Donnerstag, 10. Oktober 2024
Die Nacht ist stürmisch, und wir werden mit Regen geweckt. Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg, zuerst geht es einmal entlang am Alūksne-See. Wir befinden uns auf einer Nebenstraße, das heisst also auf einer Sandpiste. Der Regen hat den Boden glatt wie Schmierseife gemacht, hoffentlich kommen nicht wieder solche Steigungen wie gestern. Die Traktion ist gerade unterirdisch, einen 12% Berg kommen wir heute sicherlich nicht so weiteres rauf. Aber wir haben Glück, nach einigen Kilometern haben wir wieder Asphalt unter den Rädern. Wir fahren immer gen Süden, die Fahrt ist unspektakulär. Unterwegs halten wir einmal kurz an einem Supermarkt, und kaufen wieder ein Kilo Weintrauben, die kann man so schön während der Fahrt naschen. Dann geht es weiter bis Daugavpils. Wir sind gegen 14 Uhr da und fahren direkt zu dem kleinen Parkplatz, den wir uns als Nachtquartier ausgesucht haben. Hier gibt es nämlich Frischwasser, das ist im Baltikum nicht so oft verfügbar wie man denkt. Zum Teil haben nicht einmal die Campingplätze Frischwasser, sondern man muss Wasser in Kanistern kaufen. Aber wie gesagt, hier gibt es gutes Frischwasser, und wir füllen erst einmal auf. Dann machen wir uns auf den Weg zur Festung, denn darum machen wir hier überhaupt einen Stop. Direkt hier am Parkplatz beginnt ein toller Plankenweg, dazu gibt es einige Vogelbeobachtungsplattformen. Auch für die Kinder und Jugend ist hier einiges geboten, es gibt einen tollen Spielplatz gegenüber des Parkplatzes, dann kommen zwei Rad / Scooter / Skatebord Bahnen mit jeder Menge Action wie Wippen, Schrägbahnen und so weiter. Wir laufen los und nun kommt auch die Sonne raus. Nach knapp zwei Kilometern erreichen wir erste Teile der Festungsanlage, nach einem weiteren Kilometer erreichen wir eines der Zugangstore. Die Festung Daugavpils – oder wie sie früher hiess: Dünaburg – ist eine der ganz wenigen Festungen der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts im Originalzustand und die letzte Bastionsartige Festung in der Welt. Die Vielzahl der Strassen und Gebäude erstreckt sich über eine Fläche von 150 ha, das sind also 1,5 Quadratkilometer. Wir laufen nun kreuz und quer innerhalb der Mauern lang, dann werfen wir einen kurzen Blick in das Besucherzentrum. Dort bekommen wir einen Plan und ein paar Infos zur Anlage. Dann dürfen wir im Gebäude noch die alte Holzstiege raufklettern und einen Blick auf den Wassertank werfen, wobei wir bis jetzt nicht wissen, warum da auf dem Dachboden ein riesiger Tank steht. Das müssen wir noch mal nachlesen. Nun geht es wieder raus in die Sonne, und wir klettern auf den Wall, und laufen nun oben auf den Bastionen rum. Nun zieht sich langsam der Himmel zu und es sieht aus, als würde es gleich fürchterlich schütten. Wir machen uns auf den Rückweg zum Womo, bleiben aber zum Glück trocken. Wir überlegen, ob wir nun noch in die Stadt laufen, aber wir haben keine Lust. Im Womo machen wir es uns gemütlich und Peter macht Wasser warm, denn wir wollen duschen. Das Gute ist ja, dass wir hier dann auch wieder auffüllen können. Gesagt – getan – und eine gute Stunde später sind wir beide duftig frisch geduscht und einmal frisch eingekleidet. Heizung brauchen wir aktuell nicht, draussen sind noch 16 °C, und drinnen an die 20° C. Peter geht direkt los, und füllt nach dem Duschen den Wassertank nochmal auf. Unglaublich, wir hatten beide das Gefühl, richtig ausgiebig geduscht zu haben, aber wir haben zusammen keine zehn Liter verbraucht. Morgen geht es weiter nach Vilnius, und dann geht es langsam, aber sicher nach Hause. Der Urlaub war / ist wirklich toll, wir sind unglaublich begeistert vom Baltikum. Doch nun reicht es langsam, und wir freuen uns beide auf daheim - aber erst kommt noch Vilnius. Bis jetzt haben uns alle Städte hier sehr gut gefallen, wir sind neugierig, ob Vilnius uns genauso begeistert. Bericht folgt.



