Obwohl wir früh ins Bett gegangen sind, kommen wir nicht so richtig gut in den Tag. Wir sind die letzten Tage doch einiges gelaufen, dazu kommt der kalte Wind – uns tun einfach ganz schön die Knochen weh. Aber wir wollen ja noch etwas sehn, also krabbeln wir dann doch irgendwann aus dem Bett. Vorm Frühstück gehe ich noch schnell zum Wäschewaschen. Eine meiner Treckinghosen hat einen dicken Fettfleck, mal schaun ob ich den rausbekomme. Direkt neben dem Waschhaus sind Wäscheleinen, 6 Wäscheklammern sollten reichen. Dann frühstücken wir gemütlich, packen einen Rucksack und starten. Peter hängt allerdings die Hose nochmal kurz um, damit sie mehr Sonne abbekommt. Aber bis heute Abend sollte sie auf jeden Fall trocken sein. Nun laufen wir aber wirklich los, heute wollen wir die Klippen der anderen Seite des Hafenbeckens erkunden. Und damit sind wir nicht mehr in der Normandie, sondern plötzlich wieder in der Region Hauts-de-France. Der Canal d‘Èu à la Mer bildet genau die Grenze und damit den Beginn der Normandie. Aber eigentlich gehen beide Orte und dazu noch der Ort Eu nahtlos ineinander über. Das Wetter ist sehr wechselhaft und es ist frisch, fast kalt. Wir haben uns warm angezogen und auch noch mal jeder eine Jacke im Rucksack, nur für alle Fälle. Der Weg beginnt wie gestern, aber bei der ersten Möglichkeit biegen wir nach rechts ab und kommen nach einer Weile am Zollhafen vorbei. Dahinter beginnen dann wieder kleine Gassen mit hohen und sehr schmalen Häusern. Einige sind bereits dem Verfall preisgegeben, andere sind gerade frisch und oft farbenfroh restauriert. Aber so richtig bewohnt sind nicht viele der Häuser. Man merkt, dass hier die Saison noch nicht begonnen hat. In einem der Cafés trinken wir gemütlich einen Espresso, und schauen auf den Strand. Wobei Strand gibt es hier eigentlich gar nicht, sondern nur dicke Kieselsteine / Schotter. Zum drüber laufen sehr unangenehm, daher gibt es hier vermutlich auch überall beplankte Wege. Diese führen zu kleinen Häuschen, und wir vermuten zuerst, dass es sich vermutlich um Verkaufsbuden handelt, da viele auch Fenster drin haben. Aber nein, scheinbar sind das quasi „Strandkörbe“. Im Inneren stehen Stühle, Liegen und es befindet sich oft eine Umkleide darin. Ausserdem hat jede Hütte eine kleine Terrasse. Na, das ist ja mal luxuriös. Da kann unser üblicher Strandkorb an der Wohlenberger Wiek aber nicht mithalten. Wir laufen weiter und erreichen nun die steilen Treppen, die hoch auf die Klippen führen. Der Wind ist heftig und mittlerweile hab ich noch eine Jacke drüber gezogen. Wir kämpfen uns gegen den Wind bergauf und kommen an eine kleine Kirche – die aber wirklich wunderschön ist. Statt Kirchenbänken ist die gesamte Kirche bestuhlt, und die alten Glasfenster tauchen die gesamte Kirche in ein golden und rot schimmerndes Licht. Wir machen uns wieder auf den Weg, nun geht es über einen Trampelpfad weiter nach oben bis zu einem alten Bunker, der wunderschön mit einer schlafenden jungen Frau bemalt ist. Dann geht es noch weiter bergauf bis zur Statue „Notre Dame de la Falaise“. Die Statue ist von 1878 und hat eine bewegte Vergangenheit, die Infotafeln sind dreisprachig, also französisch, englisch und deutsch. Das haben wir hier bereits häufiger gesehen, und das macht es für uns natürlich einfacher. Obwohl die Übersetzungen mitunter recht lustig sind. Zum Beispiel stand am Automaten des Wohnmobilstellplatzes in Boulogne sur Mer der Hinweis in französisch