Freitag, 4. Oktober 2024
Wir werden von strahlendem Sonnenschein geweckt! Es ist zwar kalt, aber der Himmel ist blitzblau. Kurz nach unserer Ankunft vor zwei Tagen ist ein weiteres Wohnmobil hier auf den Parkplatz gekommen, ebenfalls aus Bayern. Bis dato haben wir immer nur kurz gegrüßt, aber nun halten wir doch noch ein Schwätzchen mit ihm, denn er schaut die ganze Zeit in unsere Richtung. Er fragt, wie unser Wohnmobil zu dem Namen gekommen ist, und wir lösen auf, dass unsere Jungfernfahrt über den Tatzelwurm Pass ging. Da musste er lachen, denn er wohnt dort um die Ecke. Langsam wollen wir aber los, daher wünschen wir ihm und seiner Frau noch eine gute Reise und starten. Als erstes geht es in den Osten der Stadt, dort gibt es eine Tankstelle die angeblich deutsche Gasflaschen auffüllt. Und das wäre wirklich prima, denn die erste unserer beiden Gasflaschen ist so gut wie leer, es sind vielleicht noch 200 oder 250 Gramm Gas drin. Aber der Herbst ist da und die Temperaturen gehen nachts bereits nahe an den Gefrierpunkt, daher wäre es gut, wenn beide wieder voll wären. Ja, und tatsächlich haben wir Glück, binnen fünf Minuten ist die leere Flasche aufgefüllt, für gerade mal 15,30 €. Wir sind begeistert, also frieren müssen wir diesen Urlaub sicherlich nicht. Nun geht es weiter, Peter hat als Zwischenstopp noch einen schönen Wasserfall rausgesucht. Man kann den Wasserfall von zwei Seiten anfahren, allerdings stellen wir fest, dass der von uns ausgewählte Parkplatz gerade auf Grund einer Baustelle nicht zu erreichen ist. Peter wendet und fährt noch mal knapp zwei Kilometer zurück, jetzt klappt es und wir kommen zum Parkplatz auf der gegenüberliegenden Seite. Das Wasser am Jägala donnert um die acht Meter in die Tiefe, allerdings läuft das Wasser aktuell nur auf der halben Breite, aber es sieht trotzdem toll aus. Nach einem Viertel Stündchen machen wir uns wieder auf den Weg, nun geht es in den Lahemaa Nationalpark, dort wollen wir den Majakivi - Pikanõmme Wanderweg laufen. Die Strassen sind überraschenderweise sehr gut ausgebaut, obwohl der Wanderparkplatz mitten im Wald liegt. Das hängt aber vermutlich damit zusammen, dass hier auch Linienbusse fahren. Der Parkplatz ist nicht riesig, aber es steht nur ein PKW dort, also haben wir massig Platz. Peter nimmt vorsichthalber den Rucksack mit, den bestücken wir mit Trinkflaschen und Müsliriegeln, und los geht es. Der knapp sieben Kilometer lange Lehrpfad führt in Form einer Acht durch den Wald und Sumpf, und führt an einigen beeindruckenden Findlingen vorbei. Auch hier gibt es wieder etliche Informationstafeln zur Vegetation, und der gesamte Rundweg ist grün-weiss markiert, selbst ich würde mich hier nicht verlaufen. Der Weg ist sehr unterschiedlich, wir laufen sowohl über breiten weichen Waldweg, dann verengt sich der Weg zu einem Trampelpfad, und immer wieder gibt es auch lange beplankte Stege. Das ist jedoch tückisch, denn mittendrin sind manchmal Bretter verrottet, man sollte seine Schritte mit Bedacht wählen, sonst landet man schneller im