Heute wollen wir es wagen und den Klosterberg besichtigen samt Abtei. Aber als erstes stärken wir uns mit frischem Baguette, dass wir gestern bei unserer Anreise an der Rezeption vorbestellt haben. Dann packen wir einen Rucksack, denn aktuell ist es noch sehr frisch, aber später sind wir sicherlich froh, wenn wir unsere Jacken irgendwo verstauen können. Es verspricht ein sonniger und auch warmer Tag zu werden. Wir laufen los zur Bushaltestelle für den Shuttlebus. Das ist die zweite Haltestelle auf der Route, und der Bus ist rappelvoll. Wir hatten es befürchtet, denn wir haben bereits beim Frühstück Heerscharen vorbeiziehen sehen. Im hinteren Bereich des sehr speziell konstruierten Busses drücken sich ein paar Touristen aus Deutschland nochmal eng aneinander, so dass wir noch mitkommen. Sonst kommt aber keiner mehr mit. Und auch an der nächsten Haltestelle warten bereits etliche und hoffen auf eine Mitfahrt. Als die Tür aufgeht und der Busfahrer sagt, sie müssen auf den nächsten Bus warten, kommt nur zurück, dass er bereits der dritte ist, der sie stehen lasst. Da haben wir ja richtig Glück gehabt. Kurze Zeit später – noch auf der Brücke, die das Festland mit der Insel verbindet, ist die Endstation. Und jetzt direkt das kuriose an den Bussen: die wenden nicht, sondern, die Busse haben zwei Führerhäuser. Der klappt den Spiegel ein, schaltet Vorder- auf Rücklicht um bzw. auf der anderen Seite natürlich umgekehrt. Dann fährt er rüber auf die andere Straßenseite und sammelt da die Leute für die Rückfahrt ein. Das ist schon seltsam, denn dadurch verliert der Bus unheimlich an Platz, da könnten sonst vermutlich mindestens ein Dutzend Leute mehr mitfahren. Aber irgendeinen Grund wird es schon haben. Ausserdem überholen die Busse nicht. Wenn also – wie heute erlebt – die Leute auf der Straße radeln statt auf dem breiten Radweg, fährt der Bus die gesamte Strecke mit Warnblinke hinter den Radlern her. Und die verstehen vermutlich nicht, warum der Bus nicht überholt. Das verstehen wir allerdings auch nicht so recht. Aber auch das wird irgendeinen Grund haben. Jedenfalls haben wir nun unser Ziel erreicht, und es wird bereits richtig voll. Man betritt den Ort durch ein Tor, und dann befindet man sich in einer engen Gasse, gesäumt von Souvenirläden und Restaurants, wie Mutter es bereits berichtet hat. Schnell biegen wir nach oben ab auf die Stadtmauer. Es ist viel los, aber trotzdem noch gut auszuhalten. Letztes Jahr im November in Schloß Neuschwanstein war tatsächlich auch nicht viel weniger los. Wir machen ungezählte hunderte Photos und genießen den Tag. In einem Souvenirladen entdecken wir noch einen schönen Acrylblock mit der eingelaserten Silhouette vom Mont Saint Michele, und kommen dabei auch mit der Verkäuferin ins Gespräch (aus Deutschland ausgewandert). Sie empfiehlt uns, unbedingt die Abtei zu besichtigen und auch den Audioguide dazuzubuchen. Dieser Tip ist Gold wert. Der Audioguide – der eigentlich ein Tablet ist - kostet pro Kopf fünf €, aber er bietet richtig viel! Zum einen navigiert es uns durch alle Räume, so kann man nicht aus Versehen etwas auslassen. Ausserdem kann man sich auch immer anzeigen lassen, wo in der Abtei man sich gerade befindet. Aber das tollste ist: in vielen Bereichen (drinnen und draussen) kann man auf eine virtuelle Ansicht schalten. Wenn man dann das Tablet vor sich hält wie eine Handykamera, und sich dreht, sieht man den gesamten Bereich ohne Menschen. Das ist schon mal toll wenn man in einem Saal mit drei Schulklassen steht und die andere Seite des Raumes gar nicht sehen kann. Aber – man kann teilweise auch auf die Ansicht eines vorhergehenden Jahrhunderts schalten, und dann sieht man wie es hier früher aussah. Zum Beispiel hatte die Abteikirche früher sieben Schiffe, jetzt aber nur noch vier, denn drei sind bei einem Brand zerstört worden. Oder auch das Lektorat - das früher wundervoll rot, weiß und gelb bemalt war, oder die Darstellung des Speisesaales bei einem Bankett bei einer Pilgerreise von Ludwig IX. . Zusätzlich gibt es Informationen zur Konstruktion der Abtei, die auf vier getrennten Krypten gebaut wurde. Wir brauchen mehr als zwei Stunden, bis wir durch die Abtei sind, aber das hat sich wirklich gelohnt. Aber es war auch anstrengend, denn es geht Treppauf- Treppab, und heute abend heisst mein Dessert „Magnesium“, um Wadenkrämpfen vorzubeugen. Wir sind nun ziemlich hungrig, haben aber eigentlich nicht geplant, hier zu essen, da das klar ein Touristenhotspot ist und die Preise üblicherweise gesalzen sind. Aber überrascht stellen wir fest, dass es in einem Restaurant mit Dachterrasse das Nationalgericht Moules-frites für 15 € gibt. Wir sind ja nicht so die Muschelfans, aber laut ADAC und Marco Polo gibt es die besten Muscheln Frankreichs in der Bai du Mont Saint Michele. Wir kapern uns einen Platz – und dann brauchen wir Geduld. Aber es zahlt sich aus, die Portionen sind riesig und die Muscheln wirklich lecker. Das hätten wir hier gar nicht erwartet. Und zum Nachtisch bestellt sich Peter einen Cidre, der in der Bretagne in einer Tasse serviert wird, und ich nasche mich seelig durch ein Zucker Crêpe. Satt und glücklich laufen wir weiter, über die Stadtmauer - einmal fast um den Berg, über Treppen die so schmal sind dass wir den Rucksack vor uns tragen müssen und immer wieder rauf und runter. Es gibt sogar einen Friedhof, und angeblich auch nette Gärten, aber die finden wir nicht bzw. das was wir finden, ist versperrt. Und da wir es uns fest vorgenommen haben, laufen wir dann auch noch den kompletten Weg zurück zum Campingplatz. Nun gibt es erst einmal einen Espresso, und später werden wir noch grillen. Das haben wir uns heute verdient, das waren etliche Kilometer, die wir heute marschiert sind. Doch erst mal geht es unter die Dusche, dann setze ich mich an die Tastatur und fange an zu tippen. Das Grillen verwerfen wir dann doch, stattdessen gibt es gleich einfach eine schnelle kalte Brotzeit, denn wir müssen noch planen, wir haben noch keine Idee, wo es morgen hingehen soll.
eowynrohan am 16. Mai 2025