Donnerstag, 28. März 2024
Nach einer ruhigen Nacht starten wir wieder mit einem gemütlichen Brioche Frühstück in den Tag. Peter füllt noch Wasser auf, und dann sind wir auch schnell abfahrbereit. Die erste Fähre soll um 10.15 Uhr fahren, aber da ja der Fährverkehr ab Adrossan eingeschränkt ist, rechnen wir mit viel Andrang in Claonaig, der einzigen Ausweichverbindung auf die Isle of Arran. Hier ist es meist so geregelt, dass die Plätze am Fähranleger aufgemalt und durchnummeriert sind, und alle Fahrzeuge, die auf einem nummerierten Platz stehen, passen auch auf die Fähre. Also wollen wir früh da sein, um auch mit der ersten Fähre mitzukommen. Als wir ankommen, ist die erste Wartereihe bereits voll, aber entsprechend der Nummerierung kommen wir in der Reihe zwei auch noch mit, natürlich belegen wir mit unserer Länge direkt 2 Plätze. Kurz nach dem wir uns angestellt haben, fährt ein dicker Muldenkipper an den Anleger, der belegt direkt gute 3 Plätze. Die letzten 5 Plätze sind binnen 10 Minuten dann auch durch weitere PKW belegt, wer jetzt noch kommt muss die nächste Fähre abwarten – so weit das übliche Prozedere. Aber heute läuft es anders… Kurz vor 10 Uhr sehen wir die Fähre aus Lochranza langsam Richtung Anleger fahren – wobei kämpfen das passendere Wort ist. Das Meer ist aufgewühlt, und die schwere Fähre stampft durch die Wellen und der Kapitän hat sichtlich Mühe, alles unter Kontrolle zu halten. Wir sehen, dass die Mannschaft an Deck allen Fahren Kommandos gibt, wissen aber noch nicht um was es geht, aber dann wird das Problem schnell klar. Durch den hohen Seegang lässt sich die Fähre nur schwer in Position halten, die Bordwand, die gleichzeitig auch die Rampe ist, wird am Kai nicht befestigt, sondern der Kapitän muss die Fähre so steuern dass die Rampe am Kai anliegt. Das klappt aber nicht so einfach, also sollen alle zügig die Fähre verlassen. Die ersten Fahrzeuge kommen noch problemlos runter, aber mit jedem Fahrzeug dauert es länger, da der Fähranleger klein ist und die Autos nicht schnell genug auf die Hauptstrasse abbiegen können. Immer mehr Wasser schiesst über die Fähre und den Anleger, und das letzte Auto wird beim Runterfahren von einer dicken Welle erwischt und fast von der Rampe gespült. Der Kapitän hat immer mehr Mühe, das Schiff in Position zu halten, aber wir müssen ja auch noch drauf. Statt die erste Reihe komplett auf die Fähre zu lassen und dann die zweite, werden aus der ersten Reihe nur eine Handvoll Fahrzeuge drauf gewunken, dann werden wir aus der zweiten Reihe angewiesen, zu fahren. Die Rampe steht mittlerweile komplett unter Wasser, sicherlich 40 cm hoch. Peter versucht die richtige Balance zu finden, dass er nicht stecken bleibt, aber auch die Räder nicht durchdrehen. Ich versuche zu filmen um meine Panik zu vergessen. Peter schafft es auch gut drauf, aber gerade als wir stehen macht die Fähre einen riesigen Satz, und Tatzel schaukelt so sehr, dass die Markise an einem Rohr vorbeiratscht und wir eine dicke Schmarre haben. Aber zum Glück ist der Schaden nur optisch, es ist nichts defekt. Nach uns kommt noch der Muldenkipper drauf, dann bricht die Fähre die Beladung ab. Peter fährt die Luftfederung auf die niedrigste Position, damit wir hoffentlich nicht nochmal mit Tatzel an der Seitenwand anschlagen, und dann erleben wir lange 30 Minuten. Die Wellen sehen gar nicht so hoch aus, aber die Fähre windet sich und kämpft gegen jede Welle, die Gischt ist so hoch, dass sie über Tatzel mit seinen knapp 3 m drüber sprüht und alles unter Wasser setzt. Irgendwann erreichen wir tatsächlich Lochranza, und hier ist der Wellengang zum Glück etwas ruhiger. Peter manövriert unser Womo sicher und heil von Deck und bekommt von dem Trucker hinter uns noch ein Daumen hoch gezeigt, und dann sind wir endlich da. Arran ist eine beschauliche Insel, eine Umrundung sind genau 90 km. Und genau das tun wir jetzt auch, wir umrunden einmal die gesamte Insel und schauen nach möglichen