Dienstag, 31. Mai 2022
Nachdem ich getippert habe, ist es immer noch lang hin bis Mitternacht. Also entscheiden wir uns, wie letztes Mal - und wie es ja ?angeblich? Brauch ist - in der Nordkapphalle mit einem Glas Champagner anzustossen und auf Mitternacht zu warten. Wir vermuten ja eher, dass der Brauch kommerziellen Ursprungs ist, so wie Valentinstag. Aber egal, es gibt schlechtere Bräuche. In der Nordkapphalle ist nichts los, auch draussen auf der Klippe sind nur eine Handvoll Menschen zu sehen. Wir machen es uns auf unserem Bänkle im Restaurant gemütlich, lassen uns die Sonne durch die großen Panoramascheiben ins Gesicht scheinen und geniessen den Abend. So langsam füllt sich der Platz um die Weltkugel, scheinbar ist auch ein Reisebus gekommen. Allerdings kein Vergleich mit dem Dutzend an Reisebussen bei unserem Besuch vor 3 Jahren. Wir nehmen unsere Jacken, und gesellen uns zu den anderen draussen. Und wir haben tatsächlich Glück und erleben eine wundervolle Mitternachtssonne. Gefühlt 1.000 Photos später machen wir uns auf den Weg zum Womo. Wir sind noch aufgekratzt und quatschen noch ein bisschen, gegen 1 Uhr krabbeln wir ins Bett. Ab 7 Uhr hören wir wie ein Wohnmobil nach dem anderen den Platz verlässt. Wir stehen auf, frühstücken in Ruhe und packen zusammen. Da das Wetter immer noch sensationell ist, planen wir für die Tour zurück aufs Festland extra viel Zeit ein, denn die Landschaft ist faszinierend und wir wollen den einen oder anderen Stop einlegen. Es geht vorbei an zugefrorenen (und manchmal auch bereits aufgetauten) Seen, vorbei an glitzernden Schneefeldern, hohen Schneewänden und natürlich sehen wir auch jede Menge Rentiere. Die Strecke führt - wie so oft in Norwegen - durch diverse Tunnel. Der bekannteste ist sicherlich der Nordkapptunnel mit seinen 6.875 m und einer Tiefe von bis zu 212 m unter dem Meeresspiegel Er hat bis zu 10% Steigung bzw. Gefälle, das sollte man nicht unterschätzen. Aber auch der Honningsvǻgtunnel mit seinen 4.400 m ist beeindruckend. Dazu kommen etliche kürzere Tunnel, diesmal sogar alle mit Beleuchtung. Auf der Hinfahrt hatten wir einen Tunnel mit 2.600 m Länge ohne jede Beleuchtung. Und selbst mit Abblendlicht schien der Tunnel alles Licht zu schlucken, wir sind fast komplett mit Fernlicht durch, um überhaupt irgendwas zu erkennen. Dann kommen wir an einem liegengebliebenen Oldtimergespann vorbei, einem Audi 60L und einem sicherlich genauso alten Wohnwagen (Fabrikat ?). Die Armen, hoffentlich bekommen sie ihr Schmuckstück bald wieder flott. Zurück auf dem Festland geht es weiter Richtung Süden. Wir fahren lange Zeit an einem Fluss lang, der gerade viel Schmelzwasser führt. Auf den breiten Teilen fliesst er ganz gleichmäßig dahin. Aber das Flussbett verengt sich immer wieder zwischen den Felsen und dann wird aus dem gemütlich dahinfließenden Bach ein tobender Strudel. Überhaupt ist hier aktuell sehr viel überschwemmt. Ob das immer so ist, wissen wir nicht. Aber Bäume stehen bis zu den Baumkronen im Wasser, in den Orten sind Schuppen, Gärten, Fussballfelder und Tennisplätze geflutet. Nun geht es nochmal ein Stück auf eine bekannte Strecke ? hier oben ist die Auswahl an Strassen halt nicht so groß. Wir kommen nochmal an der Werkstatt vorbei, die uns vorgestern so unkompliziert geholfen hat. Direkt daneben ist eine Shell Tankstelle, dort machen wir den Tank nochmal voll. Aktuell kostet es hier umgerechnet ca. 2,16 ? Teurer als in Ingolstadt mit seinen 1,949 ?, aber billiger als Schweden und Finnland. Wir entschliessen uns spontan, nicht mehr bis Karesuando zu fahren, sondern nochmal in Enontekiö an den See zu fahren. Als wir ankommen stehen bereits zwei Womos dort. Aber egal, wir stellen uns einfach dazu. Als wir aufs Kennzeichen schauen, müssen wir lachen. Das Womo direkt neben uns ist ein Nürnberger. Also gehen wir erstmal auf ein Servus rüber und quatschen ein wenig. Dann steht Abendessen auf dem Programm. Ich habe selbstgemachtes Gyros aufgetaut, das will Peter auf die Grillpfanne packen. Dazu grillt er noch ein bisschen Brot. Von gestern haben wir auch noch Salat über, also gibt es ein bisschen was von allem. Aber als erstes machen wir uns eine Dose Cider auf, und Mutter bekommt den täglichen Telefon-Vorab-Bericht. Dann heisst es Abendessen. Also das mit dem Gyros auf dem Grill sollten wir wiederholen, das klappt super. Während das Wasser zum Abwaschen vorheizt, setze ich mich schon mal an die Tastatur und Peter macht Buchführung und trägt Tankquittungen ein. Danach werden wir den Abend ruhig ausklingen lassen. Morgen geht es dann weiter nach Schweden zum Abisko Nationalpark.



