Mittwoch, 2. Oktober 2024
Es schüttet die ganze Nacht, und hört auch am morgen nicht auf. Nach dem Frühstück startet der übliche Abfahrtsprozess mit Reinigung der WC Kassette, Wasser auffüllen, Trinkflaschen und Kaffeebecher füllen, alles sicher verstauen etc. Wir sind gut eingespielt und jeder hat seinen Aufgabenbereich. Wir rollen vom Platz und fahren die knapp zwei Kilometer zum Parkplatz der Burg. Wie gut, dass wir bereits vorgestern bei schönem Wetter den Außenbereich der Burg besichtigt haben. Nun geht es ins Museum der Bischofsburg, und der Eintritt ist diesmal recht happig. Aber wenn wir schon mal da sind, schauen wir uns das auch an. Wir stellen fest, dass die Burg eigentlich mehrmals komplett zerstört wurde und Original so gut wie nichts erhalten ist, allerdings wurde sie immer wieder aufgebaut. Seit 1946 diente sie unter der Sowjetischen Besatzung als Kornspeicher, die letzte Restaurierung begann dann 1979. Die Neuweihung erfolgte 1990, nachdem Estland seine Unabhängigkeit wieder erlangt hat. Alles in allem hat die Bischofsburg also eine lebhafte Vergangenheit, und wieder wird alles im Audioguide ausführlich und verständlich erklärt. Allerdings sind die Innenräume der Burg alle nur mit Infotafeln bestückt, es gibt keinerlei Mobiliar. Trotzdem war der Besuch informativ und hat gelohnt. Zum Schluss steigen wir noch auf die Besucherplattform, aber Sturm und Regen treiben uns bald wieder rein. An der Kasse frage ich freundlich nach, ob sie mir wohl 50 Cent (deutsch) gegen 50 Cent (estnisch) wechseln können, um den nächsten Kurssatz für Mama fertig zu bekommen. Und tatsächlich, auch hier wird wieder jede Kasse durchsucht, bis ein passendes Geldstück gefunden wird. Die Menschen hier sind wirklich alle sehr nett!! Nun geht es zurück zum Wohnmobil, denn heute soll es ja noch bis Tallin gehen. Allerdings hat Peter den Weg natürlich erneut mit Zwischenaufenthalten gespickt. Der erste ist ein Vogelbeobachtungspunkt und Leuchtfeuer in Põõsaspea. Der letzte Kilometer ist schlammig, wir sinken immer wieder ein und Peter muss auf dem Gas bleiben damit wir nicht stecken bleiben. Am Ende der Strasse ist aber wieder Schotter, so dass wir gut parken können. Ausser uns sind bereits einige Vogelkundler dort, die mit riesigen Spektiven und Ferngläsern nach Vögeln ausschauhalten. Wir machen einige Photos, dann überlassen wir die Vogelkundler wieder ihren Beobachtungen und fahren weiter. Google bietet uns nun zwei Routen an, und leider was man hier nie was einen erwartet. Die Straßen können richtig gut oder richtig katastrophal sein, die Straßenkarten und die Bezeichnung der Strassen lässt da leider nicht viele Rückschlüsse zu. Tja, und diese hier entwickelt sich eher wieder „spannend“, vor allem auch durch den starken Regen. Aber wie immer schaukelt uns Peter sicher durch und nach einer halben Stunden haben wir dann auch wieder Asphalt unter den (dreckigen) Rädern. Und der Rest von Tatzel ist auch bis auf eine Höhe von einem knappen Meter mit Mergel und Schlamm bespritzt, naja, der Regen wird es schon abwaschen. Wir fahren nun weiter zum Keila-Wasserfall, und auch hier trotzen wir Regen und Sturm und laufen eine Runde durch die Parkanlage. Am Aussichtspunkt haben wir aber nicht nur einen tollen Blick auf den sechs Meter hohen Wasserfall, sondern auch auf ein neugotisches Gutshaus, das eher wie ein kleines Schlößchen aussieht. Direkt am Wasserfall befindet sich das renovierte Wasserkraftwerk von Keila, das aber leider nicht zu besichtigen ist. Zurück am Womo müssen wir erst einmal Heizung und Klimaanlage groß stellen, wir sind nass und haben ordentlich Wasser reingeschleppt. Jetzt