Wanderpark- und Übernachtungsplätzen. Die Straßen sind meist einspurig mit den bekannten Passing Places, aber der beste Fahrer von allen hat das gut drauf und schaukelt uns entspannt durch die Gegend. Wenn er doch mal so entspannt durch die Ingolstädter Rushhour fahren würde – aber da ist er die Ungeduld in Person… Auf unserer Rundfahrt kommen wir auch bei der Lagg Distillery vorbei, dort buchen wir für den morgigen Tag direkt eine Führung. Weiter geht es an der Südspitze vorbei, im Osten kommen wir nach Brodick. Dort hat Peter einen tollen Wanderparkplatz gefunden, auf dem wir aber auch übernachten dürfen. Das ist unser Ziel für Samstag, denn da wollen wir ab Brodick eine gut 13 km lange Wanderung machen. Weiter geht es zum Norden, bis wir wieder Lochranza erreichen, wo wir vorhin gestartet sind. Nun haben wir einen ersten Eindruck der Insel, die Landschaft ist auch hier wieder unbeschreiblich schön. Vor allem die Küste beeindruckt mich mit ihrer Schroffheit, und der Schnee auf den Bergen sieht im Sonnenschein toll aus. Allerdings möchte ich nicht hier sein, wenn die Hauptreisezeit ist, dann machen die einspurigen Strassen sicher weniger Spaß. Was nun, es ist noch zu früh, um sich einen Platz für die Nacht zu suchen. Mittlerweile ist die Sonne rausgekommen, und direkt sieht alles viel freundlicher aus. Also fahren wir weiter bis zum Machrie Moor Wanderparkplatz, und machen noch die kleine Runde zu den Standing Stones, einem Gebiet mit einigen Steinkreisen und Ausgrabungen aus verschiedensten Zeitaltern. Der Weg ist meist schlammig, aber das sind wir mittlerweile gewohnt und haben zum Glück ja das passende Outfit dabei, wobei Peter recht hat, wenn er sagt, dass Gamaschen nicht schlecht wären, da unsere Wanderhosen mittlerweile bis zu den Schienbeinen vollgespritzt sind. Aber nun gut, das ist halt wie es ist, jetzt ist es eh egal. Zurück am Womo ziehen wir uns erst einmal um und verstauen unsere Hosen und Schuhe wieder in Taschen, um im Womo nicht alles dreckig zu machen. Dann fahren wir weiter Richtung Lagg, wo wir ja morgen um 11 Uhr zur Besichtigung wollen. Knapp 11 km vorher ist das kleine Örtchen Blackwaterfoot, dort haben wir beim Durchfahren vorhin Stellplätze am Hafen gesehen, es ist sogar eine Entleerungsstation für Camper WC’s vorhanden. Auf dem Parkplatz ist alles frei, und wir stellen uns mit Blick aufs Meer, und geniessen den Sonnenuntergang. Vielleicht wird der morgige Tag etwas ruhiger, wir werden sehen…



Die Nacht ist wie erwartet laut – allerdings liegt das weniger an dem Verkehr als am Sturm und Regen. Gut, dass wir so geschützt hinter der Tankstelle stehen, zuerst hatten wir überlegt in einer Parkbucht fast neben der Straße zu stehen, da hätten wir deutlich mehr abbekommen. Trotz allem schlafen wir recht gut, und starten am Morgen nach einer Tasse Kaffee direkt rüber nach Holy Island. Die Insel ist – wie der Mont Saint Michel – bei Flut vom Festland abgeschnitten. Aber bei Ebbe kann man in den Ort fahren. Wir checken vorsichthalber nochmal die Gezeitentafeln – heute ist eine sichere Fahrt zwischen 7.30 Uhr und 14 Uhr möglich, dann erst wieder abends nach 19 Uhr – aber solange wollen wir nicht bleiben. Das Wetter ist wie die letzten Tage: Sturm und Regen. Aber wir lassen uns nicht beeindrucken und starten. Zuerst also an den Strand und dann durchs Meer. Die Fahrt ist zwar nur wenige Meilen lang, aber einfach toll. Am Ortseingang wird man direkt zu einem Parkplatz geleitet, die Mindestparkgebühr beträgt 6 £, dafür darf man 3 Stunden parken. Das reicht uns voll und ganz. Der Parkplatz ist sehr aufgeweicht, und Peter muss genau schauen, welche Flächen er befahren kann. Aber nach wenigen Minuten stehen wir und haben unser Ticket brav an der Frontscheibe befestigt. Dann laufen wir los, leider regnet es mittlerweile wieder recht stark. Als erstes zur Abtei der Insel, die ist zwar noch nicht geöffnet, aber ins dort ansässige Museum wollten wir eh nicht, und die Ruinen kann