und englisch, dass man nicht am Beleg ziehen soll, sondern warten bis der Automat den „ausspuckt“. Aber übersetzt auf deutsch war, dass man nicht auf den Beleg schiessen soll. Nun gut, das lassen wir dann mal unkommentiert stehen. Wir laufen noch etwas auf den Klippen lang, aber es wird frisch und dann machen wir uns langsam auf den Weg runter zum Strand. Denn ich muß mal kurz „abbiegen“, und das ist hier wirklich unproblematisch. Es gibt einige öffentliche WC (kostenfrei), in einem akzeptablen Zustand. Die meisten natürlich in der Nähe der Strandpromenade. Mittlerweile ist später Nachmittag, und wir laufen zurück zum Campingplatz. Nach einem Espresso und einer Banane planen wir die morgige Weiterfahrt nach Rouen – und stoßen auf ein Problem. Es gibt in den großen Städten kaum Möglichkeiten, mit einem Wohnmobil zu parken. 15 Kilometer ausserhalb gibt es einen Campingplatz, aber wir haben ja nur normale Fahrräder, und die Strecke ist teils steil. Da haben wir einfach keine Lust zu. In Rouen gibt es genau einen Wohnmobilstellplatz, das wäre unser Plan. Und dann gibt es genau zwei weitere Parkplätze ohne Höhenbegrenzung. Aber – im Internet gibt es einige Warnungen, dass dort immer wieder Wohnmobile aufgebrochen werden, und zwar sowohl tags als auch nachts. Und wir wissen jetzt ja von Bernhard, wie real diese Gefahr ist. Also haben wir jetzt entschieden, morgen früh erst einmal nach Rouen zu fahren. Wenn wir auf dem Wohnmobilstellplatz am Hafen einen freien Platz finden, bleiben wir. Wenn nicht fahren wir einfach woanders hin, in der Normandie gibt es auch andre schöne Orte. Aber auf einen Parkplatz zu fahren der bekannt für Aufbrüche ist, das sparen wir uns lieber. Grundsätzlich ist man davor ja nie sicher, aber man muss es ja nicht provozieren. Nachdem wir das besprochen haben, wird es Zeit fürs Abendessen. Einiges Gemüse fängt bereits an, zu sterben. Also schnibbel ich die noch verwertbaren Reste zusammen, und mariniere die. Dann haben wir noch Baguettes, das belege ich mit Ziegenfrischkäse und Avocado. Alles auf den Grill, und schon haben wir ein leckeres Essen. Dann heisst es abwaschen und Grill putzen. Und nachdem hier alles wieder blitzblank ist, müssen wir natürlich auch noch funkeln, Also ab unter die Dusche. Die ist leider nur so halb gut. Das Wasser könnte wärmer sein und der Wasserdruck ist auch nur so lala. Aber egal, jammern auf hohem Niveau. Sauber sind wir und morgen kann es also weitergehen. Ich schnapp mir den Rechner und Peter googelt noch ein bisschen über Handy und Tablet, was wir für morgen noch für Alternativen haben. Wir werden berichten.
eowynrohan am 05. Mai 2025
Der Morgen startet kalt und stürmisch. Wir überlegen zuerst, ob wir das Wohnmobil am Fährhafen parken und von dort noch mal versuchen zu Fuss bis zum Ende der Mole mit dem Bunker und dem alten Leuchtfeuer zu kommen. Aber dann entscheiden wir uns doch dagegen. Wir verlassen Boulogne sur Mer bei leichtem Nieselregen und fahren weiter gen Westen. Das nächste Ziel ist nicht weit, wir wollen nach Sainte-Cécile Plage. Dort ist der Strand gefühlt unendlich breit und wir wollen eine Runde laufen. Als wir ankommen, ist der riesige Parkplatz fast leer und wir haben freie Auswahl. Warm angezogen machen wir uns auf den Weg, der Strand ist fest, also lassen wir unsere Schuhe an. Barfuss wäre es auch wirklich frisch, und bis ans Wasser laufen wir eh nicht, das ist teils nicht mal in Sichtweite, so breit ist der