Dienstag, 6. Mai 2025
Obwohl gestern Abend eigentlich der Plan stand, dass wir nach Rouen fahren, werfen wir heute früh dann doch alles über den Haufen. Unser Bauchgefühl ist einfach dagegen, und das hat uns bis jetzt selten im Stich gelassen! Zuerst checken wir am Campingplatz aus, nicht ohne vorher nach 2 Euro Stücken für Mamas Sammlung zu fragen. Aber leider haben die nicht ein einziges 2 Euro Stück in der Kasse – schade. Aber wir werden sicherlich irgendwo noch ein seltenes Stück finden, da bin ich mir sicher. Nun geht es aber erst einmal auf die Piste – und statt nach Rouen machen wir uns auf den Weg nach Dieppe an der Alabasterküste. Wir kommen am späten vormittag an und fahren direkt Richtung Hafen, dort gibt es einen großen Wohnmobilstellplatz mit 50 Plätzen. Es sind aber gerade mal 10 Plätze belegt, daher haben wir Glück und haben einen schönen Platz mit einer eigenen Steckdose – noch! Denn es gibt nur ungefähr für jeden dritten Platz eine Steckdose. Doch wir haben im Internet schon gelesen, dass dann halt plötzlich eine Mehrfachsteckdose dran hängt – wir wussten gar nicht dass es die als Eurostecker gibt. Scheinbar haben die Franzosen so etwas aber immer dabei, denn es scheint häufiger zu sein dass nicht jeder Platz eine eigene Stromversorgung hat. Grundsätzlich sind wir eh nicht drauf angewiesen, aber es ist schon schön, wenn die Kaffeemaschine funktioniert. Allerdings funktioniert die hier auch nur im vier Stunden Rhythmus: 6-10 Uhr, 14-18 Uhr, 22-02 Uhr und dann wieder 6-10 Uhr. Warum der Strom immer wieder stundenweise abgeschaltet wird, ist uns nicht klar, aber wie gesagt – es stört uns auch nicht. Wir machen uns jetzt erst einmal auf den Weg, um die Stadt zu erkunden. Die Sonne lacht, aber der Wind bläst hart und es ist bitter kalt. Wir laufen am Hafenbecken entlang, und es reiht sich Lokal an Lokal, und überall wird mit der Speisekarte gewedelt. Wir laufe weiter bis in die Fussgängerzone, da ist es aber gerade recht ruhig, denn die Läden haben alle wieder für die nächsten 2 -3 Stunden geschlossen. Wir laufen bis zur Kirche Saint Rémy, einer wunderschönen großen alten Kathedrale aus dem 16. Jahrhundert, dann setzen wir uns in ein Strassencafé zum ersten Espresso des Tages. Und es kommen weitere hinzu, denn mein Mann verfolgt einen durchtriebenen Plan: er nötigt mich zu einem Espresso, und wenn ich dann den irgendwann wieder loswerden muss, suchen wir das nächste Strassencafé. Da werde ich einen los und wir trinken den nächsten. Das nennt sich dann Perpetuum mobile oder so… auf jeden Fall geniessen wir es beide, in der Sonne zu sitzen und den Leuten zuzuschauen. Aber natürlich trinken wir nicht den ganzen Tag nur Espresso – wobei wir hier meist wirklich nur 1,50 € bezahlen, ein Schnäppchen im Gegensatz zu Deutschland. Wir erklimmen auch die Burg – die aber leider geschlossen hat. Und wir besichtigen eine weitere sehr schöne Kirche – Saint Jacques sur Dieppe. Und auch hier nagt der Zahn der Zeit und das Deckengewölbe ist mit einem durchsichtigen Netz abgespannt, da immer wieder kleine Steine aus den filigranen Decken-Reliefs brechen und nach unten fallen. Dann bummeln wir weiter durch die Strassen und über die kleine Halbinsel im Hafenbecken, denn eigentlich wollen wir rüber auf die andere Seite. Aber die Brücke Pont Colbert ist abgerissen – da kommen wir gar nicht mehr rüber. Also es geht theoretisch schon, sind aber mindestens 2 km Fussweg, das sparen wir uns dann doch. Das erklärt aber auch warum hier absolut nichts und niemand ist, denn das ist aktuell eine Sackgasse. Also wieder zurück in den Bereich mit den kleinen Läden und Restaurants. Mittlerweile haben wir späten Nachmittag und nun kaufen wir noch Baguette, Käse und Rillettes für das Abendbrot. Zurück am Womo sind wir gerade in der „Stromphase“ also mache ich Peter noch flink einen Kaffee, bevor wir Mutter anrufen und Bericht erstatten. Dann mache ich Abendessen und anschliessend bummeln wir noch eine große Runde am Kiesstrand lang, und bewundern wie die Sonne die wuchtigen Klippen weiss leuchten lässt. Aber mittlerweile ist es wirklich kalt geworden und zurück am Womo machen wir erst einmal die Heizung an. Dann wird getippt und morgen geht es dann weiter nach Yport.