man auch von aussen bewundern. Wir laufen weiter zum Strand und erklimmen dort einen Felsen mit einem Turm, von dort hat man einen herrlichen Blick auf die Ruinen und die Kirche. Es geht nun weiter um die Ruinen rum, bis wir wieder im Örtchen sind. Viel mehr gibt es nicht zu sehen, zur Burg laufen wir nicht, bei dem Regen ist es uns erstens zu weit und auch zu teuer. Bei dem Wetter sehen wir eh nicht viel. Da wir nicht gefrühstückt haben, und die Quiches im Postoffice (kein Scherz, die haben gerade frisch gebacken!) so herrlich lecker aussahen, haben wir uns jeder eine kleine und noch sehr heisse Quiche mitgenommen. Einmal mit Bacon und einmal mit Ziegenkäse. Zurück im Womo haben wir uns vor der Weiterfahrt dann erst einmal gestärkt. Als erstes müssen wir zurück zum Festland, unterwegs gibt es einige Stellen, an denen man halten (bzw. wenden kann falls einen die Flut überrascht) und wir stoppen natürlich für ein paar spektakuläre Photos. Ein Wohnmobil mitten im Wattenmeer, das gibt es nicht so oft zu sehen. Zurück in Lindisfarne starten wir Richtung Westen, vorbei an Edinburgh und Glasgow weiter nach Adrossan. Der Plan ist, von dort mit der Fähre auf die Isle of Arran zu fahren. Leider ist dieser Plan grandios gescheitert, denn aktuell fährt nur die PKW Fähre, die große Fähre muss ins Dock. Was nun? Kurzentschlossen versuchen wir, die Insel vom Norden zu erreichen. Wir machen uns also auf den Weg entlang der Küste zur Fähre McInroys Point nach Hunter’s Quay. Jetzt haben wir Straßen wie wir sie in den ganzen Schottland Dokus gesehen haben. Mindestens 50% der Strecke sind sogenannte Single Lane Tracks, also einspurige Strassen, wenn Gegenverkehr kommt, muss einer in den sogenannten Passing Places anhalten, damit man vorbeikommt. Aber das klappt überraschend unproblematisch, die Schotten kennen es ja nicht anders. Die Landschaft ist atemberaubend, wir versuchen trotz Regen das ein oder andere Photo zu machen. Wir haben Glück und kommen gerade an, als die Fähre in Sicht kommt. Bereits nach wenigen Minuten können wir drauf rollen, und gut 10 min später sind wir bereits unterwegs. Die Fahrt ist kurz, aber mit über 40 £ dafür wirklich teuer. Weiter geht es nun zur nächsten Fähre in Portavadie. Bereits etliche Meilen vorher stehen Warnschilder, dass die Fähre aktuell nur eingeschränkt fährt, auf Grund des Wetters. Nun gut, wir probieren es einfach. Und auch hier haben wir Glück. Wieder sehen wir die Fähre auf den Anleger zukommen, als wir ankommen. Die Fähre ist winzig und hat Platz für 7 PKW. Da aber vor uns nur 4 PKW stehen, reicht der Platz noch für uns. Und obwohl diese Überfahrt mehr als doppelt so lang dauert wie die vorherige, zahlen wir weniger als 30 £. Zuerst wundern wir uns, warum die Überfahrten gerade teilweise entfallen – aber nach wenigen Minutenbekommen wir den Seegang zu spüren. Die Wellen schwappen über die Reling, die winzige Fähre wird übel hin- und hergeschaukelt. Aber egal, wir nähern uns unserem Ziel. Und ausserdem haben wir seit einer guten halbe Stunden Sonnenschein – wie schön! Als wir in Tarbert anlegen, ist es bereits 18 Uhr, daher entscheiden wir uns, heute nicht mehr bis Claonaig zu fahren, sondern einen Platz für die Nacht zu suchen. Wir sind ja mittlerweile in Schottland angekommen, das heisst wir dürfen stehen, wo wir wollen, sofern es nicht ausdrücklich verboten ist (no overnight camping). Aber die Frage stellt sich dann schliesslich gar nicht, da wir in Tarbert an einem traumhaft schönen Campingplatz vorbeikommen, und spontan anhalten und einen Platz dort buchen. Wir befinden uns am nördlichsten Zipfel der Kintyre Halbinsel, und der Blick aus Tatzel auf den Fjord ist umwerfend. Wir machen es uns gemütlich, geniessen eine heisse Dusche und nach einem leckeren Abendessen (und anschließenden Abwasch) heisst es Tagesbericht schreiben und mit der Planung für die kommenden Tage zu beginnen. Dazu gönnen wir uns einen sehr leckeren Kirschgin, so macht Urlaub Spaß.



