Freitag, 5. Juli 2019
Eine ziemlich ätzende Nacht ist vorbei, zum Glück. Da wir beide immer noch ziemlich ko sind, und mein Hirn schon wieder hämmert, dreht Peter sich nochmal rum während ich es jetzt mal mit Grippostad probiere und mich vorne in den Sessel kuschel. Die Heizung bollert und ich schlaf tatsächlich auch nochmal kurz ein. Um 10 Uhr (Finnische Zeit) quälen wir uns dann doch raus, wir wollen ja noch weiter. Heute steht als erste Etappe das Dörfchen Tankavaara an. Dort ist in den 1930ern ein Goldrausch ausgebrochen. Aber die Goldsuche hat auch in anderen Gebieten Lapplands eine lange Tradition. Seit gut 150 Jahren gibt es im Gebiet der Flüsse Ivalojoki und Lemmenjoki Profi-Goldgräber. Und der Sand in Tankavaara verspricht auch dem Hobbyschürfer Goldfunde – wenn auch nicht gerade in Nugget- sondern eher in Minigröße. Wir gönnen uns den Spaß und buchen eine Stunde Goldschürfen. Während ich nur Hämmatit finde, tauchen bei meiner besseren Hälfte tatsächlich zwei Flöckchen reines Gold auf. Wobei, wenn ich ehrlich bin hätte ich die nicht als solche erkannt. Erst als der Guide sie in ein Röhrchen mit Wasser tut, sieht man sie schwimmen und funkeln. Ohhh, wenn die so klein sind hab ich die vielleicht einfach mit ausgeschüttet…. Ich hatte mir das größer vorgestellt. Aber gut, reich wäre ich damit eh nicht geworden. Nun haben wir ja wenigstens ein Röhrchen mit einem Goldschatz. Spaß hat es aber auf jeden Fall gemacht, und bereits nach 1 Stunde im kalten Wasser tuen uns die Hände weh. Wie mag das den Leuten früher nach 12 oder 16 Stunden gegangen sein? Wobei auch heute noch Profischürfer an der gleichen Stelle wie wir heute suchen – und auch finden - und den ganzen Tag im Wasser stehen bzw. sitzen. Es gibt sogar Jahrestickets!!! Als nächstes steht das Goldmuseum an. Auch sehr informativ, wobei ich noch nicht wieder voll aufnahmefähig bin. Aber besser als gestern geht es allemal. Wir unterhalten uns noch eine Weile mit einem deutschen Geologen, der dort einen Stand hat. Er ist frustriert, weil Tankavaara früher wohl ein sehr beliebter Touristenort war, aber mittlerweile ist es da sehr ruhig um nicht zu sagen die Geschäfte laufen mau. Und damit führt eins zum andern. Die Gäste bleiben aus, damit fehlt Geld, notwendige Instandhaltungsarbeiten durchzuführen. Die alten Gebäude verfallen und werden gesperrt. Damit kommen noch weniger Touristen und es startet eine Endlosspirale. Schade eigentlich, man könnte aus dem Dörfchen so viel herausholen!!! Wobei dieses Jahr Anfang August dort sogar die Weltmeisterschaft im Goldschürfen stattfindet. Das erklärt vielleicht auch, warum gerade zumindest etwas versucht wird, die Anlage in Schuss zu bringen. Mittlerweile ist es 15 Uhr vorbei, wir fahren weiter. Die Landschaft in Finnland ist leider sehr monoton. Jeder Kilometer sieht aus wie der nächste. Während sich in Norwegen die Landschaft innerhalb von Minuten änderte und es hinter jeder Kurve etwas neues zu entdecken gab, ist die Fahrerei hier eher wie auf einer deutschen Autobahn durch den Spessart. Rechts sind Bäume, links sind Bäume, in der Mitte Zwischenräume… (ein Lied von Ulla Meinecke). Das einzige was die Monotonie durchdringt sind die Rentiere die immer wieder kreuz und quer in der Gegend rumlaufen. Und damit auch eine riesige Gefahr darstellen. Gerade haben wir auf einem Parkplatz wieder einen Unfallwagen gesehen, der eindeutig Bekanntschaft mit einem Ren gemacht hat. Weiter geht es und das nächste Ziel ist Rovaniemi, die offizielle Stadt des Weihnachtsmannes und am Polarkreis gelegen, dem Ende - oder Beginn der Mitternachtssonne. Uns ist klar dass das ganze vermutlich sehr touristisch aufgezogen ist. Aber trotzdem wollen wir morgen einen Besuch wagen. Von dort soll es weiter gehen nach Schweden.
