Mittwoch, 19. Juni 2019
Heute ist Tag 4 unserer Reise durchs Nordland. Wir sind schon seit 5.30 Uhr wach, um 6 Uhr haben wir uns entschieden aufzustehen. Schnell Kaffe gemacht, gefrühstückt, dann geht es los. Als erstes steht heute der Spiraltunnel von Drammen auf dem Plan. Die Idee, zu bzw. durch den Tunnel zu fahren, kam von Mama. Die war vor (knapp 60 Jahren) mit ihrem Bruder in Norwegen und sie sind damals mit dem Moped oder Motorrad (da muss ich glatt nochmal nachfragen) durch die 6 Spiralen gefahren. Also haben wir natürlich die Aufgabe bekommen, die Fahrt quasi zu wiederholen und zu filmen. Im Internet haben wir uns vorher informiert, dass man auch mit einem Wohnmobil durchfahren darf. Die Höhenbegrenzung liegt bei 3,50 m, das schaffen wir mit dem WoMo locker. Mit unserer Lotte wäre das mehr als knapp gewesen… Vor der Einfahrt zum Tunnel steht ein Ticket-Automat. Wie (fast) überall in Norwegen muss man auch hier einen Obolus entrichten. Aber die 35 NOK (umgerechnet ca. 3,20 €) sind uns der Spaß wert. Schnell das Ticket bezahlt, die GoPro startklar gemacht und los geht es. Im Gegensatz zu früher ist der Tunnel heute beleuchtet. Das erleichtert das filmen ungemein. Wobei, so richtig viel sieht man wohl trotzdem nicht auf dem Video. Aber egal, Mama kennt den Tunnel ja schon und wir jetzt auch. In sechs 360 ° kehren schraubt sich der Tunnel von 50 m auf 213 m in die Höhe. Oben erreicht man einen Parkplatz, vom dem aus man einen phantastischen Blick über den Fjord hat. Allein für den Ausblick lohnt das Ticket. Schnell einige Photos gemacht und weiter geht es. Landschaftlich wird es immer schöner. See reiht sich an See und Fjord an Fjord. Dazwischen Felder, Wälder und immer wieder steil aufragende Felsen. Von der E18 gehen immer wieder Park- und Rastplätze ab. Knapp zwei Stunden nachdem wir Drammen hinter uns gelassen haben, fahren wir raus um uns die Füsse zu vertreten - und landen einen Volltreffer. Der Rastplatz befindet sich direkt an dem Øygardstjørnane, einem wunderschönen kleinen See. Umgeben von Wäldern und mit vielen Bänken und Tischen lädt der Parkplatz zum Verweilen ein. Dazu kommt die Sonne raus und tanzt über den See. Herrlich. Doch wir wollen weiter. In Kristiansand wechseln wir von der E18 auf die E39, landschaftlich geht es wunderschön weiter. Und eh wir uns versehen nähern wir uns bereits Mandal, unserem eigentlich Tagesziel. Den Ort haben wir ausgesucht weil er (angeblich) einen der schönsten Badestrände Süd-Norwegens hat. Aber bei dem Wetter nutzt das nicht viel. Unsere Begeisterung bei 15°C schwimmen zu gehen ist eher suboptimal. Da es gerade erst Mittag durch ist (der Vorteil wenn man vor 6 Uhr wach ist), entschliessen wir uns kurzerhand direkt bis Stavanger durchzufahren, unsere eigentlich erst für den nächsten Tag geplanten Etappe. So gewinnen wir einen Tag Puffer für was auch immer. Zur Not heben wir den „gewonnen“ Tag für die Lofoten auf oder für Kopenhagen. Da fällt uns schon was ein  Also an Mandal vorbei und weiter auf der E39 Richtung Stavanger. Dann folgt das nächste Highlight. Zuerst geht es durch den Teistedals Tunnel. Aus dem Tunnel raus geht es direkt auf die Fedafjordenbru mit einem spektakulären Ausblick über den Fjord. Und am Ende der Brücke verschwindet die Straße direkt wieder in dem nächsten Tunnel. Und so geht es weiter, manchmal scheinen die Tunnelstrecken länger zu sein als die Strassen zwischen den Tunneln. Dann plötzlich steht alles. Zumindest in unserer Richtung. Aus der Gegenrichtung kommen immer wieder mehrere Autos, mal ein Lkw, dann wieder eine riesige Lücke. Haben die uns einfach vergessen??? Nach einer gefühlten Ewigkeit hört der Gegenverkehr auf und bei uns ruckt es langsam an. Und dann sehen wir was los ist: der Lindlandstunnel ist gesperrt. Und um 250 m Tunnel zu umfahren werden wir alle abgeleitet auf die Fv804. Da die Strecke aber sehr schmal und recht steil ist, ist die Umfahrung nur einspurig ausgelegt. Das erklärt warum teilweise große Lücken im Gegenverkehr sind. Denn bei einer Umleitung von knapp 5 km verliert sich der Pulk zum Teil und erst wenn alle durch