Moor als gedacht. Nun geht es weiter durch den Wald aus Fichten, Kiefern und Birken und wir kommen zum drittgrößten Findling Estlands, dem Majakivi. Mittels einer Leiter kann man den sieben Meter hohen Felsen besteigen, was wir natürlich auch umgehend tun. Mit seinem Umfang von mehr als 40 Metern ist der einfach gigantisch, wir sind gespannt, wie wohl der größte Findling Estlands erst aussieht. Ungefähr auf halber Strecke des Rundweges erreichen wir auf einer Sanddüne den Aussichtsturm Pikanõmme mit gut dreißig Metern Höhe. Zuerst geht es aber 62 Stufen bis zum Beginn des Turms, dann noch einmal 90 Stufen bis auf die oberste Aussichtsplattform. Ach ja, wenn wir für jede Stufe, die wir diesen Urlaub gelaufen sind, einen Euro bekämen, wäre der Urlaub längst bezahlt, und die beiden nächsten vermutlich auch. Aber schnell sind wir oben, und der Blick über die Bäume bis zur Ostsee ist bei dem Sonnenschein unglaublich. Weiter geht es über Stock und Stein und es wird spannend. Es gab die letzten Wochen starken Windbruch, und immer wieder ist der Weg durch umgestürzte Bäume blockiert. Meist klettern wir einfach flink drüber, aber einmal kommen wir an eine Stelle, da müssen wir großräumig umklettern und stehen dann irgendwann etwas verloren im dichten Gebüsch. Echtes Abenteuer – doch Peter führt uns dann doch wieder zurück auf den richtigen Pfad – zum Glück! Dann sind wir auch bald zurück am Womo. Als erstes koche ich einen Espresso in unserer kleinen neuen Bialetti Espressomaschine, die Mama uns noch extra für unsere Reise gekauft hat, dazu gibt es ein Stück von dem Marmorkäsekuchen aus dem Supermarkt. Gut gestärkt überlegen wir, wie es nun weiter geht. Peter hat noch eine tolle Wanderung hier in der Nähe herausgesucht, aber dafür ist es heute zu spät. Also fahren wir spontan den Campingplatz Lahemaa an. Das Tor ist zu, aber wir rufen einfach mal an. Und tatsächlich, wir sollen reinfahren, das Tor ist nur zugeschoben und nicht versperrt. Der Besitzer kommt später oder morgen zum Kassieren vorbei. Der Platz ist der Wahnsinn, direkt am Strand in einem lichten Wald, und dazu ein hübsches modernes Sanitärgebäude, und mal wieder ganz allein für uns. Wir laufen eine Runde am Strand entlang, dann gehen wir erst einmal duschen. Es gibt auch eine große Küche, also wird heute extern gekocht. Es gibt Bratkartoffeln und dazu Nacken Steaks, die wir vorhin noch im COOP gekauft haben. Während ich in der Küche bereits erste Vorbereitungen mache, kommt der Besitzer angefahren. Obwohl der Besitzer meint, dass wir erst morgen zahlen sollen, erledigt Peter das direkt, dann können wir morgen früh starten, wann immer wir wollen. Ich unterbreche das Zwiebelschneiden, denn wir wollen an den Strand und den Sonnenuntergang geniessen. Die Sonne versinkt leuchtend orange in der Bucht, wie gemalt. Ich husche mich wieder in die Küche, wir sind hungrig. Nach dem Abwasch klönen wir noch eine Weile mit Muttern, und dann machen wir es uns im Womo gemütlich. Während ich tipper plant Peter wieder die nächsten Tage. Bericht folgt.