Aber jetzt erst mal ein paar Kilometer am Weihnachtsdorf vorbei weiter in den Ort, dort hat Peter einen schönen Campingplatz entdeckt. Wir bekommen direkt einen tollen Platz mit Blick auf den Fluss. Kaum steigen wir aus umschwirren uns die Mücken Peter hat es gestern schon übel erwischt, er ist überall zerstochen. Darum hängt diesmal die Mückenlampe noch eher am Strom als die Kaffeemaschine. Da uns – nach einem bis dahin recht trockenen Tag - der Regen mal wieder eingeholt hat, kuscheln wir uns ins WoMo. Ich muss ja schliesslich noch von gestern mein Reisetagebuch nachholen.



Und auch Tag 20 begrüßt uns mit dicken Tropfen die aufs Dach klatschen. Langsam nervt es. Aber nun gut, wir können es nicht ändern. Zum Frühstück isst jeder ein Schoko-Brötchen – die hat jeder Supermarkt dort und die sind echt lecker. Dann geht es auf die Piste. Zuerst wieder die ganze Strecke zurück nach Lebesby. Der Regen hat den Vorteil, dass er den Nebel verdrängt. So können wir ein bisschen mehr sehen als auf dem Hinweg. Weiter geht es durch Ifjord Richtung Finnland. Hm, scheinbar hab ich irgendwas nicht vertragen oder ich werde krank. Mir ist speiübel, ich friere ohne Ende und mein Hirn explodiert. Das fehlt mir jetzt noch, krank werden im Urlaub geht ja gar nicht. Also erstmal schnell ein paar Magentropfen nehmen. Die norwegische Gebirgs- und Seenlandschaft ist immer noch überwältigend schön, auch im Regen. Trotzdem möchte eigentlich nur noch ankommen, die Tropfen helfen nicht wie geplant. Mittlerweile habe ich mir noch eine Decke von hinten geholt weil meine Zähne klappern. In Neiden zwingt Peter mich zu einer Pause und einem kleinen Spaziergang. Einmal kurz die Landschaft gedüngt dann geht es mir tatsächlich besser. Aber leider nicht viel. Also weiter Richtung Süden. Kurz hinter Neiden geht es über die Grenze nach Finnland. Und die Landschaft ändert sich eigentlich auch fast schlagartig – nur noch Bäume und Seen. Und jede Menge Rentiere rechts und links und auf den Straßen. Die Straßen hier sind – im Gegensatz zu Norwegen – sehr breit, die Strecken sehr gerade und oft ist 100 erlaubt. Mittlerweile zähle ich die Kilometer runter bis zum geplanten Campingplatz. Ankommen und ins Bett - mehr wünsche habe ich gerade nicht mehr. Ich hab das Gefühl ich werde nie wieder etwas essen können, auch wenn ich aus Erfahrung weiss dass das nie lange anhält. In Ivalo River erreichen wir unsere Tagesetappe. Noch während Peter denn Strom anhängt, krabbel ich ins Bett und verkriech mich mit 2 Pullis und dicken Socken unter der Bettdecke. Da ich gerade nicht mal den Geruch von Essen aushalte, Peter aber der Magen knurrt, gönnt er sich auf dem Campingplatz einen leckeren Burger und ich bleib im WoMo und bibber vor mich hin. Nach einer dreiviertel Stunde ist er zurück. Er hat direkt noch daheim angerufen, damit sich Mama nicht wundert warum ich nicht schreibe. Die Nacht ist anstrengend, Fieber und Kopfweh plagen mich, mit jeder Drehung wird auch Peter wach. Hoffentlich ist die Nacht bald rum…



Donnerstag, 4. Juli 2019
