Samstag, 12. Oktober 2024
Die Nacht ist laut – richtig laut. Es ist Freitag Abend und scheinbar trifft sich halb Vilnius auf dem Parkplatz, auf dem wir stehen. Bis weit in die Nacht rein läuft laut Musik. Dann fahren zwar die Feierwütigen, aber der Verkehr auf der vierspurigen Strasse hält die ganze Nacht an. Naja, dafür war der Parkplatz recht zentral und umsonst. Nach dem Frühstück machen wir uns gemütlich auf den Weg zur Burg Trakai. Für die nicht einmal 30 Kilometer brauchen wir eine knappe Stunde, denn der Verkehr in Vilnius ist furchtbar und wir stauen ewig, bis wir aus der Stadt raus sind. Trakai ist umgeben von Seen, und die gleichnamige Burg liegt - da sie eine Wasserburg ist – logischerweise auf einer Insel. Parken in Trakai ist teuer, und viele Anwohner vermieten tagsüber für kleines Geld Stellflächen vor ihren Häusern. Mit einem PKW würden wir das auch nutzen, aber mit Tatzel funktioniert das natürlich nicht. Also fahren wir auf einen der öffentlichen Parkplätze, satte 2,50 € kostet hier die Stunde. Wir laufen los, vorbei an Souvenirständen Richtung Brücke, über die wir die Burg erreichen. Es ist richtig viel los, neben Touristen, die in Bussen angekarrt werden, sind auch viele Einheimische bei dem schönen Wetter unterwegs – wir haben strahlend blauen Himmel! Man kann entweder kostenlos die Burg von aussen besichtigen, oder nur einen kurzen Blick in den Burghof werfen, Wenn man mehr sehen möchte, muss man ein Museumsticket lösen. Die Dame am Schalter ist recht unfreundlich, das ist hier selten und bisher haben wir das auch nur an touristischen Hochburgen erlebt. Wir nehmen unsere Tickets und fangen an, die Burg und das Museum zu erkunden. Optisch ist dreieckige Burg beeindruckend, die Austellung ist eher so „naja“. Aber das ein oder andere Schmuckstück entdecken wir doch, wie zum Beispiel Taschen aus Glasperlen, filigrane Glasleuchter, Schnitzereien und Stickereien. Große Teile der Burg sind eingerüstet und für Besucher gesperrt, aber nun gut, irgendwann müssen die ja restaurieren. Wir laufen noch einmal komplett aussen um die Burg, und am frühen Nachmittag machen wir uns wieder auf den Weg zum Parkplatz, und nun geht es Richtung polnischer Grenze. Allerdings wollen wir heute Nacht noch auf litauischer Seite bleiben, denn hier ist Wildcampen erlaubt, im Gegensatz zu Polen. Wir fahren nun bis zu einem kleinen See namens Dusia. Kurz vor unserem Tagesziel halten wir in Alytus noch an einer Tankstelle, um Tatzel einmal kurz abzukärchern. Nach 10 Minuten ist der gröbste Dreck runter und auch die Eingangsstufe lässt sich wieder ein- und ausfahren. Nun geht es noch ein paar Minuten weiter, und wir erreichen einen kleinen Parkplatz am See. Hier gibt es einen Aussichtshügel, und bei dem schönen Wetter lockt der recht viele Wochenendausflügler an. Die einen führen ihren Hund Gassi, viele Motorradfahrer nutzen den Parkplatz auch nur für eine kurze Pause. Natürlich laufen wir auch auf den Hügel und geniessen den Ausblick über den schilfdurchwachsenen See. Wir planen nun unsere weitere Fahrt, denn viel schneller als geplant erreichen wir die polnische Grenze. Bis nach Hause sind es noch ungefähr 1.500 Kilometer, also könnten wir übermorgen daheim sein. Peter sucht, wo wir morgen Abend in Polen übernachten können, sämtliche Campingplätze auf und Nähe der Route haben bereits zu., also werden wir illegalerweise doch wild stehen müssen Dann findet er in Breslau einen Parkplatz, den viele bei einer Stadtbesichtigung als Übernachtungsplatz nutzen und empfehlen. Denn auch in Breslau ist bereits seit Wochen alles zu, selbst der Wohnmobilstellplatz am Hafen. Hm, Breslau hatten wir eigentlich gar nicht auf dem Plan – aber warum eigentlich nicht. Also disponieren wir um, und legen noch einen Stop in Breslau ein. Von hier sind es 708 Kilometer, das solltn morgen gut zu schaffen sein. Dann übernachten wir dort auf einem gigantischen Parkplatz an einem Einkaufszentrum. Montag ist Sightseeing in Breslau angesagt, und voraussichtlich Dienstag geht es dann weiter. Oder Mittwoch, wir werden sehen. Ich geh nun an den Rechner, es gibt ja einiges zu erzählen.