sind darf der Gegenverkehr fahren. Also alles im allem lief es noch ganz gut für uns – das wird uns allerdings erst bewusst als wir die lange Blechlawine am anderen Ende der Baustelle sehen. Die werden noch eine Weile länger da gestanden haben. Weiter geht es jetzt Richtung Flekkefjord, weiter am Lindevatnet vorbei und zum Hovsvatnet. Dort wieder eine Pause eingelegt mit lecker Kaffee und Kuchen. So ein Wohnmobil hat schon was – man hat sein Wohnzimmer und seine Küche immer dabei  50 km vor Stavanger übernehme ich das erste Mal das Lenkrad. Peter ist müde und so schwer kann es ja nicht sein das Ding zu fahren - bin ja schliesslich große Autos gewöhnt. Und in der Tat, der Weinsberg fährt sich wirklich prima. Natürlich wäre eine Automatik toll, aber die Schaltung geht gut und ich komme gut zurecht. In Stavanger schliesslich heisst es erstmal tanken. Den letzten Kilometer bis zum Campingplatz übernimmt Peter wieder. Das ist nicht meins – und da steh ich zu. Gerade rangieren bei schlechter Sicht nach hinten überlasse ich gerne meiner besseren Hälfte. Wenn ich schon kurz vorm Herzinfarkt bin, hat er noch locker den Ellbogen raus hängen und in der anderen Hand seine Thermoskanne mit Kaffee. Da der Campingplatz voll ist bekommen wir das Angebot uns entweder ganz vorne noch mit auf den Behelfsplatz zu quetschen, oder den Wohnmobilparkplatz vor der Schranke zu nehmen. Abgesehen davon dass die WoMo-Plätze ausserhalb etwas günstiger sind (hier sind es 10%), hat es den Vorteil dass wir komplett eben stehen, nichts mit Auffahrkeilen ausgleichen müssen und trotzdem alle Annehmlichkeiten des Platzes nutzen können (Strom, sanitäre Einrichtungen etc.). Also parken wir „draussen“. So können wir übermorgen auch abreisen wenn der Campingplatz noch geschlossen ist. Ausserdem sind wir nah am Waschhaus. Als soweit alles eingerichtet ist starten wir die Pläne für den morgigen Tag. Schnell entscheiden wir uns für den Besuch des Petroleum-Museums und einer dreistündigen Fahrt auf dem Lysefjrd. Wir haben Glück, für die Abfahrt um 10 Uhr gibt es noch ein paar freie Plätze. Schnell online gebucht, danach drehen wir noch eine Runde über den Platz und spazieren zum See. Während ich essen mache (Spiegelei von Achsheimer Hühnern) macht Peter schon mal die Plane von den Rädern. Denn Morgen ist wieder Fahrradfahren angesagt. Bis zum Hafen ist es nicht weit, zum Museum auch nicht. Wir sind echt froh dass wir uns doch entschlossen haben die Räder einzupacken. Wir haben lange überlegt und hatten Sorge die mitzunehmen und nie zu nutzen. Aber das erweist sich als unbegründet. Gerade wenn man mit dem WoMo unterwegs ist, sind Fahrräder super praktisch. Aber für heute genug, ich bin müde… Morgen mehr 



Dienstag, 18. Juni 2019
Die erste Nacht in unserem - immer noch Namenlosen - WoMo ist gut. Die Kopffreiheit ist zwar noch gewöhnungsbedürftig, aber trotzdem haben wir beide richtig gut geschlafen. Als die Sonne uns wachkitzelt mache ich erst einmal einen leckeren Kaffee. Auch wenn die Makita-Kaffeemaschine als Behelf für unterwegs toll ist, so schmeckt ein dampfend heisser Kaffee aus unserer „Reise-Nespresso“ um Welten besser. Dann lecker Brioche und selbstgemachte Marmelade, so kann der Tag kommen. Schwierig ist gerade nur die Auswahl morgens. Neben selbstgekochter Apfel-, Mango- und Pfirsichmarmelade sowie Vanillehonig aus der Imkerei meiner großen Schwester hat uns unsere Nachbarin kurz vor der Abfahrt noch Erdbeermarmelade gebracht, damit wir beim Frühstück auch immer an sie denken. Aber wir sind ja lange unterwegs, das bekommen wir schon leer  Dann die kleinen Rucksäcke gepackt und ab aufs Fahrrad. Denn die Sonne lacht, wozu also mit den öffentlich Verkehrsmitteln rumschlagen. Als erstes geht es auf die sogenannte Museumsinsel Bygdøy. Wir starten mit dem Vikingskipshuset, also dem Wikingerschiffmuseum. Na super, direkt vor uns ist ein ganzer Bus Touristen angekommen. Aber egal, die machen halt auch Urlaub hier. Genialerweise gibt es vor dem Museum eine Art Container mit Schliessfächern für Taschen, Rucksäcke etc. Also ab mit den Rucksäcken und Fahrradhelmen