Sonntag, 7. April 2024
Die Nacht ist mehr als unruhig – sowohl was unseren Schlaf als auch was den Sturm angeht. Immer wenn wir uns denken, dass es nun langsam nachlässt, kommt eine weitere und noch stärkere Böe daher. Tatzel bebt trotz seiner 4 Tonnen ordentlich, aber wir stehen unseren Möglichkeiten entsprechend so windgeschützt wie möglich. Am nächsten Morgen geht es also wieder an die Planung. Auf die Isle of Skye kommen wir also heute ganz sicher nicht mehr, denn die Brücke ist „Closed for high sided vehicle“, da fallen wir natürlich drunter. Wir können nun den ganzen Tag auf dem Parkplatz stehen bleiben, aber das ist irgendwie auch nicht schön. Zum Übernachten reicht uns ein Parkplatz normalerweise aus, da sind wir ja nicht verwöhnt. Aber wenn man einen ganzen Tag „überbrücken“ muss, dann ist ein Campingplatz mit Dusche und Strom schon eine feine Sache. Also fangen wir mal an zu suchen. Es gibt einen sehr schönen nahe bei der Brücke, aber da dürfen wir erst um 15 Uhr auf den Platz. Dann finden wir einen anderen, zwar auch auf dem Weg zur Isle of Skye aber von unserem jetzigem Standort nur gut 25 km entfernt, da können wir direkt nach der Buchung bereits auf den Platz. Die Entscheidung dauert keine 2 Minuten, und nach weiteren 4 Minuten ist der Platz gebucht. Eine Stunde später stehen wir bereits auf der kleinen Campsite. Der Platz ist wirklich klein, und hat ca. 14 Stellplätze für Wohnwagen bzw. Wohnmobile, dazu noch einige Zeltplätze. Die Besitzer (ein älteres Ehepaar) sind mehr als reizend und freuen sich, jemanden zum quatschen zu haben. Wir erfahren auch einiges über die Insel Skye und stellen fest, dass wir weiter umplanen müssen. Aber als erstes laufen wir einen winzigen Teil des mehr als 200 km langen Cape Wrath Trail, der hier vorbeigeht. Doch der Sturm nimmt immer mehr zu, und nach knapp 40 Minuten sitzen wir wieder im Womo. Kalt ist es mittlerweile nicht mehr, wir haben sogar die 12° C Marke kurz geknackt, aber die Böen haben teils bis zu 100 km/h drauf. Wir sind froh, dass es hier am Campingplatz nur Felsen und ganz viele frische Baumsetzlinge gibt, wir möchten gerade nicht unter dicken alten Tannen oder so stehen. Aber wie gesagt, nun heisst es nochmal umplanen. Denn selbst wenn wir morgen wieder zur Insel kommen, hilft uns das nicht weiter, denn der Sturm dauert an, und alle geplanten Highlights wie der Wasserfall am Kilt Rock oder die Wanderung zum „Old Man of Stor“ sind gerade auf Grund der ungeschützten Lage an den Klippen gesperrt worden und viel zu gefährlich. Wir wollten morgen zur Isle auf Skye, von dort zu den äusseren Hebriden (North Uist), dann weiter zu den Inseln Lewis und Harris und im Norden mit der Fähre rüber nach Ullapool. Dann an der nördlichsten Kanten der Highlands lang bis John o‘Goats ganz im Osten und dann in den Süden runter, vorbei an den Cairns of Camster und runter bis Edinburgh. Das strubbeln wir spontan alles um, und machen uns morgen nun als erstes auf zu den Cairns of Camster. Das sind gut 250 km, und dort wollen wir die Megalithanlage mit einem Rund- und einem Langhügel besichtigen. Tags drauf geht es weiter bis John o’Goats und Durness. Mit etwas Glück hat sich das Wetter auf den Hebriden dann etwas beruhigt, und wir nehmen in Ullapool die Fähre nach Stornoway auf Harris. Wir werden berichten…



Samstag, 6. April 2024
