Heute werden wir nicht von der Sonne geweckt – sondern von lauten Rufen, Pfiffen und Trillerpfeifen. Scheinbar eine Demo, die am Womo Stellplatz vorbeizieht. Aber der Lärm lässt nicht nach, und Peter wirft mal einen Blick raus. Wir haben uns geirrt, es ist keine Demo sondern ein Stadtlauf oder Stadtmarathon. Ungezählte Läufer allen Alters laufen den Geh- und Radweg entlang Richtung Hafen, angefeuert von ebenso vielen Zuschauen. Gut, dass wir heute zu Fuss in die Oberstadt laufen und nicht wieder Richtung Hafen radeln wollen, das wäre heute keine Freude. Nach einem schnellen Frühstück packen wir einen Rucksack und marschieren los. Aber erst einmal müssen wir eine Lücke finden, um überhaupt auf die andere Strassenseite zu kommen. Die Läufer kommen Kopf an Kopf, aber dann endlich ist eine kleine Lücke und wir sprinten rüber. Auf der anderen Seite der Strasse biegen wir direkt ab und dann geht es bergauf – und bergauf – und bergauf. Oben erreichen wir einen kleinen Park mit alten Bunkerresten – wie überall hier. Weiterhin gibt es ein Marinedenkmal und vor allem einen traumhaften Blick von oben auf den Strand und die riesigen Hafenanlagen, mittlerweile ist auch die Sonne am Strahlen und heizt uns ordentlich ein. Wir bummeln weiter und nun geht es wieder steil runter, nur um dann wieder rauf zu gehen. Diese Stadt ist definitiv nicht nur auf 7 sondern noch viel mehr Hügeln erbaut. Aber egal, wir wollen uns ja bewegen. Wir marschieren weiter und dann kommen wir nach einer knappen Stunde in der befestigten Altstadt an. Hier ist es dann sehr touristisch, aber so wie wir es uns eigentlich vorgestellt haben: viele Restaurants und Strassencafés, alles vollbesetzt, dazu Souvenirläden. Hier ist auch unser erstes Ziel des Tages, die alles überragende Basilika. Drin werden gerade die Kirchenbänke für eine Trauung geschmückt, draussen sammeln sich die ersten Gäste. Wir nutzen noch schnell die Zeit und schauen uns den imposanten Bau von innen an. Sehr schlicht, sehr schön aber definitiv restaurierungsbedürftig – wie so vieles hier. Überall bröckelt der Putz und blättert Farbe ab. Eigentlich alles nicht sehr aufwendig, aber irgendwie haben es die Franzosen nicht so mit Instandhaltung. Das sehen wir auch an den ganzen Häusern, Vorgärten oder auch Autos. Richtig gepflegt wird hier nichts. Aber Flair hat der Ort schon und wir geniessen den Tag. Während der Eintritt in die Basilika frei ist, kostet die Besichtigung der Krypta Eintritt, das sparen wir uns und laufen lieber weiter Richtung Rathaus. Dort ist eine weitere Hochzeitsgesellschaft – der Mai ist ja auch der beliebteste Monat zum Heiraten, vermutlich nicht nur in Deutschland. Jetzt erreichen wir das Chateau von Boulogne-sur-Mer. Wir schlendern durch den Innenhof und laufen dann einmal durch den Burggraben. Von da aus geht es auf die Stadtmauer rauf, von dort oben haben wir einen guten Blick auf den kleinen Park, der zu Ehren von Mariette Pacha errichtet wurde. Dabei handelt es sich um einen Einwohner der Stadt, der das Ägyptische Museum in Kairo gründete und leitete und durch diverse Ausgrabungen berühmt wurde. Dementsprechend sind die Haupt-Denkmäler in der Parkanlage auch eine große Steinpyramide und ein Obelisk mit goldener Spitze, dazu findet man Palmen und eine Nachbildung eines Ägyptischen Bootes. Wir laufen nun weiter durch die Strassen wieder in die Unterstadt und zu dem Café mit dem leckeren und günstigen Espresso. Heute gibt es als „Gruss aus der Küche“ für jeden eine Kokosmakrone dazu – unheimlich lecker. Wir sitzen im Sonnenschein, und da wir es nicht eilige haben, gönnen wir uns einen weiteren Espresso samt Kokosmakrone. In der Auslage des Restaurants liegen gigantische Baiser, bestimmt 12 cm im Durchmesser, für 1,70 €. Aber ich bleibe standhaft, obwohl es schwerfällt. Langsam machen wir uns auf den Heimweg, denn es ist jetzt wieder ein gutes Stück zu laufen. Peter hat eine andere Route rausgesucht und wir kommen an weiteren der vielen Wandmalereien vorbei, für die Boulogne auch bekannt ist. Die Malereien stammen von den Schülern der hier ansässigen Kunstakademie. Und auch wenn nicht alles unserem Geschmack entspricht, so sind einige Bilder absolut rausragend und werden sicherlich einen Ehrenplatz im Photobuch erhalten. Müde und verschwitzt erreichen wir am späten Nachmittag / frühen Abend den Stellplatz. Als erstes füllen wir unseren Flüssigkeitshaushalt auf, denn unterwegs haben wir doch recht wenig getrunken. Dann gibt es einen ausführlichen Telefonbericht an Muttern, bevor wir uns ans Abendessen machen. Es gibt aufgebackene Baguettes und Spiegelei, für mehr fehlt gerade die Motivation. Und während ich schon tipper, plant Peter die nächsten Tage. Morgen geht es erst einmal weiter nach Le Tréport.
eowynrohan am 03. Mai 2025