Sonntag, 13. Juni 2021
Wie angedroht hat gegen 5 Uhr Regen eingesetzt. In meinen Gedanken sehe ich Tatzel schon im Morast einsinken. Aber vermutlich mache ich mir mal wieder zu viele Gedanken. Um 8 Uhr geht der Wecker, unsere übliche Urlaubs-Aufstehzeit. Ich koche Kaffee, decke den Tisch und nach dem Frühstück kramen wir alles zusammen. Dann geht es los. Ich gehe zu Fuss voraus, denn auf dem ersten Stück steil bergauf ragt ein Fels in die Spur. Und ich stelle mich als Markierung drauf, in der Hoffnung dass mich mein Mann nicht über den Haufen fährt. Tut er nicht, und clever wie er ist bleibt er auf dem Gas und wartet erst oben auf der Kuppe auf mich. So hab ich bereits etwas Frühsport. Dann geht es noch mal vier spannende Kilometer über bzw. durch schlammige Wege. Dann erreichen wir wieder die Husky Farm. Erik und Sandra freuen sich, dass wir tatsächlich trotz des teils strömenden Regens gekommen sind. Und wir bekommen als Dankeschön ein extra tolles Erlebnispaket. Als erstes zeigen sie uns die Zwinger mit ihren 36 Alaskan Huskys, jeweils zwei Hunde teilen sich einen Zwinger. Dazu gibt es ein riesiges Freigelände. Dort werden aber nie alle gleichzeitig freigelassen, sondern immer nur 6-8 Huskys. Die Hunde freuen sich, endlich mal wieder fremde Menschen zu sehen. Die Besitzer erzählen uns dass ein wirklich schlimmer Nebeneffekt der Corona Situation ist, dass die Hunde mittlerweile nervös auf Gäste reagieren weil sie es gar nicht mehr gewohnt sind. Im letzten Zwinger den wir uns anschauen ist ein Weibchen mit 3 süßen Welpen, 7 Wochen alt. Zusammen mit Erik und Sandra sitzen wir sicherlich eine viertel Stunde mit den Welpen auf dem Boden und erfahren einiges über die beiden und wie sie aus den Niederlanden nach Nordschweden gekommen sind. Nun geht es ins große Freigeländer in der Mitte. Da die Hunde sich ja regelmäßig auspowern müssen, werden nun 8 Huskys ausgewählt und freigelassen. Einige Minuten ist riesiges Gebell und Getobe zu hören, die Hunde springen, raufen und rennen. Aber schnell kehrt Ruhe ein und die Hunde kommen erst mal zu uns und wollen gekrault werden. Also naja, scheinbar wollen die nicht nur gekrault sondern halbtot geschmust werden. Das hätte ich ja nicht erwartet! Nach einiger Zeit geht es dann für die Bande zurück in ihre Zwinger. Jeder Zwinger hat übrigens zwei Futterplätze, einen großen Schattenplatz sowie eine große Hütte mit zwei getrennten Kammern. Nun holt Sandra den Wagen rein und legt die Zugleine für 10 Hunde aus. In den Zwingern merkt man die Vorfreude und die Aufregung, wer nun mit darf. Erik zeigt uns ihre Übersicht, auf der sie immer sehen welcher Hund wann Auslauf hatte, mit dem Trainingswagen unterwegs war usw., so dass keiner zu kurz kommt und alle mal Auslauf hatten und auch mal eine längere Strecke rennen konnten. 10 Hunde werden ausgewählt, und dann bekommen wir erklärt wie man das Geschirr anlegt. Das geht recht fix und binnen 10 min sind alle Hunde angeleint. Und wir fühlen uns fast wie beim Iditarod, man merkt die freudige Erregung bei der Meute. Schnell setzen Peter und ich uns auf den Schlitten, Sandra öffnet das große Tor, und als Erik die bremsen löst und ?Hike? ruft prescht das Gespann los. Die Hunde haben Spaß und man merkt eine irre Energie. Die Tour geht zuerst Richtung See, so wie wir gestern mit dem Womo gefahren sind. Dann stoppt Erik den Wagen, und wir geben den Hunden Wasser. Wir fangen bei den beiden Leithunden an, so sehen alle immer den Wassernapf und wissen dass sie nicht vergessen wurden und noch drankommen. Pro Hund halten wir den Wassernapf ca. 10 s hin, sonst