Freitag, 21. Juni 2019
Was für ein Wetter! So wie es geregnet hat – viel mehr geschüttet – hat sich der Stellplatz über Nacht vermutlich in einen See verwandelt. Als ich heute früh die Tür öffne warnt mich Peter spasseshalber, dass ich auf die Enten und Schwäne aufpassen soll. Aber ganz so schlimm ist es zum Glück doch nicht. Als ich zum Waschhaus gehe kommt sogar für einen kleinen Moment die Sonne hinter den schwarzen Wolken hervor. Aber wie gesagt – nur für einen kurzen Moment. Also ziehen wir uns vorsichtshalber warm und halbwegs regensicher an und gehen als erstes zur Rezeption. Dort kaufen wir die Bergen-Card. Und das erste Erfolgserlebnis des Tages: Mit unserer Camping Key Europe vom ADAC bekommen wir 20% Rabatt. Dann weiter zur Haltestelle. Dort warten auch schon ein paar andere Camper auf den Bus. Mit der 90 fahren wir dann ca. 25 Minuten bis zur Haltestelle Nesttun. Dort steigen wir in die Stadtbahn um. Dank der Bergen-Card sind alle öffentlichen Verkehrsmittel umsonst und angeblich warten auch jede Menge weiterer Vergünstigungen auf uns. Wir werden sehen. Mit der Stadtbahn fahren bis zur Endstation mitten in der Stadt. Nur ein paar Minuten Fussweg und wir sind am berühmten Fischmarkt. Wow, dort gibt es wirklich jede Menge zu staunen. Lachs ist ja nichts sooo besonderes, aber Seeigel und Wal sieht man bei uns an der Fischtheke eher nicht. Als die Fischhändler uns anbieteen den Wal zu probieren, sagen wir nicht nein. Das Fleisch ist fast schwarz, schmeckt aber unheimlich lecker. Zusammen mit Japan und Island gehört Norwegen zu den drei Ländern, die kommerziellen Walfang betreiben. Allerdings streng reglementiert. Die Fangquote liegt bei weniger als 1 % der Population. Dann gehen wir zum Hafen. Und wie bereits in Stavanger liegen auch hier etliche Kreuzfahrtschiffe vor Anker. Die Viking Sun, die wir dort bereits gesehen haben, liegt jetzt mit zwei Schwesterschiffen im Hafen. Nach dem Bummel über den Fischmarkt wollen wir auf den Ulriken. Da die Seilbahnstation eines gutes Stück ausserhalb liegt, buchen wir zu den Tickets auch die Busfahrt mit. Wieder gibt es einen satten Rabatt mit der Bergen-Card. Die Fahrt mit dem Bus dauert gut 10 min. Als wir ankommen stehen schon recht viele Leute an der Gondel an. Aber nun gut, da steht dass die Gondeln pro Stunde bis zu 250 Personen auf den Berg rauf bringen. In einer viertel Stunde sollten wir locker oben sein. Zum Glück wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie lange die Schlange wirklich ist. Denn wir sehen aktuell nur die Leute im Eingangsbereich. Dann geht es eine Treppe rauf, am Ende der Treppe geht die Schlange nochmal um 2 Gitter rum. Aber das wissen wir anfangs nicht. Erst als wir am Ende der Treppe sind, sehen wir das nochmal mehr als 40 Leute vor uns stehen, und wir aber schon eine geschlagene Stunde gewartet haben. Denn am Ausgang steht einen Gruppe der Viking Sun und wird quasi durch den Hintereingang mit reingelassen. Immer 6 Leute bei uns aus der Schlange, 6 Passagiere der Viking. Kein Wunder warum wir nicht voran kommen. Nach 2 Stunden ist es endlich geschafft. Aber in dem Moment, in dem wir die Gondeln besteigen, startet draussen wieder ein gigantischer Wolkenbruch. Na prima. Innerhalb von sieben Minuten ist die Gondel oben angekommen. Noch während der Fahrt haben wir schnell den Regenschutz über den Rucksack gezogen, unserer Regenjacken angezogen und schon stehen wir wie