Donnerstag, 3. Oktober 2024
Die Nacht ist etwas unruhig, immer wieder fahren Autos auf den Parkplatz oder direkt dran vorbei, wir stehen nun einmal in der Stadt. Und man lauscht doch immer mit einem Ohr, ob sich jemand dem Womo nähert, obwohl wir uns hier im Baltikum grundsätzlich sehr sicher fühlen. Der Morgen weckt uns kalt und grau, dabei sollte eigentlich bis zum frühen Nachmittag die meiste Zeit die Sonne durchblitzen, was sie aber gerade nicht tut. Doch das hält uns nicht davon ab, die Stadt zu erkunden. Als erstes fangen wir mit der Linnahalle an, die direkt neben dem Parkplatz ist. Dieser gigantische hässliche und marode Betonklotz würde auch in die NS Zeit passen, ist aber tatsächlich erst 1980 zu den Olympischen Spielen in Moskau gebaut worden, da ein Teil der Wettkämpfe in Tallinnn stattfanden. Der gesamte Innenbereich ist gesperrt, hier waren eine großer Eishalle und ein Konzertsaal, und auch im Aussenbereich sind viele Treppen und Flächen durch Bauzäune abgeriegelt. Vom Dach aus hat man einen tollen Blick über die Ostsee, aber mehr gutes kann man über den Schandfleck eigentlich nicht sagen. Nun geht es Richtung Altstadt, als erstes wollen wir zur Olaikirche, und zwar auf den Turm. Eigentlich gibt es keinen Seniorenrabatt, aber scheinbar schaut mein Mann so niedlich, dass die Dame an der Kasse ihm ein Schülerticket ausstellt. Die Plattform ist in 60 Metern Höhe, dazu müssen wir auf einer sehr schmalen steinernen Wendeltreppen 232 Stufen hochsteigen. Die Treppe ist wirklich eng, und jede Stufe hat eine andere Höhe, ausserdem sind die Stufen ausgetreten und sehr glatt. Das Ganze dann natürlich auch mit Gegenverkehr, da muss man sich dann wirklich aneinander vorbeikuscheln, und viel zum Festhalten gibt es auch nicht. Nichts für schwache Nerven, und ausserdem anstrengend. Dafür lohnt der Blick von oben. Wobei es eigentlich keine Aussichtsplattform ist, sondern die haben einfach oben auf dem Rand vom Dach ein paar schmale Gitteroste angebracht und ein paar Seile gespannt. Auch hier wird es eng, wenn man aneinander vorbei will. Aber wie gesagt, der Blick auf die Stadt ist toll, und wir laufen einmal drum rum und machen mal wieder viele Photos. Zurück nach unten geht es dann deutlich schneller, zumal wir auch fast keinen „Gegenverkehr“ haben. Wieder auf dem Boden angekommen, geht es nun weiter zu den Markthallen. Auch hier gibt es draussen wieder viele Stände mit Obst und Gemüse, die Preise sind aber sehr hoch, obwohl angeblich ja viele Einheimische hier einkaufen. Ich frag mich immer, wie die das machen? Das Durchschnittseinkomme in Estland ist laut Statistika ungefähr halb so hoch wie in Deutschland, aber viele Lebensmittel sind teurer als bei uns, nur Brot, Mehl, Milch etc. sind günstiger. Übrigens stehen auch hier wieder einige ältere Frauen, die vor dem Markt ihre gerade geernteten Moosbeeren und Blaubeeren verkaufen oder auch selbst gestrickte Socken, um sich etwas dazu zu verdienen. Und einige Male kommen uns auch ältere Menschen entgegen, die Flaschen aus Mülltonnen angeln, Altersarmut ist hier vermutlich auch ein Thema. Da merken wir wieder, wie gut es uns geht und sind echt dankbar dafür, dass wir uns eine solche Reise leisten können. Wir bummeln einmal über den Markt, dann machen wir uns auf den Weg zum Domberg. Und wieder heisst es Treppen steigen, von der Unterstadt auf die Patkulsche Aussichtsplattform sind es 157 Stufen. Die Aussicht ist toll, aber von der nächsten Plattform, die nur einige Strassen weiter ist, ist der Blick auf Tallinnn noch eindrucksvoller. Wir geniessen unseren ersten Glühwein der Saison, heiss und lecker wird er hier an kleinen Ständen mit den Schild „Glögg“ verkauft. Auf dem Weg zu der letzten Aussichtsplattform kommen wir am Dom vorbei, der jedoch recht unspektakulär aussieht, und das liegt nicht daran, dass er teilweise