Dienstag, 24. September 2024
Als wir gerade mit Frühstück fertig sind, kommt die Besitzerin des Parkplatzes und der gesamten „Anlage“ angefahren und öffnet wieder ihr Kassenhäuschen. Sie ruft uns ein freundliches „Good Morning“ durch die offene Tür vom Wohnmobil zu, und macht sich dann auf den Weg zu einem der etwas weiter weg liegenden Hütten. Wir packen fertig zusammen und starten nun Richtung Norden, immer entlang an der Küste. Ich halte das Handy „schussbereit“ denn ich möchte – wie bereits bei Litauen und Lettland - ein Photo vom Grenzschild Estland machen, aber leider kommt gar keines. Ob das geklaut wurde oder die Baustelle dran schuld ist? Wie auch immer, das Photo wird wohl in meiner Sammlung fehlen. Als erstes suchen wir eine Tankstelle, denn hier ist der Sprit wieder billiger. Bei 1.389 € schlagen wir zu und machen den Tank voll. Nun haben wir noch ungefähr eine Stunde Fahrt bis Pärnu. Peter hat einen Parkplatz rausgesucht, von dem aus man die City zu Fuß erreichen kann, und scheinbar auch kostenlos ist. Der Parkplatz ist schnell gefunden, kostenlos ist allerdings nur die erste Stunde, das wird nicht reichen. Bezahlen kann man per SMS, aber das geht nur, wenn man einen Handyvertrag bei einem estnischen Telefonanbieter hat. Steht auch deutlich dran, aber das nutzt einem als Tourist nicht viel. Neben uns steht ein Pärchen aus Leverkusen, die haben den Tip bekommen, einige Meter weiter am Parkautomat zu zahlen. Wir sind unsicher, ob der auch für diesen Bereich gilt, aber tatsächlich können wir den Platz auswählen. Leider ist aber bei einer Parkdauer länger als 60 Minuten die erste Stunde nicht mehr kostenlos, sondern muss auch mit zwei Euro bezahlt werden. Nicht schön, aber bevor wir hier jetzt noch länger rumstehen, zahlen wir die sechs Euro für drei Stunden und laufen los. Zuerst geht es zum Roten Turm, dem ältesten Gebäude der Stadt. Der Turm ist mittlerweile weiß verputzt, und es ist nun ein Museum drin, das allerdings erst wieder ab morgen geöffnet hat. Der Turm selbst ist ziemlich zwischen anderen Häusern eingebaut und nicht direkt zu sehen. Aber wir finden ihn und machen einige nette Photos. Dann bummeln wir weiter durch die Stadt, und die mal wieder unglaublichen Parkanlagen. Wir kommen auch am Rathaus und der wunderschönen russisch-orthodoxen Katharinenkirche vorbei. Weiter geht es durch die Fußgängerzone. In der Innenstadt kommen wir an einigen Läden vorbei und werden ungeplant fündig. Für Mama bringen wir Füllungen für die Adventspäckchen mit, wir haben da was mit Bienendekor gefunden, was Mutter gefallen hat. Und ich habe eine neue Lieblings Strickmütze bekommen. Nicht eine von den dicken kuscheligen die ich im Winter permanent trage, sondern so eine für laue Sommerabende und schöne Herbsttage. Ich bin so begeistert und zieh die den Rest des Tages nicht mehr aus. Peter ergattert eine Kappe mit Estonia Schriftzug für seine Sammlung. Also sind alle glücklich und weiter geht es – und zwar nun bis zum Talliner Tor. Wir sind hungrig und wollen etwas essen, aber nicht in irgendeinem Touri-Restaurant. Dann sehen wir das BumBum, warum auch immer ich mir einbilde, das wäre ein chinesisches Restaurant, weiß ich jetzt auch nicht mehr. Auf jeden Fall gehen hier gerade einige Handwerker rein, das ist immer ein gutes Zeichen. Wir folgen, und werfen am Eingang nur einen kurzen Blick auf die Speisekarte, die auf einer Tafel ausgestellt