Nachdem die Wolkenlücken größer werden, und wir sicherlich nicht mehr allzu oft ans Nordkap kommen, wollen wir doch noch Mitternacht abwarten - in der Hoffnung, wenigstens einen Zipfel Sonne zu erhaschen. 20 vor 12 in der Nacht ziehen wir unsere dicken Jacken an und klettern aus unserem WoMo. Wir laufen los Richtung Nordkap-Spitze – und uns trifft fast der Schlag. Wie aus dem Nichts sind ein dutzend Reisebusse vorgefahren, Menschenmassen strömen Richtung Weltkugel. Ohhhhh, das brauchen wir nicht wirklich. Also zurück, denn knapp 100 m weiter westlich ist ein kleiner Felsvorsprung, von dem aus kann man wunderbar das eigentliche Nordkap samt Weltkugel photografieren. Sieht toll aus – und man hat seine Ruhe! Auch wenn die Sonne sich nicht vollends zeigt, so blinzelt sie zumindest und wir haben noch ein paar schöne Bilder fürs Album. Müde tappsen wir ins Bett. Heute früh stehen wir zeitig auf, schnell waschen und Zähneputzen bevor der Ansturm losgeht und ab auf die Piste. Und sollten wir nicht zufälligerweise irgendwann eine Arktis-Expedition machen, dann werden wir vermutlich nie wieder nördlicher kommen als am heutigen Tag. Wir starten morgens bei – nun alle mal raten – Erbsensuppendickem Nebel. Wie schon auf dem Hinweg, schleichen wir auf dem Stück zwischen dem Nordkap und bis ca. Höhe Kamøyvær, bis der Nebel etwas nachlässt. Dann kommen wir wieder ein bisschen schneller voran. Und wieder sehen wir jede Menge Rentiere rechts und links der Strasse. Weiter geht es durch den Nordkap-Tunnel zum Porsangerfjord. Nach einigen Kilometern sehen wir plötzlich ein kleines Schiffswrack, ein willkommener Anlass für eine kurze Pause. Blinker gesetzt und runter ans Wasser. Dort stehen bereits zwei Wohnmobile aus Regen und Osnabrück  Wir überlegen dass das Schiffswrack noch nicht alt sein kann, da man noch das Radar erkennen kann, das recht modern aussieht. Auch wenn der Rest schon sehr zerfallen ist. Aber laut dem Bayer – der dort Krabben fischt - sah das Wrack vor 15 Jahren schon genau so aus. So kann man sich täuschen. Der Regen wird stärker und wir fahren weiter. Immer weiter entlang am Porsangerfjord, vorbei am Stabbursdalen nasionalpark. Dann über eine Landzunge rüber zum Laksefjord. Die Landschaft ist heute sehr wechselhaft. Entlang am Wasser, durch Wälder, karge und schroffe Felslandschaften, zwischendurch ungezählte kleine und große Seen, dann wieder vorbei an schimmernden Gebirgsbächen. Alle paar Minuten verändert sich die Landschaft. Wir sind sehr oft an die Westfjorde Islands erinnert. Ein toller Tag bis jetzt. Dann treffen wir auf eine ganze Herde Rentiere. Jedes Tier hat eine andere Fellfarbe, von fast weiss bis schokobraun und grau ist so ziemlich jede Nuance vertreten. Das auffällige ist, dass auch die Weibchen ein Geweih tragen. Weiter geht es nun zuerst zum Slettness fyr, dem nördlichsten Festland-Leuchtturm der Welt! Da es immer noch nebelig ist und regnet, sparen wir uns die Führung. Aber wir lassen uns – wir bereits am Polarkreis und Nordkap – eine Urkunde ausstellen dass wir da waren!!! Dann fahren wir 20 km zurück nach Mehamn, dort finden wir einen kleinen schnuckeligen Campingplatz am Hafen. Es gibt Strom, Duschen, sanitäre Einrichtungen etc - alles was das Herz begehrt. Gleich mal schaun was der