eingerüstet ist. Aber die nächste Kirche ist dafür um so sehenswerter, die Alexander-Newski-Kathedrale. Was für ein prachtvoller Bau mit diesen tollen Zwiebeltürmen. Auch von drinnen ist sie prunkvoll gestaltet, da wir keine Photos machen dürfen, kaufen wir eine Ansichtskarte. Nun setzen wir uns erst einmal kurz in den Park damit die Füsse mal Pause haben, und überlegen wo wir als nächstes hinlaufen. Als erstes natürlich zum Pikk Hermann, einem Turm der Teil des Tallinnnner Schlosses ist, vor dem wir gerade sitzen, und das Sitz des Parlaments ist. Als nächstes würde Peter gerne mal schauen, was das Kiek in de Kök Museum ist, da soll es einen unterirdischen Tunnel geben. Kiek in de Kök entpuppt sich dann als Festungsmuseum, das in vier Türmen an der Stadtmauer untergebracht ist, weiterhin gehört ein Gang durch einen Teil der Bastionstunnel dazu, die vermutlich ab 1670 erbaut wurden. Aber als erstes geht es für uns in die Türme, dort sind verschiedene Ausstellungen zum Leben in Tallinnn und auf dem Domberg in den letzten Jahrhunderten. In jedem Turm sind über mehrere Etagen verschiedene Ausstellungen, und von Turm zu Turm geht es über Gänge hoch oben in der Stadtmauer. Wir bekommen immer wieder einen schönen Blick auf den Domberg und die Stadt, vom letzten Turm aus müssen wir dann wieder nach vorne zum ersten Turm laufen. Dort erkunden wir nun auch noch alle Etagen, und von ganz oben haben wir noch einmal einen tollen Blick auf die Kathedrale. Nun geht es für uns in den Untergrund. Die Tunnel sind düster, die Beleuchtung ist auf das notwendigste beschränkt. Direkt zu Beginn stehen Warntafeln, dass es in den Tunneln keinen Handyempfang gibt (ist ja auch logisch), dass die Stufen nass und glitschig und auch die Decken teils sehr niedrig sind – es sind halt Tunnel… Die „Austellung“ ist gut gemacht, es wird gezeigt wie unterschiedlich die Tunnel, die sich im Durchschnitt zehn Meter unter der Erde befinden, über die Jahrhunderte genutzt wurden. Im Mittelalter als Unterschlupf für Soldaten, Munitionslager und Kerker, während der Weltkriege als Schutzbunker und Vorratslager für die Bevölkerung. Die Tunnel enden in einer Ausstellung von mittelalterlichen Steinmetzarbeiten, und am Platz der Freiheit kommen wir zurück ans Tageslicht. Nun laufen wir weiter zum Rotermann Quartier, dass uns gestern empfohlen wurde. Aber das entspricht dann gar nicht unseren Erwartungen, denn eigentlich gibt es hier nur Kneipen, Cafés und ein paar Galerien und seltsame Skulpturen. Wir laufen nun zurück und gelangen durch das Lehmtor zurück in die Altstadt und zum Rathausplatz, dort wollen wir uns die älteste noch existierende Apotheke der Welt anschauen. Die Apotheke existiert dort bereits seit mehr als 600 Jahren! Bevor wir uns ein Restaurant für das Abendessen suchen, gehen wir noch an den Speicherhäusern vorbei die den Namen „Drei Schwestern“ tragen. Naja, wir machen brav ein Photo, aber da gibt es hier deutlich schönere Speicherhäuser. Nun geht es zu dem kleinen japanischen Restaurant, dass wir gestern bereits gesehen haben. Ich möchte endlich mal Ramen probieren, und das steht auf der Speisekarte, die draussen aushängt. Und Peter hat Lust auf gebratene Nudeln, also kommt er hier auch auf seine Kosten. Das Restaurant ist ganz muckelig gemacht, auch wenn sich die Bedienung (vermutlich gleichzeitig auch der Chef?) nicht gerade überarbeitet. Das Essen dauert ewig, aber dafür ist es wirklich unglaublich lecker! Satt und müde machen wir uns nun auf die letzten 1,5 Kilometer. Und zumindest ich bin froh, als ich im Womo die Schuhe ausziehen kann, ich bin pflastermüde, für heute reicht es. Ich koche noch einen Espresso, und dann geht es ab an die Tastatur, heute gibt es ja einiges zu berichten. Peter plant bereits wieder unsere Weiterfahrt morgen, wir wollen als nächstes zum Lahemaaa Nationalpark.