ist. Irgendwas mit Würstchen und Sauerkraut ??? Also doch kein Chinese, aber egal, einheimisches Essen ist immer gut. Das Restaurant hat den Charme einer Dorfkneipe die auch gleichzeitig Tanzsaal der Stadt und Jugendtreff ist. Vor Kopf ist eine Art Buffett mit Suppentöpfen aufgebaut, daneben steht ein riesiger Korb mit verschiedenen Sorten Brot, eine Schüssel Butter, eine Schüssel Saure Sahne, Wasser in Glaskaraffen mit Zitronen- und Orangenscheiben darin sowie Kaffee. Wir bestellen uns Nudeln, dann fragt Peter nach, was es mit dem Buffett auf sich hat: tja, für 3,50 € kann man das dazu buchen, und darf soviel Suppe, Brot, Wasser und Kaffee nehmen wie man mag, es gibt Soljanka und Kartoffelsuppe. Da sind wir dabei, und schnell steht fest dass das Abendessen ausfallen wird. Die Suppen sind einfach nur perfekte Hausmannskost, und die Nudeln eigentlich schon viel zu viel. Aber auch soooo lecker! Glücklich und mehr als satt verlassen wir das Restaurant, und laufen gemächlich durch die Stadt zurück zum Womo. Nun geht es nur wenige Kilometer weiter zu einem Parkplatz am Strand. Dort darf man auch wieder für eine Stunden kostenlos stehen, und mehr Zeit brauchen wir auch nicht. Schuhe aus und barfußgeht es an den Ladys Strand. Große Schilder weisen darauf hin, dass man hier die Privatsphäre der Damen waren soll, die hier seit mehr als hundert Jahren nackt zu baden pflegen. Und tatsächlich ist bei dem schönen Wetter einiges los, viele Damen haben blank gezogen, aber es gibt auch männliche Nackedeis. Uns ist es egal, wir wollen ja nicht schwimmen sondern durchs Wasser laufen, und das tun wir. Nach einer knappen halben Stunde erreichen wir die Mole der Hafeneinfahrt, und hier müssen wir aus zeitlichen Gründen eh wenden und zurück zum Parkplatz. Bis Virtsu haben wir jetzt eine knappe Stunde Fahrt, da wollen wir versuchen die Fähre um 16.25 Uhr zu erreichen. Punkt 16 Uhr fahren wir am Fähranleger vor, kaufen unser Ticket und stellen uns wie zugewiesen in die Spur sieben. Zwanzig Minuten später stehen wir fast ganze vorne auf der Fähre und haben nun eine halbe Stunde Zeit für Photo und sonstiges. Die meisten Stürmen ins Bordrestaurant, das scheint gut zu sein, aber die ganze Fähre riecht nach Kraut, kaum zum Aushalten. Wir verbringen die Fahrt auf einem der oberen Decks, geniessen den Wind und photographieren unser Womo von allen Seiten. So sehen wir wenigstens mal, ob oben drauf noch alles ok ist. Dann erreichen wir schon Muhu, und ruckzuck sind wir von der Fähre runter. Peter fährt quasi einmal um Muhu drumrum, die Insel ist ja sehr klein aber nett. Muhu und Saaremaa sind unter anderem für die alten Windmühlen bekannt, und wir halten direkt bei einer an, und machen einige Photos. Dann geht es über den Damm, der uns nach Saaremaa bringt und weiter zu einem Wanderparkplatz, den Peter als Tagesziel erkoren hat. Hier beginnt ein sechs Kilometer langer Rundweg um vier Moor-Seen und ein großes Torfmoor. Leider ist es schon spät, daher laufen wir nur die gut 1,5 Kilometer bis zu einem Aussichtsturm, geniessen den Blick auf die untergehende Sonne bevor wir zurück zum Auto laufen. Und nun ist auch genug für heute, und wir machen Feierabend. Der Anruf bei Mutter ist kurz, der Empfang ist hier echt schlecht. Aber Internet funktioniert, also schicken wir viele Photos. Gleich geht es an die Planung der nächsten Tage und dann bald ins Bett. Reisen strengt an, aber macht Spaß.