Mittwoch, 9. Oktober 2024
Wir haben eine sehr ruhige Nacht auf dem Waldparkplatz in Kiidjärve. Nach dem Frühstück fahren wir wenige Minuten bis zu dem Wanderparkplatz, an dem der Taevaskodade matkarada beginnt, also der Rundwanderweg von Taevaskoja. Der Parkplatz ist groß, es gibt eine ganze Reihe Trockentoiletten. Im Sommer scheint es hier auch einen kleinen Shop und Souvenirs zu geben, nun sind die Buden aber bereits geschlossen. Ausserdem fährt ab hier eine kleine Touristenbahn. Der Wanderweg läuft an den Mäandern des Flußes Ahja entlang. Auf der gegenüberliegenden Seite haben wir einen tollen Blick auf malerische Felsvorsprünge und kleine Höhlen im hellen Sandstein. Am Weg gibt es immer wieder Infotafeln zu verschiedensten Volksmärchen, die mit diesem Gebiet in Verbindungen gebracht werden. Der Weg führt durch einen wunderschönen Mischwald und ist mit viel Liebe und Aufwand hergerichtet, aber es gibt auch wieder ungezählte Treppen. Auch wenn der Weg theoretisch am Fluß entlangläuft, geht es doch immer wieder rauf und runter. Wir laufen bis zur dritten Brücke, und gehen nun auf der anderen Seite des Flusses zurück. Immer wieder ist der Weg durch umgefallene Bäume blockiert, oft kann man einfach drunter oder drüber klettern, aber ab und zu müssen wir auch wieder kurz querfeldein laufen. Dann machen wir erst einmal auf einer Bank eine Pause und knabbern unserer Müsliriegel. Das Wetter ist gut, kalt aber trocken. Die ganze Zeit rieseln goldene Blätter auf uns herab, aber natürlich auch jede Menge Kiefernnadeln und ab und zu auch Eicheln. Unterwegs kommen wir auch wieder an Quellen vorbei, das Wasser ist kalt und klar, aber wieder sehr eisenhaltig. Nach gut drei Stunden sind wir zurück, das war wirklich eine schöne Tour. Nun geht es weiter zu Sandsteinhöhlen, die keinen natürlichen Ursprung haben, sondern wo Sand für die Glasfertigung abgebaut wurde. Es gibt auch ein Museum – aber das hat natürlich zu. Wir laufen ein bisschen über das Gelände und erkunden ein paar Höhlen, bevor wir uns auf den Weg zur Bischofsburg in Vastseliina machen. Auch dort ist das Museum geschlossen, aber die Ruinen können auch so besichtigt werden. Wir laufen ein bisschen herum und klettern auf den Wachturm. Dann geht es weiter, nun wollen wir zum Suur Munamägi, zu deutsch Großer Eierberg. Das ist mit 318 Metern der höchste Berg des Baltikums, und er besteht aus kristallinem Gestein. Daher gibt es viele kleine Teiche und Seen in unmittelbarer Umgebung, da kein Wasser im Gestein versickern kann. Es gibt einen Aussichtsturm, und der sollte jetzt auch geöffnet sein. Wir parken auf dem zugehörigen Besucherparkplatz, dann haben wir noch 500 Meter Fussweg. Nach 200 Metern kommt eine Infotafeln, auf der man nochmal die Öffnungszeiten prüfen kann, denn die letzten 300 Metern gehen 60 Meter steil bergauf! Das wäre ärgerlich, wenn man das vergeblich läuft. Aber der Turm ist geöffnet, wir zahlen an der Kasse den Eintritt und dann bringt uns ein Aufzug zügig in den 9. Stock, die letzte Etage müssen wir über eine ziemlich verrottete und marode enge Wendeltreppe hochsteigen. Der Turm wurde 2005 restauriert und mit einem neuen Aufzug versehen, scheinbar hat das Geld nicht mehr für eine Sanierung der Treppe gereicht. Der Blick aus knapp 30 Metern Höhe (und wir stehen ja auch auf dem höchsten Berg hier weit und breit) ist toll und soll an die 50 Kilometer Luftlinie betragen. Wir können bis Lettland bzw. Russland schauen, da der Turm nicht weit von den Grenzen liegt. Es ist bitterkalt und stürmisch, lange