Montag, 18. Juni 2018
So, die erste Nacht in Lilja Gästehaus war eigentlich ganz gut. Das es keine Gardinen gibt, nervt ein wenig. Aber das kennen wir ja schon von anderen Unterkünften in Island. Dafür hat uns dann das Frühstück mehr als angenehm überrascht. Obwohl viel los war, fanden alle Platz. Die Auswahl war – im Gegensatz zu den anderen Frühstücksbuffets – wirklich ansprechend. Es gab endlich mal richtiges Brot, verschiedene Sorten Käse, etwas Fisch, Müsli, Säfte und vor allem frisches Obst! So hat der Tag schon mal gut angefangen. Dann zurück ins Zimmer und warm angezogen, denn die kommenden Stunden versprachen eher frisch zu werden. Ganz wichtig: wasserdichte Wanderschuhe! Während Peter sich für seine noch jungfräulichen Kathmandu Stiefel entschieden hat, hatte ich vorsichtshalber meine wadenhohen und wasserdichten Columbia Stiefel eingepackt. Bis jetzt nur beim Schneeschieben erprobt – mal schaun wie trocken meine Füsse am Ende des Tages sein werden. Dann hin zum Treffpunkt auf der Milchfarm. Unser Guide – Andrei – war schon da. Und hurra – wir hatten schon wieder eine quasi Privattour erwischt. Morgens die allererste Tour ist anscheinend nicht so gut besucht. Prima für uns – wahrscheinlich eher unwirtschaftlich für den Anbieter. Vermutlich haben die aber eine Mischkalkulation, also sie werden es schon verkraften. Von Andrei haben wir dann die üblichen wasser- und winddichten Anzüge bekommen. Dazu noch Halstücher (Werbegeschenk!) und Helme. Handschuhe hatten wir unsere eigenen dabei, da weiß man wenigstens dass sie passen und trocken sind. Dann erstmal ab in den Superjeep geklettert – boah, das ist nichts für alte Frauen. Da hätte selbst ich fast eine Trittstufe gebraucht. Ganz spannend auch die Technik mit der automatischen Auf- und Abblasanlage an allen 4 Rädern. Je nach Untergrund muss zwischendurch auf dem Weg zum Gletscher bzw. auf dem Gletscher der Reifendruck angepasst werden. Das heisst auf allen Felgen ist eine Querstrebe angebracht, an der ein Luftschlauch mittig befestigt ist und sich mitdrehen kann. Der Schlauch führt zu einem Drucklufttank, der vom Fahrer während der Fahrt bedient werden kann. Schaut mal auf die Photos, dort erkannt man es ganz gut. Ok, aber nun ging es los. Insgesamt haben wir gute 35 min bis zu den Snowmobilen gebraucht. Die ersten 20 min hätten wir auch gut mit unserem Kia Sportage gepackt. Danach wurde es dann aber echt krass von der Strecke. Für die letzten 150 m haben wir gute 5 min gebraucht, das war dann bereits oben auf dem Schneefeld. Dann raus aus dem Auto und die letzten Meter zu Fuss. Ups, wir hatten vermutet dass der Schnee hier oben recht fest ist – aber weit gefehlt. Mit jedem Schritt sind wir wadentief eingesunken. Darum sollten wir auch wasserdichte Stiefel anziehen! Mühsam ging es durch den tiefen nassen Schnee, der Regen und dichte Nebel hat es auch nicht einfacher gemacht. Dann waren wir da und vor uns standen 12 wunderschöne Schneemobile nebeneinander geparkt. Die Tour konnte als Fahrer mit Sozius auf einem Fahrzeug gebucht werden oder als Solofahrer, dann aber entsprechend teurer. Wir hatten uns dafür entschieden zusammen zu fahren. Erstens hatte ich ziemlich Schiss so ein Teil zu fahren, und ausserdem wollte ich während der Fahrt Photos machen. Es war aber direkt klar, dass das mit dem photografieren während der Fahrt nichts wird. Zu einen wegen der Sichtverhältnisse, aber auch wegen der Sicherheit. Die Dinger sind schnell unterwegs. Dann hat uns unser Guide angeboten, dass wir beide selbst fahren, ohne Mehrkosten (das wären immerhin 20.000 ISK, also ca. 160 € gewesen). Hm - schwere Entscheidung. Ich hatte echt Respekt vor den Teilen. Aber wenn Andrei meint ich pack das – also gut. Dann – nach einer kurzen Sicherheitseinweisung – ging es los. Andrei vorne weg, ich in der Mitte, HP als Nachhut. Wir sollten immer möglichst genau in der Spur des Guide fahren, lediglich nach rechts oder links ein bisschen versetzt, um besseren Grip zu haben. Denn der Schnee war recht tückisch und Andrei konnte Dank seinem GPS immer genau entscheiden wo wir auf dem Schneefeld entlang fuhren. Leider blieb die Sicht sehr beschränkt, so dass man rechts und links nichts sehen konnte sondern nur versuchte, an seinem Vordermann dran zu bleiben. Nach wenigen Minuten der erste Stop, unser Guide wollte nur checken, ob alles ok war und wir uns noch wohlfühlten. Nach meiner anfänglichen Angst lief es aber wirklich immer besser und ich traute mich nun auch, mehr Gas zu geben und auch ein wenig zügiger durch Senken und Kurven zu toben. Das macht schon Laune. Und plötzlich kamen wir schon oben auf dem höchsten Punkt unserer Tour an. Wie schade – das Wetter war immer noch grausam, was unserem Spass aber keinen Abbruch tat. Wir sind kurz abgestiegen und wollten schon gar