Montag, 23. September 2024
Die Radtour war anstrengend, entsprechend früh sind wir schlafen gegangen. Da Peter bereits gestern die Kassette geleert und Wasser aufgefüllt hat, sind wir quasi direkt nach dem Frühstück startklar. Unser erster Stop ist Sigulda, dort wollen die Burg Treyden oder wie sie heute heisst „Turaidas pils“ besichtigen. Den Parkplatz haben wir bereits vor drei Tagen „ausgekundschaftet“, als wir zum Nationalpark gefahren sind. Der Parkplatz ist groß und es ist nicht viel los – also zumindest auf dem PKW Parkplatz. Auf dem Busparkplatz stehen dafür bereits diverse Reisebusse, die vermutlich zum Teil von Kreuzfahrtschiffen aus Riga kommen, da werden Tagestouren hierher angeboten. Wir kaufen am Eingang unsere Eintrittskarten, mal wieder muss mein Mann als „pensionārs“ wie es hier heisst, weniger zahlen als ich. Nun geht es erst einmal durch einen schönen - und wie überall hier - auch sehr gepflegten Park. Auf dem Hügel sehen wir die Kirche stehen, aber da wollen wir erst auf dem Rückweg hin. Wir kommen nun an einem kleinen Museum vorbei, das die Geschichte der Liven erzählt. Bevor wir das Gebäude sehen, können wir es schon hören, denn aussen sind Lautsprecher und es erklingen Lieder aus alten Knochenflöten. Das ist wirklich schön gemacht und besonders. Auch innen ist das Museum schön, es gibt extra eine deutsche Übersetzung aller Exponate. Dann geht es wieder raus in den Sonnenschein, und wir erreichen kurze Zeit später den ersten Turm der Burg. Die Burg ist die Ruine einer Bischofsburg des Erzbistums Riga. Zwischenzeitlich diente sie mehrere Jahrzehnte dem Livländischen Orden als Ordensburg. Es gibt einiges zu sehen, viel wurde restauriert und es gibt jede Menge Exponate, die das Leben auf der Burg in den vergangenen Jahrhunderten erklären. Vom Hauptturm aus hat man einen tollen Blick auf die gesamte Anlage, und es gibt noch weitere Gebäudeteile, die man besichtigen kann. Wir schauen uns alles an, dann gehen wir langsam zurück. Den Skulpturenpark lassen wir aus, das ist nicht unser Geschmack. Aber natürlich gehen wir noch an der Gedenkstätte der Jungfrau von Treiden vorbei, bevor wir dann noch die Kirche besichtigen, die wir auf dem Hinweg ausgelassen haben. Es handelt sich um eine kleine evangelische Kirche, und gleichzeitig auch um eine der ältesten Kirchen Lettlands. Nun haben wir das für uns interessante gesehen. Am Museumshop kaufen wir noch Ansichtskarten und fragen die Dame an der Kasse ganz nett, ob sie Lettische Euro hat für Mamas Sammlung, und sie schafft es uns einen ganzen Kurssatz zusammenzustellen. Das ist ja total nett! Dann sind wir zurück am Auto, und nach einer kurzen Mittagspause geht es weiter. Eigentlich wollen wir noch zum Neuen Schloß, aber wir hatten mit Rundales ja gerade erst ein Schloß und spät ist es auch. Also disponieren wir um, fahren noch zum Lidl und dann machen wir uns nun auf den Weg zurück an die Westküste, Peter hat dort auf dem Weg nach Estland noch einen schönen Zwischenstop an den Klippen bzw. „Veczemju klintis“ geplant. Es gibt hier weit und breit nur einen Parkplatz, und zwar gehört der zu einem Zeltplatz. Wir zahlen 3,50 Euro und dann marschieren wir durch den Wald zum Strand, und nach gut 500 m erreichen wir die Sandsteinhöhlen. Vor uns ist gerade eine Gruppe Litauer angekommen, die ein Spektakel machen, aber die Klippen sind in Summe 480 m lang, wir laufen einfach erst einmal weiter und machen dort unsere Photos. Dann haben sich die Litauer wieder verkrümelt und wir gehen nochmal zu der größten Höhle zurück. Auch hier gibt es noch ein kurzes Photoshooting, bevor wir zurück zum Parkplatz laufen, Es ist mittlerweile später als geplant, also fragen wir kurz bei der Dame an der Kasse nach, ob wir hier über Nacht stehen dürfen. Sie überlegt kurz, dann nickt sie freundlich und meinte das wäre ok. Also brechen wir für heute ab und nutzen die frühe Stunde, noch ein bisschen für die kommenden Tage zu planen. Nach der ersten Stunde Planung unterbrechen wir für das Abendessen, dann geht die Planung weiter. Morgen früh geht es erst einmal nach Pärnu in Estland, dort hat Peter einen Parkplatz gefunden, auf dem wir stehen können. Mit einem Wohnmobil muss man einfach vorausschauend planen, einfach in eine Stadt zu fahren in der Hoffnung, dass man einen Parkplatz findet, ist schwierig. Von dem Parkplatz aus wollen wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zu Fuss abklappern, und dann geht es eventuell noch einmal zum Strand, das ist Wetterabhängig. Und wenn alles klappt, wollen wir am späten Nachmittag oder frühen Abend mit der Fähre nach Muhu und über den Damm nach Saarema. Mal schaun wie weit wir kommen. Bericht folgt.