Strand. Hier direkt zu Beginn ist eine ganze Gruppe Strandsegler unterwegs, scheinbar ein Anfängerkurs, zumindest schiebt der ein oder andere zwischendurch sein Gefährt. Wir laufen los, vorbei an Bunkerresten, aber das ist hier am Atlantikwall nichts besonderes. Wir laufen so weit, dass wir von den Strandseglern nur noch den oberen Teil der Segel sehen können, also sind wir ungefähr zwei Kilometer entfernt (bei unserer Größe verschwinden Objekte bei 4,5 km dank der Erdkrümmung komplett aus dem Sichtfeld). Wir laufen langsam wieder zurück und bummeln noch ein bisschen durch die vielen kleinen Souvenirshops. Und einer hat Ostfriesennerze, aber in schön und mit einem dünnen Stofffutter. Eigentlich brauche ich nicht noch eine Jacke- aber die sitzt toll, ist wind- und wetterdicht und sieht einfach gut aus. Und mein Mann kann meinem Blick halt nicht widerstehen. Glücklich trage ich mein neues Schmuckstück zum Womo, und weiter geht es Richtung Le Tréport. Aber erst tanken wir noch schnell – und zwar für 1.503 €, das ist ja mal ein guter Preis. Dann geht es weiter und wir erreichen den Campingplatz Paradis in Le Tréport, fast mitten in der Stadt. Wir stehen auf Platz 100, der Stellplatz ist schön und groß. Es gibt zwei Sanitärhäuser, alles sehr sauber, aber wie so oft gibt es keine Klobrillen und kein Papier. Frankreich eben… Aber ansonsten wirklich alles schön und sehr ordentlich. Wir trinken einen Kaffee und dann machen wir uns auf den Weg an den Strand, da will eine neue Jacke ausgeführt werden. Und es ist genau das richtige Wetter dafür: Sturm und ein Mix aus Sonne und Wolken. Wir laufen los und nach wenigen Minuten beginnt die Hafenpromenade mit Cafés und Restaurants. Laute Musik dröhnt durch die Strassen, denn hier ist auch Kirmes, die sich bis zum Strand durchzieht. Wir erkunden ein bisschen die Gegend, streifen durch die Gassen und laufen zum Kai und dem kleinen Leuchtturm. Von dort sehen wir freudig, dass die Funiculaire in Betrieb ist, deren vier winzige Kabinen durch einen Tunnel die Steilklippen rauffahren. Da müssen wir natürlich mitfahren – und nur wenige Minuten später stehen wir oben im Wind und schauen über die gesamte Stadt und den Strand mit den gigantischen weissen Klippen. Die Fahrt ist übrigens umsonst und dauert auch nur wenige Augenblicke. Wir laufen oben einige Zeit rum, machen viele Photos und treten den Weg nach unten dann zu Fuss an. Dann laufen wir noch ein wenig die schmalen Strassen rauf und runter, bevor wir uns ein Restaurant für den Abend suchen. Wir entscheiden uns für das Calypso. Für 24.90 € gibt es ein Menu, man hat sowohl bei Vorspeise, Hauptgericht und Dessert jeweils sechs verschiedene Gerichte zur Auswahl. Peter startet mit gratinierten Jakobsmuscheln und Crevetten, ich entscheide mich für Wellhornschnecken und Crevetten. Dann bekommt Peter einen großen Topf frischer Muscheln, ich habe mich für Pute mit einer Cidre-Sauce entscheiieden, als Beilagen gibt es – wie zu allem in Frankreich – Pommes frites. Beim Dessert herrscht Einigkeit, heisses Schokotörtchen mit flüssigem Kern in einer Sauce aus Passionsfrucht. Dazu trinken wir Cidre und Mineralwasser. Satt und müde machen wir uns auf dem Heimweg. Nach einer knappen halben Stunde sitzen wir gemütlich im Womo und dann gibt es erst einmal ein längeres Telefonat mit daheim, bevor ich mich an den Rechner setze. Morgen wollen wir die andere Seite der Stadt erkunden – ob zu Fuss oder mit dem Rad wissen wir noch nicht.