Montag, 30. Mai 2022
Die Nacht war ruhig, und nach einem schnellen Frühstück geht es weiter gen Norden. Aber nach knapp 50 km hat der Spaß erstmal ein Loch. Die Motorkontrollleuchte meldet sich mit einem lauten Pieps zu Wort: Bitte den Motor überprüfen lassen. Na prima! Peter bleibt ruhig und tippt auf einen Sensorfehler. trotzdem macht es keinen Spaß so noch 8.000 km zu fahren. Wir haben aber Glück, laut Google soll in 26 km Entfernung eine Autowerkstatt sein, und zwar direkt an unserer geplanten Route. Also fahren wir weiter, in der Hoffnung dass Tatzel nicht in den Notfahrmodus geht. Aber alles geht gut. Und in der Werkstatt wird uns direkt und schnell geholfen. Wie mein Mann vermutet hat. hat sich der NOX Sensor verschluckt. Auslesegerät dran, Fehler zurückgesetzt. 30 ? und 15 min später sind wir wieder unterwegs. Und weiter geht es. Und dann kommen uns Wohnmobile entgegen, gefühlt unendlich viele? und die müssen alle vom Nordkap kommen, denn sonst ist hier oben eigentlich nichts mehr. Wenn uns so viele entgegen kommen ? wieviel sind dann wohl noch oben? Tja, schneller als wir wollen bekommen wir die Antwort. Übertrieben gefühlt hunderte, aber sicherlich wirklich deutlich mehr als 50 Fahrzeuge stehen bereits auf dem Parkplatz. Und es werden stündlich mehr. Wir sind frustriert, damit haben wir eigentlich so früh im Jahr nicht gerechnet. Peter rangiert Tatzel geschickt rückwarts, so dass wir wenigstens ein bisschen Blick auf Meer haben, aber die Plätze in der ?ersten? Reihe sind natürlich alle schon belegt. Was solls? wir machen uns auf den Weg und laufen zur Weltkugel ? und unerwarteter Weise ist dort kaum jemand. Also werden wir wenigstens mit einigen tollen Photos belohnt. Noch eine Runde durch den Souvenirshop, aber da hat sich seit unserem Besuch vor 3 Jahren nicht viel getan. Dann geht es zurück zum Womo. Während Peter den Grill aufbaut, mache ich eine Schüssel Salat. Als Vorspeise grillt Peter ein Ziegenkäse Wrap, dazu gibt es Avocado, dann für jeden einen leckeren Burger. Nach einem leckeren und ausgiebigen Abendessen ist Abwaschen angesagt. Dann schnapp ich mir den Rechner, während mein Mann den Grill wieder auseinanderbaut und verstaut. Entgegen unserem ersten Plan, hier zwei Nächte zu verbringen, wollen dann doch morgen schon weiter. Wir haben traumhaftes Wetter und vielleicht dürfen wir heute Abend ja tatsächlich eine Mitternachtssonne am Nordkap erleben ? das wäre ein Traum. Morgen geht es dann nach Karesuando, und vielleicht noch ein Stückchen weiter Richtung Abisko. Wir werden berichten?



