Donnerstag, 2. Juni 2022
Diesmal warten wir nicht auf die Mitternachtssonne sondern gehen gegen halb 12 Uhr ins Bett. Morgen liegen etliche Kilometer vor uns. Der Tag begrüßt uns mit Sonne und satten 24°C! Was für ein Wetter. Wir geniessen die warmen Strahlen auf der Haut, wissend dass der Abend eher kühler und regnerischer sein wird. Denn heute geht es zum Abisko Nationalpark. Wir waren bereits letztes Jahr einmal dort, und hatten uns fest vorgenommen, nochmal wieder zu kommen. Aber als erstes geht es nach Karesuando, dort verlassen wir Finnland und sind zurück in Schweden. Die Schneeschmelze hat die Pegel ins unendliche getrieben, die Grenzstrasse droht überspült zu werden, viele Bäume stehen bis zu den Kronen im Wasser. In Karesuando halten wir als erstes an einer Tankstelle und fragen nach Wasser. Wir bekommen den Aussenwasserhahn gezeigt und dürfen uns kostenlos bedienen. Das ist eines von vielen Dingen die wir in Schweden so lieben, diese absolute Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft allen gegenüber. Dann machen wir innerorts noch einen kleinen Abstecher, denn es gibt dort die bekannteste Messerschmiede Schwedens. Aber leider hängt an Schild an der Tür, dass weder Werksbesichtigungen noch ein Werksverkauf angeboten werden. Hm, jetzt wissen wir nicht ob wir enttäuscht sein sollen oder froh. Denn hier wären wir vermutlich nicht ohne ein Damast Messer rausgegangen. Es ist wie es ist ? unser Geldbeutel freut sich schon mal? Weiter geht es nun Richtung Kiruna. Nachdem ja letztes Jahr das Bergwerk auf Grund von Corona geschlossen war, finden nun wieder Führungen statt. Allerdings sind sämtliche Führungen bereits für die nächsten Tage ausgebucht. Schade! Wir befinden uns immer noch in Schwedisch Lappland, das heisst Rentiere überall. Auch wenn wir mittlerweile nicht mehr jedesmal anhalten um Photos zu machen, so freuen wir uns trotzdem immer wieder über den Anblick der tapssigen Fellnasen. Das Wetter wird immer kühler und regnerischer, für morgen ist jedoch gutes Wetter angesagt, mal abwarten. Die letzten Kilometer unserer Etappe sind traumhaft und führen direkt am 70 km langen Torneträsk vorbei. Der See ist noch in weiten Teilen zugefroren, das sieht wirklich gigantisch aus. Kurz vorm Abisko halten wir nochmal an um unsere WC Kassette zu entleeren, an dieser Dumping Station haben wir letztes Jahr auch schon mal gehalten. Dann erreichen wir unser Ziel für die kommenden zwei Tage, den Abisko Nationalpark. Noch vom letzten Besuch wissen wir, dass man an der Touristinfo nur für Tagestouren parken kann, aber nicht über Nacht. Daher fahren wir direkt zu dem großen Langzeitparkplatz hinter den Bahnschienen. Es stehen bereits zwei schwedische Wohnmobile dort, wir stellen uns dazu und Peter nivelliert Tatzel direkt aus. Nach einer Brotzeit ziehen wir uns warm an, um bereits den ersten kleinen Loop zu laufen. Aber draussen laufen wir direkt erstmal den Schweden in die Arme und quatschen uns ein bisschen fest. Zum Glück wollen die aber auch irgendwann weiter fahren, und wir machen uns auf den Weg zur Schlucht. Kurz vorher kommen wir an einer Art Museum vorbei. das ist zwar? wie aktuell fast alles noch ? geschlossen, aber draussen gibt es jede Menge Schautafeln die von der wichtigen Rolle Abiskos im zweiten Weltkrieg berichten. Wir lesen einige Zeit, dann laufen wir weiter, immer dem Rauschen des Flusses nach, das schnell zu einem donnern wird. Mit hoher Geschwindigkeit presst sich der Fluss, aus den Bergen kommend, durch ein Loch im Felsen. Wer hier rein fällt, der hat keine Chance zu überleben. Oberhalb der Schlucht verläuft ein Weg, immer wieder gibt es Schautafeln mit Erklärungen zu Natur und Geschichte. Eine Brücke führt über den Fluss, auf der anderen Seite erreicht man dann einen weiteren Trail der einen direkt bis an den See bringt. Dort befindet sich ein Gebäude mit 3 Saunen (ein Schild an der Tür weisst das Gebäude als Saunaakademie aus?!?), ein Bootshaus und eine große Feuerstelle. Neben der Feuerstelle ist ein Schuppen mit Säcken voll dicker Holzscheite, ein Spalter und ein großer Gummihammer um die Scheite auf den Spalter zu schlagen. Und das unglaubliche an Schweden ist wieder, niemand kommt auf die Idee diesen großen Gummihammer zu stehlen. In Deutschland würde der vermutlich nicht ein Wochenende ?