eowynrohan am 04. Mai 2025
Heute werden wir nicht von der Sonne geweckt – sondern von lauten Rufen, Pfiffen und Trillerpfeifen. Scheinbar eine Demo, die am Womo Stellplatz vorbeizieht. Aber der Lärm lässt nicht nach, und Peter wirft mal einen Blick raus. Wir haben uns geirrt, es ist keine Demo sondern ein Stadtlauf oder Stadtmarathon. Ungezählte Läufer allen Alters laufen den Geh- und Radweg entlang Richtung Hafen, angefeuert von ebenso vielen Zuschauen. Gut, dass wir heute zu Fuss in die Oberstadt laufen und nicht wieder Richtung Hafen radeln wollen, das wäre heute keine Freude. Nach einem schnellen Frühstück packen wir einen Rucksack und marschieren los. Aber erst einmal müssen wir eine Lücke finden, um überhaupt auf die andere Strassenseite zu kommen. Die Läufer kommen Kopf an Kopf, aber dann endlich ist eine kleine Lücke und wir sprinten rüber. Auf der anderen Seite der Strasse biegen wir direkt ab und dann geht es bergauf – und bergauf – und bergauf. Oben erreichen wir einen kleinen Park mit alten Bunkerresten – wie überall hier. Weiterhin gibt es ein Marinedenkmal und vor allem einen traumhaften Blick von oben auf den Strand und die riesigen Hafenanlagen, mittlerweile ist auch die Sonne am Strahlen und heizt uns ordentlich ein. Wir bummeln weiter und nun geht es wieder steil runter, nur um dann wieder rauf zu gehen. Diese Stadt ist definitiv nicht nur auf 7 sondern noch viel mehr Hügeln erbaut. Aber egal, wir wollen uns ja bewegen. Wir marschieren weiter und dann kommen wir nach einer knappen Stunde in der befestigten Altstadt an. Hier ist es dann sehr touristisch, aber so wie wir es uns eigentlich vorgestellt haben: viele Restaurants und Strassencafés, alles vollbesetzt, dazu Souvenirläden. Hier ist auch unser erstes Ziel des Tages, die alles überragende Basilika. Drin werden gerade die Kirchenbänke für eine Trauung geschmückt, draussen sammeln sich die ersten Gäste. Wir nutzen noch schnell die Zeit und schauen uns den imposanten Bau von innen an. Sehr schlicht, sehr schön aber definitiv restaurierungsbedürftig – wie so vieles hier. Überall bröckelt der Putz und blättert Farbe ab. Eigentlich alles nicht sehr aufwendig, aber irgendwie haben es die Franzosen nicht so mit Instandhaltung. Das sehen wir auch an den ganzen Häusern, Vorgärten oder auch Autos. Richtig gepflegt wird hier nichts. Aber Flair hat der Ort schon und wir geniessen den Tag. Während der Eintritt in die Basilika frei ist, kostet die Besichtigung der Krypta Eintritt, das sparen wir uns und laufen lieber weiter Richtung Rathaus. Dort ist eine weitere Hochzeitsgesellschaft – der Mai ist ja auch der beliebteste Monat zum Heiraten, vermutlich nicht nur in Deutschland. Jetzt erreichen wir das Chateau von Boulogne-sur-Mer. Wir schlendern durch den Innenhof und laufen dann einmal durch den Burggraben. Von da aus geht es auf die Stadtmauer rauf, von dort oben haben wir einen guten Blick auf den kleinen Park, der zu Ehren von Mariette Pacha errichtet wurde. Dabei handelt es sich um einen Einwohner der Stadt, der das Ägyptische Museum in Kairo gründete und leitete und durch diverse Ausgrabungen berühmt wurde. Dementsprechend sind die Haupt-Denkmäler in der Parkanlage auch eine große Steinpyramide und ein Obelisk mit goldener Spitze, dazu findet man Palmen und eine Nachbildung eines Ägyptischen Bootes. Wir laufen nun weiter durch die Strassen wieder in die Unterstadt und zu dem Café mit dem leckeren und günstigen Espresso. Heute gibt es als „Gruss aus der Küche“ für jeden eine Kokosmakrone dazu – unheimlich lecker. Wir sitzen im Sonnenschein, und da wir es nicht eilige haben, gönnen wir uns einen weiteren Espresso samt Kokosmakrone. In der Auslage des Restaurants liegen gigantische Baiser, bestimmt 12 cm im Durchmesser, für 1,70 €. Aber ich bleibe standhaft, obwohl es schwerfällt. Langsam machen wir uns auf den Heimweg, denn es ist jetzt wieder ein gutes Stück zu laufen. Peter hat eine andere Route rausgesucht und wir kommen an weiteren der vielen Wandmalereien vorbei, für die Boulogne auch bekannt ist. Die Malereien stammen von den Schülern der hier ansässigen Kunstakademie. Und auch wenn nicht alles unserem Geschmack entspricht, so sind einige Bilder absolut rausragend und werden sicherlich einen Ehrenplatz im Photobuch erhalten. Müde und verschwitzt erreichen wir am späten Nachmittag / frühen Abend den Stellplatz. Als erstes füllen wir unseren Flüssigkeitshaushalt auf, denn unterwegs haben wir doch recht wenig getrunken. Dann gibt es einen ausführlichen Telefonbericht an Muttern, bevor wir uns ans Abendessen machen. Es gibt aufgebackene Baguettes und Spiegelei, für mehr fehlt gerade die Motivation. Und während ich schon tipper, plant Peter die nächsten Tage. Morgen geht es erst einmal weiter nach Le Tréport.
