Sonntag, 7. Oktober 2018
Heute kommen wir irgendwie nicht richtig in die Gänge und sind einfach total unschlüssig, was wir unternehmen sollen. Die Wetteraussichten sind für den gesamten Südwesten eher schlecht. Nur im Cottage zu hocken macht aber auch keinen Sinn. Nachdem wir dann eine Weile in unseren Reiseführer geblättert haben, entscheiden wir uns für einen Ausflug zu den Hraunfossar, eine Wasserfall-Gruppierung zwischen den Orten Reykholt und Húsafell. Wobei Húsafell nicht wirklich ein Ort ist, sondern nur eine Ansammlung von Sommerhäusern. Entstanden ist das ganze aus einer Künstlerkolonie des späten 19. Jahrhunderts ( und nein, ich hab nicht Geschichte Islands studiert, aber ich finde mich auf Wikipedia gut zurecht 😊). Da die Kaldidalur auf Grund von Schnee leider gesperrt ist, können wir die 550 nur bis zur Kreuzung mit der 52 fahren. Zwischendurch teilt sich die Straße auf einige Kilometer und wir entscheiden uns natürlich für den nicht asphaltierten Part. Wunderschön – wobei die Strecke zum Teil eher ein Track als eine Schotterpiste ist. Aber Dank Allrad kein Problem. Und auch auf der weiteren Strecke kommen zu unserem großen Vergnügen noch etliche Schotterpisten. Dann erreichen wir Reykholt. Hm, eigentlich soll der „Ort“ mehr als 350 Einwohner haben. Sieht aber ehrlich gesagt nicht mal nach 50 aus. Wie dem auch sei, weiter geht es zum Hraunfossar. Wir beeilen uns, denn das Wetter wird immer schlechter. Zum Glück sind es nur noch ein paar Kilometer. Wir sind gespannt, denn diese Wasserfälle sind besondere, da diese scheinbar direkt aus den Lavafelsen entspringen. Der Fluss Hvitá ist nicht zu sehen, da er bereits einen Kilometer vorher in den Lavafelsen versickert. Und erst an den Fällen tritt der Fluss in Form von über hundert kleinen und großen Wasserfällen wieder aus dem Gestein aus. Wir haben Glück und das Wetter hält sich noch. Wir laufen als erstes bis zum Barnafoss, ein wirklich schöner Wasserfall, nicht sehr hoch aber mit tollen Strudeln und einem milchigen Blau. Dann laufen wir weiter zum Hraunfossar. Wow, als hätte jemand einen Rasensprenger in den Felsen vergraben. Auf einer Breite von mehreren hundert Metern läuft, plätschert, rinnt und sprudelt das Wasser aus dem Basalt. Wir machen Photos aus allen möglichen Perspektiven, das ist wirklich mal etwas sehr besonderes und ich freu mich dass wir den doch weiten Weg gemacht haben. Dann geht es zurück zum Auto. Wir folgen erst noch der 518 und kommen an der Kreuzung vorbei, wo die gesperrte Kaldidalur Piste dazu kommt. Aber wie gesagt, die ist leider gesperrt. Also fahren wir an Húsafell vorbei und auf der anderen Seite der Fälle zurück. Wir überlegen, ob wir noch einen Abstecher zum Glymur machen sollen. Aber das Wetter wird immer schlechter, es schneit und stürmt. Wir entscheiden uns daher, doch lieber den direkten Weg Richtung Laugarvatn bzw. Austurey zu nehmen,und die Entscheidung erweist sich als richtig. Denn je weiter wir fahren um so schlechter wird das Wetter. Als wir gerade parken um die verschneite Landschaft zu photografieren , hält ein Ehepaar aus den USA und fragt ob wir Hilfe benötigen. Das nenne ich mal Hilfsbereitschaft! Wir tauschen uns kurz über die Strassenverhältnisse aus, dann geht es weiter. Der Wind peitscht und wo eben noch das Herbstlaub zu sehen ist, ist nun alles weiss gepudert. Und so verrückt es klingt, man kann den Flüssen und Seen fast zuschauen, wie sie zufrieren. Wo eben noch – 2 oder 3 Stunden vorher – ein Fluss vor sich hin plätscherte, sieht man jetzt dicke Eisplatten. Unglaublich wie schnell das geht. Am stärksten sieht man es am Sandkluftavatn. Auf dem Hinweg sah man ein bisschen Eis am Uferrand. Nun liegt auf dem gesamten See eine dicke Schneeschicht, das heisst da drunter hat es blitzschnell gefroren. Das ist das tückische am Wetter hier. Innerhalb von einer halben Stunde ist hier alles anders. Bis jetzt läuft aber eigentlich trotz des Wetters alles gut. Doch jetzt kommt ein Bereich mit erst 12% Steigung, dann 14% Gefälle. Mit dem Schnee auf der Strasse und überfrierender Nässe mache ich mir doch erst etwas Sorge. Aber Peter lenkt den Kia vorsichtig durch die Serpentinen rauf und runter. Und nur ein paar Kilometer weiter ist plötzlich der Winter vorbei. Es regnet und die Temperaturen sind kurz über null. Dann ist es wieder trocken. Doch bis wir letztendlich zurück in Austurey sind, wechseln sich Regen und Schnee dann doch noch ein paar mal ab. Gegen 19 Uhr sind wir zurück und uns erwartet unser kuschelig warmes Cottage. Als erstes mache ich uns einen Kaffee - und dann wartet meine Tastatur auf mich.



