Montag, 13. Juni 2022
Statt mit Lesen und Rätseln verbringen wir den Abend mit der Planung der nächsten Tage. Wir versuchen im Nationalpark Jotunheimen ein paar schöne Wanderwege zu finden, aber die meisten Trails sind mehrtägige Wanderungen. Die offizielle Website der Nationalparks ist auch nicht so richtig ergiebig. Irgendwann finden wir dann drei Wanderungen und in der Nähe dann auch (hoffentlich) Parkmöglichkeiten. Google Maps ist da wirklich immer sehr hilfreich. Aber noch sind wir ja im Rondane Nationalpark. Und schon wieder ist Mitternacht durch, irgendwie wird es jeden Abend recht spät. Wir gehen ins Bett, Peter stellt die Heizung vorher wie jeden Abend auf 12° ein. Und die Nacht ist so kalt, dass die Heizung tatsächlich zwischendurch anspringt. Der Morgen weckt uns jedoch mit Vogelgezwitscher, strahlendem Sonnenschein und satten 21° im Womo. Die Sonne heizt unseren Tatzel wirklich gut auf, das kommt uns im hohen Norden natürlich entgegen. Heute wollen wir einen 11 km langen Rundweg laufen. Wir starten quasi direkt am Womo, als erstes geht es einen breiten geschotterten Weg steil bergauf. Der Weg ist auch gleichzeitig Fahrstraße, das war uns nicht so klar. Kurz nach dem Start kommen wir an eine Schranke, hier sind nochmal 30 NOK fällig, um zu einem Parkplatz auf der Hochebene zu kommen. Aber wir sind ja zu Fuß unterwegs. Aber es nicht viel los- bis auf die norwegische Langlauf-Nationalmannschaft, die hier gerade ein Training veranstaltet. Uns überholen immer wieder Gruppen auf Skirollern, also quasi Langlaufskiern mit Rollen. In jeder Gruppe gibt es einen Trainer / Anführer, der das Tempo und die Reihenfolge der Läufer vorgibt. Heftig, wir tun uns schon schwer den steilen Berg einfach raufzuwandern. Der Weg ist zwar schön, die Landschaft toll, aber da das ganze ja noch Strasse ist (wenn auch Schotterpiste) ist es nicht allzu spannend zum Laufen. Wir traben gemütlich vor uns hin, ab und zu kommt mal ein Fahrzeug, unter anderem die Servicefahrzeuge der Mannschaft, die den Läufern andere Stöcke zum Fenster raus reicht und zwischendurch Läufer absetzt. Warum ein paar Läufer erst ?zwischendrin? starten wissen wir nicht. Nachdem wir bei purer Sonne gestartet sind, zieht sich der Himmel immer mehr zu. Wir erreichen einen Wanderparkplatz, auf dem die Hölle los ist. Gut das wir gar nicht erst versucht haben mit unserem Womo bis hier hin zu fahren, hier hätten wir eh nicht parken können. Und kurz hinter dem Parkplatz ist eine Schranke und dann geht es nur noch zu Fuss oder per Rad weiter. Hier treffen wir auch wieder die Nationalmannschaft. Die haben mittlerweile alle ihre Skiroller in den Begleitfahrzeugen verstaut, sich einen kleinen Rucksack geschnappt und joggen nun weiter Richtung Rondeslotte, den höchsten Berg im Rondanegebirge. Als erstes starten die Männer, die Frauengruppe mit ca. 10 min Abstand. Jetzt hat es tatsächlich angefangen zu regnen. Nicht zu stark, aber so dass es ungemütlich ist. Aber davon lassen wir uns nicht die gute Laune verderben. Wir holen unsere Jacken aus den Rucksäcken, Kapuzen auf und weiter geht es. Jetzt erreichen wir einen Platz mit Infotafeln zum Nationalpark und einem Gedenkstein. Wir halten uns links und erreichen nach kurzer Zeit eine kleine Brücke an der Storula, einem großen Bergbach. Hier haben wir auch den höchsten Punkt unserer Wanderung erreicht, von nun an geht es bergab. Gute 5 km liegen hinter uns, genauso viel noch vor uns. Wir müssen jetzt zwar nicht mehr bergauf gehen, dafür wird der Weg nun eher zum Pfad. Die Storula rauscht neben uns dahin, wir bleiben immer wieder stehen, denn alle paar Meter verändert sich die Landschaft. Von der Hochebene