Wie gestern geschrieben versuchen wir, heute die erste Fähre um 7.20 Uhr zu erreichen. Denn danach soll der Sturm immer stärker werden. Wir haben gestern Abend bereits alles gepackt, damit es heute früh schnell geht. Der Wecker steht auf 6.30 Uhr, um 6.50 startet Peter bereits den Motor. Wir haben unglaubliche 10°C, so warm war es die letzten Tage morgens, mittags und abends zusammengezählt nicht. Punkt 7.00 Uhr stehen wir an der Fähre, das Tor am Anleger ist geöffnet, wir sehen Mitarbeiter rumlaufen und auf der Fähre brennt auch bereits Licht. Scheinbar haben wir also Glück und kommen zurück aufs Festland. Ausser uns kommt niemand, also gibt es scheinbar eine Privatfahrt. Dann kommt ein Hafenmitarbeiter und informiert uns: Sie legen jetzt am Kai an, lassen die Rampe runter und wir sollen versuchen, drauf zu fahren. Er legt Klötze zum Auffahren bereit, damit wir nicht aufsetzen, aber Dank der Luftfederung kommt Peter unproblematisch aufs Deck – da war die Überfahrt nach Arran schon eine ganz andere Hausnummer. Unser Ticket wird erst gescannt, wenn wir sicher in Kilchoan anlegen können. Denn ist das Ticket erst einmal gescannt, können wir nicht mehr umbuchen oder stornieren. Auf Grund des Wetters muss die Fähre allerdings gegebenenfalls abbrechen und umdrehen. Na das ist ja mal ein toller Start in den Tag. Dann geht die Rampe hoch und wir sehen nichts mehr und können nur noch abwarten. Auf Google Maps verfolgen wir, wie weit wir bereits gekommen sind. Man merkt sofort, als die Atlantikwellen die kleine Fähre treffen, sie stampft und kämpft sich mühsam voran, aber grundsätzlich ist die Überfahrt nicht allzu schlimm. Dann endlich ertönt das Signal, das die Rampe runtergelassen wird – scheinbar haben wir Glück und unser Ziel erreicht. Doch noch immer will der Mitarbeiter unser Ticket nicht scannen. Erst als die Rampe wirklich am Kai aufliegt und der Kapitän die Fähre leidlich ruhig halten kann, entwertet er das Ticket und bittet Peter, vorsichtig aber möglichst zügig die Fähre zu verlassen. Zwei Autos warten zur Überfahrt nach Mull, das dritte Fahrzeug bleibt am Kai. Denn vermutlich ist das die letzte Fähre für 48 Stunden zwischen Festland und Insel. Und das Risiko, nicht aufs Festland zurückzukommen, ist den Passagieren zu hoch. Wir haben auf jeden Fall unser erstes Ziel des Tages erreicht und machen uns nun auf den Weg zum Glenfinnan Viadukt, der Eisenbahnbrücke, auf der die bekannte Hogwarts Express Szene gedreht wurde. Die Route ist gute 80 km lang und größtenteils Single Track, sehr zur Freude meines Mannes. Aber als erstes suchen wir uns am Loch Sunart einen Platz zum Frühstücken, denn ich hab heute früh vor der Abfahrt vom Campingplatz nur eine Thermoskanne Kaffee fertig gemacht, da wir es ja eilig hatten. Wir frühstücken also gemütlich, und weiter geht es. Um die Uhrzeit ist recht wenig los, doch je näher wir diesem Touristen Highlight kommen, um so voller wird die Strasse. Wir parken am Glenfinnan Bahnhof, dort ist ein winziger kostenfreier Parkplatz. Peter bugsiert Tatzel rückwärts den Hang hoch in eine kleine Lücke – perfekt. Von hier aus wollen wir einen 4 km langen Loop laufen. Als erstes statten wir aber dem Kiosk und Museum am Bahnhof einen Besuch ab, in der Hoffnung noch irgendetwas tolles neues an Harry Potter Souvenir zu ergattern. Aber Fehlanzeige, nichts was uns reizen würde. Also geht es los Richtung Viadukt und wir starten unseren Rundgang. Ich weihe direkt meinen vollkommen unauffälligen neuen Regenmantel in leuchtend blau mit pinkem Fell ein. So findet mich Peter wenigstens immer schnell wieder. Dafür, dass das Wetter eher mäßig ist, ein Sturm aufzieht, und der Hogwarts Express (Touristenzug) aktuell keine Lizenz zum Fahren hat, ist erstaunlich viel los. Wahre Menschenmassen bewegen sich in beiden Richtungen auf dem steinigen und teils steilen Trail. Dann endlich erreichen wir den ersehnten Aussichtspunkt, mit einem tollen Blick auf den Viadukt. Normalerweise fährt hier zweimal am Tag die Dampflok „Hogwarts Express“, da müssen sich wohl hunderte Menschen hier drängen um ein Photo mit der der Lok mitten auf dem Viadukt zu schiessen. Aber wann der das nächste Mal fahren wird, ist offen und wird gerade von den Gerichten geklärt. Es gibt sicherheitstechnische Mängel, und die Lizenz