würden sie zuviel trinken, was ihnen nicht gut bekommt. Spannenderweise muss man gar nicht groß mitzählen, die Huskys sind derart gut trainiert dass (fast) alle selbst nach 8-9 s stoppen. Dann geht es weiter und Peter darf die Rolle des ?Mushers?, also des Fahrers übernehmen. Er bringt uns sicher wieder zurück und wäre vermutlich gerne auch noch weiter gefahren. Und ja, natürlich habe ich Beweisphotos gemacht. Nun falls er nach seiner Pensionierung in 2 Jahren vielleicht noch eine Karriere als Hundeschlittenführer anstrebt. Nach unserer Rückkehr heisst es die Hunde wieder auszuspannen, dann können sie sich noch etwas im Freigelände erholen und dann flitzen alle auch schon von selbst zurück zu ihren Zwingern und warten drauf, das wir sie wieder reinlassen. Vermutlich ist ihnen klar, dass nun die Fütterung kommt. Und tatsächlich kommt Sandra mit ihrem Bollerwagen, auf dem eine große Weithalstonne mit einer Mischung aus Trockenfutter, Fleisch und Wasser steht. Jeder Husky bekommt eine Schöpfkelle voll in seinen Napf und bald ist nur noch zufriedenes Schmatzen zu hören. Nun heisst es langsam Abschied nehmen. Wir wünschen den beiden noch alles Gute und viel Erfolg mit ihrem Unternehmen, dass den wirklich lustigen Namen Yellow Snow Husky Tours trägt. Wir dürfen noch kurz unseren Wasserkanister auffüllen, und dann machen wir uns auf den Weg nach Kiruna. Es regnet immer noch, und er wird stärker und stärker. Ein Schnellboot wäre langsam echt eine Option. Auf den schlechten Strassen steht das Wasser in den Spurrillen zentimeterhoch und Peter versucht so gut es geht daneben zu fahren. Je weiter wir nach Norden kommen, umso mehr nimmt der Verkehr ab. Aus den Augenwinkeln sehen wir auf einem Parkplatz bei der Vorbeifahrt das Schild Polarcirkelen Napapiiri. Auch wenn es nicht das erste Mal ist das wir jenseits des Polarkreises sind, ein Photo muss sein. Also wendet Peter schnell das Womo, und es geht zurück zum Parkplatz. Dort machen wir ein Erinnerungsphoto und weiter geht es im Land der (aktuell) nicht untergehenden Sonne. Kurz danach erreichen wir die Grenze zu Lappland. Auch da reagieren wir zu langsam um das Schild zu photographieren. Und nochmal wenden in drei Zügen auf der Landstraße, denn auch das muss ins Photobuch. Nun passiert nichts spannendes mehr. Am frühen Abend erreichen wir Kiruna. Wir hatten gehofft etwas von dem riesigen Erzbergwerk sehen zu können, wenigstens einen Teil der Grube oder so, aber Fehlanzeige. Dass Besichtigungen aktuell nicht möglich sind, wussten wir schon. Aber das ganze Gebiet ist Firmengelände der LKAB und abgeriegelt, und das einzige was man sehen kann sind riesige Abraumhalden. Ansonsten bleiben uns von Kiruna nur fürchterliche Straßen in Erinnerung, mit Schlaglöchern so groß dass man einen Audi A1 drin verstecken kann. Wir lassen Kiruna hinter uns und fahren nach Nordwesten bis zum Torneträsk. Dort suchen wir uns einen Stellplatz für die Nacht. Der erste Platz ist so in der Wildnis, dass wir nach einem guten Kilometer wenden müssen. Das bringt selbst meinen Mann zum schwitzen, was nicht oft passiert. Doch alles geht gut und nach wenigen Kilometern finden wir doch noch einen wunderschönen Platz direkt am Meer. Wir richten uns gemütlich ein, zum Abendessen gibt es die rechtliche Currywurst und Spiegelei mit Brot. Und während ich am Tippern bin bricht der Himmel auf und die Sonne ergiesst sich über den See. Vielleicht haben wir ja tatsächlich Glück und sehen die Mitternachtssonne. Und wenn nicht heute dann vielleicht die nächsten Tage. Denn hier geht die Sonne die nächste Zeit nicht mehr unter.