Wir starten gemütlich in einen sonnigen Morgen. Nach dem Frühstück wird Tatzel reisefertig gemacht, und es geht ab auf die Piste. Zwischenziele gibt es heute nicht, es geht auf direkten Weg nach La Rochelle. Die Fahrt ist unspektakulär, führt oft über Schnellstraßen und Autobahn. An Maut zahlen wir heute gut 15 €, aber es war auch eine lange Strecke. Nach 3,5 Stunden erreichen wir La Rochelle. Die Stadt ist komplett für Wohnmobile gesperrt – die Innenstadt dann sogar für Fahrzeuge höher 2 m und/oder länger 5 m. Damit dürften wir auch mit dem Ranger nicht hierher. Aber nur weil man nicht in die Stadt darf, heisst das nicht, dass nicht für Camper gesorgt wird. Neben den Campingplätzen gibt es im Außenbezirk der Stadt einen Wohnmobilstellplatz mit gut 170 Stellplätzen, viele davon sogar mit Stromanschluss. Der Preis ist mit ~ 15 € / 2 Personen nicht zu teuer. Inklusive gibt es Frischwasser, Abwasser und WC-Entsorgung. Ach ja, und kostenloses Internet, aber das ist für uns nicht so wichtig, da sind wir ja über Peters Vertrag gut versorgt. Um exakt 13.38 Uhr rollen wir durch die Schranke und finden auch direkt einen guten Platz mit Stromanschluss. Also werfe ich direkt mal die Kaffeemaschine an. Dann packen wir einen Rucksack und machen uns auf den Weg. Wir grübeln, ob wir Radeln, laufen oder den Bus nehmen. Nach kurzer Überlegung entscheiden wir uns, mit dem Bus in die Stadt zu fahren, und zurück laufen – da die Busse abends nicht lange fahren. Wir laufen zur Bushaltestelle, und tja, da steht dass diese Haltestelle aktuell nicht angefahren wird, und es wird auf eine andere Haltestelle verwiesen. Dank Google stehen wir also ein paar Minuten später dann an der Ausweichhaltestelle, und gute zehn Minuten später kommt auch der Bus. Die Fahrt kostet pro Kopf immer 1,50 €, egal wie weit man fährt. Wir fahren mit der Linie 6 bis zur Endstation, Place de Verdun. Dort sind noch einige Marktstände aufgebaut, und wir bummeln gemütlich durch. Es gibt tausend enge Gassen, eine malerischer als die andere. Was für eine wunderschöne alte Stadt. Das Wetter ist gut und in den Cafés sitzen dichtgedrängt die Leute. Es ist Wochenende und Urlaubszeit – kein Wunder das viel los ist. Wir erreichen das Rathaus, das als schönstes Rathaus in ganz Frankreich gilt - was wir sofort auch glauben. Kaum vorstellbar, dass hier 2013 ein furchtbarer Brand gewütet hat. Aber alle Kunstschätze konnten gerettet werden – sowohl vor dem Feuer als auch dem Löschwasser. Und bereits 2016 erfolgte die Wiedereröffnung. Wir wundern uns über die vielen (teils) elegant gekleideten Leute, bis wir realisieren, dass gerade mehrere Trauungen hintereinander stattfinden. Immer wenn gejohlt wird, kommt gerade wieder ein Brautpaar aus dem Saal und steht auf dem kleinen Balkon, um sich seinen Gästen zu zeigen. Wir machen einige Photos, dann laufen wir weiter. Nun geht es zum Tour de la Chaine, dem Kettenturm. Von dort hat man einen tollen Blick über den Hafen und auch Teile der Stadt. Eigentlich wollen wir auch direkt noch auf den Tour de la Lanterne, denn die Eintrittskarten berechtigen für den Besuch beider Türme. Aber ich brauche eine Toilette, und danach ist es für heute zu spät. Doch kein Problem, die Tickets gelten morgen auch noch. Die Sache mit dem öffentlich WC dauert lang, denn nach jedem „Gast“ verriegelt sich das WC und es wird automatisch auf einer Höhe von geschätzt 70 cm komplett durchgekärchert. Das dauert seine Zeit. Und blöd nur, dass bei dem Pärchen, dass vor mir anstand (und die aus Frankreich waren), der Mann direkt nach seiner Freundin reingegangen ist, denn der wurde dann direkt mal geduscht. Obwohl es in vier Sprachen dran steht! Peter nutzt die Wartezeit auf jeden Fall, und informiert sich am Ticketschalter für die Bootstouren. Als ich dann fertig bin, gehen wir zusammen nochmal hin und kaufen Tickets für die morgige Fahrt, einmal um die Insel d’Aix, und Blick auf die Ile de Re, Ile d’Oleron und natürlich das Fort Boyard. Die Tour wird zwei Stunden dauern und beginnt um 11.45 Uhr. Das heisst wir haben vorher noch genug Zeit, auf den Tour de la Lantern zu steigern, den wir heute nicht mehr geschafft haben. Nun gehen wir nochmal zum Hafen und nehmen dort den Fährmann, das ist eine elektro-solarbetriebene Fähre, die einmal auf die andere Hafenseite übersetzt. Der Spaß kostet auch 1,50 € - denn es zählt zu den öffentlichen Verkehrsmitteln, genau wie die Busfahrt. Leider dauert das nur wenige Minuten, bietet dabei aber tolle Photomotive vom Wasser aus. Nun sind wir im Viertel Gabut, hier gibt es ein paar Gebäude die aussehen wie in Leipzig (Graffiti, Links-Alternativ etc.), aber auch hübsche bunte und gepflegte Häuser - und ausserdem Restaurant an Restaurant. Mittlerweile ist es fast 19 Uhr, und wir stellen fest dass die Preise hier deutlich niedriger sind als wir erwartet hätten. An einem Fischrestaurant entdecken wir ein drei Gänge Menu für 21,50 €, und Peter kann nun endlich den Rochenflügel essen, den wir hier schon so oft gesehen haben. Ich entscheide mich für Dorade als Hauptgericht, als Vorspeise bekommt jeder 6 Austern und ein Glas Weißwein, als Dessert gibt es ein Stückchen Kuchen. Für den Preis bekommt man in Deutschland maximal einen Burger und ein Softeis, wir sind begeistert. Satt und zufrieden laufen wir nun weiter durch die vollen Gassen. Es riecht nach Sonne und Meer, schade dass in ein paar Tagen alles vorbei ist. Aber nach dem Urlaub ist ja bekanntermaßen vor dem Urlaub. Langsam machen wir uns auf den Rückweg, und gut 30 Minuten später sind wir wieder am Stellplatz. Dann gibt es ein langes Gespräch mit Muttern, denn (auch wenn ich das überhaupt nicht mehr im Gedächtnis habe) wir waren als Familie 1991 auch hier. Also in Saint Malo, am Mont Saint Michele, Carnac, La Rochelle und Paris. Mama hat ihre alten Aufzeichnungen rausgesucht und ich bin ein bisschen sprachlos. Ich hab da so gut wie keine Erinnerung dran. Wir haben auf jeden Fall viel zu erzählen, und dann ist es auch schon wieder halb elf. Peter leert schnell noch das WC und holt mir den Rechner, und morgen heisst es dann mal wieder: Schiff ahoi!
eowynrohan am 25. Mai 2025