eowynrohan am 03. Mai 2025
Und wieder werden wir mit Sonne geweckt! Nach dem Frühstück gibt es die üblichen Abreisetätigkeiten wie Abwasch und Müllentsorgung, dann starten wir in den Tag. Als erstes geht es vom Cap Blanc-Nez zum Cap Gris-Nez, also vom Kap der weissen Nase zum Kap der grauen Nase. Leider ist es furchtbar diesig und trüb und die Sichtweite liegt bei nur wenigen Metern. Das ist furchtbar schade - denn normalerweise kann man von hier die Küste Englands sehen, und natürlich auch die ganzen großen Kanalfähren und Frachter. So hören wir zwar das laute Stampfen der Maschinen, die Nebelhörner und das Tuckern von Motoren. Aber sehen tun wir nichts. Nun gut, also fahren wir weiter. Nun geht es zum Fort d‘Ambleteuse bzw. eigentlich Fort Mahon. Parken ist auch in Frankreich etwas schwierig, denn wie in Irland sind die meisten Parkplätze mit Balken auf 2,05 m begrenzt. Aber wieder haben wir Glück und finden in dem kleinen Fischerdorf eine Reihe von Parkplätzen, hinter denen noch etwas Wiese ist, auf der wir überhängen können. Gerade fährt ein Womo weg, dass es leider (oder zum Glück) nicht schafft, rückwärts einzuparken. Peter braucht nur ein paar Sekunden und Tatzel steht wunderbar in der Lücke. Also schnell noch etwas langärmeliges angezogen – denn der Wind pfeift ordentlich – und dann laufen wir los. Es herrscht Ebbe und das Fort steht quasi auf dem trockenen. Wir schauen mal kurz rein, haben aber keine Lust Eintritt zu zahlen, so sehr interessiert es uns auch nicht, zumal die Kritiken eher mäßig sind. Lieber laufen wir ein bisschen an dem wieder ewig breiten Strand entlang. Dann geh es zurück zu Tatzel. Und nun sehen wir wieder, warum es für Wohnmobile so viele Parkverbote gibt– weil es immer Leute gibt, die sich daneben benehmen. Direkt neben uns (wirklich direkt – fast auf Tuchfühlung) hat ein weiteres Wohnmobil geparkt. Allerdings hängt der bei den Anwohnern in den Büschen und blockiert den Zugang zur Haustür. Das ist echt dreist und so bekommen alle Womo-Fahrer einen schlechten Ruf. Wir ärgern uns – können es aber natürlich nicht ändern. Weiter geht es nun nach Boulogne-sur-Mer. Dort wollen wir auf einen Wohnmobil-Stellplatz der Stadt, der sich oben auf den Klippen kurz vor der Stadt befindet. Es gibt knapp 50 Stellplätze, und als wir kommen, stehen bereits 3 Womo vor uns an der Schranke. Zuerst denken wir, dass der Platz belegt ist, aber die vor uns haben nur ein Problem das Terminal zu bedienen. Nach einigen Minuten stehen wir dann an der Schranke. Peter gibt unsere Daten ein, bezahlt für 48 Stunden und wir erhalten den Code für die Entleerung der WC Kassette und die Ausfahrt. Wobei wir den vermutlich nicht brauchen, denn am Vortag gab es Probleme, dass einige beim Reinfahren den Code nicht bekommen haben und den Platz nicht mehr verlassen konnten. Telefonisch kam nur eine Bandansage und so haben die kurzerhand die Schranke zerlegt bzw. um 90° abgeknickt. Das ist ja wirklich –extrem! Auf der anderen Seite: Telefonisch war niemand erreichbar, und der Automat hat den Rausfahrcode nicht ausgegeben. Das ist auch wirklich unglücklich – allerdings hätten wir dann erst einmal die Polizei angerufen und nicht die Schranke zerstört. Nun gut, wir haben auf jeden Fall den Code erhalten und suchen uns nun einen der wenigen noch freien Plätze. Wir stehen weit oben und haben einen schönen Blick – und die Nachbarn sind aus Beckum und auch recht nett. Da die bereits mehrmals hier