Freitag, 17. Juni 2022
Nachtrag von gestern: Nach ca. 4 km werden wir von einem jungen Mann überholt, der einen riesigen Rucksack trägt. Rastazöpfe fünfmal um den Kopf geknotet, riesige Tunnel in den Ohrläppchen, drei-viertel lange Hose, und ein Tempo dem man anmerkt, dass er oft weite Strecken läuft. Er grüßt freundlich, und weg ist er. An der Vetti Hütte treffen wir ihn dann wieder, wie er gerade sein Gepäck etwas umräumt. Alle Wertgegenstände wandern in einen kleinen Rucksack, dazu nimmt er eine große Kamera, den großen Rucksack lässt er einfach an die Hütte gelehnt stehen. Wir kommen ins Gespräch, er ist aus Deutschland und durchwandert gerade Norwegen. Allerdings nähert sich seine Reise dem Ende. Er will jetzt mit kleinem Gepäck an den Fuß des Wasserfalls, dann mit großem Gepäck an die Spitze des Wasserfalls und von da weiter auf der Hochebene durch den Jotunheim Nationalpark. Danach will er zurück bis Oslo wandern und am 25.06. geht sein Flug zurück. Respekt, das ist wirklich eine Leistung. Aber das war auch das einzige was ich gestern vergessen habe zu berichten. Nun zum heutigen Tag. Eigentlich wollten wir den Campingplatz in Utladalen noch 1 Nacht verlängern und uns einfach mal einen faulen Tag machen. Aber irgendwie schaffen wir das nicht so richtig. Also packen wir doch zusammen und fahren nach Flǻm. Aber natürlich wieder nicht auf dem direkten Weg. Der würde über die E16 und durch den längsten Strassentunnel der Welt führen. 24, 5 km ? das ist schon wirklich lang. Aber da sieht man nichts, also fahren wir die alte Route, die sogenannte Schneestrasse. Den Namen hat sie bekommen, weil bis in den Sommer hinein riesige Schneemassen neben der Strasse liegen. Und tatsächlich, die Schneemauer rechts und links neben der Fahrbahn ist zum Teil höher als Tatzel, das ist unglaublich. Die 48 km lange Strecke führt uns wieder bis auf mehr als 1.300 m hoch. Zum Teil ist die Strecke wieder nur etwas mehr als einspurig, dementsprechend gibt es immer wieder Ausweichbuchten. Aber die meisten Fahrer wissen was auf sie zukommt, wenn sie eine solche Strasse fahren, und fahren sehr vorausschauend. Allerdings haben wir dann zwei Mietwagen mit vermutlich südamerikanischen Touristen. Ein Tesla und ein E-Jaguar, und die haben echt keine Ahnung vom Autofahren. Zum einen fahren sie mit gerade mal 20 km/h, in den Serpentinen halten sie fast an, obwohl wir selbst mit unserem Dickschiff gut durchkommen. Nach einem Photostop haben wir dann den Tesla vor und den Jaguar hinter uns. Und der Jaguarfahrer versteht nicht, dass man auf Passstraßen Abstand halten sollte. Denn wenn wir in eine Ausweichbucht fahren um den Gegenverkehr durchzulassen, und er steht direkt hinter uns auf der Strasse, dann klappt das Ausweichmanöver nicht mehr wie geplant. Naja, irgendwann lernt er es vielleicht. Die Landschaft ist auf jeden Fall mal wieder unglaublich, und es gibt ein paar größere Parkplätze, wo wir rausfahren. Der bekannteste ist sicherlich der Aussichtspunkt Stegasteinen. Dort kann man auf einer großen Plattform direkt über den Fjord blicken. Allerdings ist da auch die Hölle los, denn von Flǻm aus fahren sogar große Reisebusse dahin. Naiv wie ich bin denke ich mir, dass damit ja das schlimmste an Strasse vorbei sein muss wenn hier sogar zwei dicke Reisebusse stehen. Aber gefehlt, jetzt wird es erst richtig interessant. Doch mein getreuer Fahrer alias mein Ehemann schaukelt uns geduldig und langsam durch die Serpentinen, und nach kurzer Zeit haben wir einen der beiden Reisebusse vor uns. Wir halten viel Abstand, damit wir keine Blockade erzeugen, und tatsächlich haben wir Glück und bei Gegenverkehr ist auch immer eine Bucht zum Ausweichen in der Nähe. Dann