haben wir noch eine gute dreiviertel Stunde Fahrt bis nach Tallin, dort wollen wir die kommenden zwei Nächte auf einem Parkplatz direkt neben der Linnahall verbringen. Wir zahlen dort für 24 Stunden parken nur sechs Euro, für Tallinn ist das echt günstig. Es gibt zwar keinerlei Service hier, aber wir haben ja alles dabei. Mittlerweile ist es 17 Uhr, und es schüttet immer noch. Aber trotzdem laufen wir los, um schon mal einen ersten Blick auf die Stadt zu erhaschen. Bis zum Rathausplatz sind es nur knappe 1,5 Kilometer, ruckzuck sind wir da. Wir bummeln ein bisschen die Gassen rauf und runter, dann suchen wir uns ein Restaurant zum Abendessen. Wir finden ein etwas kleineres Lokal am Rathausplatz, das halbwegs akzeptable Preise hat. Und wir wählen gut, denn Essen und Service sind prima, ausserdem haben wir ein nettes junges Mädchen aus den USA am Nachbartisch. Eh wir uns versehen sitzen wir drei zusammen und quatschen, und dann bekommen wir zusammen von der Bedienung – die gerade nicht viel zu tun hat – noch Sightseeing Tips für den kommenden Tag aufgeschrieben. Satt und aufgewärmt laufen wir im immer noch strömenden Regen zurück zum Womo. Heizung an und ab an die Tastatur, so endet dieser Abend. Mal schauen was der morgige Tag so bringt.



Wie geplant schlafen wir aus und beginnen den Tag geruhsam. Nach einem späten Frühstück lesen wir gemütlich eine Runde, bevor wir den weiteren Tag planen. Da wir diesmal ja sehr lange unterwegs sind, reicht uns der Platz für unsere Kleidung im Wohnmobil einfach nicht aus, daher haben wir jeder ein Koffer mit. Und nun wird es Zeit, die Sommersachen wegzupacken und die dicken Pullover rauszuholen. Also nutzen wir die Sonne und Peter beginnt, einmal komplett die Garage von Tatzel auszuräumen, denn unsere Koffer stehen genau mittig zwischen den großen grauen Schäferkisten. In denen haben wir die Dinge, die wir häufiger brauchen, also Wanderschuhe, Rucksäcke, Getränke und Lebensmittelvorräte. Ausserdem haben wir noch Kisten mit Werkzeug und andere Vorräte, also Toilettenpapier, Spülmittel, Ersatzhandtücher und so weiter. Man braucht schon einiges, wenn man zwei Monate oder länger unterwegs ist. Nach einer guten Stunde (oder auch etwas mehr) sind beide Koffer umgepackt und verstaut, die T-Shirts und meine Strandkleider sind weggeräumt und in den Fächern liegen jetzt stattdessen dicke Socken und Kuschelpullis. Der Herbst kann kommen! Auch wenn heute alle Museen und die Burg geschlossen sind, wollen wir nochmal in die Stadt laufen, es gibt dort einen alten Zarenbahnhof, den wollen wir uns anschauen. Vor dem Bahnhof stehen eine Menge alter Loks und Waggons, leider größtenteils schon zerfallen und weggerostet, aber trotzdem interessant zum Anschauen. Und der Zarenbahnhof ist eine Pracht – bzw. könnte mit wenig Aufwand prachtvoll sein. Denn eigentlich ist alles gut in Schuss, ein bisschen schleifen und streichen würde Wunder wirken. Wir laufen gemütlich zurück, und kommen kurz vor dem Campingplatz noch einem alten Wasserturm vorbei, der verloren in einer Wiese steht. Fast fühlt man sich wie in der Serie „Lost Places“, es gibt hier im Baltikum so viele verlassene und zerfallene Gebäude, die mal sehr luxuriös und edel waren. Zurück am Wohnmobil nutzen wir den Rest des Tages, um den weiteren Verlauf unserer Reise zu planen und eine grobe Route festzulegen. Denn nach Tallin geht es langsam aber sicher wieder Richtung Heimat. Wir schätzen, dass wir ungefähr in drei Wochen wieder zurück sind. Spätestens am 03.11. sollten wir daheim sein, mal schaun wie sich die Reise noch entwickelt. Heute Abend passiert nichts mehr, von daher gut’s Nächtle.