Wir stehen um 8 Uhr auf, zum Frühstück gibt es natürlich Hönö. Und ich gebe mich offiziell geschlagen, mein Mann hat recht, es heißt nicht Hönös, das habe ich im letzten Bericht falsch geschrieben. Aber unabhängig davon wissen wir jetzt, das die Sonderedition Sommarkaka heisst, was gleichbedeutend mit Sommerkuchen ist. Wenn also in Zukunft jemand sagt er hat Kaka gemacht ? hoffe ich dass es Kuchen gibt .
Die Fahrt ist gut, es gibt nicht viel Besonderes zu erzählen. Ausser dass wir unendlich viele Rentiere gesehen haben!!!! Das Wetter wechselt wie immer zwischen Sonne, Wolken, Regen. Aber im Großen und Ganzen sind wir sehr zufrieden. Wir hangeln uns quer rüber an die Ostküste Schwedens, ab Pitea geht es ein Stück auf der E4. Aber das macht keinen Spaß und fährt sich wie die B300 nach Augsburg. Zum Glück geht es bald wieder auf kleinere Strassen. Kurz vor Övertorneǻ biegen wir auf die 99 und bleiben noch kurz auf schwedischer Seite. Denn laut unserem Reiseführer Swedestop von letztem Jahr gibt es dort kurz vor dem Polarkreis eine Dumpingstation und Frischwasser. Wir haben Glück und sind ganz alleine. Also füllen wir in Ruhe unseren Tank und Kanister auf, leeren die Toilette und machen uns weiter auf den Weg zum Norden. Wenige Kilometer weiter ist es soweit ? wir passieren den Polarkreis. Und natürlich muss die Zeit für einen Photostop einfach sein. Nun geht es nach Pello und dort über die Grenze nach Finnland. Und zack ? ist es eine Stunde später, denn die Finnen haben eine andere Uhrzeit als wir. In Pello halten wir kurz bei einer Imbissbude, die Peter im Internet entdeckt hat. Naja. sieht ja nicht dolle aus. Aber scheinbar holt sich fast ganz Pello dort das Essen. zumindest ist draussen am Autoschalter die Hölle los. Das spricht dann wieder für gute Qualität. Natürlich verstehen wir kein Wort auf der Speisekarte ? aber der Besitzer ist sehr nett, spricht top englisch und dolmetscht, und nach etwas Wartezeit sitzen wir glücklich vor einem dicken Burger und sehr sehr leckeren Pommes. Zum Abschluss möchte uns der Besitzer noch einen Kaffee für die Fahrt spendieren - total nett aber wir lehnen trotzdem dankend ab. Satt und zufrieden geht es weiter. Kurz vor Enontekiö finden wir dann im zweiten Anlauf einen schönen Platz für die Nacht. Also ich wäre ja weiter gefahren, denn die Zufahrt sieht schon recht sandig und gewagt aus. Aber wenn Peter meint das geht, dann wird das wohl so sein. Kurze Zeit später stehen wir alleine mit Blick direkt auf einen See. Und wir stellen fest dass wir genau nach Norden stehen. Und tatsächlich - wir haben Glück und erleben unsere erste Mitternachtssonne in diesem Urlaub. Nach etlichen Photos wird es dann aber Zeit fürs Bett.