erreichen wir den Touristenort Flǻm und schon von weitem sehen wir natürlich das fette Kreuzfahrtschiff im Hafen liegen. Die Rotterdam, ein Schiff der Holland America Line. Schon krass, wenn ein Schiff mit mehr als 2.600 Gästen in einem Dorf mit etwas mehr als 400 Einwohnern anlegt. Aber nun gut, die leben da auch ganz gut davon. Dementsprechend ist auf jeden Fall viel los, dazu kommen ja noch Touris wie wir die mit Wohnmobilen unterwegs sind und ungezählte Reisebusse. . Tagsüber ist parken in der Stadt übrigens gar kein Problem, bis 22 Uhr darf man in der ?Stadt? überall stehen. Mal schauen was wir heute Nacht machen. Für den Zeitraum Samstag bis Montag haben wir einen Stellplatz auf dem Campingplatz am Ort gebucht, aber für heute Nacht hatten die nichts frei. Jetzt geht es erst mal zur Touristinfo und zum Ticketschalter, denn wir wollen heute Nachmittag noch eine Fjord-Kreuzfahrt machen. Also buchen wir als erstes die Tickets für die Bootsfahrt, die dauert gut 4,5 Stunden und führt von Flǻm nach Gudvangen und wieder zurück. Da morgen noch ein Kreuzfahrtschiff anlegt, planen wir unsere Fahrt mit der Flǻmbahn erst für Sonntag ein. Wobei es da eine Änderung gab. Laut Hafeninfo sollte eigentlich die Queen Mary 2 anlegen, aber der wird die Einfahrt verwehrt da sie die Umweltauflagen mit ihren Motoren nicht einhalten kann. Stattdessen legt nun die MS Deutschland an. Wie auch immer, es wird morgen wieder voll. Daher buchen wir für Sonntag, 10.15 Uhr und gleichzeitig auch die Mitnahme unserer Fahrräder. Dann haben wir die Option dass wir komplett zurück radeln, das sind 20 km. Alternativ radeln wir 2 km bis zur Zipline, lassen uns gut 1,5 km an einem Seil ins Tal schiessen und unsere Räder kommen hinterher, und radeln dann die restlichen nicht mehr ganz 17 km zurück zum Campingplatz. Aber ob Zipline oder nicht entscheiden wir spontan und wetterabhängig. Also haben wir jetzt Tickets und müssen nur noch die Zeit totschlagen bis das Schiff geht. Als erstes gehen wir in das Souvenir- und Outdoorgeschäft, aber da treten sie sich gerade gegenseitig tot, Nach 2 min sind wir wieder draussen. Dann laufen wir lieber noch eine Runde durch den Regen. Und um 15 Uhr können wir dann auch an Bord der ?Future of the Fjords? gehen und dann beginnt die Fahrt durch den Nærøyfjord. Das Wetter ist grottig und das Schiff brechend voll. Aber wir haben eine gemütliche Dreiersitzbank und lassen uns die Laune durch den Regen nicht vermiesen. Um 15.20 Uhr legt das Schiff lautlos ab ? natürlich hat es einen reinen Elektroantrieb. Und so gleiten wir 2 Stunden hin und 2 Stunden zurück fast lautlos durch den Fjord. Wir sitzen direkt am Fenster und können trotz Regen die tolle Landschaft geniessen. Die Gipfel steigen bis zu 1.800 m auf, hunderte, tausende Wasserfälle ergießen sich in den Fjord. In Gudvangen steigen fast alle Passagiere aus, und wir bleiben nur mit einer Handvoll anderer Gästen zurück. Dann wird das Wetter auch noch besser, und so endet die Fahrt gut gelaunt und mit einem Haufen schöner Bilder. Dann geht es zurück zum Womo. Die Touristinfo gab uns den Tip, dass man auf der anderen Seite vom Fluss auf einem Schotterparkplatz auch über Nacht stehen darf. Und tatsächlich ist das Parkverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr durchgestrichen. Der Boden ist sehr schlammig, aber weiter hinten auf dem riesigen Areal ist etwas Schotter, da stellen wir uns hin, ausnivellieren, Tür zu und Feierabend. Wenige Minuten später rollen zwei weitere und dann ein drittes Wohnmobil auf den Platz. Mal schauen wie viele es noch werden. Nun schnapp ich mir den Rechner und tipper den Tagesbericht, und danach heisst es dann mal Abendessen, wir haben gleich 22 Uhr.