Dienstag, 26. März 2024
Um Gas zu sparen, haben wir die Heizung aus und dafür den Heizlüfter auf kleiner Stufe mittels Thermostat laufen. Das klappt ganz gut, und wir verbringen unsere erste Nacht auf englischem Boden angenehm warm. Morgens starten wir mit dem üblichen Brioche Frühstück mit lecker selbst gemachten Marmeladen und Gelees. Dann starten wir Richtung Northumberland National Park. Peter hat eine tolle Wanderung auf dem Hadrianswall bei Outdooractivity gefunden, die wollen wir laufen. Startpunkt ist The Sill, das Touristinfo im Nationalpark. Es gibt dort einen großen Wohnmobilparkplatz, und für 10 £ wäre sogar möglich, dort die Nacht zu verbringen. Aber das haben wir eigentlich nicht vor. Wir informieren uns noch kurz in der Touristinfo, ob die geplante Route aktuell gehbar ist, da es die letzten Monate zu massiven Überschwemmungen in ganz England kam und auch Strassen teils weggeschwemmt oder zumindest beschädigt wurden. Aber es ist alles gut, der Weg ist frei, allerdings sehr schlammig. Wie sehr werden wir noch feststellen. Also ab zum Womo, und die Rucksäcke gepackt. Ausserdem ziehen wir uns sehr warm an, denn 3-4° C, dazu Wind und Regen, das ist echt kalt. Neben Mützen, Jacken und Regenjacken ziehen wir auch unsere dicken Handschuhe an, die haben eine integrierte Regenhülle. So gerüstet starten wir die 13-14 km lange Tour. Als erstes über die stark befahrene Strasse auf die andere Seite, dann immer bergauf. Vor uns geht ein Paar in langen Regenmänteln, und während wir noch ein gutes Stück vom Zugang zum Hadrianswall entfernt sind, können wir sehen wie beide durchs Tor gehen und er furchtbar im Schlamm ausrutscht und stürzt. Zum Glück ist ihm nichts passiert, aber er ist von oben bis unten voll Schlamm. Und er wird heute nicht der einzige bleiben, den wir verschlammt sehen. Nach dem rutschigen Teil über einen Acker geht es nun auf über schmale steile Steinstufen den Hügel hoch auf den Wall. Mein seit Tagen ramponierter Knöchel findet das nicht schön, aber wir sind nun mal zum Wandern hier. Also rauf, und immer schön vorsichtig. Und während wir raufkraxeln sieht Peter unten den Nächsten im Schlamm ausrutschen. Hoffentlich haben wir mehr Glück. Oben angekommen haben wir einen tollen Blick entlang des Walls, und nun führt die Wanderung einfach immer am Wall bzw. an Steinmauern entlang. Allerdings bleibt der Weg nicht oben, sondern es geht im Wechsel steil runter, durch eine Senke und wieder rauf. Den bekannten Sycamore Gap Tree – einer der meist photographierten Bäume Englands - können wir leider nicht mehr bewundern, er ist vergangenes Jahr aus unbekannter Ursache während eines Sturms gefällt worden, dazu gab es auch zwei Verhaftungen. Mehr ist bis jetzt nicht bekannt, nur der Baumstumpf ist noch da. Es gibt wirklich Idioten auf dieser Welt. Aber gut – wir machen etliche Photostops und nach gut 5 km über Fels, Wiese und Schotter geht es dann Richtung Military Road. Wir überqueren diese, und laufen weiter bis unterhalb einer beeindruckenden Villa. Dort rasten wir kurz, das heisst wir knabbern im Stehen ein paar Mini Salamis, essen jeder einen Schokoriegel, dazu ein Schluck aus den Trinkflaschen und weiter geht es. Nun kommen wir zu der Ausgrabungsstätte von Vindolanda. Wir haben nun bereits einige Stunden Marsch hinter uns mit diversen Regengüssen, und freuen uns auf eine kurze Pause im Museum bzw. im Museumcafé zum Aufwärmen sowie evtl. einer Nutzung der sanitären Einrichtung. Aber weit gefehlt, um das Café zu betreten muss man ein Ticket für das Museum lösen zu 12.50 £ / Person. Also grundsätzlich sind Ausgrabungen interessant, und bei 5 £ Eintritt wäre ja auch alles ok gewesen, aber zusammen 25 £ für ein Museum, das war uns tatsächlich zu viel. Also weiter Richtung The Sill. Nach weiteren 2 Stunden haben wir unseren Rundweg beendet. Und trotz Kälte, Regen, Schlamm und schwierigem Gelände war es wirklich toll. Die Landschaft ist atemberaubend, genau darum sind wir hier. Zurück bei Tatzel ziehen wir uns um und gehen auf die Weiterfahrt Richtung Lindisfarne. Die Route wird mit knapp 2 Stunden angezeigt, und die brauchen wir auch. Die Strecke ist schön, die Straßen sind schmal, aber breit genug, um bei reduzierter Geschwindigkeit aneinander vorbeizukommen. Zwischendurch tauchen immer wieder Burgruinen am Wegesrand auf, dann fahren wir an alten Herrenhäusern und riesengroßen verlassenen Gärten vorbei. Man fühlt sich oft 100 Jahre zurückversetzt in der Zeit. Es beginnt zu dämmern und wir nähern uns unserem Ziel – einem Campingplatz direkt vor Holy Island in Lindisfarne gelegen. Tja, wir kommen zwar auf den Platz, aber leider erreichen wir die Besitzer nicht. Rezeption und Restaurant sind geschlossen, ans Telefon geht auch niemand. Also fahren wir wieder runter und ein Stück des Weges zurück bis zu einer Tankstelle. Auf Nachfrage dürfen wir uns gerne hinter dem Gebäude für die Nacht hinstellen. Es ist vielleicht etwas laut, aber wir haben wenig Ansprüche und sind zufrieden. Als erstes gibt es ein kurzes telefonisches Update an Mutter zum heutigen Tag, dann koche ich schnell Abendessen. Nach dem Abwasch starte ich den Rechner und versuche mich kurz zu fassen, denn der Tag war anstrengend. Nachtrag zu gestern: wir haben noch nie so viele Fasane und Rebhühner gesehen wie in den letzten 2 Tagen… einfach unglaublich viele und unglaublich schön…



Montag, 25. März 2024
Der Check-In verläuft vollkommen unproblematisch, die einzelnen Schalter sind allerdings schlecht synchronisiert. Das heisst wir kommen gut durch den Check-In, stehen aber 1 Minute später am Zoll, der nicht besetzt ist. Es dauert knapp eine Viertelstunde, dann sehen wir zwei Mitarbeiter in gelben Warnwesten gemütlich vom Terminal Richtung Schalter laufen. Dann heisst es erneut kurz unsere Pässe zeigen, und wir kommen zur nächsten geschlossenen Schranke. Auch hier warten wir wieder einige Zeit, bis ein Mitarbeiter kommt, unsere Boardingpässe prüft, die Schranke öffnet und wir erneut gut 200 m voran kommen. Dann wieder eine Schranke sowie ein großes Tor. Nach wenigen Minuten kommt ein Lieferwagen, öffnet und signalisiert uns, dass wir folgen sollen. Und dann geht es tatsächlich auch direkt auf die Fähre. Wir sind auf Deck 3 zwischen den LKW’s, unsere Kabine ist auf Deck 10. Also heisst es Treppensteigen, denn nach der vielen Sitzerei haben wir keine Lust auf Aufzug. Oben angekommen müssen wir noch einmal das Schiff in voller Länge durchqueren, dann erreichen wir unsere Kabine. Sehr klein, aber frisch renoviert und wirklich nett gemacht. Es ist eine Innenkabine, aber das stört uns nicht. Dafür haben wir ein Doppelbett statt Stockbetten – dekoriert mit 4 großen dicken Kopfkissen und dazu eine große gemeinsame Bettdecke. Nicht zu vergleichen mit den spartanisch ausgestatten Kabinen bei TT-Line, bei denen die Kabinen immer runtergekommen sind, das Bettzeug geflickt oder löchrig ist, und die Dusche eher so naja. Ach ja, zusätzlich haben wir einen Wasserkocher und löslichen Kaffee sowie Tee, so können wir uns zum Frühstück quasi selbst versorgen. Nun heisst es erst einmal das Schiff erkunden, die Pride