Montag, 5. Mai 2025
Obwohl wir früh ins Bett gegangen sind, kommen wir nicht so richtig gut in den Tag. Wir sind die letzten Tage doch einiges gelaufen, dazu kommt der kalte Wind – uns tun einfach ganz schön die Knochen weh. Aber wir wollen ja noch etwas sehn, also krabbeln wir dann doch irgendwann aus dem Bett. Vorm Frühstück gehe ich noch schnell zum Wäschewaschen. Eine meiner Treckinghosen hat einen dicken Fettfleck, mal schaun ob ich den rausbekomme. Direkt neben dem Waschhaus sind Wäscheleinen, 6 Wäscheklammern sollten reichen. Dann frühstücken wir gemütlich, packen einen Rucksack und starten. Peter hängt allerdings die Hose nochmal kurz um, damit sie mehr Sonne abbekommt. Aber bis heute Abend sollte sie auf jeden Fall trocken sein. Nun laufen wir aber wirklich los, heute wollen wir die Klippen der anderen Seite des Hafenbeckens erkunden. Und damit sind wir nicht mehr in der Normandie, sondern plötzlich wieder in der Region Hauts-de-France. Der Canal d‘Èu à la Mer bildet genau die Grenze und damit den Beginn der Normandie. Aber eigentlich gehen beide Orte und dazu noch der Ort Eu nahtlos ineinander über. Das Wetter ist sehr wechselhaft und es ist frisch, fast kalt. Wir haben uns warm angezogen und auch noch mal jeder eine Jacke im Rucksack, nur für alle Fälle. Der Weg beginnt wie gestern, aber bei der ersten Möglichkeit biegen wir nach rechts ab und kommen nach einer Weile am Zollhafen vorbei. Dahinter beginnen dann wieder kleine Gassen mit hohen und sehr schmalen Häusern. Einige sind bereits dem Verfall preisgegeben, andere sind gerade frisch und oft farbenfroh restauriert. Aber so richtig bewohnt sind nicht viele der Häuser. Man merkt, dass hier die Saison noch nicht begonnen hat. In einem der Cafés trinken wir gemütlich einen Espresso, und schauen auf den Strand. Wobei Strand gibt es hier eigentlich gar nicht, sondern nur dicke Kieselsteine / Schotter. Zum drüber laufen sehr unangenehm, daher gibt es hier vermutlich auch überall beplankte Wege. Diese führen zu kleinen Häuschen, und wir vermuten zuerst, dass es sich vermutlich um Verkaufsbuden handelt, da viele auch Fenster drin haben. Aber nein, scheinbar sind das quasi „Strandkörbe“. Im Inneren stehen Stühle, Liegen und es befindet sich oft eine Umkleide darin. Ausserdem hat jede Hütte eine kleine Terrasse. Na, das ist ja mal luxuriös. Da kann unser üblicher Strandkorb an der Wohlenberger Wiek aber nicht mithalten. Wir laufen weiter und erreichen nun die steilen Treppen, die hoch auf die Klippen führen. Der Wind ist heftig und mittlerweile hab ich noch eine Jacke drüber gezogen. Wir kämpfen uns gegen den Wind bergauf und kommen an eine kleine Kirche – die aber wirklich wunderschön ist. Statt Kirchenbänken ist die gesamte Kirche bestuhlt, und die alten Glasfenster tauchen die gesamte Kirche in ein golden und rot schimmerndes Licht. Wir machen uns wieder auf den Weg, nun geht es über einen Trampelpfad weiter nach oben bis zu einem alten Bunker, der wunderschön mit einer schlafenden jungen Frau bemalt ist. Dann geht es noch weiter