Freitag, 11. Oktober 2024
Die Nacht ist halbwegs ruhig, aber bereits am frühen Morgen weckt uns der Lärm der Stadt, wie Müllabfuhr, Busse und jede Menge PKW. Aber kein Problem, wir wollen ja eh weiter, heute geht es nach Vilnius. Peter hat gestern Abend bereits den Wassertank gefüllt, also sind wir heute früh schnell abfahrbereit. Während ich unsere Trinkflaschen fertig mache für die Fahrt, macht Peter den üblichen Kontrollgang ums Womo rum, also ob die Reifen noch in Ordnung sind, die Fahrräder noch fest geschnallt sind oder sonst etwas eventuell nicht in Ordnung ist. Dann geht es im strömenden Regen los, die Fahrt ist anfangs relativ unspektakulär. Kurz hinter Daugavpils erreichen wir die Grenze, nun sind wir wieder in Litauen. Wir sind auf der Autobahn A6 unterwegs, denn in Litauen gibt es – im Gegensatz zu Lettland und Estland – auch wieder Autobahnen. Eigentlich führt der Weg über Utena, dort sollen wir auf die A 14 wechseln. Doch auf Grund mehrerer Staus routet uns Google Maps um, um wenigstens einen Teil des Staus zu umfahren - und eh wir uns versehen sind wir wieder auf einer Sandpiste. Eigentlich kein Problem, denn die Landstrasse 111 ist eine „ganz normale“ Überlandstrasse hier in Litauen, mit großen Kreuzungen, Schildern und allem. Durch den Regen hat sich der Sand aber wieder mal in Schmierseife verwandelt, und es lässt sich gar nicht gut fahren. Tatzel ist komplett eingeschlammt, der Matsch ist bis zu den Türgriffen gespritzt. Dann ist die Strasse endlich wieder asphaltiert und wir erreichen nun die A14, allerdings mitten in einer Baustelle. Der Verkehr hier in der Baustelle verläuft einspurig, und wir haben keine Ahnung, in welcher Richtung die Autos gleich grün bekommen. Hier stehen zwar ein paar Bauarbeiter aber die interessieren sich auch nicht für unser Dilemma. Peter biegt gnadenlos nach links ab und zieht durch, und wir haben Glück. Nach einem knappen Kilometer erreichen wir ein kurzes Stück das zweispurig ist, und da kommen uns dann auch LKW entgegen. Nun kämpfen wir uns die letzten Kilometer durch die lange Baustelle mit ewig langen Ampelphasen, aber dafür ist die neue Strasse auch ein Sahnestück. Und gleich lernen wir, wie die alte Strasse war: Schlaglöcher so tief, dass man Autos drin versenken kann, Spurrillen, bei denen man selbst mit dem Ranger Angst bekommt, aufzusetzen. Aber gut, wir haben ja zum Glück eine Luftfederung. Bereits gegen 13 Uhr erreichen wir Vilnius, und wir haben vorab wieder einen Parkplatz gesucht, auf dem wir auch übernachten könnten. Hier in Vilnius sind auch wieder fast alle Parkplätz kostenpflichtig, selbst bei Lidl und Co. Aber der hier – gut 2,5 Kilometer entfernt der Altstadt, ist tatsächlich kostenfrei und ein schöner Spot um über Nacht zu stehen. Es schüttet immer noch, also machen wir erst einmal Brotzeit. Aber wir wollen ja nicht den ganzen Tag vertrödeln, also schnappen wir uns Regenschirme und machen uns auf den Weg in die Stadt. Direkt gegenüber vom Parkplatz ist der Weg in die Altstadt ausgeschildert, und wir erreichen recht schnell eines der berühmtesten Bauwerke Vilnius, nämlich die römisch-katholische Annenkirche, hinter der unmittelbar die Kirche des Hl. Franziskus von Assisi und Hl. Bernhard steht. Die Kirche ist von aussen wirklich wunderschön und wirkt sehr filigran, wir waren jedoch nicht drin. Weiter geht es nun vorbei am Gediminas Hügel mit dem gleichnamigen Turm, und wir erreichen das Großfürstliche Schloss mit dem Nationalmuseum. Was für ein riesiger Bau! Direkt anschließend befindet sich die Kathedrale St. Stanislaus mit dem separat stehenden Glockenturm. Wir sind ja keine Kirchgänger, aber diese Kathedrale im Rang einer Basilika müssen selbst wir uns anschauen. Die dreischiffige