderheit in Estland an, aber wie viele davon wollen wirklich wieder zu Russland gehören? Wir stellen wieder fest, dass es uns gut geht und wir sind dankbar für unser Leben. Für morgen hat Peter eine ganz spannende Sache gebucht, wir werden den alten Gebäudekomplex der Kreenholm Manufaktur besichtigen, heute Abend ist nichts mehr geplant. Langsam machen wir uns auf den Weg zurück zum Womo und ich hole direkt den Rechner raus für den Tagesbericht.