Mittlerweile ist der achte Tag unsere Schwedenreise angebrochen. Und noch immer lacht uns die Sonne. Wenn das so weiter geht werden wir noch zu echten Sonnenanbetern. Eigentlich wollen wir heute eine Tour bis ganz in den Süden der Insel machen, Gesamtetappe etwas über 40 km. Aber die Radelei gestern hat bei mir ihre Spuren hinterlassen. Ich habe eine dicke Beule am Gesäß vom radeln und weiss nicht ob ich heute nochmal so eine lange Tour machen will. Also entscheiden wir uns, einen faulen Tag zu machen. Wir lassen uns bei allem Zeit, ich koche uns eine ganze Kanne Kaffee und wir setzen uns in die Sonne. Doch irgendwie ist stillsitzen nicht so unseres. Also probiere ich eine Kombi aus Radler-Unterwäsche und Radlerhose und fahre ein paar Proberunden über den Platz. Tut weh, ist aber auszuhalten. Für die ganz große Runde ist es nun schon etwas spät, also müssen wir umdisponieren. Peter schnappt sich die Tourenkarte und schlägt eine Route mit ca. 20 km vor. Los geht es bei uns direkt über den Strand bis zum Leuchturm. Dann wollen wir weiter am Strand von Norsta Auren entlang bis Skär, weiter am Nordersand und über Sudergarda zurück. So lautet zumindest der Plan. Peter wirft sich nun auch in die Radlerklamotten, schnell etwas zu trinken in die Rucksäcke, ein paar Kekse eingepackt und los geht es. Der Anfang ist ok, der Sand bei uns am Strand ist feucht und fest, wir kommen mit den Rädern gut durch. Doch dann wird der Strand immer schmaler und felsiger und wir kommen mit den Rädern nicht mehr weiter. Nun heisst es schieben. Am Waldrand sehen wir eine Art Feldweg. Doch der ist leider nicht fest sondern besteht aus feinem tiefen Sand. Nun beginnt ein Wechsel aus schieben, fahren, im Sand stecken bleiben, weiterfahren, schieben und zwischendurch viel fluchen. Wobei uns die tolle Landschaft für vieles entschädigt. Wir kommen an einer alten Windmühle vorbei, mittlerweile allerdings ohne Flügel, ausserdem scheinen oben im Turm Schießscharten zu sein. Wir recherchieren später noch das es die Windmühle vom Kap Hajmariv ist - aber mehr leider auch nicht. Hier beginnt jetzt ein Stück coole Mountainbike-Strecke. Im engen Slalom windet sich ein schmaler fester Weg zwischen den Bäumen durch. Oft müssen wir uns unter den Zweigen durch ducken, manchmal soweit das unsere Nasenspitzen den Fahrradcomputer berühren. Und wenn man den Zweigen der blühenden Kiefern doch zu nahe kommt geht ein riesiger Pollennebel auf uns herab. So etwas habe ich bei uns noch nie gesehen. Nun sind wir wieder direkt an der Küste, und hier oben steht eine alte Rattansitzbank. Dort machen wir eine kurze Rast und schauen nochmal auf Google Maps, wie wir nun doch auf die Strasse kommen. Denn auch wenn wir jetzt einen knappen Kilometer radeln konnten, den Großteil der bisherigen Strecke haben wir durch Sand oder über Felsen geschoben. Ok, wir haben Empfang und laut Google sollen wir ca. 1 km vor dem Leuchtturm die Strasse erreichen. Wir kämpfen uns durch und tatsächlich, keine 100 m nachdem wir zwischen den Bäumen rauskommen steht das Schild: Fyr 1 km. Schnell bekommen wir wieder Tempo drauf und sind ruckzuck beim Leuchtturm. Nur schade dass der scheinbar mittlerweile in Privatbesitz ist. Wir können ein paar Photos machen, aber rein kommt man nicht. Und auch der Strand besteht nur aus großen Felsen und lädt nicht gerade zum verweilen ein. Also schwingen wir uns wieder auf die Räder und fahren weiter. Wir lassen Norsta Auren rechter Hand, fahren durch Skär und oberhalb vom Nordersand mit seinem breiten Sandstrand. Es gibt zum Glück nur wenig Verkehr und so können wir auch die Fahrt auf der Strasse geniessen. In Sudergarda halten wir als erstes an der Hembageri. Das ist eine Hausbäckerei (laut Übersetzer) und auf den ersten Blick denke ich dass die schon geschlossen hat. Ja, fast richtig. Aber Peter liesst das Schild an der Tür zum Glück nochmal und reimt sich das schwedisch so zusammen, dass man hinten zur Terrasse gehen soll. Tja, und dann finden wir ein typisches schwedisches Phänom: das Urvertrauen das alle Menschen ehrlich sind. Denn die ganze Terrasse ist vollgestellt mit großen Tischen und darauf stehen Körbe voll mit Brot, Gebäck, Kuchen, süße und deftige Leckereien - einfach alles gibt es dort. Dazu große Pumpkannen mit heissem Kaffee, und einen Kühlschrank mit Krabben, Belag für aufs Brot, Butter, Margarine, Salat, Kaltgetränken und und und. Die Bezahlung erfolgt entweder in bar in einen alten Margarinetopf oder per Swisch, einer App zum bezahlen. Wir haben Glück und vor uns ist nur eine Dame. So können wir uns in Ruhe all die Leckereien anschauen und nehmen dann ein (hoffentlich) süßes Brot mit fürs Frühstück, denn unser Brioche ist fast alle. Mal schauen ob es das auch ist und wir nicht aus Versehen ein Olivenbrot erwischt haben. Gerade als wir unser Geld in den Margarinetopf gesteckt haben, kommen vier Autos gleichzeitig an. Schnell schwingen wir uns wieder auf die Räder und fahren ein paar hundert Meter weiter zum ICA und gönnen uns ein Eis, das haben wir uns heute auch verdient. In Summe sind es zwar nicht die ursprünglich geplanten 40 km geworden sondern nur 20 km, aber die haben wir uns zum Teil hart erkämpfen müssen. Zurück am Womo ist Espresso-Zeit. Dann geht es erst mal zum duschen. Der Campingplatz hat sich etwas gefüllt, morgen ist in Schweden Nationalfeiertag und hier sind einige schon kräftig am feiern. Der Rest des Abends verläuft entspannt: leckeres Grillen, nochmal eine gute Stunde spazieren gehen und dann ist Feierabend angesagt. Morgen wollen wir nun tatsächlich mal faulenzen. ich bin gespannt ob wir das schaffen?
eowynrohan am 06. Juni 2021