waren bekommen wir direkt ein paar Tips – und kurze Zeit später schwingen wir uns auf die Räder und erkunden erst einmal die Gegend. Wir wollen zur Mole am Fischereihafen, und dort am Ende zu dem kleinen Leuchtturm. Zuerst geht es steil bergab (und später zurück dann leider auch wieder genauso steil bergauf), dann in der Stadt ist es recht eben. Als erstes stoppen wir auf einem großen Platz beim Nausicaá – dem großen Aquarium hier vor Ort. Das interessiert uns nicht so sehr, aber die Eisdiele daneben hat an die 100 Sorten Eis im Angebot – von Vanille über alle denkbaren Obstsorten (Banane, Melone oder auch Blutpfirsich) bis zu Kinderschokolade und Lakritz. So eine Auswahl haben wir noch nie gesehen und müssen dann tatsächlich doch mal probieren. Ich entscheide mich für Baiser und Peter für grünen Apfel. Sehr lecker! Wir fahren weiter bis zur Mole, dann weiter auf der Mole und kommen dann nach insgesamt gut 7 Kilometern zu den Anglern auf dem Kai. Hier wird es eng, und wir müssten die Räder stehen lassen und die letzten 1,5 Kilometer laufen. Aber es ist wieder so diesig dass man nicht einmal das große Windrad vor uns im Hafen sehen kann. Also drehen wir um und fahren zurück zum Hafen. Langsam brauche ich ein stilles Örtchen, aber das einzige weit und breit gehört zum abgesperrten Bereich im Hafen und der Zutritt ist nur mit einem Ausweis möglich. Gerade als wir dann weiterradeln wollen, kommt ein Mitglied oder Bootsbesitzer vorbei. Als wir freundlich fragen, wo denn hier das nächste öffentliche Örtchen ist, winkt er mich rein, öffnet mir mit seinem Ausweis den Sanitärbereich und geht wieder. Raus geht es zum Glück ohne Ausweis! Jetzt fahren wir weiter in die Unterstadt, dort schliessen wir die Fahrräder an und laufen ein bisschen die Gassen rauf und runter. Jetzt ist wieder die Sonne da, also setzen wir uns ins Strassen-Café und bestellen uns einen Espresso – allerdings ohne vorher auf die Karte zu schauen. Und sind dann mehr als positiv überrascht als wir für zwei Espresso (samt Karamellkeks) nur 3 € zahlen. Das ist ok, dafür bekommt man bei uns nicht mal ein Glas Wasser. Wir machen einige Photos – hier sind viele Hausfassaden toll bemalt, ähnlich der Murals in Irland. Dann schwingen wir uns wieder auf die Räder und machen uns auf den Rückweg. Kurz vor dem steilen letzten Stück treffen wir auf unsere Camping-Nachbarn, die zu Fuss in der Stadt waren und auch gerade auf dem Rückweg sind. Wir schwatzen kurz und machen uns auf den letzten Hügel zu erklimmen. Peter schafft es, durchzuziehen, ich muss knapp 400 m schieben, das wird mir dann doch zu steil. Zurück am Womo koche ich erst einmal Espresso für uns in der kleinen schwarzen Bialetti von Muttern. Dann geht es an die Planung der kommenden Tage. Zu vorgerückter Stunde wirft Peter den Grill an, dazu rösten wir etwas von den Baguettebrötchen und trinken ein Glas französischen Cidre. Und dann ist fast schon Feierabend. Wir geniessen noch den Sonnenuntergang, bevor wir uns ins innere verkrümeln, langsam wird es wirklich kalt draussen. Dann fahren wir mit der Planung der kommenden Tage fort. Nach Boulogne-sur-Mer geht es am Sonntag für 2 Tage nach Le Tréport, danach nach Rouen und von da für 4 Tage nach Yport. Von dort aus wollen wir Fécamp und Étretat erkunden. Aber morgen ist erst noch einmal Boulogne geplant – und zwar die Oberstadt mit der Basilika Notre-Dame de l'Immaculée Conception. Bericht folgt.
eowynrohan am 03. Mai 2025