bleiben wir nicht oben, dann zieht es uns wieder rein. Wir kaufen an der Kasse noch für zusammen 60 Cent zwei Ansichtskarten für unsere Sammlung, dann geht es zurück zum Womo. Weiter geht es gen Süden und über die Grenze nach Lettland. Dort kommen wir an dem üblichen quadratischen Grenzschild mit den 15 goldenen Sternen und dem Landesnamen vorbei. Die Schilder von Litauen und Lettland habe ich bereits photographiert, aber als wir nach Estland gefahren sind, stand kein Schild an der Grenze. Nun suchen wir hier, und Peter wendet extra nochmal. Komisch, eigentlich müsste das hier stehen, aber manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das Schild von Estland ist nämlich rechteckig und wir stehen direkt davor. Also schnell noch ein Photo, und weiter geht es. Jetzt wollen wir nach Marienburg bzw. Alūksne. Kurz vorher kommen wir an einem See und einem schönen großen Parkplatz vorbei. Wir überlegen ein paar Minuten, dann wendet Peter und fährt zurück, das wird unser Übernachtungsplatz. Draussen stürmt es und beginnt zu regnen, wir machen es uns gemütlich, Peter startet die Heizung und kramt dann wie jeden Abend die Karten und Pläne raus. Wir sind uns unschlüssig, was wir die nächsten Tage machen. Wir wären gerne für zwei Nächte auf einen schönen Campingplatz gegangen, um mal etwas zu faulenzen und zu duschen, aber fast alle Plätzen haben mittlerweile geschlossen. Mal schauen was wir nun machen, unser nächstes Ziel wird wohl Daugavpils sein.



Dienstag, 8. Oktober 2024
Wir kommen spät uns Bett und schlafen schlecht, vor allem ich, keine Ahnung warum. Aber auch diese Nacht findet ein Ende, und Peters Geburtstag beginnt grau in grau. Eigentlich soll es trockenbleiben, aber noch während wir am Frühstücken sind, öffnet der Himmel seine Schleusen. Wir haben keine Eile, also machen wir es uns erst noch ein bisschen in Tatzel gemütlich. Gegen halb 11 hört der Regen auf und ich gehe erst einmal raus, und sammel eine Tüte voll Kastanien für meine Herbstdeko. Dann machen wir uns auf den Weg, wir starten am Markt, der direkt neben dem Parkplatz ist. Der Markt ist überschaubar, die meisten Stände sind nicht besetzt. Meist gibt es Obst, selbst gesammelte Beeren und zig verschiedene Sorten Kartoffeln, dazu natürlich auch einiges an heimischen Gemüse. Die Preise sind sehr unterschiedlich, 7 € für ein Kilo frischer Pfifferlinge ist sensationell günstig, 2,50 € für ein Kilo Tomaten ist nicht gerade ein Schnäppchen. Einige Stände haben auch Kleidung und Schuhe, ausserdem gibt es einen Schuppen, der mich sehr an den Laden „Urban“ von früher erinnert. Da bekommt man Töpfe und Schnürsenkel, Hausschuhe und Feuerzeugbenzin, Haarbürsten und Waschbeckenstöpsel, also alle möglichen Kleinkram des täglichen Bedarfs. Wir bummeln einmal durch, und Peter kauft sich einen guten und stabilen Hosenträger für seine Regenhose. Wir hatten ja bereits einen in Schottland gekauft, aber das war eher ein Souvenir und eine Notlösung, nichts Robustes für den häufigen Bedarf. Nun gehen wir weiter, wir wollen jetzt zum botanischen Garten der Universität. Der botanische Garten ist nett, vor allem merkt man, dass er zur Uni gehört, den wirklich jede Pflanze ist beschriftet, egal wie klein. Aber er ist (unabhängig von der Jahreszeit) keinesfalls mit den botanischen Gärten zu vergleichen, die wir in Schottland besucht haben. Der Besuch des Aussengeländes ist gratis, das Palmenhaus kostet pro Kopf 6 €, das sparen wir uns. Nun geht es weiter zum Domberg – das heisst es geht mal wieder bergauf – und zwar