ins Schliessfach und nur mit Kamera und Handy „bewaffnet“ ab ins Museum. Zu sehen sind dort drei Schiffe (Wracks), und zwar das Oseberg-Schiff, das Gokstad-Schiff und das Tune-Schiff. Weiterhin sieht man dort den sogenannten Borre-Fund, der zu dem Schiffsgrab eines sehr mächtigen Mannes gehört hat. Leider ist das Schiff jedoch nicht mehr erhalten. Dazu wird dort auch ein Film gezeigt, der die „Reise“ eines Wikingerschiffes zeigt. Zuerst den Bau, dann die Zeit in der es als Wikingerschiff auf dem Meer genutzt wird und wie es zum Schluss zu einem Grabschiff für eine meist sehr reiche und mächtige Persönlichkeit wird. Auf dem Schiff wird – natürlich auch aus Holz - eine Art Verschlag gebaut. Dort wird die Leiche abgelegt und das ganze Schiff mit Grabbeigaben beladen. Wobei Grabbeigaben nicht einfach nur Schmuck oder Waffen sind. Ganze gebratene Ochsen, Brote, Gemüse und Getreide. Dann komplette Küchenausstattungen, Geschirr, Stickereien, Tücher, Schlitten, Betten, Boote und und und. Dazu Pferde, Hunde, Greifvögel und sogar Pfauen. Absolut unglaublich. Dann wird das Schiff vergraben oder im Moor versenkt. Gefühlte 500 Photos später haben wir uns dann schweren Herzens von den Wikingerschiffen getrennt, obwohl es noch so viel zu lesen und zu schauen gegeben hätte. Aber wir wollen ja noch weiter. Also ab auf die Räder und zum nächsten Tagesordnungspunkt. Jetzt steht das Fram Museum auf dem Plan. Die Fram ist ein Expeditionsschiff aus dem Jahr 1892, das von dem Polarforscher Fridtjof Nansen in Auftrag gegeben wurde. Insgesamt wurde die Fram bei 3 bekannten Expeditionen genutzt. Als erstes 1893-1896 bei der Nordpolexpedition von Fridtjof Nansen, dann 1898-1902 bei der Expedition von Otto Sverdrup zu der nach ihm benannten Inselgruppe Sverdrup-Inseln in Nunavut und als letztes bei der vielleicht bekanntesten von Roald Amundsen zum Südpol. Das Schiff wurde mehrmals umfassend umgebaut, ausgestellt ist es mit den Aufbauten von 1902. Die anderen Versionen sind als Modelle vorhanden. Neben der Fram, die man auch von innen komplett besichtigen kann, sind über 3 Etagen an den Wänden unendlich viele Exponate, Texte, Photos, Skizzen und und und. Selbst zwei Tage würden nicht reichen, sich alles anzuschauen. So müssen wir leider an dem einen oder anderen Ausstellungsstück schneller vorbei als uns lieb ist. Aber immerhin schaffen wir es noch, uns im Untergeschoß die ausgestellte Gjøa anzuschauen, das erste Schiff dass die Nordwestpassage bezwungen hat. Es hat übrigens mehr als 400 Jahre gebraucht, um überhaupt diese Passage zu finden. Denn der erste Versuch startete – so vermutete man – bereits 1473. Aber erst einer Expedition unter der Leitung Roald Amundsen in den Jahren 1903-1906 gelang eine komplette Durchfahrt. Ohhhh, warum ist der Tag so schnell vorbei, es gibt noch sooo viel zu sehen, lesen und entdecken. Aber es nutzt nichts, morgen früh müssen wir Oslo bereits verlassen. . Schweren Herzens schwingen wir uns auf die Räder. Mittlerweile ist es schon kurz vor 17 Uhr, damit hat sich ein Besuch des Freilichtmuseums erledigt, denn das schliesst gleich. Also fahren wir erstmal für einen kurzen Zwischenstop zum WoMo. Schnell etwas essen und trinken, dann nochmal auf die Räder und zur Festung Akershus. Die Festung befindet sich direkt am Oslofjord auf der Halbinsel Akersneset. Die Anlage ist riesig. Aktuell ist ein Teil abgesperrt. Dort findet ein riesiges PublicViewing für die Damen-Fussball-WM statt. Da Norwegen aber erst heute Abend spielt, ist der Andrang aktuell noch eher überschaubar. Bei dem immer noch tollen Wetter macht es uns unheimlich Spaß, mit den Rädern durch die Festungsanlage zu fahren. Zwischendurch lassen wir die Räder immer mal stehen um auf den alles umgebenden Wall zu klettern und einen Blick auf das tolle Panorama des Hafens und des Fjords zu werfen. Und natürlich auch das eine oder andere Photo zu machen. Was für ein herrlicher Tag. Bevor es zurück zum Stellplatz geht strampeln wir noch eine kurze Runde am Hafen lang. Aber langsam knurrt der Magen und der Popo tut uns ungeübten auch schon weh. Also ab „nach Hause“.