bergauf bis zur Statue „Notre Dame de la Falaise“. Die Statue ist von 1878 und hat eine bewegte Vergangenheit, die Infotafeln sind dreisprachig, also französisch, englisch und deutsch. Das haben wir hier bereits häufiger gesehen, und das macht es für uns natürlich einfacher. Obwohl die Übersetzungen mitunter recht lustig sind. Zum Beispiel stand am Automaten des Wohnmobilstellplatzes in Boulogne sur Mer der Hinweis in französisch und englisch, dass man nicht am Beleg ziehen soll, sondern warten bis der Automat den „ausspuckt“. Aber übersetzt auf deutsch war, dass man nicht auf den Beleg schiessen soll. Nun gut, das lassen wir dann mal unkommentiert stehen. Wir laufen noch etwas auf den Klippen lang, aber es wird frisch und dann machen wir uns langsam auf den Weg runter zum Strand. Denn ich muß mal kurz „abbiegen“, und das ist hier wirklich unproblematisch. Es gibt einige öffentliche WC (kostenfrei), in einem akzeptablen Zustand. Die meisten natürlich in der Nähe der Strandpromenade. Mittlerweile ist später Nachmittag, und wir laufen zurück zum Campingplatz. Nach einem Espresso und einer Banane planen wir die morgige Weiterfahrt nach Rouen – und stoßen auf ein Problem. Es gibt in den großen Städten kaum Möglichkeiten, mit einem Wohnmobil zu parken. 15 Kilometer ausserhalb gibt es einen Campingplatz, aber wir haben ja nur normale Fahrräder, und die Strecke ist teils steil. Da haben wir einfach keine Lust zu. In Rouen gibt es genau einen Wohnmobilstellplatz, das wäre unser Plan. Und dann gibt es genau zwei weitere Parkplätze ohne Höhenbegrenzung. Aber – im Internet gibt es einige Warnungen, dass dort immer wieder Wohnmobile aufgebrochen werden, und zwar sowohl tags als auch nachts. Und wir wissen jetzt ja von Bernhard, wie real diese Gefahr ist. Also haben wir jetzt entschieden, morgen früh erst einmal nach Rouen zu fahren. Wenn wir auf dem Wohnmobilstellplatz am Hafen einen freien Platz finden, bleiben wir. Wenn nicht fahren wir einfach woanders hin, in der Normandie gibt es auch andre schöne Orte. Aber auf einen Parkplatz zu fahren der bekannt für Aufbrüche ist, das sparen wir uns lieber. Grundsätzlich ist man davor ja nie sicher, aber man muss es ja nicht provozieren. Nachdem wir das besprochen haben, wird es Zeit fürs Abendessen. Einiges Gemüse fängt bereits an, zu sterben. Also schnibbel ich die noch verwertbaren Reste zusammen, und mariniere die. Dann haben wir noch Baguettes, das belege ich mit Ziegenfrischkäse und Avocado. Alles auf den Grill, und schon haben wir ein leckeres Essen. Dann heisst es abwaschen und Grill putzen. Und nachdem hier alles wieder blitzblank ist, müssen wir natürlich auch noch funkeln, Also ab unter die Dusche. Die ist leider nur so halb gut. Das Wasser könnte wärmer sein und der Wasserdruck ist auch nur so lala. Aber egal, jammern auf hohem Niveau. Sauber sind wir und morgen kann es also weitergehen. Ich schnapp mir den Rechner und Peter googelt noch ein bisschen über Handy und Tablet, was wir für morgen noch für Alternativen haben. Wir werden berichten.