steil über Kopfsteinpflaster. Der Dom selbst ist eine Ruine, im vorderen renovierten Teil ist das Geschichtsmuseum der Universität. Es gibt noch zwei Türme, auf denen sich Aussichtsplattformen befinden, die sind aber ab September für Besucher geschlossen. Wir machen einige Photos, dann geht es weiter zu den beiden Brücken mit den Namen Engels- und Teufelsbrücke. Als erstes laufen wir zur Engelsbrücke, die ihrem Name alle Ehre macht, in hellen Farben gestrichen und reicht verziert ist. Der Ursprung des Namens Engelsbrücke ist unklar, der Name ist wahrscheinlich von „englische Brücke" abgeleitet, da der Park auf dem Domberg im englischen Stil angelegt ist. Aber da streiten sich die Gelehrten. Die geschwungene Teufelsbrücke aus grauem Beton befindet sich nur wenige Meter weiter, der Name stammt vermutlich vom Namen des Bauleiters ab, der Manteuffel hiess. Vom Domberg aus laufen wir zurück in die Stadt, und treffen nun bereits zum dritten Mal das Ehepaar aus Bayern. Wir schwätzen kurz, dann suchen wir uns ein kleines Restaurant zum Essen. Wir entscheiden uns spontan, den geplanten Museumsbesuch im AHHAA Museum morgen zu streichen, und stattdessen unsere Reise bereits fortzusetzen. Gut gestärkt geht es zurück zum Womo und dann machen wir uns auf den Weg Richtung Põlva. Kurz vorher im Gebiet Taevaskoja wollen wir morgen wandern. Da wir am eigentlichen Wanderparkplatz nicht über Nacht stehen dürfen, fahren wir bereits fünf Kilometer vorher einen Waldparkplatz an, dort ist Übernachtungsparken erlaubt. Es handelt sich wieder um einen Platz des RMK, es gibt ein Plumpsklo, einen Grillplatz sowie Tische und Bänke. Der Platz ist wirklich schön, und wir richten uns gemütlich ein. Als erstes koche ich uns Espresso, dazu essen wir den restlichen Bananenkuchen. Dann geht es wieder an die Planung. Morgen früh wollen wir zum dem erwähnten Wanderparkplatz, die geplante Runde ist knapp acht Kilometer lang. Weitere Stopps sind die Sandsteinhöhlen von Piusa, die Bischofsburg in Vastseliina (leider im Oktober geschlossen) und einen Ausflug auf den Aussichtsturm auf dem Suur Munamägi, dem höchsten Berg des Baltikums. Peter hat also viel geplant für morgen, mal schaun wie weit wir kommen. Unser Tagesziel liegt vermutlich bereits in Lettland, wir werden berichten. Zu gestern noch ein Nachtrag: Wir machen ja alles (Photos, Navigation etc.) nur noch mit unseren Handys, leider löst sich bei meinem die Schutzfolie auf dem Display. Ich kann die Blasen gar nicht so oft rausstreichen, wie die Folie neue Blasen wirft. Eine passende Schutzfolie gibt es nicht mehr zu kaufen, das Handy ist einfach zu alt. Trotzdem schauen wir in einem Handyshop im Einkaufszentrum gestern nochmal, und die Verkäuferin spricht uns in perfektem englisch an, ob wir Hilfe brauchen. Sie schaut nach und tatsächlich, eine Folie für das Modell gibt es nicht mehr. Aber sie hat ein Gerät, mit dem sie Folien universell zuschneiden kann. Der Preis ist ok, ausserdem haben wir eh keine Wahl, denn so ist es nur noch nervig. Sie legt flugs mein Handy in den Scanner, und dazu eine Folie ein, nur Sekunden später hat sie eine passgenaue Folie. Dann zieht sie die alte Folie an meinem Handy ab, reinigt das Glas der Frontscheibe und entfernt alle Staubpartikeln. Mit einem Föhn und einem Spachtel bringt sie sehr akkurat einen neue Folie auf. Das Ganze hat nur wenige Minuten gedauert, und glücklich ziehen wir von dannen. Gut dass sie uns angesprochen hat - sie hat etwas Geld verdient und ich hab wieder ein Display auf dem ich was sehen kann.