geht es nun wieder in tiefer gelegenes Gebiet. Eben gab es nur Moose und Flechten zwischen den Felsen, nun kommen erste niedrige Sträucher wie z. B. Heidelbeeren. Immer wieder müssen wir den Pfad verlassen, um große Pfützen zu umgehen. Im Großen und Ganzen folgen wir aber einfach immer dem Lauf der Storula. Von der Ferne hören wir ein beginnendes Rauschen, wir nähern uns dem ersten Wasserfall. Spektakulär, denn eigentlich rauscht der Bergbach direkt in zwei Wasserfällen parallel runter. Zuerst gehen wir auf die gegenüberliegende Seite und machen diverse Photos. Dann entdeckt Peter, dass man auch direkt runter zum Flussbett klettern kann. Und es sieht auch gar nicht so schwierig aus. Also gehen wir nochmal ein Stück zurück und klettern an den Fuss der Wasserfälle, direkt gefolgt von einem zweiten Paar. Der Blick von unten ist natürlich auch beeindruckend. Aus Steinen hat jemand dort eine Art Sitzplatz gebaut, da man dort sehr geschützt vor dem Wind ist, nutzen wir das direkt für eine kleine Pause und picknicken. Gestärkt schnappen wir uns unsere Rucksäcke und klettern den Pfad wieder rauf. Oben geht mein Mann nochmal auf die Seite des Wasserfalls, und ich mache Photos von der gegenüberliegenden Seite. Aber nun genug Bilder gemacht, wir haben noch einige Kilometer vor uns. 11 km in Summe klingt nicht viel, aber es ist ein Unterscheid ob man 11 km durch einen Park Lustwandelt oder diese Strecke klettert und kraxelt. Wir kommen immer tiefer und kurz darauf erreichen wir ein kleines Birkenwäldchen. Also nicht mit hohen schmalen Birken wie wir das von uns kennen, sondern ganz niedrigen, knorrige Birken die gerade erst anfangen auszutreiben. Und je tiefer wir kommen, umso weiter ist die Vegetation. Der Weg ist wieder breit geworden, es gibt einige Häuser in der Umgebung. Dann erreichen wir eine Holzbrücke, die nagelneu gebaut ist. Die Brücke ist eindeutig auch für Fahrzeuge und hier sind ja auch Autos, da es Häuser gibt. Aber am gegenüberliegenden Ufer ist nur noch Moor und der Weg wird zum Trampelpfad bzw. führt über Holzplanken, also nutzt es nichts wenn die Autos nur bis AUF die Brücke kommen und nicht weiter. Aber da wird sich schon jemand was bei gedacht haben. Unser Weg führt auf jeden ans andere Ufer, weiter am Wasser entlang. Dann geht es nochmal über ein kleines Brückchen, das allerdings nur über ein Bächlein führt. Die Storula fliesst immer noch rechts neben uns. Nun gibt es nochmal Wegweiser, und wir folgen den Schildern zum Storula Wasserfall. Komisch, es soll noch 1 km bis dahin sein, aber wir können schon eindrucksvoll das rauschen und donnern des herabstürzenden Wassers hören. Und tatsächlich, nur wenige Meter weiter ergiesst sich der Bergbach in die Tiefe. Und 100 m weiter wieder und wieder. Und in Summe besteht dieser gigantische und nicht enden wollende Wasserfall aus 6 Kaskaden auf einem knappen Kilometer Länge. Wer braucht schon die Viktoriafälle, das hier ist wirklich unglaublich. Nun kommt kurz die Sonne raus und es bildet sich im untersten Strudel ein kleiner Regenbogen. Schnell ein Photo, und dann meint auch der Himmel wir haben genug Bilder für einen Tag und aus der Sonne raus öffnen sich die Schleusen. Weiter geht der schmale Steig aus Felsen und Wurzeln, dann sind wir urplötzlich aus dem Wald raus und wieder im ?Dörfchen? in dem wir gestartet sind. Noch die Straße rauf und wir sind wieder am Parkplatz. Ich bin froh, denn ich bin echt geschafft, auch wenn der Weg wirklich gelohnt hat. Nun heisst es aber erst mal Espresso kochen, ein Stück Kuchen und dann den Tag gemütlich am Grill ausklingen lassen ? die Sonne ist übrigens für den Moment zurück, das sollten wir ausnutzen.