Sonntag, 4. Mai 2025
Der Morgen startet kalt und stürmisch. Wir überlegen zuerst, ob wir das Wohnmobil am Fährhafen parken und von dort noch mal versuchen zu Fuss bis zum Ende der Mole mit dem Bunker und dem alten Leuchtfeuer zu kommen. Aber dann entscheiden wir uns doch dagegen. Wir verlassen Boulogne sur Mer bei leichtem Nieselregen und fahren weiter gen Westen. Das nächste Ziel ist nicht weit, wir wollen nach Sainte-Cécile Plage. Dort ist der Strand gefühlt unendlich breit und wir wollen eine Runde laufen. Als wir ankommen, ist der riesige Parkplatz fast leer und wir haben freie Auswahl. Warm angezogen machen wir uns auf den Weg, der Strand ist fest, also lassen wir unsere Schuhe an. Barfuss wäre es auch wirklich frisch, und bis ans Wasser laufen wir eh nicht, das ist teils nicht mal in Sichtweite, so breit ist der Strand. Hier direkt zu Beginn ist eine ganze Gruppe Strandsegler unterwegs, scheinbar ein Anfängerkurs, zumindest schiebt der ein oder andere zwischendurch sein Gefährt. Wir laufen los, vorbei an Bunkerresten, aber das ist hier am Atlantikwall nichts besonderes. Wir laufen so weit, dass wir von den Strandseglern nur noch den oberen Teil der Segel sehen können, also sind wir ungefähr zwei Kilometer entfernt (bei unserer Größe verschwinden Objekte bei 4,5 km dank der Erdkrümmung komplett aus dem Sichtfeld). Wir laufen langsam wieder zurück und bummeln noch ein bisschen durch die vielen kleinen Souvenirshops. Und einer hat Ostfriesennerze, aber in schön und mit einem dünnen Stofffutter. Eigentlich brauche ich nicht noch eine Jacke- aber die sitzt toll, ist wind- und wetterdicht und sieht einfach gut aus. Und mein Mann kann meinem Blick halt nicht widerstehen. Glücklich trage ich mein neues Schmuckstück zum Womo, und weiter geht es Richtung Le Tréport. Aber erst tanken wir noch schnell – und zwar für 1.503 €, das ist ja mal ein guter Preis. Dann geht es weiter und wir erreichen den Campingplatz Paradis in Le Tréport, fast mitten in der Stadt. Wir stehen auf Platz 100, der Stellplatz ist schön und groß. Es gibt zwei Sanitärhäuser, alles sehr sauber, aber wie so oft gibt es keine Klobrillen und kein Papier. Frankreich eben… Aber ansonsten wirklich alles schön und sehr ordentlich. Wir trinken einen Kaffee und dann machen wir uns auf den Weg an den Strand, da will eine neue Jacke ausgeführt werden. Und es ist genau das richtige Wetter dafür: Sturm und ein Mix aus Sonne und Wolken. Wir laufen los und nach wenigen Minuten beginnt die Hafenpromenade mit Cafés und Restaurants. Laute Musik dröhnt durch die Strassen, denn hier ist auch Kirmes, die sich bis zum Strand durchzieht. Wir erkunden ein bisschen die Gegend, streifen durch die Gassen und laufen zum Kai und dem kleinen Leuchtturm. Von dort sehen wir freudig, dass die Funiculaire in Betrieb ist, deren vier winzige Kabinen durch einen Tunnel die Steilklippen rauffahren. Da müssen wir natürlich mitfahren – und nur wenige Minuten später stehen wir oben im Wind und schauen über die gesamte Stadt und den Strand mit den gigantischen weissen Klippen. Die Fahrt ist übrigens umsonst und dauert auch nur wenige Augenblicke. Wir laufen oben einige Zeit rum, machen viele Photos und treten den Weg nach unten dann zu Fuss an. Dann laufen wir noch ein wenig die schmalen Strassen rauf und runter, bevor wir uns ein Restaurant für den Abend suchen. Wir entscheiden uns für das Calypso. Für 24.90 € gibt es ein Menu, man hat sowohl bei Vorspeise, Hauptgericht und Dessert jeweils sechs verschiedene Gerichte zur Auswahl. Peter startet mit gratinierten Jakobsmuscheln und Crevetten, ich entscheide mich für Wellhornschnecken und Crevetten. Dann bekommt Peter einen großen Topf frischer Muscheln, ich habe mich für Pute mit einer Cidre-Sauce entscheiieden, als Beilagen gibt es – wie zu allem in Frankreich – Pommes frites. Beim Dessert herrscht Einigkeit, heisses Schokotörtchen mit flüssigem Kern in einer Sauce aus Passionsfrucht. Dazu trinken wir Cidre und Mineralwasser. Satt und müde machen wir uns auf dem Heimweg. Nach einer knappen halben Stunde sitzen wir gemütlich im Womo und dann gibt es erst einmal ein längeres Telefonat mit daheim, bevor ich mich an den Rechner setze. Morgen wollen wir die andere Seite der Stadt erkunden – ob zu Fuss oder mit dem Rad wissen wir noch nicht.