Mittwoch, 2. Oktober 2024
Es schüttet die ganze Nacht, und hört auch am morgen nicht auf. Nach dem Frühstück startet der übliche Abfahrtsprozess mit Reinigung der WC Kassette, Wasser auffüllen, Trinkflaschen und Kaffeebecher füllen, alles sicher verstauen etc. Wir sind gut eingespielt und jeder hat seinen Aufgabenbereich. Wir rollen vom Platz und fahren die knapp zwei Kilometer zum Parkplatz der Burg. Wie gut, dass wir bereits vorgestern bei schönem Wetter den Außenbereich der Burg besichtigt haben. Nun geht es ins Museum der Bischofsburg, und der Eintritt ist diesmal recht happig. Aber wenn wir schon mal da sind, schauen wir uns das auch an. Wir stellen fest, dass die Burg eigentlich mehrmals komplett zerstört wurde und Original so gut wie nichts erhalten ist, allerdings wurde sie immer wieder aufgebaut. Seit 1946 diente sie unter der Sowjetischen Besatzung als Kornspeicher, die letzte Restaurierung begann dann 1979. Die Neuweihung erfolgte 1990, nachdem Estland seine Unabhängigkeit wieder erlangt hat. Alles in allem hat die Bischofsburg also eine lebhafte Vergangenheit, und wieder wird alles im Audioguide ausführlich und verständlich erklärt. Allerdings sind die Innenräume der Burg alle nur mit Infotafeln bestückt, es gibt keinerlei Mobiliar. Trotzdem war der Besuch informativ und hat gelohnt. Zum Schluss steigen wir noch auf die Besucherplattform, aber Sturm und Regen treiben uns bald wieder rein. An der Kasse frage ich freundlich nach, ob sie mir wohl 50 Cent (deutsch) gegen 50 Cent (estnisch) wechseln können, um den nächsten Kurssatz für Mama fertig zu bekommen. Und tatsächlich, auch hier wird wieder jede Kasse durchsucht, bis ein passendes Geldstück gefunden wird. Die Menschen hier sind wirklich alle sehr nett!! Nun geht es zurück zum Wohnmobil, denn heute soll es ja noch bis Tallin gehen. Allerdings hat Peter den Weg natürlich erneut mit Zwischenaufenthalten gespickt. Der erste ist ein Vogelbeobachtungspunkt und Leuchtfeuer in Põõsaspea. Der letzte Kilometer ist schlammig, wir sinken immer wieder ein und Peter muss auf dem Gas bleiben damit wir nicht stecken bleiben. Am Ende der Strasse ist aber wieder Schotter, so dass wir gut parken können. Ausser uns sind bereits einige Vogelkundler dort, die mit riesigen Spektiven und Ferngläsern nach Vögeln ausschauhalten. Wir machen einige Photos, dann überlassen wir die Vogelkundler wieder ihren Beobachtungen und fahren weiter. Google bietet uns nun zwei Routen an, und leider was man hier nie was einen erwartet. Die Straßen können richtig gut oder richtig katastrophal sein, die Straßenkarten und die Bezeichnung der Strassen lässt da leider nicht viele Rückschlüsse zu. Tja, und diese hier entwickelt sich eher wieder „spannend“, vor allem auch durch den starken Regen. Aber wie immer schaukelt uns Peter sicher durch und nach einer halben Stunden haben wir dann auch wieder Asphalt unter den (dreckigen) Rädern. Und der Rest von Tatzel ist auch bis auf eine Höhe von einem knappen Meter mit Mergel und Schlamm bespritzt, naja, der Regen wird es schon abwaschen. Wir fahren nun weiter zum Keila-Wasserfall, und auch hier trotzen wir Regen und Sturm und laufen eine Runde durch die Parkanlage. Am Aussichtspunkt haben wir aber nicht nur einen tollen Blick auf den sechs Meter hohen Wasserfall, sondern auch auf ein neugotisches Gutshaus, das eher wie ein kleines Schlößchen aussieht. Direkt am Wasserfall befindet sich das renovierte Wasserkraftwerk von Keila, das aber leider nicht zu besichtigen ist. Zurück am Womo müssen wir erst einmal Heizung und Klimaanlage groß stellen, wir sind nass und haben ordentlich Wasser reingeschleppt. Jetzt