Die Sonne lacht, also planen wir für heute nochmal einen Ausflug zum Þingvellir. Nach der vielen Fahrerei in den Superjeeps die letzten Tage brauchen wir dringend etwas Bewegung. Also ein kleines Picknick eingepackt, dicke Jacken und dann los. Das Wetter ist wirklich grandios. Über die 365 geht es nach Westen an den Þingvallavatn. Dann im Norden um den See rum. Da die 36 auf Grund einer Baustelle gesperrt ist, wird der gesamte Verkehr über die 361 umgeleitet. Die ist jedoch größtenteils einspurig, so dass provisorische Ausweichbuchten angelegt wurden. Dumm nur dass die meisten Chinesen damit überfordert sind. Aber irgendwann haben wir uns durchgekämpft. Wobei der verkehr tatsächlich dichter ist als im Juni. Aber gut, wenn wir meinen wir müssen uns Island im Oktober anschauen, dürfen andere das halt auch – leider… Da die großen Parkplätze alle kostenpflichtig sind, haben wir uns für einen Parkplatz etwas ausserhalb entschieden. Bei dem tollen Wetter laufen wir gerne mal ein paar Schritte mehr. Aber auch wenn der Himmel strahlend blau ist, ziehen wir unsere dicken Jacken, Handschuhe und Mützen an. Denn es ist Herbst – und das bedeutet in Island das ein heftiger und vor allem schneidender Wind geht. Als erstes laufen wir zum Öxarárfoss, schon vom Parkplatz aus können wir ihn rauschen hören und er ist immer noch genauso wunderschön anzuschauen wie im Sommer. Dann gehen wir weiter durch die Schlucht mit ihren Basaltsäulen bis zum Trailhead. Überall zwischen den Felsen sieht man kleine Sträucher mit rotem Laub. Ich vermute dass es Heidelbeeren sind – bin mir aber nicht ganz sicher. Am Parkplatz des Trailhead ist Schluss, und so gehen wir wieder zurück. Vorbei am Öxarárfoss und am Lögberg hoch zum Parkplatz P1. Auch hier ist tatsächlich deutlich mehr los als im Juni, aber egal. Das wichtigstes für mich: Erstmal Kaffee wegbringen 😊 Danach kurz zum Aufwärmen ins Café und den Souvenirshop. Wir kapern uns einen Kaffee und stöbern ein wenig durch den Büchershop. Da ich das Buch über die Geologie Islands jetzt zum gefühlten 300 mal durchblättre, und es bei Amazon noch teurer ist als hier (ja, das ist tatsächlich möglich) nehme ich es mit. Und freu mich auf kalte Winterabende mit heissem Tee und einer tollen Lektüre. Peter findet die Zusammensetzung von Quarzen zwar nicht so interessant wie ich, aber ist jetzt ja auch mein Buch und nicht seins – ich finde es toll! Wobei seine Buchauswahl auch nicht schlecht ist – er hat sich für ein Buch über die Jólasveinar entschieden, die isländischen Weihnachtsmänner (dreizehn an der Zahl) oder vielmehr Weihnachstrolle. Ich bin gespannt auf die Geschichte! So, aufgewärmt und gut gelaunt geht es nun rüber in das Tal bzw. zur Þingvallakirkja. Das haben wir das letzte mal nämlich nicht mehr geschafft. In einem großen Bogen geht es dann zurück, vorbei an der Silfra Verwerfung – dort am anderen Ende sind wir letztes Mal geschnorchelt. Dann sind wir am Auto. Juchhu, waren nämlich alles in allem doch gut 12 oder 13 km, und gefühlt durchgehend Gegenwind - fast wie an der Ostsee! Da es noch zu früh ist, um zum Cottage zurück zu fahren, entscheiden wir uns für eine etwas verlängerte Heimreise. Wir umfahren den See an seiner Westseite, dann biegen wir ab auf die 435 Richtung Kraftwerk Nesjavellir. Der Ausblick über den Þingvallavatn ist von dort grandios. Ich bin mal gespannt, wenn wir daheim unsere Juni Photos mit denen von heute vergleichen. Dann geht es weiter über die 360, 350 und 35 bis Selfoss. Wir tanken - und da es noch etwas dauert bis wir zurück in Austurey sind, gönnen wir uns als Abendessen den ersten Burger des Urlaubs. Dann geht es langsam zurück und ein wirklich schöner Herbsttag ist zu Ende.