Kathedrale ist riesig, und an die Seitenschiffe sind nochmals Kapellen angebaut, insgesamt gibt es in dieser Kathedrale elf Kapellen, so etwas haben wir auch noch nie gesehen. Direkt vor der Kathedrale befindet sich eine Steinplatte mit der Inschrift Stebuklas (Wunder), dort war der Ausgangspunkt einer mehr als 600 Kilometer langen Menschenkette zwischen Vilnius und Riga. Knapp 2 Millionen Letten, Litauer und Esten bildeten 1989 den „Baltischen Weg“ und demonstrierten für eine Unabhängigkeit der drei baltischen Staaten von Russland. Und wie man ja sieht, war diese Demonstration letztendlich erfolgreich! Der Regen pausiert gerade mal, und wir laufen nun zur Standseilbahn, die uns auf den Gediminas Hügel bringt. Auf den Turm selbst kann man nur im Rahmen einer Museumsbesichtigung, aber uns reicht der Ausblick vom Berg über die Stadt. Das Stadtbild wird eindeutig von Kirchen geprägt- so weit das Auge reicht, und egal in welche Richtung man schaut: Kirchen, Kirchen und Kirchen. Wir lesen später, dass es allein im Bereich der Altstadt mehr als 50 Kirchen gibt, und zwar sowohl katholisch, evangelisch, orthodox als auch Jesuiten, von allem etwas, mit Abstand am prunkvollsten sind aber sicherlich die russisch-orthodoxen Kirchen. Nun geht es wieder runter und wir machen uns auf den Weg in die Altstadt. Und tatsächlich, egal wo man hinschaut, man sieht (mindestens) eine Kirche. Wir laufen bis zum Rathausplatz, dort machen wir natürlich auch noch das ein oder andere Photo. Dann laufen wir weiter die Gassen rauf und runter und in die ein oder andere Kirche schauen wir auch rein. Photos darf man meist nicht machen, aber das ist in Ordnung, denn in erster Linie handelt es sich nun einmal um Gotteshäuser. Für uns ist eine der schönsten die russisch-orthodoxe Heilig-Geist-Kirche. Aber es gibt nicht nur Kirchen in Vilnius, sondern auch jede Menge Stadttore. Das Bekannteste ist das Tor der Morgenröte, das sowohl Stadttor als auch zugleich Kapelle und ein Wallfahrtsort für Katholiken, Orthodoxe und griechisch-katholische Christen ist. Nun gehen wir wieder zurück zum Rathausplatz, und so langsam werden wir fusslahm, Unsere Liste mit den Sehenswürdigkeiten haben wir quasi „abgearbeitet“, und wir haben auch ein paar kleine Souvenirs für unsere „Hausbetreuer“ erstanden, die uns einen so langen Urlaub erst ermöglicht haben. So langsam geht unsere Reise dem Ende zu, und daher wollen wir heute noch einmal lecker Essen gehen zum Abschied vom Baltikum. Aber alle Restaurants sind unheimlich teuer, und gerade als wir zurück zum Womo wollen, entdecken wir ein kleines Restaurant mit „Local Food“, also einheimischen Essen. Und das Lokal ist perfekt – das Essen ist richtig lecker, als Vorspeise habe ich eine klassische Rote-Beete Suppe und Peter eine Wildpilzsuppe im Brotlaib. Als Hauptgericht bestelle ich Zeppeline (Gefüllte Kartoffelklöße) mit saurer Sahne und einer Speck-Zwiebelschmelze, und Peter nimmt die Blutwurst, ebenfalls mit saurer Sahne und der Speck-Zwiebelschmelze. Das ganze dann noch für einen wirklich guten Preis! Satt und zufrieden machen wir uns auf den Rückweg, der nochmal spannend ist. Denn der Weg zurück zum Parkplatz führt von hier durch den Wald und es ist mittlerweile stockfinster. Ausserdem funktioniert hier wieder unser GPS nur eingeschränkt, so dass wir zwischendurch immer mal wieder ein wenig in die Irre laufen. Aber Dank der exzellenten Orientierung meines Mannes, der Handy Taschenlampen und guter Zusammenarbeit erreichen wir dann doch noch unser Womo. Als erstes rufen wir Mama an und geben einen kurzen telefonischen Bericht ab, bevor ich mich an die Tastatur setze. Zu planen ist nicht mehr viel, morgen geht es zur Burg Trakai -und dann langsam aber sicher zurück.