Montag, 30. September 2024
Die Nacht ist einsam und ruhig, und wir werden mit strahlendem Sonnenschein geweckt. Ok, es sind nur 8° C, aber der Himmel ist blitzeblau. Zum Frühstück essen wir den Rest des mittlerweile furztrockenen Mohnstriezels, aber mit ordentlich Margarine und Marmelade rutscht er dann noch ganz gut. Mit vollen Trinkflaschen – und was noch vieler wichtiger ist– mit Peters vollem Kaffee Thermobecher starten wir in den Tag. Als erstes geht es die knapp acht Kilometer bis zur Wollfabrik. Das Gebäude ist klein und unscheinbar, als wir eintreten sagt uns die nette Dame direkt, dass wir gerne die Maschinen und Anlagen besichtigen können, Photos dürfen natürlich auch gemacht werden. Es wird gerade nicht gefertigt, doch man kann an den einzelnen Anlagen sehen, wie die Verarbeitung von der Wolle zum Wollgarn abläuft. Der Maschinenpark ist übersichtlich und sichtlich in die Jahre gekommen, aber es scheint noch alles gut zu funktionieren. Im Vorraum ist ein kleiner Verkaufsraum, und ich hab meinen Mann ausreichend und vor Zeugen (Mutter) gewarnt, dass ich Wollpullover liebe und das so ein Ausflug teuer werden kann. Tja, und natürlich springt mich umgehend ein traumhafter Kapuzenpulli an, aus reiner Lammwolle, dazu passend gibt es auch noch Handschuhe. Ich habe vorgewarnt!!! Glücklich verlasse ich den Laden, und mein Mann freut sich dass ich mich so freue. Nun geht es weiter zum Gutshof Suuremõisa. Doch wie leider fast alles ist auch dieser montags geschlossen, vielleicht können wir ja wenigstens von aussen schöne Photos machen. Doch das Ganze sieht deutlich weniger schön aus, als erwartet, daher halten wir kurz an, und entscheiden uns dann direkt zur Fähre durchzufahren. Die nächste Fähre nach Rohuküla fährt in fünfundzwanzig Minuten, vielleicht haben wir ja Glück und schaffen das noch. Ich schnappe mir mein Handy, und will uns ein Ticket buchen, hab aber meine Kreditkarte nicht griffbereit. Also fummelt Peter seine während der Fahrt raus und reicht mir die rüber. Schnell gebe ich alle Daten ein, und in dem Moment, in dem wir den Fähranleger erreichen ist auch das Ticket bestätigt. Die Schranke erkennt unser Kennzeichen und wir reihen uns mit den anderen Fahrzeugen ein. Das war ja mal eine Punktlandung! Ein paar Minuten später stehen wir an Deck, und nun können wir eine gute Stunde bei strahlendem Sonnenschein die Fahrt über die Ostsee geniessen. Wir winken der schönen Insel Hiiumaa zum Abschied noch einmal zu, der Abstecher nach Saaremaa und Hiiumaa hat auf jeden Fall gelohnt, wenn man Natur und Einsamkeit mag. Gegen 13 Uhr erreichen wir das Festland, und eine halbe Stunde später stehen wir am Campingplatz in Haapsalu. Der Campingplatz ist leer, aber die Besitzerin kommt direkt angelaufen, und scheint sich über die unerwarteten Gäste zu freuen. 