begossene Pudel draussen auf der Aussichtsplattform. Für einen kurzen Moment stoppt der Regen und wir können ein paar spektakuläre Photos machen – halb Sonne und halb Wolken. Dann schlagartig ist der Berg in eine riesige Wolke gehüllt und wir sehen nichts mehr. Also wieder anstellen für die Rückfahrt. Das geht jetzt zum Glück etwas schneller, nach einer guten halben Stunde sind wir wieder unten. Zehn Minuten später sitzen wir wieder im Bus in die City. Wir drehen eine weitere Runde über den Fischmarkt, dann entscheiden wir uns für eine Stadtrundfahrt mit dem Hop on off Bus. Und auch hier lohnt sich die Bergen Card. Wir bekommen Kopfhörer und können uns die Audiokommentare in Deutsch anhören. Die komplette Runde dauert ca. eine Stunde, wenn man zwischendurch nicht aussteigt um ein Museum o. ä. zu besichtigen. Da es aber wieder ordentlich schüttet bleiben wir einfach sitzen und geniessen die Fahrt. Zurück am Fischmarkt hat der Regen glücklicherweise etwas nachgelassen. Wir laufen gemütlich los und gehen zur Fløybahn (ich sag nur: Bergen-Card ). Die Standseilbahn führt – wie der Name vermuten lässt – auf den Fløyen. Vor Ort hat man eine tolle Aussicht auf die gesamte Stadt und den Hafen. Dort können wir zusehen wie die Queen Viktoria gerade wieder in See sticht. Das Wetter spielt so halbwegs mit, die Aussicht ist phantastisch – und es ging deutlich schneller als auf den Ulriken! Dann zurück in die Stadt. Von der Fløybahn sind es nur wenige Schritte bis nach Bryggen, den alten Hansekontoren. Die alten Holzhäuser sind wunderschön anzusehen. Wir stromern noch ein bisschen durch die Straßen, aber irgendwann ist es uns wirklich zu kalt und zu nass und wir machen uns auf den Rückweg. Wieder haben wir Glück. Die Stadtbahn ist schon abfahrbereit als wir einsteigen. Beim umsteigen in Nesttun warten wir nicht mal eine viertel Stunde. Kurz nach 19 Uhr sind wir zurück. Und ich geniesse den Luxus einer schnell funktionierenden Heizung. Während draussen der Himmel wieder alle Schleusen öffnet, trinken wir lecker heissen Kaffee und ich krame den Rechner raus um meinen Tagesbericht zu verfassen. Morgen geht es weiter nach Geiranger. Und wir vermuten dass uns die Viking Schiffe auch dort treu bleiben…



Donnerstag, 20. Juni 2019
Da wir gestern Abend bereits die Tanks geleert und frisch gefüllt haben, können wir direkt nach dem Frühstück starten. Los geht es auf der E39 Richtung Norden. In Mortavika endet die Strasse am Fährhafen. Wir haben Glück, denn als wir ankommen bereitet sich die Fähre gerade schon aufs ablegen vor. Noch schnell bezahlen (529 NOK – also mehr als 50 €!), rauf auf die Fähre und schon schliesst sich die Luke. Das war eine Punktlandung. Der Kapitän scheint es eilig zu haben, denn ruckzuck sind wir drüben in Arsvågen. Von dort orientieren wir uns immer Richtung Nord-Ost, fahren gemütlich an Fjorden und Seen entlang und vorbei am Folgefonne Nasjonalpark. Das Wetter meint es heute leider nicht richtig gut mit uns. Es ist frisch draussen, regnerisch, und die Wolkendecke hängt tiefer als jeder getunte Manta. Aber für Sonnenanbeter ist Skandinavien einfach Was ich bis jetzt nicht erwähnt hatte: Unser Navi lispelt! Also ich meine natürlich die nette Dame, die uns sagt wann wir abbiegen müssen – die lispelt. Damit hatte das Navi auch direkt einen Namen: die lispelnde Lizzy  Eigentlich ist Lizzy gut drauf, allerdings verliert sie in den Tunneln manchmal ein