Kühlschrank sagt bzw. was so langsam weg muss. Die Entscheidung fällt – es gibt Spiegelei und Brot – zumindest ist das der Plan. Dann rufen wir bei Mama an, erzählen dass wir am Hafen stehen und sie uns am Telefon auf die Idee bringt, zu schauen ob wir am Hafen nicht frischen Fisch kaufen können. Das klappt leider nicht, aber direkt um die Ecke ist ein Supermarkt - und die haben hier immer tollen frischen Lachs. Also statt Spiegelei gibt es Lachs auf Brot. Sehr sehr sehr lecker! Während das WoMo nun etwas durchlüften muss damit der Geruch raus geht, schnappen wir uns unser Waschzeug und gehen Duschen. Anschliessend machen wir zusammen schnell den Abwasch und dann heisst es Rechner raus und an die Tastatur. Dann geht es an die Planung für den morgigen Tag: Ade Norwegen, hallo Finnland!



Dienstag, 2. Juli 2019
So, nachdem wir abends unser WoMo geparkt haben, versuchen wir brav am Parkautomat zu bezahlen. Aber das gelingt uns nicht. Der Automat zeigt immer an, dass PKW bis zum kommenden Morgen um 8 Uhr kostenlos parken können. Das hilft uns nicht weiter. In der Beschreibung am Automat steht, dass man für den WoMo Stellpatz die Taste mit der Aufschrift „Bobil“ drücken soll, und dann bezahlt. Aber irgendwie macht der Automat das nicht. Wir brechen die Aktion ab, und lassen uns noch die Quittung ausdrucken dass keine Buchung vorgenommen wurde. Die hängen wir schon mal ans Armaturenbrett, dass wir es wenigstens versucht haben. Ein zu Hilfe eilender Sauerländer meinte nur, dass vorhin schon andere das gleiche Problem hatten. Wir geben auf und kuschelns ins WoMo, Heizung an, Strom gibt es auch, alles prima. Wir haben eine ruhige Nacht. Der Platz gehört offiziell zum Touristenoffice. Also sind wir heute früh nach dem Aufstehen als erstes brav losgetappst um das zu klären. Wenn wir einen schönen Stellplatz mit Strom haben, möchten wir den auch ordnungsgemäß bezahlen. Dort können wir aber so früh leider niemanden erreichen. Ok, wir haben versucht ehrlich zu sein und zu zahlen. Hat nicht sollen sein. Jetzt noch eine Stunde warten wollen wir auch nicht. Also abdocken und los Richtung Nordkap. Zuerst geht es wieder zurück nach Skaidi. Dann weiter immer entlang am Porsangerfjord. Das Wetter ist mal wieder regenrisch, neblig, kalt und trüb. Dafür werden wir mit unendlich vielen Rentieren getröstet, die kreuz und quer auf den Weiden asen und zwischen den Felsen rumklettern. Viele Tunnel säumen heute unserer Route, der längste wieder knappe 7 km, er verbindet das Festland mit der Insel Magerøya, auf der das Nordkap sich befindet. Bereits vor 13 Uhr erreichen wir das Nordkap. Die letzten 10 km allerdings eher im Blindflug. Sichtweite nicht mal Motorhaube sondern eher Windschutzscheibe. Wie krass. Das wird wohl nichts mit der Mitternachtssonne. Die „Nordkapgebühr“ beträgt pro Kopf fast 30 €. Darin enthalten ist die Parkgebühr für 24 Stunden, der Eintritt in die Nordkaphalle, das Museum, den Film und die Nutzung der sanitären Einrichtungen. Es gibt keinen Strom für die WoMos, aber noch reichlich Stellplatze. Allerdings ist der Nebel so dicht, dass man kaum in Schrittgeschwindigkeit fahren und nach einem schönen