50 Euro in bar für zwei Übernachtungen wechseln den Besitzer, dann bekommen wir kurz die wichtigsten Infos. Da ausser uns keine Gäste da sind, haben wir freie Platzwahl. Nachdem wir bereits zwanzig Minuten stehen, setzt Peter das Womo nochmal um, da wir einfach zu sehr im Schlamm standen. So ist es besser, und jetzt steht das Womo auch in Waage. Eigentlich wollten wir heute nichts mehr machen, aber das Wetter ist traumhaft, ausserdem will mein neuer Pullover spazieren geführt werden Also machen wir uns fertig und laufen in die Stadt, bis zur Burg sind es knapp drei Kilometer. Der erste Teil des Weges führt vorbei an Wohnblocks und über eine alte Brücke, alles wirkt etwas runtergekommen. Aber dann sieht man erst wie groß die Stadt ist. Wir kommen an eine große und moderne Schule, dann geht es weiter am Schwimmbad und einer großen Sporthalle vorbei. Es gibt auch ein kleines Einkaufszentrum. Und dann sind wir in der Altstadt mit den vielen kleinen bunten Holzhäuschen, an deren Ende die Burg liegt. Leider öffnet das Museum in der Burg erst wieder am Mittwoch, aber ein Teil der Aussenanlagen können wir schon jetzt erkunden. Wir klettern ein bisschen rum und steigen auf einen der Wachtürme, dann machen wir uns auf den Rückweg, denn wir haben langsam Hunger. Am Womo legt Peter leckere Zwiebelnackensteaks auf den Grill, ich mache uns währenddessen drinnen auf dem Herd Bratkartoffel und eine Käsesauce. Was für ein leckeres Abendessen! Nun heisst es Abwaschen – erst das Geschirr und dann uns. Die Besitzerin hat uns angeboten, die Duschen in der Saune zu benutzen, denn der Bereich ist beheizt, das ist natürlich viel schöner als die düstere und unbeheizte Dusche am Waschhaus. Duftig frisch kuscheln wir uns nun ins Womo, der Heizlüfter brummt vor sich hin, und während ich tippe ist Peter wieder am Routen planen. Was wir morgen machen wissen wir noch nicht, auf jeden Fall aber erst einmal ausschlafen.



Sonntag, 29. September 2024
Wir haben Glück und können dann tatsächlich um 18 Uhr am Automat eines der noch zusätzlich freigegebenen Tickets buchen. Fünf Minuten später stehen wir dann schon mit Tatzel in der Warteschlange an der Fähre. Die Fähre hat laut Internet Platz für 21 oder 22 PKW, aber wenn ein LKW bucht reduziert sich die Anzahl natürlich drastisch, so auch heute abend. Bei unserer Buchung werden direkt zwei PKW Plätze belegt, ausser uns stehen nun aber noch ein riesiger Schwertransport sowie ein Milchlaster an. Kein Wunder das nun nur noch acht PKW drauf passen. Ruckzuck ist die Fähre voll beladen, der Milchlaster kommt als letzter drauf, denn an dem kommt keiner mehr vorbei. Wir setzen uns oben in den Aufenthaltsraum an Deck, zwischendurch gehen wir kurz raus und machen einige Photos von der Überfahrt. Als wir gerade ins Womo einsteigen wollen, rauscht eine Gischt Welle übers Deck und macht uns beide nass, na prima. Aber Tatzel hat ja eine Heizung, schnell sind wir wieder warm und trocken. Eigentlich hatte Peter einen Parkplatz westlich vom Hafen ausgesucht, aber der liegt im Wald und es ist mittlerweile stockfinster. Bevor wir uns das Womo verschrammen, weil wir die Äste nicht sehen können, suchen wir lieber einen Platz der über asphaltierte Strasse erreichbar ist. Und nur acht Kilometer östlich vom Fähranleger wird Peter fündig, ein winziger Hafen für ein Dutzend Boote hat laut Google einen schönen großen Parkplatz. Ausserdem soll es da noch einen Vogelbeobachtungsturm geben und ein Plumsklo. Perfekt für eine Nacht, da fahren wir hin. Der kleine Hafen ist gut 750 Meter hinter dem letzten Haus im Ort, ausser