wenig die Orientierung. Wobei wir direkt beim Thema wären: Tunnel. Kurze, lange, helle, dunkle, nasse, grob in den Fels gehauene, mit Beton ausgekleidete, schnurgerade, kurvige, tief unter einem Fjord durch oder steil zu einem Pass hoch führende Tunnel: Die Norweger lieben Tunnel. Wir haben heute mal mitgerechnet, auf unserer Strecke von knapp 400 km hatten wir mehr als 60 km Tunnel! Und das abenteuerlich daran: Die bauen in den Tunneln zum Teil riesige Kreisverkehre mit einer Beleuchtung wie auf der Kirmes. Da wir heute wie gesagt eh Schietwetter haben, ist das zum Teil ganz angenehm - und im Winter bei Schneesturm bestimmt auch. Bei tollem Wetter würde ich aber sicherlich mehr Landschaft sehen wollen. Neben Seen, Fjorden und Bergen gibt es heute auch ein paar Wasserfälle zu sehen. Der Langfoss z. B. ist schon sehr spektakulär. Auf dem Parkplatz haben sie auch noch eine Ausstellung mit Steinen und Fossilien die es dort in der Umgebung gibt. Kaum zu glauben das solche Schmuckstücke im Fels verborgen liegen. Als wir weiterfahren sehen wir den nächsten imposanten Wasserfall, den Låtefossen. Aber wir haben keine Chance anzuhalten. Die Strasse ist supereng, entgegenkommende Wohnmobile passen kaum aneinander vorbei und der vorhandene Parkplatz ist mit 4 Autos bereits überbelegt. Aber nicht so schlimm, halt ein Wasserfall-Photo weniger im Photobuch. Wir geniessen das, was wir im Vorbeifahren sehen können und freuen uns an der Fahrt. Weiter geht es am scheinbar endlosen Hardangerfjord. In Kvanndal halten wir am Fährhafen an und picknicken gemütlich. Dann fahren wir weiter. Da die Zeit fortschreitet nehmen wir einen Wegpunkt aus unserer Routenplanung raus und bleiben auf der 7 Richtung Bergen. Das spart uns zwar nur 35 km aber auf Grund der Streckenführung eine knappe Stunde. Gegen 16.30 Uhr erreichen wir den Campingplatz Lone. In Bergen selbst gibt es nur einen Platz mit 18 Stellplätzen, der fast immer belegt ist. Also versuchen wir es gar nicht erst sondern fahren einen der vier etwas ausserhalb liegenden Campingplätze an. Die nette Dame an der Rezeption drückt uns direkt den Fahrplan und die Wegbeschreibung in die Hand, so können wir morgen früh direkt mit dem Bus los und Bergen erkunden. Bericht folgt 



Mittwoch, 19. Juni 2019
Heute Morgen sind wir zum Glück nicht wieder um halb sechs wach geworden. Der Wecker hat uns um 7 Uhr unsanft aus dem Schlaf geholt. Aber nach der ersten Tasse Kaffee sind wir munter und packen unsere sieben Sachen für unsere Tour nach Stavanger. Da für den Nachmittag Regen angesagt ist, ziehe ich direkt meine gute GoreTex Jacke an, die hat sich in den letzten Jahren schon bei diversen Regengüssen und Wolkenbrüchen bewährt. Peter packt sich seine Regenjacke erst einmal nur in den Rucksack. Dazu für jeden eine Thermoskanne mit kalter Limo bzw. Eistee. Noch ein bisschen was zu essen, wer weiss wann wir zurück sind. Dann auf die Räder und los. Und wie bereits in Oslo ist auch Stavanger eine sehr Radfahrer-freundliche Stadt. Entweder gibt es parallel zu den Straßen separate Fahrradstrassen, wenn nicht dann zumindest breite Radwege. Das man auf der Straße fahren muss ist definitiv die Ausnahme. Aber selbst wenn, nehmen die norwegischen Autofahrer sehr viel Rücksicht, bremsen sofort wenn sie merken dass man die Fahrbahn wechseln muss und winken einen rüber. Ganz anders als bei uns. Und wir merken dass wir vielleicht daheim auch etwas