überleben?. Aber nun gut, hier ist zum Glück (noch) vieles anders. Langsam machen wir uns auf den Rückweg. Dabei gehen wir auch durch eine Unterführung die von einer schwedischen Künstlerin bemalt wurde und über Lautsprecher läuft Instrumentalmusik eines regionalen Musikers. Und auch hier kommt keiner auf die Idee die Wände mit Graffiti zu beschmieren, die Lautsprecher abzureissen oder sonstiges. Wenn ich dann dran denke wie die Unterführung unseres neuen Hauptbahnhofs nach 3 Tagen in Ingolstadt aussahen ? hier hat man doch noch mehr Respekt vor dem Eigentum anderer bzw. der Gemeinschaft. Aber das ist ein anderes Thema. Zurück am Womo gibt es erst mal den obligatorischen telefonischen Tagesbericht, dann wird Essen gemacht. Ich brate uns Burger, das ist lecker und schnell gemacht. Während ich den Abwasch mache, macht sich Peter auf zur nächsten Mülltonne und entsorgt unseren Abfall. Dann heisst es tippern und den morgigen Tag planen. Soviel sei verraten, wir wollen wandern?



Dienstag, 31. Mai 2022
Nachdem ich getippert habe, ist es immer noch lang hin bis Mitternacht. Also entscheiden wir uns, wie letztes Mal - und wie es ja ?angeblich? Brauch ist - in der Nordkapphalle mit einem Glas Champagner anzustossen und auf Mitternacht zu warten. Wir vermuten ja eher, dass der Brauch kommerziellen Ursprungs ist, so wie Valentinstag. Aber egal, es gibt schlechtere Bräuche. In der Nordkapphalle ist nichts los, auch draussen auf der Klippe sind nur eine Handvoll Menschen zu sehen. Wir machen es uns auf unserem Bänkle im Restaurant gemütlich, lassen uns die Sonne durch die großen Panoramascheiben ins Gesicht scheinen und geniessen den Abend. So langsam füllt sich der Platz um die Weltkugel, scheinbar ist auch ein Reisebus gekommen. Allerdings kein Vergleich mit dem Dutzend an Reisebussen bei unserem Besuch vor 3 Jahren. Wir nehmen unsere Jacken, und gesellen uns zu den anderen draussen. Und wir haben tatsächlich Glück und erleben eine wundervolle Mitternachtssonne. Gefühlt 1.000 Photos später machen wir uns auf den Weg zum Womo. Wir sind noch aufgekratzt und quatschen noch ein bisschen, gegen 1 Uhr krabbeln wir ins Bett. Ab 7 Uhr hören wir wie ein Wohnmobil nach dem anderen den Platz verlässt. Wir stehen auf, frühstücken in Ruhe und packen zusammen. Da das Wetter immer noch sensationell ist, planen wir für die Tour zurück aufs Festland extra viel Zeit ein, denn die Landschaft ist faszinierend und wir wollen den einen oder anderen Stop einlegen. Es geht vorbei an zugefrorenen (und manchmal auch bereits aufgetauten) Seen, vorbei an glitzernden Schneefeldern, hohen Schneewänden und natürlich sehen wir auch jede Menge Rentiere. Die Strecke führt - wie so oft in Norwegen - durch diverse Tunnel. Der bekannteste ist sicherlich der Nordkapptunnel mit seinen 6.875 m und einer Tiefe von bis zu 212 m unter dem Meeresspiegel Er hat bis zu 10% Steigung bzw. Gefälle, das sollte man nicht unterschätzen. Aber auch der Honningsvǻgtunnel mit seinen 4.400 m ist beeindruckend. Dazu kommen etliche kürzere Tunnel, diesmal sogar alle mit Beleuchtung. Auf der Hinfahrt hatten wir einen Tunnel mit 2.600 m Länge ohne jede Beleuchtung. Und selbst mit Abblendlicht schien der Tunnel alles Licht zu schlucken, wir sind fast komplett mit Fernlicht durch, um überhaupt irgendwas zu erkennen. Dann kommen wir an einem liegengebliebenen Oldtimergespann vorbei, einem Audi 60L und einem sicherlich genauso alten Wohnwagen (Fabrikat ?). Die Armen, hoffentlich bekommen sie ihr Schmuckstück bald wieder flott. Zurück auf dem Festland geht es weiter Richtung Süden. Wir fahren lange Zeit an einem Fluss lang, der gerade viel Schmelzwasser führt. Auf den breiten Teilen fliesst er ganz gleichmäßig dahin. Aber das Flussbett verengt sich immer wieder zwischen den Felsen und dann wird aus dem gemütlich dahinfließenden Bach ein tobender Strudel. Überhaupt ist hier aktuell sehr viel überschwemmt. Ob das immer so ist, wissen wir nicht. Aber Bäume stehen bis zu den Baumkronen im Wasser, in den