uns in niemand da. Morgen früh wollen wir als erstes auf den Turm, aber für heute Abend ist Feierabend. Zuerst rufen wir nochmal Muttern an, dann mache ich noch einen Teller belegte Brote. Später machen wir den Fernseher an und starten vor allem auch mal Heizung. Der Herbst ist da – mit einstelligen Temperaturen. In der Nacht hören wir zweimal ein Auto kommen, wenden und wieder wegfahren. Ansonsten ist es ruhig – falls man den Sturm und den peitschenden Regen ausser Acht lässt. Aber der Morgen weckt uns mit strahlendem Sonnenschein! Nach dem Frühstück geht es die wenigen Stufen rauf auf den Turm, wir tragen uns ins Gästebuch ein und dann ziehen wir auch schon los. Als erstes geht es von Tärkma – da stehen wir gerade - zum Leuchtturm von Ristna. Der Weg ist teils asphaltiert, teils Schotter, aber alles gut zu fahren. Der rote stählerne Leuchtturm ist abgesperrt, am Zaun hängt ein Schild mit den Öffnungszeiten: bis 30.09. (also morgen) täglich von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr. Ausserdem hängt dort eine Telephonnummer die man anrufen muss, dann kommt jemand zum Öffnen. Hm, eigentlich schade. Aber anrufen wollen wir auch nicht, wer weiß wie lang man dann warten muss. Also laufen wir am Zaun entlang bis zum Strand. Dort ist ein großes Surfcamp, das aber auch bereits im Winterschlaf ist, alles (inklusive WC Häuschen) ist bereits mit Brettern vernagelt. Wir machen noch ein paar Bilder der aufgewühlten See, dann laufen wir zurück zum Parkplatz. Nun geht es weiter zum Kõpu Leuchtturm, der ist nur 10 Kilometer entfernt. Die haben es allerdings in sich, der Weg wird immer schlechter, und 500 Meter vorm Ziel besteht der Weg, sofern man das noch so nennen kann, nur noch aus tiefen Schlaglöchern und es geht immer steiler hoch. Aber dann haben wir es geschafft und stehen am Parkplatz. Und ab hier ist die Strasse auch wieder asphaltiert. Google hat uns also mal wieder über die kürzeste Route geschickt. Wir müssen hier total aufpassen, gestern sollten wir auf einen Radweg abbiegen. Aber es ist ja alles gut gegangen, und wir stehen nun vor dem weltweit drittältestem Leuchtturm, der noch in Betrieb ist. Bei guter Sicht reicht sein Leuchtfeuer knapp 65 Kilometer weit. Der Ticketschalter ist geschlossen, aber der Betreiber kommt direkt angelaufen, als wir auf den Parkplatz fahren. Acht Euro später sind wir unterwegs auf den 36 Meter hohen Turm, die Aussicht ist schon toll. Die Treppen in dem Steinturm sind aber schon sehr speziell, die Stufen sind teils über 40 Zentimeter hoch. Der Turm hat einen quadratischen Grundriss und massive seitliche Stützmauern, die in die Haupthimmelsrichtungen zeigen. Früher war er niedriger und es brannte ein Holzfeuer in einer Schale. Erst viel später wurde er erhöht und ein optisches Lampensystem installiert. Wieder zurück am Boden kommt der Betreiber auf uns zu und erklärt uns mit Händen und Füssen, das er auch den Schlüssel für den Ristna Leuchtturm hat und fragt, ob er ihn für uns aufsperren soll. Das ist ein wirklich nettes Angebot, aber wir wollen nicht nochmal zurück, sondern haben noch einiges anderes auf dem Programm. Wir bedanken uns bei ihm (Aitäh heisst auf estisch Danke) und