wurde eingezogen. Trotzdem zieht auch allein die Eisenbahnbrücke unglaublich viele Touristen an – uns ja schliesslich auch. 300 Photos später laufen wir unsere Runde weiter bis zum Visitorcenter. Der Parkplatz dort ist brechend voll, wie mag das hier in der Hauptsaison nur aussehen? Dann laufen wir unterhalb des Viaduktes zurück zum Wohnmobil und machen uns auf die Weiterfahrt nach Fort William. Dort tanken wir erst einmal, dann füllen wir unsere Lebensmittelvorräte beim Lidl auf. Das Sortiment ist sehr ähnlich dem deutschen, viele Produkte sind sogar gleich, und auch bei den Preisen gibt es kaum einen Unterschied. Getränke gibt es hier allerdings meist in 2 l statt in 1,5 l Flaschen - und die weisse bzw. gelbe Limo schmeckt viel intensiver als bei uns. Wir nutzen die Pause auch direkt zum Brotzeit machen, denn hier beim Lidl stehen wir gerade recht gut. Nun machen wir uns auf und statten Nessie einen Besuch ab. Wir fahren an der Westküste von Loch Ness bis zum Urquhart Castle, das auf ungefähr 2/3 Strecke des gut 36 km langen Sees liegt. Obwohl es sich beim Loch Ness um einen See handelt, peitschen gerade Wellen darüber wie am offenen Meer. Das Sturmtief Kathleen zieht gerade über Schottland und legt große Teile der öffentlichen Verkehrsmittel lahm. Knapp 80% der Fähren stehen still. Aber Urquhart Castle finden wir nicht so lohnend / aufregend wie erwartet und fahren wieder zurück, nun mit Ziel des Kyle of Lochalsh, der Brücke zur Isle of Skye. Der Sturm wird immer intensiver, und Tatzel tanzt quasi auf der Straße. Es ist auch schon recht spät, daher fangen wir an, nach einem geeigneten Parkplatz zu suchen. Zu dicht an der Strasse, zu viele Bäume, zu schmal – aber dann sehen wir einen größeren Platz und es gibt eine etwas tiefer gelegene Lücke, da stehen wir vielleicht ein bisschen windgeschützt. Denn mittlerweile tost und braust es wirklich ordentlich. Wir haben – wenn der Regen es ab und zu zulässt – einen tollen Blick auf den Loch Cluanie. Mal schauen wie die Nacht wird – und was uns morgen auf Skye erwartet.



Freitag, 5. April 2024
Eigentlich habe ich mich total auf Tobermory gefreut, aber irgendwie ist der Wurm drin. Mir ist kuddelig, ich hab Fieber und ich bin schlecht drauf, obwohl es dafür keinen Grund gibt. Eigentlich ist ja alles prima, wir haben Urlaub, sind in einem wirklich tollen Land und mein Lieblingsehemann ist an meiner Seite und schaukelt mich sicher durch das Land. Trotzdem will ich am liebsten heim. Ich hoffe dass sich das bald wieder legt, ist für uns beide anstrengend. Wir sind mittlerweile von Calgary Beach weitergehfahren bis Tobermory, dort hat Peter erst einmal einen Campingplatz gebucht. Vielleicht hilft mir ja eine heisse Dusche auf die Sprünge, wobei wir hier sicherlich nicht europäische Standards erwarten sollten. Manchmal besteht der Unterschied zwischen einem Parkplatz und einem Campingplatz nur aus einem Dixie Klo. Aber wir werden sehen. Die Fahrt ist landschaftlich wie immer reizvoll, aber die Straßen sind gefühlt noch etwas schlechter und schmaler als sonst. Und es gibt wieder genau zwei Arten von Autofahrern. Diejenigen die an der engsten Stelle an uns vorbeizirkeln – fast ohne den Fuß vom Gas zu nehmen – und diejenigen die selbst beim breitesten Passing Place panisch mitten auf der Strasse stehen bleiben und den Rückwärtsgang nicht finden, um in die Lücke zu huschen. Als erstes fahren wir zum Hafen, hier gibt es einen großen Parkplatz. Aber wir sind sehr schnell ernüchtert, der Parkplatz ist kleiner als gedacht und es herrscht bereits blankes Chaos. Wir drehen mehrere Runden und sind ratlos, als mich plötzlich ein Mann aus einem PKW anspricht. Wenn ich ihm zwei Reihen weiter schnell die Parklücke freihalte, würde er sein Auto umparken und damit eine lange Parklücke für uns frei machen. Das