Wir starten sehr müde in den Tag - aber es nutzt nichts, wir wollen heute nach Étretat – und zwar zu Fuss. Der Klippenweg ist leider teilweise gesperrt, daher laufen wir auf dem GR21, ein 190 km langer Wanderweg zwischen Le Tréport und Le Havre. Der Weg ist schön, auf Grund von starker Erosion ist leider auch hier eine Umleitung eingerichtet und wir laufen das erste Teilstück doch ein gutes Stück entfernt von der Küste. Aber nach einer knappen Stunde erreicht der Weg dann den Klippenrand und die restlichen Stunden laufen wir immer recht nah an der Klippe mit einem unglaublichen Panorama. Man merkt, dass das einer der beliebtesten Wanderwege in der Normandie ist, es ist ziemlich viel los. Aber trotzdem ist es eine wunderschöne Wanderung, und das Wetter ist traumhaft. Teils natürlich sehr kalt und windig, aber dafür haben wir strahlenden Sonnenschein und wolkenfreien Himmel. Der einzige Wermutstropfen: es geht immer rauf und runter. Also nicht so ein bisschen, sondern man steht auf einer 60 m hohen Klippe, und dann geht der Weg ganz schmal und ewig steil auf fast Strandniveau. Und dann geht es direkt wieder steil rauf mit deutlich mehr als 30% Steigung. Das können wir gut beurteilen, da wir in Irland ja mal aus Versehen eine Strasse mit 30% Gefälle bzw. Steigung gefahren sind. Das war übrigens nicht schön! Wie auch immer, ich bin froh dass ich einen Wanderstock dabeihabe, das hilft auf jeden Fall. Aber zum Glück gibt es auch mal längere Passagen, die recht eben sind, dass freut die Gelenke, Ab und zu muss man durch ein Gatter, weil der Weg auch über Kuhweiden führt. Grundsätzlich gar kein Problem, allerdings versuchen wir immer, einen guten Abstand zwischen den Kühlen und ihren Kälbchen zu halten. Dann wird der Weg immer voller – also nähern wir uns Étretat mit den bekannten Steinformationen. Wie alle machen auch wir ungezählte Photos, denn die Küstenlandschaft ist wirklich bizarr und wunderschön. Dann klettern wir die vielen Stufen runter in die Stadt und stürzen uns in das Getümmel. Denn genau das ist es – tausende Touristen, ein Restaurant am anderen, unterbrochen nur von Souvenirläden. Allerdings kann ich beim Kauf von Postkarten für unsere Sammlung mit dem Verkäufer im Souvenirladen ein 2 € Stück tauschen: Holstentor gegen Frankreich 2022. Wir bummeln weiter und sind etwas irritiert. Bis jetzt waren die Preise in den Restaurants und Cafés immer sehr günstig. Aber hier: Preise zum Ohrenschlackern: eine Kugel Eis 3 €, bei 3 Kugeln zahlt man „NUR“ 8 €. Ne, dann essen wir lieber unsere heute morgen geschmierten Brote. Aber an dem Restaurant mit den tollen Crêpe Sorten können dann auch wir nicht vorbei gehen. Also suchen wir uns ein Plätzchen draussen in der Sonne, und Peter entscheidet sich für ein Crêpe mit einer Füllung aus Zitronen Mousse und ich nehme eines das mit einer dicken Schicht gesalzenem Butterkaramell übergossen ist. Dazu nehmen wir jeder einen Espresso. So gestärkt laufen wir noch eine Runde am Strand entlang. Mittlerweile ist es kurz nach 16 Uhr, und wir haben noch gute drei Stunden Rückweg vor uns. Also machen wir uns auf den Weg, und nach viel auf und ab, einigen kurzen Pausen zum Trinken und Essen, erreichen wir nach etwas mehr als drei Stunden und insgesamt 20 km den Campingplatz. Wir sind müde, ko und glücklich. Zum Abkühlen mache ich uns als erstes einen Gin Tonic, dann schnaufen wir kurz durch bevor wir unsere Rucksäcke ausräumen und zum Duschen gehen. Und morgen geht es dann nach Fécamp. Aber wahrscheinlich zumindest eine Richtung per Bus und nur eine zu Fuss, Bericht folgt.
eowynrohan am 09. Mai 2025