Orten sind Schuppen, Gärten, Fussballfelder und Tennisplätze geflutet. Nun geht es nochmal ein Stück auf eine bekannte Strecke ? hier oben ist die Auswahl an Strassen halt nicht so groß. Wir kommen nochmal an der Werkstatt vorbei, die uns vorgestern so unkompliziert geholfen hat. Direkt daneben ist eine Shell Tankstelle, dort machen wir den Tank nochmal voll. Aktuell kostet es hier umgerechnet ca. 2,16 ? Teurer als in Ingolstadt mit seinen 1,949 ?, aber billiger als Schweden und Finnland. Wir entschliessen uns spontan, nicht mehr bis Karesuando zu fahren, sondern nochmal in Enontekiö an den See zu fahren. Als wir ankommen stehen bereits zwei Womos dort. Aber egal, wir stellen uns einfach dazu. Als wir aufs Kennzeichen schauen, müssen wir lachen. Das Womo direkt neben uns ist ein Nürnberger. Also gehen wir erstmal auf ein Servus rüber und quatschen ein wenig. Dann steht Abendessen auf dem Programm. Ich habe selbstgemachtes Gyros aufgetaut, das will Peter auf die Grillpfanne packen. Dazu grillt er noch ein bisschen Brot. Von gestern haben wir auch noch Salat über, also gibt es ein bisschen was von allem. Aber als erstes machen wir uns eine Dose Cider auf, und Mutter bekommt den täglichen Telefon-Vorab-Bericht. Dann heisst es Abendessen. Also das mit dem Gyros auf dem Grill sollten wir wiederholen, das klappt super. Während das Wasser zum Abwaschen vorheizt, setze ich mich schon mal an die Tastatur und Peter macht Buchführung und trägt Tankquittungen ein. Danach werden wir den Abend ruhig ausklingen lassen. Morgen geht es dann weiter nach Schweden zum Abisko Nationalpark.



Montag, 30. Mai 2022
Die Nacht war ruhig, und nach einem schnellen Frühstück geht es weiter gen Norden. Aber nach knapp 50 km hat der Spaß erstmal ein Loch. Die Motorkontrollleuchte meldet sich mit einem lauten Pieps zu Wort: Bitte den Motor überprüfen lassen. Na prima! Peter bleibt ruhig und tippt auf einen Sensorfehler. trotzdem macht es keinen Spaß so noch 8.000 km zu fahren. Wir haben aber Glück, laut Google soll in 26 km Entfernung eine Autowerkstatt sein, und zwar direkt an unserer geplanten Route. Also fahren wir weiter, in der Hoffnung dass Tatzel nicht in den Notfahrmodus geht. Aber alles geht gut. Und in der Werkstatt wird uns direkt und schnell geholfen. Wie mein Mann vermutet hat. hat sich der NOX Sensor verschluckt. Auslesegerät dran, Fehler zurückgesetzt. 30 ? und 15 min später sind wir wieder unterwegs. Und weiter geht es. Und dann kommen uns Wohnmobile entgegen, gefühlt unendlich viele? und die müssen alle vom Nordkap kommen, denn sonst ist hier oben eigentlich nichts mehr. Wenn uns so viele entgegen kommen ? wieviel sind dann wohl noch oben? Tja, schneller als wir wollen bekommen wir die Antwort. Übertrieben gefühlt hunderte, aber sicherlich wirklich deutlich mehr als 50 Fahrzeuge stehen bereits auf dem Parkplatz. Und es werden stündlich mehr. Wir sind frustriert, damit haben wir eigentlich so früh im Jahr nicht gerechnet. Peter rangiert Tatzel geschickt rückwarts, so dass wir wenigstens ein bisschen Blick auf Meer haben, aber die Plätze in der ?ersten? Reihe sind natürlich alle schon belegt. Was solls? wir machen uns auf den Weg und laufen zur Weltkugel ? und unerwarteter Weise ist dort kaum jemand. Also werden wir wenigstens mit einigen tollen Photos belohnt. Noch eine Runde durch den Souvenirshop, aber da hat sich seit unserem Besuch vor 3 Jahren nicht viel getan. Dann geht es zurück zum Womo. Während Peter den Grill aufbaut, mache ich eine Schüssel Salat. Als Vorspeise grillt Peter ein Ziegenkäse Wrap, dazu gibt es Avocado, dann für jeden einen leckeren Burger. Nach einem leckeren und ausgiebigen Abendessen ist Abwaschen angesagt. Dann schnapp ich mir den Rechner, während mein Mann den Grill wieder auseinanderbaut und verstaut. Entgegen unserem ersten Plan, hier zwei Nächte zu verbringen, wollen dann doch morgen schon weiter. Wir haben traumhaftes Wetter und vielleicht dürfen wir heute Abend ja tatsächlich eine Mitternachtssonne am Nordkap erleben ? das wäre ein Traum. Morgen geht es dann nach Karesuando, und vielleicht noch ein Stückchen weiter Richtung Abisko. Wir werden berichten?



