Die Nacht über regnet es weiter, aber am Morgen begrüßt uns Sonnenschein. Was für ein Glück. Heute haben wir nur eine kurze Etappe vor uns, es geht zum Dovrefjell Nationalpark, knapp 30 km Fahrweg. Dort gibt es noch wilde Moschusochsen. man kann eine geführte Tour machen (pro Kopf ca. 60 ?, 8 Stunden, 15 km Klettersteig), alternativ kann man auf gut Glück so laufen in der Hoffnung, welche zu sehen. Anhand unseres Kartenmaterials entscheiden wir uns, als erstes zum Touristcenter in Kongsvold Fjeldstue zu fahren, dem Ort an dem früher auf dem Königsweg zwischen Oslo und Trondheim die Pferde gewechselt wurden. Dort wollen wir uns über mögliche Trails und grundsätzlich über den Nationalpark informieren. Aber wie so oft sind wir viel zu früh, also nicht von der Uhrzeit sondern vom Datum. Die Touristinfo öffnet erst in 14 Tagen. Diese Info erhalten wir von einer netten Dame aus dem Hotel, das sich direkt neben der Touristinfo befindet. Sie empfiehlt uns, einfach hier zu parken und eine der ausgeschilderten Routen zu laufen, denn die nächste Touristinfo ist mindestens 30 min Fahrzeit entfernt. Weiterhin warnt sie uns, dass zu Beginn des einen Wanderwegs ein Moschusochse gesichtet wurde, der sehr aggressiv ist, grundsätzlich empfehlen alle Warnschilder, mindestens zweihundert Meter Abstand zu Moschusochsen zu halten. Gesagt ? getan. Wenige Meter weiter können wir recht gut parken, und es starten direkt am Parkplatz zwei Wanderrouten. Daher packen wir schnell den Rucksack, wechseln die Schuhe und los geht es. Ich bin am Anfang noch naiv und denke dass wir in ein oder zwei Stunden zurück sind. Aber der Weg führt steil ins Hochgebirge, wir müssen zweimal durch Schneefelder, und wie immer sind Teile der Route durch die Schneeschmelze überflutet. Wir marschieren immer weiter, und während der ganzen Zeit begegnen uns nur drei andere Paare beim wandern, es ist einfach herrlich abgeschieden. Die Hochebene ist gigantisch, natürlich sehen wir keinen Moschusochsen. Aber ganz ehrlich, bei der Weite könnten hier hundert Tiere liegen und wir würden es wahrscheinlich nicht sehen. Die Dimensionen der Landschaft sind einfach unglaublich. Zur Not könnten wir ja noch eine geführte Tour machen, aber eigentlich ist uns die Einsamkeit lieber als ein tolles Photo. Zumal unserer Handys bei 200 m Distanz eh kein scharfes Bild hinbekommen. Nach guten dreieinhalbt Stunden machen wir ein kurzes Päuschen, essen eine Banane machen uns auf den Rückweg. Zurück kommen wir deutlich schneller voran, allerdings halten wir auch nicht mehr die ganze Zeit Ausschau nach Tieren. Kurz vorm Ende des Trails kommen wir wieder an der Stelle vorbei, wo ein Moschusochse sein soll. Und tatsächlich sehen wir in gut 250 m Entfernung einen riesigen Fellhaufen, der plötzlich aufsteht und anfängt sich an einer Birke zu schubbern. Was für ein gigantisches Tier. Ausser uns sind mittlerweile noch mehr Wanderer aufgetaucht, die versuchen Photos zu machen. Aber aus der Distanz haben wir keine Chance. Dann kommt ein Paar mit Kameras und Objektiven die sicherlich 40 cm lang sind, die können bestimmt tolle Bilder machen. Aber das sind auch Profi-Ausrüstungen. Wir geniessen einfach den Anblick des Giganten, und nach einer Weile traben wir zurück zum Womo. Dort koche ich erst mal einen Espresso, denn wir sind ganz schön ko. Das war deutlich anstrengender als gedacht, wir sind auf weit über 1.000 m gekraxelt. Peter entdeckt auf Google Maps in gut 3 km Entfernung einen Parkplatz, mal schaun ob der was für heute Nacht ist. Wenige Minuten später kommen wir an, und der Platz ist wirklich nett. Es stehen schon 3 Wohnmobile dort, aber die Fläche ist wirklich riesig. Wir stellen uns dazu und es werden sicherlich noch mehr Fahrzeuge bis zum Abend dazukommen. Gegenüber ist ein Hügel, den erklimmen wir noch schnell und machen noch ein paar schöne Photos von unserem Wohnmobil. Dann geht es zurück, Essenszeit! Da der Himmel droht und es bereits tröpfelt, werfe ich die Nackensteaks wieder in die Pfanne, dazu gibt es den restlichen Salat vom Vortag und Brot. Und zum trinken machen wir uns einen leckereren Weisswein auf. Mutter hat uns zu Weihnachten zwei ihrer Bleikristall-Römer vermacht, die kommen jetzt endlich mal zur Geltung. Da von diesem Parkplatz aus wieder diverse Wanderwege starten, ist der Plan für morgen klar ? es geht wieder ins Hochland. Nach dem Essen schnappe ich mir schnell den Rechner und tipper eine Runde. Danach will ich noch Brote für die Tour morgen schmieren. Und vermutlich werden wir danach sehr schnell im Bett verschwinden. So müde war ich schon lange nicht mehr.