und ebenen Platz für die Nacht suchen kann. Man sieht einfach nichts!!! Wir tasten uns quasi vor und stehen dann zwischen ein paar anderen direkt vor einem Zaun. Dahinter geht es dann auch die Klippen runter, der Zaun ist gar nicht mal so unpraktisch! Als erstes gehen wir zum Hauptgebäude und schauen uns den Film an. Vier Jahreszeiten in Nord-Norwegen bzw. am Nordkap. Wirklich schön gemacht! Dann stöbern wir weiter durch die Ausstellungshallen. Es gibt einiges zu lesen und zu bestaunen, alte Photodokumente aus den Anfangszeiten, Infos zur Entdeckung des Nordkaps, den ersten wichtigen Besuchern und dem Bau der verschiedenen Nordkaphallen. Ich mache ein Photo von der in 1959 eröffneten Halle aus Stein, so muss es ausgesehen haben als Mama und Onkel Jochen 1963 mit der 650er BSA Golden Flash am Nordkap waren. Das Wetter war übrigens wohl ebenso gruselig an dem Tag. Da wir eh für 24 Stunden bezahlt haben, entscheiden wir uns, einen gemütlichen Tag einzulegen und bis morgen zu bleiben. Wir stehen gut, die sanitären Einrichtungen können wir mitbenutzen und vielleicht reisst die Wolkendecke ja noch auf. Zurück im WoMo brutzele ich ein paar Würstel, wir machen uns eine Dose Cidre auf und sind einfach mal faul. Dann gehen wir nochmal los. Wir haben Glück und für kurze Momente erhaschen wir immer mal wieder Wolkenlücken. Die erste direkt vor dem Haupteingang des Gebäudes. Busse – und damit Millionen Touristen sind auch gerade keine da, prima! Dann laufen wir weiter auf dem Kap herum. Jetzt kommen mehrere Wolkenlücken, und wir machen jede Menge Photos vom Globus, dem großen Stahlkonstrukt dass heute das Symbol des Nordkaps ist. Gibt es aber erst seit 1977 wie ich heute gelernt habe, muss Mama direkt mal fragen was 1963 hier stand. Als wir durchgefroren sind, geht es zurück ins WoMo. Heizung an, Laptop raus und schreiben. Danach wollen wir es uns gemütlich machen. Morgen geht es weiter nach Gamvik, was eigentlich sogar noch nördlicher als das Nordkap ist… nur nicht so bekannt 



Die Sonne bleibt uns wohlgesonnen, der Abend geht langsam in die Nacht über und wir erleben unsere allererste Mitternachtssonne. Wie schön, die Uhr zeigt 23.59 – am Himmel Sonne. Mitternacht, dann 0.01 Uhr! Und die Sonne ist immer noch in ihrer vollen Größe zusehen. Die Photos sind gut geworden die Selfies sind eher misslungen, das schafft die Frontkamera mit der Auflösung irgendwie nicht. Egal, Mitternacht und helllichter Tag, das hat schon was. Ist fast so aufregend wie die Jagd nach den Polarlichtern in Island letzten Herbst. Aber nur fast – Polarlichter sind schon noch spektakulärer! Gegen 01.00 Uhr tappsen wir ins Bett, seit langem mal wieder eine ruhige und windstille Nacht. Doch am Morgen ist alles wie immer. Es regnet! Und ein Haufen Möwen hat sich auf den Dächern der Wohnmobile und Caravans breit gemacht und macht ein unheimliches Spektakel. Eine Möwe läuft zu dicht an den vorderen Rand unseres Daches und rutscht mit ihren Füßen langsam über das vordere Sonnenlicht runter. Sieht von innen schon sehr witzig aus. In letzter Sekunde fällt ihr wohl ein dass sie Flügel hat, und sie fängt recht unelegant an, loszuflattern.