ist ja supernett! Schnell flitz ich rüber, aber das ist gar nicht nötig. Bis ich da bin, kommt er auch schon angefahren, und Peter rangiert Tatzel rückwärts in die freigewordene Lücke. Wir bedanken uns sehr nett und nun können wir weiterplanen. Als erstes laufen wir den Rundweg durch den Aros Park. Wir gehen nur bis zu den unteren Wasserfällen, 4 km sind mir heute genug. Der Weg geht an der Bucht entlang, immer rauf und runter und wie am Calgary Beach gibt es auch hier zahlreiche Pfützen, in denen sich Millionen Kaulquappen tummeln. Dann machen wir noch eine Runde durch die Stadt, oder was man so Stadt nennt. Tobermory kam in einer Doku vor, die wir uns angeschaut haben. Aber da sieht man mal, wie Filme die Wirklichkeit verzerren können. Also es war nichts gelogen, aber wenn man es in live sieht, denkt man sich nur: Hier will ich nicht leben müssen. Der Ort ist einfach nur unendlich trostlos, darüber täuschen auch die paar leuchtend bunten Häuser am Hafenbecken nicht weg. Vielleicht ist es im August mit Sonnenschein anders, allerdings frage ich mich, wie sie dann das Thema Verkehr organisieren wollen. Selbst mit den wenigen Ostertouristen herrscht heilloses Durcheinander und man kommt nicht durch, denn es gibt eigentlich nur eine Straße. Schade eigentlich, aber manchmal ist es so. Als erstes steuern wir ein kleines pinkes Häuschen von Ice of Mull direkt am Kai an, das ist eine Eisdiele (die ebenfalls in der Doku vorkam). Und auch hier schmeckt die Kugel Ananas Ingwer Eis, das sich Peter gönnt, nicht annähernd so gut wie erwartet. Ausserdem gibt es keine der in der Doku hochgelobten Whisky Sorten, Ananas Ingwer ist noch das kreativste neben Vanille, Stracciatella und Erdbeere. Wir bummeln weiter, es gibt noch eine Apotheke, jede Menge Souvenirshops, 2 winzige Tante Emma Läden, ein kleines Postoffice und natürlich die Tobermory Distillery. Wir können einen Blick in den Hof werden, kaum zu glauben dass hier bis zu 1 Millionen Liter Whisky im Jahr hergestellt werden können. Wir haben Hunger, und am Kai gibt es einen Imbißwagen mit toll aussehendem Haddock, also Schellfisch. Peter bestellt sich eine Portion, ich bleibe bei puren Pommes frites. Immerhin eine halbe Portion schaffe ich, den Rest übernimmt zum Glück mein Gatte. Wir schauen noch im Hafencenter vorbei, und da mein Mann mir unbedingt eine Freude machen möchte, kauft er mir einen riesigen, mit pinkem Plüsch gefütterten Regenmantel. Na, dann kann der nächste Regenguss ja kommen. Aber da wir uns ja gerade erst am Rand der Highlands befinden wird das Wetter die kommen Tage sicher nicht besser werden. Mittlerweile ist es 14 Uhr durch, das heisst das Postamt hat wieder geöffnet. Wir haben noch einen alten 20 £ Schein, der nicht mehr gültig ist. Wir haben vorhin versucht, den in der Bank zu wechseln, aber die haben uns an die Royal Mail verweisen. Hier klappt es dann wirklich problemlos. Die neuen Scheine fühlen sich an wie Plastik, nicht schön, aber Neuseeland hat ja auch bereits auf dieses Folienmaterial umgestellt. Nun fahren wir die 3 km zum Campingplatz. Der Platz ist sehr schön, die sanitären Einrichtungen zwar sehr einfach (Damen und Herren jeweils eine Dusche, ein Waschbecken und eine Toilette) aber sauber. Wir entscheiden uns, eine weitere Nacht dranzuhängen und einen Tag Pause einzulegen. Also ausschlafen, aufräumen, Vorräte auffüllen, WC-Kassette leeren, Müll entsorgen, Grauwasser ablassen, Frischwasser nachfüllen und was man alles so tut. Am Samstag, den 06.04. soll es dann weitergehen in die Highlands. Die Fähre ist gebucht, allerdings gibt es wieder Sturmwarnungen und der Fahrplan ist unsicher. Wir werden sehen, ob wir zurück aufs Festland kommen. Unser Ziel ist es, morgens die erste Fähre um 7.30 Uhr zu erreiche, denn besser wird das Wetter eher nicht. Ich werde berichten.