Wir stehen um 8 Uhr auf, zum Frühstück gibt es natürlich Hönö. Und ich gebe mich offiziell geschlagen, mein Mann hat recht, es heißt nicht Hönös, das habe ich im letzten Bericht falsch geschrieben. Aber unabhängig davon wissen wir jetzt, das die Sonderedition Sommarkaka heisst, was gleichbedeutend mit Sommerkuchen ist. Wenn also in Zukunft jemand sagt er hat Kaka gemacht ? hoffe ich dass es Kuchen gibt .
Die Fahrt ist gut, es gibt nicht viel Besonderes zu erzählen. Ausser dass wir unendlich viele Rentiere gesehen haben!!!! Das Wetter wechselt wie immer zwischen Sonne, Wolken, Regen. Aber im Großen und Ganzen sind wir sehr zufrieden. Wir hangeln uns quer rüber an die Ostküste Schwedens, ab Pitea geht es ein Stück auf der E4. Aber das macht keinen Spaß und fährt sich wie die B300 nach Augsburg. Zum Glück geht es bald wieder auf kleinere Strassen. Kurz vor Övertorneǻ biegen wir auf die 99 und bleiben noch kurz auf schwedischer Seite. Denn laut unserem Reiseführer Swedestop von letztem Jahr gibt es dort kurz vor dem Polarkreis eine Dumpingstation und Frischwasser. Wir haben Glück und sind ganz alleine. Also füllen wir in Ruhe unseren Tank und Kanister auf, leeren die Toilette und machen uns weiter auf den Weg zum Norden. Wenige Kilometer weiter ist es soweit ? wir passieren den Polarkreis. Und natürlich muss die Zeit für einen Photostop einfach sein. Nun geht es nach Pello und dort über die Grenze nach Finnland. Und zack ? ist es eine Stunde später, denn die Finnen haben eine andere Uhrzeit als wir. In Pello halten wir kurz bei einer Imbissbude, die Peter im Internet entdeckt hat. Naja. sieht ja nicht dolle aus. Aber scheinbar holt sich fast ganz Pello dort das Essen. zumindest ist draussen am Autoschalter die Hölle los. Das spricht dann wieder für gute Qualität. Natürlich verstehen wir kein Wort auf der Speisekarte ? aber der Besitzer ist sehr nett, spricht top englisch und dolmetscht, und nach etwas Wartezeit sitzen wir glücklich vor einem dicken Burger und sehr sehr leckeren Pommes. Zum Abschluss möchte uns der Besitzer noch einen Kaffee für die Fahrt spendieren - total nett aber wir lehnen trotzdem dankend ab. Satt und zufrieden geht es weiter. Kurz vor Enontekiö finden wir dann im zweiten Anlauf einen schönen Platz für die Nacht. Also ich wäre ja weiter gefahren, denn die Zufahrt sieht schon recht sandig und gewagt aus. Aber wenn Peter meint das geht, dann wird das wohl so sein. Kurze Zeit später stehen wir alleine mit Blick direkt auf einen See. Und wir stellen fest dass wir genau nach Norden stehen. Und tatsächlich - wir haben Glück und erleben unsere erste Mitternachtssonne in diesem Urlaub. Nach etlichen Photos wird es dann aber Zeit fürs Bett.