haben wir noch eine gute dreiviertel Stunde Fahrt bis nach Tallin, dort wollen wir die kommenden zwei Nächte auf einem Parkplatz direkt neben der Linnahall verbringen. Wir zahlen dort für 24 Stunden parken nur sechs Euro, für Tallinn ist das echt günstig. Es gibt zwar keinerlei Service hier, aber wir haben ja alles dabei. Mittlerweile ist es 17 Uhr, und es schüttet immer noch. Aber trotzdem laufen wir los, um schon mal einen ersten Blick auf die Stadt zu erhaschen. Bis zum Rathausplatz sind es nur knappe 1,5 Kilometer, ruckzuck sind wir da. Wir bummeln ein bisschen die Gassen rauf und runter, dann suchen wir uns ein Restaurant zum Abendessen. Wir finden ein etwas kleineres Lokal am Rathausplatz, das halbwegs akzeptable Preise hat. Und wir wählen gut, denn Essen und Service sind prima, ausserdem haben wir ein nettes junges Mädchen aus den USA am Nachbartisch. Eh wir uns versehen sitzen wir drei zusammen und quatschen, und dann bekommen wir zusammen von der Bedienung – die gerade nicht viel zu tun hat – noch Sightseeing Tips für den kommenden Tag aufgeschrieben. Satt und aufgewärmt laufen wir im immer noch strömenden Regen zurück zum Womo. Heizung an und ab an die Tastatur, so endet dieser Abend. Mal schauen was der morgige Tag so bringt.



Wie geplant schlafen wir aus und beginnen den Tag geruhsam. Nach einem späten Frühstück lesen wir gemütlich eine Runde, bevor wir den weiteren Tag planen. Da wir diesmal ja sehr lange unterwegs sind, reicht uns der Platz für unsere Kleidung im Wohnmobil einfach nicht aus, daher haben wir jeder ein Koffer mit. Und nun wird es Zeit, die Sommersachen wegzupacken und die dicken Pullover rauszuholen. Also nutzen wir die Sonne und Peter beginnt, einmal komplett die Garage von Tatzel auszuräumen, denn unsere Koffer stehen genau mittig zwischen den großen grauen Schäferkisten. In denen haben wir die Dinge, die wir häufiger brauchen, also Wanderschuhe, Rucksäcke, Getränke und Lebensmittelvorräte. Ausserdem haben wir noch Kisten mit Werkzeug und andere Vorräte, also Toilettenpapier, Spülmittel, Ersatzhandtücher und so weiter. Man braucht schon einiges, wenn man zwei Monate oder länger unterwegs ist. Nach einer guten Stunde (oder auch etwas mehr) sind beide Koffer umgepackt und verstaut, die T-Shirts und meine Strandkleider sind weggeräumt und in den Fächern liegen jetzt stattdessen dicke Socken und Kuschelpullis. Der Herbst kann kommen! Auch wenn heute alle Museen und die Burg geschlossen sind, wollen wir nochmal in die Stadt laufen, es gibt dort einen alten Zarenbahnhof, den wollen wir uns anschauen. Vor dem Bahnhof stehen eine Menge alter Loks und Waggons, leider größtenteils schon zerfallen und weggerostet, aber trotzdem interessant zum Anschauen. Und der Zarenbahnhof ist eine Pracht – bzw. könnte mit wenig Aufwand prachtvoll sein. Denn eigentlich ist alles gut in Schuss, ein bisschen schleifen und streichen würde Wunder wirken. Wir laufen gemütlich zurück, und kommen kurz vor dem Campingplatz noch einem alten Wasserturm vorbei, der verloren in einer Wiese steht. Fast fühlt man sich wie in der Serie „Lost Places“, es gibt hier im Baltikum so viele verlassene und zerfallene Gebäude, die mal sehr luxuriös und edel waren. Zurück am Wohnmobil nutzen wir den Rest des Tages, um den weiteren Verlauf unserer Reise zu planen und eine grobe Route festzulegen. Denn nach Tallin geht es langsam aber sicher wieder Richtung Heimat. Wir schätzen, dass wir ungefähr in drei Wochen wieder zurück sind. Spätestens am 03.11. sollten wir daheim sein, mal schaun wie sich die Reise noch entwickelt. Heute Abend passiert nichts mehr, von daher gut’s Nächtle.