Wir kramen zusammen, entleeren und befüllen die Tanks und machen uns auf die Piste Richtung Hammerfest. Nach geraumer Zeit erreichen wir die erste von zwei Fähren. Und Pech gehabt. Die Fähre ist weg, und die nächste fährt erst in knapp 2 Stunden! So ein Mist. Aber es gibt keine Alternative. Die Umfahrung würde Stunden dauern. Also nutzen wir die ungeplante Pause und machen schon mal Brotzeit. Anschliessend gehen wir ein bisschen über die Mole spazieren, und irgendwann ist die Fähre in Sicht. Wir stehen als dritte in der Reihe, dementsprechend sind wir schnell drauf. Die Fahrt ist nicht sehr lang und weiter geht es. Die nächste Fähre ist nicht weit, gut 20 km. Hoffentlich haben wir jetzt mehr Glück. Und tatsächlich ist die Fähre erst kurz vorm Einlaufen, wiederrum stehen wir in der Spur 1 und kommen schnell drauf. Diesmal ist die Überfahrt etwas länger, ca. 40 min. Wir nutzen die Zeit für einen Spaziergang an Deck – und natürlich einige Photos für das Photobuch . Wir fahren jetzt am Lyngenfjord entlang. Das Wetter ist gemischt, Wolken und Regen wechseln sich ab, der Regen gewinnt das Spiel aber klar für sich. Leider ist die Fahrtroute heute so, dass das Wasser meist auf der Fahrerseite ist. Das heisst für Photo müssen wir anhalten – wobei Peter zwischendurch immer mal einfach die Kamera aus dem Fenster hält und drauflos knipst. Bin mal gespannt was das so rauskommt. Aber wenn nur 10% was geworden sind, ist es ja auch gut. Denn zum Anhalten und Aussteigen motiviert das Wetter nicht unbedingt, von daher bin ich heute eher ein Photomuffel. Nun geht es weiter entlang am Kvænangen und wir fahren immer noch durch die Finnmark. Als nächstes kommt Alta, ab hier spürt man deutlich den Einschlag der Samen. Vieles ist zweisprachig beschriftet, an den Straßenrändern stehen Verkaufsstellen mit Rentierfellen und Kunsthandwerk. An Alta vorbei geht es weiter Richtung Norden. Die Strecke ist wunderschön, wir erklimmen einen hohen Pass, oben sind riesige Weiden. Als erstes sehen wir links eine riesige Herde Rentiere, dann einige Kilometer weiter laufen vor uns drei braune Rentiere und dann sogar ein Albino über die Strasse. Dann fahren wir durch Skaidi, die Stadt ist quasi der Punkt ab dem der Weg nach Hammerfest eine Sackgasse ist. Wir müssen den gleichen Weg zurück, es gibt nur die eine Strasse. Dann kurz vor Hammerfest läuft noch ein Rentier rechts im Graben und den Hügel hinauf. TOLL! Hammerfest selbst hat eigentlich nicht so viel zu bieten, aber wir wollen gerne zur Meridiansäule. Das Denkmal kennzeichnet den Punkt des sogenannten Struve Meridianbogens. Denn hier beginnt – oder endet – der 2.820 km lange Bogen zwischen Hammerfest als nördlichstem Punkt und dem Schwarzen Meer als südlichstem Punkt auf 25° 20‘. Der deutsche Geophysiker Friedrich Georg Wilhelm von Struve begann bereits 1816 damit, die Erde zu vermessen und zu kartographieren. Dazu nutzte er mehr als 250 Vermessungspunkte, unter anderem den hier, der mittlerweile unter Denkmalschutz steht. Da es bereits nach 21 Uhr ist, ist ausser uns (zumindest gefühlt) keine Menschenseele mehr unterwegs. Wir machen uns nun auf den Weg zum Hafen, dort finden wir noch einen Stellplatz auf dem kleinen Wohnmobilparkplatz. Morgen geht es dann weiter zum Nordkap – Fortsetzung folgt…