nicht unsere Kameras rauspulen- als plötzlich für einen Moment der Himmel aufriss. Wie schön! Schnell ein paar Photos und Selfies gemacht, und zack war die Sonne wieder weg. Aber egal. Die 5 min haben viel wett gemacht. Dann zog es sich plötzlich wieder richtig zu. Also ab auf die Schneemobile und wieder zurück zum Sammelpunkt. Nun ging es größtenteils bergab. Da ich mittlerweile vertrauter war und deutlich zügiger unterwegs war als raufwärts, sind wir schier ins Tal geschossen. Der Eisregen prasselte uns ins Gesicht. Zwischendurch immer mit einer Hand das Visier frei gewischt, weil man zum Teil nichts mehr sah. Hat aber wirklich Laune gemacht. Und statt der 20 km die geplant waren, sind wir ins Summe gut 26 km gefahren. Was für eine tolle Tour. Peter hatte nur 3 Worte auf der Stirn stehen: noch noch noch! Dann wieder zum Auto zurück gekämpft und wieder zur Milchfarm. Dort haben wir uns mit einem Trinkgeld für die tolle Tour (und das kostenfreie zweite Snowmobile) bedankt. Oben in der Milchfarm war ein Restaurant, dort haben wir dann (für Island sogar recht günstig) frisch gekochtes Lammstew und selbstgemachten Kartoffelbrei gegessen. Hinterher kam raus, dass Andrei`s Frau dort arbeitet und auch alles selbst gekocht hat. Zum Abschluss haben wir dann noch eine kleine Führung durch den Stall bekommen. Und das war wirklich unglaublich. Wir hatten vor einiger Zeit mal eine Doku darüber gesehen. Dieser Stall funktioniert voll automatisch. Die Kühe können sich größtenteils frei bewegen. Sie haben Plätze zum schlafen und ausruhen, dann können sie zu den Stellen gehen wo frisches Futter liegt. Das Futter wird über fahrerlose Transportsysteme verteilt und auch regelmäßig ausgetauscht. Ganz irre ist: Wenn ihre Euter voll sind, können sie selbständig zur Melkmaschine gehen, dort werden sie von einem Automaten gemolken. Die stellen sich da wirklich ganz brav in Reih und Glied und fädeln sich nacheinander in das Gatter ein, wo sie auf der Position zum melken stehen bleiben. Sollte eine Kuh mal vordrängeln, wird sie von den anderen Kühen gnadenlos zurück auf ihren Platz geschubbst. Wenn das doch mal im Supermarkt so gut funktionieren würde 😊 Und Wellness gibt es auch – wenn sie eine Rückenmassage möchten, stellen sie sich unter die installierten Bürsten und lassen sich schubbern. Lediglich bei den Kälbchen – die alle in Einzelboxen sind, werden die Milcheimer vom Bauern befüllt. Aber auch da bedienen sich die Kälbchen nach Bedarf. Laufen tun die Kühe auf breiten Holzbohlen, der Mist kann jedoch gut zwischen den Bohlen abtropfen und wird - natürlich ebenfalls voll automatisch – entfernt. Ich habe es noch nie erlebt, das in einem Stall mit immerhin knapp 300 Tieren so Ruhe herrscht und auch so viel Platz ist. Das war wirklich beeindruckend. Bevor wir dann weiter sind, haben wir – obwohl wir das sonst nicht tun- mit Andrei und seiner Frau Maria die Kontaktdaten ausgetauscht. Die beiden sind ursprünglich aus Rumänien und wirklich sehr nett. Wir haben versprochen ihm die (wenigen) Fotos der Tour zu schicken und eine gute Bewertung auf Tripadvisor zu machen. Vielleicht trifft man sich wirklich noch mal wieder, das Leben ist ja immer für Überraschungen gut. Gegen 14.30 Uhr sind wir dann los noch ein bisschen die gegen erkunden. Wir hatten von ihm verschiedene Tips bekommen. Als erstes sind wir daher Stokknes gefahren, östlich von Höfn. Dort haben wir uns in dem Viking Café bei einem heissen Kakao etwas aufgewärmt. Dann sind wir weiter zu einer F-Strasse, die recht gut befahrbar sein sollte. Das war sie dann auch- und die Landschaft war wie so oft hier einfach traumhaft. Und ausser uns weit und breit niemand anderes. Dann langsam zurück Richtung Höfn. Dort eine Runde durch den Ort gedreht. Oh, der Netto hatte geöffnet (zur Info – wir hatten Sonntag und zusätzlich Nationalfeiertag!). Dort noch einen weiteren Kühlschrankmagneten gekauft (davon kann man nie genug haben) und zwei kleine Islandflaggen zum Aufbügeln auf unsere Vereins-Shirts. Dann langsam wieder Richtung Hotel. Oh, aber da war ein weitere Jökull (Hoffellsjökull) ausgeschildert – also ein Gletscherarm des Vatnajökull. Den hatten wir bereits gestern auch großer ferne photografiert – mal schaun wie nah man dran kommt. Tja, knapp 20 min später wussten wir – man kommt bis ganz dicht ran. Wow, das hätte ich nicht erwartet. Riesig groß – trotzdem kann man deutlich erkennen wir sehr der Gletscher zurückgeht und dass er Jahr für Jahr etliche Meter verliert. Jetzt noch Sonne auf dem Gletschersee – das wäre der Höhepunkt gewesen. Aber man kann nicht alles haben. Immerhin kein Regen mehr, also auch mal mit kleinen Dingen zufrieden sein. Das war ein toller Abschluss eines tollen Tages. Jetzt freuen wir uns auf eine heisse dampfende Dusche und sind gespannt was morgen kommt.