geduldiger mit Radlern sein sollten, mal schauen ob wir unsere guten Vorsätze bis nach Hause retten können . Die Strecke führt uns über den Campingplatz vorbei an dem See Mosvatnet, dann durch eine Parkanlage die mich sehr an die Bonner Rhein Auen erinnert. Alles ist toll angelegt, die Fusswege sind geschottert und separat von den geteerten Radwegen. Nach kurzer Zeit sind wir in Gamle Stavanger, dem alten Ortskern. Was für verwunschene kleine Holzhäuschen – alle nett zurechtgemacht, mit vielen Blumen und kleinen Vorgärtchen. Direkt am Hafen. Es wäre wunderschön wenn – ja wenn das Ganze nicht von den Schornsteinen von drei riesigen Kreuzfahrtschiffen überragt werden würde. Was für riesige Pötte, und es gibt ja noch viel größere! Wir sind uns einig – Kreuzfahrten sind nicht unser Ding. Wir sehen wie die Passagiere der Viking Sun von Bord gehen, in 40 Gruppen aufgeteilt werden und dann die Stadt fluten. Nein, da möchten wir nicht mit dabei sein. Wir fahren die letzten Meter zum Hafen. Dort liegt bereits das Schiff auf dem wir eine dreistündige Rundfahrt durch den Lysefjord gebucht haben. Und wie befürchtet ist ein großer Trupp Passagiere der drei Schiffe bei unserer Tour mit dabei. Aber egal, das Boot ist groß genug für alle und Peter kapert uns ganz vorne auf dem Oberdeck tolle Plätze direkt an der Reling. Zwar nur Stehplätze, aber wir zahlen ja dafür dass wir was sehen und nicht dafür dass wir drinnen bequem sitzen. Die ersten zehn Minuten denke ich noch: puh, viel zu warm angezogen, die Sonnencreme habe ich auch vergessen. Meine Fleecejacke knuffel ich noch irgendwie in den Rucksack. Dann legen wir ab und nach 5 Minuten krame ich hektisch meine Jacke wieder raus. Sonnencreme brauchen wir auch nicht mehr, denn nun ist der Himmel komplett wolkenverhangen. Doch frischer als gedacht, aber dafür ist die Landschaft wunderschön. Die Tour dauert knappe drei Stunden, die Fahrt geht in den Lysefjord der gute 40 km lang und bis zu 500 m tief ist. Drei Highlights stehen auf dem Programm: die Vagabond’s Cave, der Hengjane Wasserfall und natürlich der Preikestolen – ein Felsplateau hoch oben über dem Fjord. Um 13 Uhr sind wir zurück, noch ziemlich durchgefroren, aber an Land ist es deutlich wärmer und wir tauen schnell wieder auf. Dann gehen wir noch eine Runde durch die Altstadt bevor wir uns wieder auf die Räder setzen und zum Petroleum Museum fahren. Dort verbringen wir den restlichen Nachmittag. Das Museum ist super interessant und hat jede Menge Modelle und Filme zu bieten. Um 18 Uhr reicht es uns jedoch und wir machen uns auf den Heimweg. Der zum Teil starke Regen ist glücklicherweise zu einem leichten Tröpfeln geworden, so dass wir halbwegs trocken zurück zum Campingplatz kommen. Während Peter die Räder wieder hinten drauf verstaut, koche ich uns einen Kaffee und hole ein paar Brownies aus dem Vorrat. Dann fahren wir zur Dump Station, leeren alle Tanks und füllen mit Frischwasser auf. Da wir nichts vorgebucht haben, sind wir immer drauf vorbereitet zur Not mal ein oder zwei Nächte auf Parkplätzen stehen zu bleiben. Dann kümmer ich mich um das Abendessen. Heute gibt es schnelle Küche: Ravioli und die letzten Schnitten Eiweissbrot. Während ich den Rechner starte um zu schreiben, geht Peter zu dem kleinen Supermarkt um die Ecke und kauft Brot. Damit sind wir die nächsten Tage wieder versorgt. Jetzt noch die Route für morgen anschauen und dann heisst es Feierabend!