Wir haben eine sehr ruhige Nacht auf dem Waldparkplatz in Kiidjärve. Nach dem Frühstück fahren wir wenige Minuten bis zu dem Wanderparkplatz, an dem der Taevaskodade matkarada beginnt, also der Rundwanderweg von Taevaskoja. Der Parkplatz ist groß, es gibt eine ganze Reihe Trockentoiletten. Im Sommer scheint es hier auch einen kleinen Shop und Souvenirs zu geben, nun sind die Buden aber bereits geschlossen. Ausserdem fährt ab hier eine kleine Touristenbahn. Der Wanderweg läuft an den Mäandern des Flußes Ahja entlang. Auf der gegenüberliegenden Seite haben wir einen tollen Blick auf malerische Felsvorsprünge und kleine Höhlen im hellen Sandstein. Am Weg gibt es immer wieder Infotafeln zu verschiedensten Volksmärchen, die mit diesem Gebiet in Verbindungen gebracht werden. Der Weg führt durch einen wunderschönen Mischwald und ist mit viel Liebe und Aufwand hergerichtet, aber es gibt auch wieder ungezählte Treppen. Auch wenn der Weg theoretisch am Fluß entlangläuft, geht es doch immer wieder rauf und runter. Wir laufen bis zur dritten Brücke, und gehen nun auf der anderen Seite des Flusses zurück. Immer wieder ist der Weg durch umgefallene Bäume blockiert, oft kann man einfach drunter oder drüber klettern, aber ab und zu müssen wir auch wieder kurz querfeldein laufen. Dann machen wir erst einmal auf einer Bank eine Pause und knabbern unserer Müsliriegel. Das Wetter ist gut, kalt aber trocken. Die ganze Zeit rieseln goldene Blätter auf uns herab, aber natürlich auch jede Menge Kiefernnadeln und ab und zu auch Eicheln. Unterwegs kommen wir auch wieder an Quellen vorbei, das Wasser ist kalt und klar, aber wieder sehr eisenhaltig. Nach gut drei Stunden sind wir zurück, das war wirklich eine schöne Tour. Nun geht es weiter zu Sandsteinhöhlen, die keinen natürlichen Ursprung haben, sondern wo Sand für die Glasfertigung abgebaut wurde. Es gibt auch ein Museum – aber das hat natürlich zu. Wir laufen ein bisschen über das Gelände und erkunden ein paar Höhlen, bevor wir uns auf den Weg zur Bischofsburg in Vastseliina machen. Auch dort ist das Museum geschlossen, aber die Ruinen können auch so besichtigt werden. Wir laufen ein bisschen herum und klettern auf den Wachturm. Dann geht es weiter, nun wollen wir zum Suur Munamägi, zu deutsch Großer Eierberg. Das ist mit 318 Metern der höchste Berg des Baltikums, und er besteht aus kristallinem Gestein. Daher gibt es viele kleine Teiche und Seen in unmittelbarer Umgebung, da kein Wasser im Gestein versickern kann. Es gibt einen Aussichtsturm, und der sollte jetzt auch geöffnet sein. Wir parken auf dem zugehörigen Besucherparkplatz, dann haben wir noch 500 Meter Fussweg. Nach 200 Metern kommt eine Infotafeln, auf der man nochmal die Öffnungszeiten prüfen kann, denn die letzten 300 Metern gehen 60 Meter steil bergauf! Das wäre ärgerlich, wenn man das vergeblich läuft. Aber der Turm ist geöffnet, wir zahlen an der Kasse den Eintritt und dann bringt uns ein Aufzug zügig in den 9. Stock, die letzte Etage müssen wir über eine ziemlich verrottete und marode enge Wendeltreppe hochsteigen. Der Turm wurde 2005 restauriert und mit einem neuen Aufzug versehen, scheinbar hat das Geld nicht mehr für eine Sanierung der Treppe gereicht. Der Blick aus knapp 30 Metern Höhe (und wir stehen ja auch auf dem höchsten Berg hier weit und breit) ist toll und soll an die 50 Kilometer Luftlinie betragen. Wir können bis Lettland bzw. Russland schauen, da der Turm nicht weit von den Grenzen liegt. Es ist bitterkalt und stürmisch, lange bleiben wir nicht oben, dann zieht es uns wieder rein. Wir kaufen an der Kasse noch für zusammen 60 Cent zwei Ansichtskarten für unsere Sammlung, dann geht es zurück zum Womo. Weiter geht es gen Süden und über die Grenze nach Lettland. Dort kommen wir an dem üblichen quadratischen Grenzschild mit den 15 goldenen Sternen und dem Landesnamen vorbei. Die Schilder von Litauen und Lettland habe ich bereits photographiert, aber als wir nach Estland gefahren sind, stand kein Schild an der Grenze. Nun suchen wir hier, und Peter wendet extra nochmal. Komisch, eigentlich müsste das hier stehen, aber manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das Schild von Estland ist nämlich rechteckig und wir stehen direkt davor. Also schnell noch ein Photo, und weiter geht es. Jetzt wollen wir nach Marienburg bzw. Alūksne. Kurz vorher kommen wir an einem See und einem schönen großen Parkplatz vorbei. Wir überlegen ein paar Minuten, dann wendet Peter und fährt zurück, das wird unser Übernachtungsplatz. Draussen stürmt es und beginnt zu regnen, wir machen es uns gemütlich, Peter startet die Heizung und kramt dann wie jeden Abend die Karten und Pläne raus. Wir sind uns unschlüssig, was wir die nächsten Tage machen. Wir wären gerne für zwei Nächte auf einen schönen Campingplatz gegangen, um mal etwas zu faulenzen und zu duschen, aber fast alle Plätzen haben mittlerweile geschlossen. Mal schauen was wir nun machen, unser nächstes Ziel wird wohl Daugavpils sein.
eowynrohan am 09. Oktober 2024