Sonntag, 22. September 2024
Auch diese Nacht ist furchtbar, die Erkältung lässt mich und folglich auch Peter kaum schlafen Nach dem Aufstehen wird es jedoch deutlich besser und wir packen für die geplante Radeltour. Peter hat über Komoot geschaut und die gestrige Runde mit zwei anderen zu einer etwa 18 Kilometer langen Runde kombiniert. Ich darf heute ballastfrei fahren, das heisst wir haben nur einen Rucksack mit, den Peter schleppt. Wir starten wie gestern, erst einmal entlang am See. Dann biegen wir links ab, und es geht direkt steil bergauf. Das schlimme ist aber eher der Boden, denn hier ist Sand wie am Strand in Usedom, fahren ist kaum möglich. Aber wir lassen uns nicht aufhalten, und bald wird es besser, wenn auch nicht für lang. Und so strampeln wir gemütlich durch den Wald, die Sonne scheint, und es macht Spaß mal wieder zu radeln, Der Weg ist sehr wechselhaft, nicht zwingend was für Hobbyradler. Nach ungefähr acht Kilometern erreichen wir das erste Highlight, die Roten Klippen mit einer Quelle. Und an der herrscht reger Betrieb, denn zig Menschen stehen hier mit großen drei und fünf Liter Plastikflaschen und füllen Wasser ab, manche kommen sogar mit 25l Behältern und einer Sackkarre. Wir probieren von dem Wasser, es ist lecker und kalt. Leider haben wir jedoch keine leere Flasche mit und können uns daher nichts abfüllen. Weiter geht es nun, Kilometer für Kilometer durch lettische Wälder. Nun ist „Kvevpenes Pilskanes“ ausgeschildert, was immer das ist. Wir sind neugierig und folgen den Schildern. Den letzten Kilometer geht es nur noch zu Fuss. Wir erreichen eine wundervolle riesige Eiche, aber irgendwie kann das ja nicht alles sein. Wir laufen noch etwas weiter und treffen eine lettische Familie, die ist aber auch das erste Mal hier zum Wandern und kennt sich nicht aus. Wir laufen also zurück zu den Rädern und machen uns auf den Weg zum Campingplatz. Das ist aber einfacher gesagt als getan, denn der Umweg zu der Eiche hat uns vom eigentlichen Weg abgebracht, aber wir wollen auch nicht wieder alles zurückfahren. Nach ein wenig suchen, kraxeln durch Gestrüpp und unter umgestürzten Bäumen durch und Dank Peters guter Orientierung kommen wir irgendwann wieder auf den Weg. Nach gut 20 Kilometern erreichen wir müde, aber sehr zufrieden den Campingplatz. 20 Kilometer ist eigentlich nicht einmal für uns lang, aber dieser weiche Sand hat das Fahren teils sehr mühselig gemacht. Aber schön war es trotzdem! Nun heisst es essen kochen, abwaschen, duschen, tippern und FEIERABEND! Morgen geht es weiter nach Sigulda zur Burg, und dann geht es weiter gen Norden Richtung Estland.