Samstag, 28. Mai 2022
Der Platz auf dem wir stehen ist kostenpflichtig mit 100 Kronen pro Nacht, das entspricht ungefähr 10 ?. Entweder man zahlt mit der schwedischen App von Swish (was als Ausländer jedoch nicht möglich ist) oder direkt beim Besitzer, der laut Schildern jeden Abend zwischen 20 Uhr und 21 Uhr zum kassieren kommt. Nachdem wir dann bis 22 Uhr gewartet haben, gehen wir uns Bett. Vielleicht taucht ja am Morgen noch jemand auf. Wir schlafen gut und wir schlafen lang. Die letzten zwei Tage waren doch anstrengender als gedacht. Als erstes schütte ich eine Kanne Kaffee auf, und schon bald duftet es herrlich im Womo. Zum Frühstück gibt es das leckere weiche Brot von Hönös, das wir vom ICA mitgebracht haben. Leider gibt es dieses Jahr nicht mehr die leckere Sorte mit Kardamom. Die war unglaublich! Dieses Jahr ist die Sommeredition mit Vanille. Mal schaun, wir wollen morgen nochmal zum ICA, vielleicht nehmen wir das mal zum probieren mit. Nach dem Frühstück kramen wir zusammen und warten ob die Besitzer doch noch auftauchen. Gegen halb elf starten wir dann. Der Tag beginnt relativ unspektakulär. Wir starten auf der 26 Richtung Norden, kurz danach sind wir bereits auf der E45 bei Mora. Dann geht es weiter über Sveg nach Östersund. In Östersund halten wir nochmal kurz beim Stadium Outlet, denn ich hab mir gestern einen Hoodie gekauft, und der ist so kuschelig und hat eine ganz große Chance eines meiner Lieblingsstücke zu werden. Also will ich unbedingt einen zweiten, sicher ist sicher. Und ich habe Glück und die haben tatsächlich noch einen in meiner Größe. Und Peter kauft sich direkt auch noch einen sehr ähnlichen (der vermutlich irgendwann nach dem Waschen aus Versehen ? schwupps ?zwischen meinen Pullis landen wird). Da wir eh gerade stehen nutzen wir die Chance direkt für eine späte Mittagspause, und picknicken in Tatzel. Dann geht es noch gegenüber zur Tankstelle. Mit knappen 2,24 ? ist der Sprit nicht wirklich günstig, aber solche Preise kennen wir ja mittlerweile auch aus Deutschland. Und mit vollem Bauch und vollem Tank geht es weiter. Als erstes Richtung Strömsund. Wir fahren so gemütlich vor uns hin mit einem Mix aus super Sonne und strömendem Regen. Plötzlich kommt ein Baustelleninfo Schild, dass die Strömsundbrücke gesperrt ist und man der Umleitung folgen soll. Während ich Peter noch das Schild aus der Erinnerung vorlese, sind wir auch schon an dem kleinen Umleitungsschild vorbei. Hm, hab ich auf die Schnelle wirklich alles richtig verstanden, war ja nun mal in Schwedisch, und lange Zeit zum durchlesen hatte ich nicht. Aber ich bin mir sicher die Bedeutung verstanden zu haben. Also heisst es wenden. Die nächste Hofeinfahrt scheint Peter groß genug - also ich täte da ja nicht mal den RAV wenden, aber nun gut. Wenn der Meister meint er kann das? und schon geht es zurück und dann immer den Schildern nach. Tja, was in Schweden halt mal eine Baustellenumfahrung ist, das ist in Deutschland nicht mal ein Feldweg. Und es kommt wie es kommen muss ? als erstes ein fetter Truck, dann ein Womo. Aber mit etwas Vorsicht kommen wir alle gut aneinander vorbei. Nach 16 km sind wir wieder auf Asphalt und über die 345 sind wir dann auch wieder schnell auf der E45. In Strömsund können wir dann sehen das es tatsächlich kein durchkommen gegeben hätte. Also war die Entscheidung zum wenden richtig. Weiter geht es Richtung Hoting und nach Dorotea. Dort machen wir erst einmal ein Photo vom Ortsschild und schicken es an Teta, das wollte ich letztes Jahr schon, als wir auf der anderen Seite vom Ort langgekommen sind. Und ab jetzt halten wir langsam Ausschau nach einem Stellplatz für die Nacht. Hinter Åsele biegen wir auf die 365 Richtung Norden. Mittlerweile ist ausser uns so gut wie kein Auto mehr auf den Strassen, Wir kommen immer weiter in die Einsamkeit ? herrlich. Plötzlich kommt doch ein Auto entgegen und blinkt uns an. Und während ich noch überlege, was los ist, bremst Peter unseren Tatzel schon auf null runter. Rechts steht eine kleine Herde Rentiere. Da hinter uns weit und breit kein anderes Auto ist, kann ich in Ruhe Photos machen. Was für schöne Tiere. Allerdings keine ?wilden?, denn sie sind farbig markiert. Aber trotzdem laufen sie die meiste Zeit des Jahres frei in der Wildnis rum und werden nur einmal im Jahr gesammelt, gezählt und den Besitzern zugeordnet. Wir fahren weiter und nach einigen Kilometern fahren wir über einen Fluss und sehen dort einen großen Parkplatz. Das wird unser Nachtquartier sein. Schnell ist das Womo ausnivelliert, dann ist Feierabend für heute. Als erstes wird Mama angerufen und der Tagesbericht erfolgt vorab telefonisch. Dann machen wir uns einen Cider auf, und während ich mich an die Tastatur setze, kramt mein Mann in der Garage rum und räumt auf. jetzt stehen nur noch Abendessen auf dem Plan und die Routenplanung für den morgigen Tag.