of Rotterdam ist quasi ein kleines Kreuzfahrtschiff. Es gibt 2 Kinos, jede Menge Bars – zum Teil mit Live Musik - mehrere Restaurants sowie einen Pub über 2 Ebenen. Dazu natürlich Shops für Duty Free sowie reichlich Aussenbereiche auf jedem Deck. Allerdings lädt das Wetter nicht wirklich zum Verweilen draussen ein, der Sturm bläst einen fast weg, dazu etwas Regen. Später dann steht der Mond (fast) voll am pechschwarzen Himmel, wirklich spektakulär. Trotzdem setzen wir uns lieber auf Deck 12 in die Bar, lauschen ein wenig dem Paar am Klavier, geniessen einen Gin Tonic und freuen uns auf unsere Reise. Gegen 23 Uhr sind wir zurück in unserer Kabine, und während Peter noch unter die Dusche geht, kuschel ich mich schon mal unter die Bettdecke. Im Bett spürt man den Seegang deutlich mehr, als wenn man durch das Schiff läuft oder in der Bar sitzt, das verspricht eine spannende Nacht zu werden. Zum Glück sind wir unempfindlich, wir werden zwar durch das Stampfen und Rollen des Schiffes immer wieder wach, unseren Magen lässt es zum Glück kalt und unbeeindruckt. Die geplante Ankunft nach deutscher Zeit in Hull ist 8.10 Uhr, nach britischer Zeit also 7.10 Uhr. Wir haben uns den Wecker gestellt, obwohl es auch hier 60 min vor der geplanten Ankunft - wie bei der TT-Line – den obligatorischen Weckruf für alle per Lautsprecheransage gibt. Schnell springen wir aus dem Bett, und während Peter den ersten Kaffee trinkt, tauche ich durch die Dusche. Dann packen wir unsere Siebensachen, und gehen langsam Richtung Duty Free. Denn wir haben am Vorabend zwei Flaschen Gin reserviert, da die Preise hier tatsächlich deutlich niedriger sind als bei uns. Und 8 Wochen sind ja eine lange Zeit, da können wir bestimmt abends ab und zu mal ein Gläschen trinken. Weiter geht es Richtung Treppenabgang. Um 7 Uhr wird das Tor geöffnet, dass die Fahrzeugdecks versperrt, und um 7.10 Uhr sitzen wir startklar im Tatzel. Allerdings sind wir fast die letzten, die das Schiff verlassen. Nun heisst es erneut den Zoll zu passieren, aber nach ein paar Fragen zur geplanten Reise und Aufenthaltsdauer sind wir nach wenigen Minuten aus dem Fährhafen raus. Peter hat sich sofort ins Linksfahren eingelebt und fährt, als hätte es nie etwas anderes gegeben. Ich sitze noch etwas zaghaft daneben und bin froh, dass ich nicht fahren muss. Als erstes fahren wir zum „The Deep“ Aquarium, allerdings nicht, weil wir das besichtigen wollen, sondern weil dort ein riesiger Parkplatz ist, und wir binnen Minuten bei der Scale Lane Swing Bridge sowie River Hull Tidal Barrier sind. Die Brücke ist einzigartig, da sie die weltweit einzige Drehbrücke ist, bei der Passagere auf der Brücke sein dürfen, wärend sie öffnet. Und das Fluttor beeindruckt durch seine schiere Größe. Als nächstes geht es weiter zum Lidl, einmal Vorräte auffüllen. Da wir auf der Fähre während der Überfahrt das Gas abdrehen mussten, haben wir vorsichthalber kein Fleisch oder TK Produkte eingepackt, das holen wir jetzt nach. Viele Produkte sind vollkommen identisch mit denen in Deutschland, aber es gibt natürlich auch britische Besonderheiten. Zum Beispiel Reispudding in Dosen, Walker Crisps (Chips in den wildesten Geschmacksrichtungen), Sausage Rolls etc. Wir machen einmal den Kühlschrank voll, und weiter geht es. Der Verkehr in Hull ist enorm, und besonders krass finde ich die endlich vielen Kreisverkehr, zum Teil sogar mit Ampelanlagen. Oft sind auch mehrere Kreisverkehre miteinander kombiniert, ein ganz schöner Wirrwarr, wenn man es das erste Mal sieht. Aber Peter schlängelt sich scheinbar