Donnerstag, 10. Oktober 2024
Die Nacht ist stürmisch, und wir werden mit Regen geweckt. Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg, zuerst geht es einmal entlang am Alūksne-See. Wir befinden uns auf einer Nebenstraße, das heisst also auf einer Sandpiste. Der Regen hat den Boden glatt wie Schmierseife gemacht, hoffentlich kommen nicht wieder solche Steigungen wie gestern. Die Traktion ist gerade unterirdisch, einen 12% Berg kommen wir heute sicherlich nicht so weiteres rauf. Aber wir haben Glück, nach einigen Kilometern haben wir wieder Asphalt unter den Rädern. Wir fahren immer gen Süden, die Fahrt ist unspektakulär. Unterwegs halten wir einmal kurz an einem Supermarkt, und kaufen wieder ein Kilo Weintrauben, die kann man so schön während der Fahrt naschen. Dann geht es weiter bis Daugavpils. Wir sind gegen 14 Uhr da und fahren direkt zu dem kleinen Parkplatz, den wir uns als Nachtquartier ausgesucht haben. Hier gibt es nämlich Frischwasser, das ist im Baltikum nicht so oft verfügbar wie man denkt. Zum Teil haben nicht einmal die Campingplätze Frischwasser, sondern man muss Wasser in Kanistern kaufen. Aber wie gesagt, hier gibt es gutes Frischwasser, und wir füllen erst einmal auf. Dann machen wir uns auf den Weg zur Festung, denn darum machen wir hier überhaupt einen Stop. Direkt hier am Parkplatz beginnt ein toller Plankenweg, dazu gibt es einige Vogelbeobachtungsplattformen. Auch für die Kinder und Jugend ist hier einiges geboten, es gibt einen tollen Spielplatz gegenüber des Parkplatzes, dann kommen zwei Rad / Scooter / Skatebord Bahnen mit jeder Menge Action wie Wippen, Schrägbahnen und so weiter. Wir laufen los und nun kommt auch die Sonne raus. Nach knapp zwei Kilometern erreichen wir erste Teile der Festungsanlage, nach einem weiteren Kilometer erreichen wir eines der Zugangstore. Die Festung Daugavpils – oder wie sie früher hiess: Dünaburg – ist eine der ganz wenigen Festungen der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts im Originalzustand und die letzte Bastionsartige Festung in der Welt. Die Vielzahl der Strassen und Gebäude erstreckt sich über eine Fläche von 150 ha, das sind also 1,5 Quadratkilometer. Wir laufen nun kreuz und quer innerhalb der Mauern lang, dann werfen wir einen kurzen Blick in das Besucherzentrum. Dort bekommen wir einen Plan und ein paar Infos zur Anlage. Dann dürfen wir im Gebäude noch die alte Holzstiege raufklettern und einen Blick auf den Wassertank werfen, wobei wir bis jetzt nicht wissen, warum da auf dem Dachboden ein riesiger Tank steht. Das müssen wir noch mal nachlesen. Nun geht es wieder raus in die Sonne, und wir klettern auf den Wall, und laufen nun oben auf den Bastionen rum. Nun zieht sich langsam der Himmel zu und es sieht aus, als würde es gleich fürchterlich schütten. Wir machen uns auf den Rückweg zum Womo, bleiben aber zum Glück trocken. Wir überlegen, ob wir nun noch in die Stadt laufen, aber wir haben keine Lust. Im Womo machen wir es uns gemütlich und Peter macht Wasser warm, denn wir wollen duschen. Das Gute ist ja, dass wir hier dann auch wieder auffüllen können. Gesagt – getan – und eine gute Stunde später sind wir beide duftig frisch geduscht und einmal frisch eingekleidet. Heizung brauchen wir aktuell nicht, draussen sind noch 16 °C, und drinnen an die 20° C. Peter geht direkt los, und füllt nach dem Duschen den Wassertank nochmal auf. Unglaublich, wir hatten beide das Gefühl, richtig ausgiebig geduscht zu haben, aber wir haben zusammen keine zehn Liter verbraucht. Morgen geht es weiter nach Vilnius, und dann geht es langsam, aber sicher nach Hause. Der Urlaub war / ist wirklich toll, wir sind unglaublich begeistert vom Baltikum. Doch nun reicht es langsam, und wir freuen uns beide auf daheim - aber erst kommt noch Vilnius. Bis jetzt haben uns alle Städte hier sehr gut gefallen, wir sind neugierig, ob Vilnius uns genauso begeistert. Bericht folgt.