Sonntag, 16. Juni 2019
Gestern Abend ging es auf die Fähre von Rostock nach Trelleborg. Wir hatten Glück und gehörten zu den ersten Fahrzeugen die aufs Schiff gelassen wurden. Der uns zugewiesene Parkplatz auf Deck 5 war ganz hinten in der letzten Ecke. Aber ich bin ja mit einem exzellenten Fahrer unterwegs, also alles kein Problem. Unsere Kabine war noch nicht fertig, darum sind wir als erstes kurz über das "Hauptdeck" geschlendert. Naja, das ganze Schiff machte eher einen etwas ungepflegten Eindruck. Komischerweise war alles als erstes in Polnisch beschriftet, und auch die Durchsagen waren polnisch, deutsch und englisch. Da die Fähre aber ja nur zwischen Rostock und Trelleborg verkehrt hatte ich doch eher mit schwedisch gerechnet. Aber auch das gesamte Personal war polnisch und ungarisch, obwohl die TT Line eine deutsche Reederei ist. Entweder weil der Großteil der „Kunden“ osteuropäische LKW-Fahrer sind oder weil das Personal aus dem Osten billiger ist. Wie dem auch sei, freundlich waren alle, sauber war es auch. Dann konnten wir in die Kabine. Klein, aber ordentlich und sauber. Geschätzt hatten mindestens 95% der Passagere eine Kabine gebucht, denn es gab nur einen kleinen Aufenthaltsraum für die Überfahrt mit nur wenigen Sitzplätzen. Abgesehen davon dass die Kopfkissen ungefähr die Größe eines Gästehandtuchs hatten, können wir uns nicht beschweren.
Ein neuer Tag beginnt. Um 6 Uhr die Durchsage zum Wecken, aber da sind wir bereits wach. Punkt 7 Uhr legen wir an und bereits um 7.30 Uhr sind wir unterwegs in Schweden. Als erstes suchen wir uns einen Parkplatz um das erste Mal lecker und in Ruhe in unserem Spaßmobil zu frühstücken. Dann das wichtigste: Kaffee kochen! Einfach Wasser heiss machen und Kaffee aufschütten ist ja langweilig. Also haben wir kurz vorher noch eine Makita-Kaffeemaschine erstanden. Funktioniert mit den Standard-Makita Akkus. Davon haben wir ja wahrlich genug. Und tatsächlich, klappt hervorragend. Dazu selbstgemachte Marmelade, leckeres Brioche, so lässt es sich aushalten. Danach schnell alles zusammenräumen und los auf die Autobahn in Richtung Oslo. Der erste Teil ist schon mal vollkommen unspektakulär. Mittags dann wieder eine Pause – und es regnet wie aus Eimern. Aber bei einem Wohnmobil ja gar kein Problem. Nur die Sitze drehen und schon ist man im Wohnbereich. Wieder lecker Kaffee kochen, mit Eiweissbrot, Wurst und Käse stärken und gut gelaunt wieder auf die Piste. Auch der weitere Verlauf ist eher unauffällig. Schöne Wälder, ein paar Seen - und Regen. Aber auch das gehört dazu. Kurz vor der Grenze zu Norwegen suchen wir uns eine Tankstelle. Dort befindet sich auch ein riesiges Einkaufszentrum. Und davor nur Fahrzeuge aus Norwegen die günstig in Schweden einkaufen wollen. Vor allem Süßigkeiten, Zigaretten und Alkohol. Erinnert uns an die Einkaufszentren in Venlo, die von Deutschen aus dem grenznahen Gebiet jedes Wochenende überfallen werden. Weiter geht es auf die letzte Etappe für diesen Tag. In Oslo knubbelt sich der Verkehr ein bisschen, aber alles noch besser als die tägliche Rushhour in Ingolstadt. Dann erreichen wir den Wohnmobil Stellplatz am Segelboot-Hafen von Oslo. Einfach ein großer Parkplatz mit ein paar Stromkästen und Toiletten-Containern. Der Platz ist gut gelegen, denn nur wenige Schritte entfernt ist eine Bushaltestelle mit mehreren Direktverbindungen in die Innenstadt. Aber die brauchen wir erst morgen. Jetzt ist Abendessen angesagt und dann das erste Mal im WoMo schlafen. Gut‘s Nächtle…