mühelos durch, und routet uns noch zu einem Shopping Center, denn wir suchen einen Geldautomat. Beim zweiten Versuch haben wir Erfolg, und mit 300 Pfund in kleinen Scheinen geht es nun weiter Richtung North York Moors National Park, denn wir wollen ja wandern. Und die Strassen sind so, wie wir es in den Dokus gesehen haben – schmal, oft tatsächlich nur einspurig – unübersichtlich und Gefälle und Steigungen mit 14 und mehr Prozent sind keine Ausnahme sondern die Regel. Wir erreichen den Park, und machen unsere erste kleine Runde. Das Wetter ist very british mit Wind und Regen, aber das haben wir erwartet und wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen. Nach 1,5 Stunden sind wir zurück am Womo und weiter geht es Richtung Northumberland. Tatzel hat ganz schön was zu leisten, und der beste Ehemann von allen macht als Fahrer einen wirklich guten Job. Er muss oft ausweichen und auch mal zurücksetzen, als plötzlich ein Vierzigtonner in einer engen Kurve entgegenkommt. Nur einmal sind wir uns uneinig, als eine Strassensperre für HGV angekündigt ist. HGV heist Heavy Goods Vehicle, und wir wissen nicht , ob wir dazugehören oder nicht. Allerdings sind wir gerade, wie heute schon öfter, in einem Funkloch, und können das nicht weiter recherchieren. Also fährt Peter eine andere Route, die aber dann im nirgendwo endet. Also heisst es, rückwärts ca. 800 m einen steilen Berg wieder hoch fahren, und die Kupplung ächzt. Aber es geht alles gut, und schliesslich setzt sich mein Mann durch und fährt die für HGV gesperrte Strasse, was auch unproblematisch geht. Zum Schluss stellt sich raus, dass mit HGV LKW’s und wir als Wohnmobil trotz unserer 4T eigentlich nicht gemeint sind. Aber das haben wir erst später erfahren. Am späten Nachmittag machen wir uns auf die Suche nach einem Stellplatz für die Nacht. In England ist Wildcamping untersagt, also brauchen wir einen offiziellen Stellplatz. Viele sind jedoch noch geschlossen, nur für Mitglieder oder nur für Zelter oder oder oder. Gar nicht so einfach, hier etwas zu finden. Dann finden wir auf Google Maps einen Platz, der nett aussieht, in 20 min Entfernung ist und noch 40 min geöffnet sein soll. Also los zum Sharpley Camping. Wir kommen immer näher, aber es ist nichts beschildert - sehr seltsam. Noch einmal abbiegen, und immer noch kein Hinweisschild. Dann kommen wir an – ein Bauernhof und ein winziges vergilbtes Schild. Scheinbar sind wir richtig, allerdings ist die Tordurchfahrt nur unwesentlich breiter als Tatzel. Peter schlängelt sich durch, und wir stehen neben einer riesigen Wiese mit kleinen Campinghäusern, super schön gemacht – allerdings wirkt alles verlassen. Dann kommt auch schon der Besitzer der Farm angelaufen. Er hat noch gar nicht geöffnet, da die Wiese auf Grund der vielen Regenfälle komplett durchnässt ist und als Stellplatz noch nicht nutzbar ist. Aber wo wir schon mal da sind – und falls uns der Schotterplatz reicht auf dem wir stehen, dürfen wir gerne eine Nacht bleiben. 10 Pfund tauschen den Besitzer, dafür gibt es sogar noch Strom und auch eine Toilette ist vorhanden. Um am nächsten Morgen können wir noch unseren Wassertank auffüllen – was wollen wir mehr. Nach wenigen Minuten haben wir uns fertig eingerichtet, der Heizlüfter brummt, und wir rufen Mutter an, um ihr ein Update über den Tag zu geben. Dann koche ich, wir essen und nach dem Abwasch kümmert sich Peter um die Routenplanung und ich starte meinen PC für den Tagesbericht. Der erste Tag war schon ganz schön aufregend, aber die Betonung liegt dabei auf dem Wort SCHÖN.