fahren weiter zum dritten und für heute letzten Leuchtturm. Das ist der der Tahkuna tuletorn, also der Leuchtturm von Tahkuna. Genau wie der Ristna Leuchtturm besteht dieser aus Gusseisenplatten, die in Frankreich hergestellt wurden. Allerdings ist der Leuchtturm in Tahkuna schneeweiss. Hier kostet der Eintritt für uns beide zusammen sechs Euro, und im inneren rankt sich eine stählerne Wendeltreppe an den Wänden entlang nach oben. Auch hier ist der Blick über die Ostsee atemberaubend, und der Sturm lässt den Turm zittern. Von hier oben sieht man auch das Mahnmal für den Untergang der Estonia, die ungefähr 30 Seemeilen entfernt von hier gesunken ist. Gestern hat sich der Untergang zum dreißigsten Mal gejährt. Wir verlassen den Turm und gehen nun an den Strand und schauen uns das Denkmal noch aus der Nähe am, es liegt ein frischer Kranz dort und es brennen viele Kerzen, sicherlich fand hier gestern ein Treffen von Hinterbliebenen statt. Wir verlassen diesen schönen, aber auch etwas traurigen Ort und fahren nun zwei Kilometer weiter, dort befindet sich eine ehemalige russische Militäranlage aus dem zweiten Weltkrieg. Wir klettern durch Geschützanlagen und Peter klettert auf einen alten (und sehr marode wirkenden) Wachturm, dann geht es weiter zum Militärmuseum, das aber leider auch bereits seit zwei Wochen geschlossen hat. Wir machen einige Photos der draussen ausgestellten Fahrzeuge und Denkmäler, dann pflücken wir noch einige Äpfel von einem der vielen voll hängenden Bäume. Weiter geht es nun zum Kreuzhügel. Hier haben damals die auf Erlass der Zarin Katharina zwangsumgesiedelten Schweden Kreuze hinterlassen, bevor sie in die heutige Ukraine deportiert wurden. Heute hinterlassen Touristen dort Kreuze bei ihrem ersten Besuch auf Hiimuaa (sagt zumindest unserer Reiseführer). Jetzt steht noch der Besuch der Kirche Kuriste auf dem Plan. Diese estnisch orthodoxe Kirche muss prachtvoll sein, und tatsächlich, das silberne Dach, der spitze Kirchturm und die Zwiebeltürmchen zusammen mit dem bunten Stein, das sieht beeindruckend aus. Leider können wir die Kirche nicht von innen besichtigen, aber der Umweg hat auf jeden Fall gelohnt. Nun machen wir uns auf den Weg zu unserem Tagesziel der Halbinsel Säretirp. Am Ende der Strasse, die in die Südspitze führt, ist ein großer Parkplatz. Übernachtungsparken ist hier ausdrücklich erlaubt, es gibt Mülleimer, zwei sehr ordentliche Plumksklos, USB Stromanschlüsse zum Laden von Handys etc., Brennholz und Feuerschalen um Lagerfeuer zu machen. Also ein toller Platz zum Übernachten!! Da die Sonne scheint (auch wenn es kalt ist) laufen wir nun noch die knapp zwei Kilometer bis ans Ende der Landzunge. Am Beginn ist die Landzunge noch breit, neben dem Weg befinden sich riesige Wacholderbüsche. Aber schnell geht die Flora zurück, und irgendwann laufen wir nur noch über einen Schotterweg, der immer schmaler wird. Rechts ist die rauschende Ostsee, deren Wellen sich wüst am Strand brechen, auf der linken Seite liegt die Ostsee spiegelglatt. Kurz bevor die letzten Steine sich im Wasser verlieren, drehen wir um und machen uns auf den Rückweg. Der Tag war lang, und wir sind hungrig. Wir freuen uns auf das Abendessen.