Sonntag, 10. Juni 2018
Für den heutigen Tag hatten wir nichts geplant – ausser erstmal ausschlafen. Und dann ganz gemütlich frühstücken. Anschliessend haben wir ein paar Strassenkarten gewälzt und uns eine schöne Route überlegt. Also erst einmal los an Ísafjörður vorbei Richtung Bolungarvík. Eigentlich wollten wir die Straße direkt an der Küste lang nehmen statt den 2010 gebauten Tunnel. Auf der Karte war die Strasse noch eingezeichnet, allerdings mit dem Hinweis: unattendet. Wir hatten vermutet dass die Strasse einfach unbefestigt ist. Aber weit gefehlt. Die Strasse war teilweise durch Steinschläge und Erdrutsche verschüttet und wird scheinbar auch nicht mehr geräumt. Nach einem knappen halben Kilometer haben wir gedreht und sind im Slalom an den Felsbrocken vorbei wieder zurück. Also doch durch den Tunnel. Die Tunnel hier sind immer recht einfach gehalten, aber lassen sich trotzdem sehr angenehm fahren. Aber die Radarfallen-Dichte in den Tunnel hier liegen bei ca. 0,75 pro km und Fahrtrichtung. Das heisst alleine dieser Tunnel hatte insgesamt 6 Radarfallen! Nach 5 km waren wir wieder draussen, dann noch ein paar Minuten und wir hatten Bolungarvík erreicht. Dann weiter auf Schotterpisten bis Minnibakki an der Küste. Begleitet von Regen und Nebel dann wieder zurück nach Ísafjörður. Dort dann kurz eingekauft, da ja der Sonntag vor der Tür stand, zumal für den morgigen Tag die längste Etappe mit gut 500 km geplant war. Also Brot, Obst und ein bisschen Skyr (isländischen Quark) für die Fahrt gekauft. Dann im Supermarkt noch ein schnelles Mittagessen bei einem Asiaten – Buffet mit verschiedensten Fleisch, Geflügel und Fisch, dazu Reis und gebratene Nudeln. Mal was anderes und billiger als an den Tankstellen (aber immer noch echt teuer…). Dann ins Auto und weiter. Diesmal nach Suðureyri bzw. noch um die Landzunge rum weiter auf Schotterpisten und Feldwegen. Aber leider hat auch hier der Spass irgendwann auf einem Privatgrundstück ein Ende und wir mussten wenden und zurück. Als letztes dann noch ein Abstecher bis nach Sæból. Das hat dann richtig Laune gemacht. Alles unbefestigt, steil bergauf und bergab, enge Serpentinen und dann wieder ellenlang geradeaus mit tollen Blicken auf den Fjord. Alles in allem haben wir für die drei kleinen Abstecher des heutigen Tages aber doch mehr als fünf Stunden gebraucht. Und jeder "entdeckte" Meter Island hat gelohnt. Wer die Einsamkeit mag und sich nicht vor schlechtem Wetter und schlechten Strassen fürchtet, der kann hier glücklich werden. Neben gefühlt 100 Photos von Wasserfällen und Schlaglochpisten haben wir mindestens nochmal genauso viele Photos mit Schafen und Lämmern gemacht. Ein vielleicht nicht so ereignisreicher – aber trotzdem wirklich schöner Urlaubstag neigt sich nun dem Ende zu. Jetzt mal wieder zusammen kramen, morgen früh geht es weiter.



Kurz vor 6 Uhr aufgewacht – die innere Uhr funktionierte also auch auf Island noch. Denn um 6 Uhr ging der Wecker, wir mussten unsere Fähre erreichen. Da wir den Abend zuvor bereits die meisten Sachen ins Auto gepackt hatten, waren wir schnell fertig. Statt Frühstück nur jeder einen Kaffee. Zu mehr hatten wir noch keine Lust. Vielleicht ergab sich ja was leckeres auf der Fähre, vorsichtshalber hatten wir uns aber ein paar Kekse und Chilikräcker eingepackt. Dann los. Google hat gesagt bis zu Fähre nach Stykkisholmur brauchen wir eine Stunde, das Auto Navi hat gesagt 1,5 Stunden. Recht hat keiner, wir waren in 45 min da. Also eigentlich viel zu früh. Im Hafen thronte oben auf einem Hügel ein riesiger und echt hässlicher Betonklotz. Zuerst dachten wir an ein Kunstmuseum, wobei es dann vielleicht doch noch eher einem Gefängnis glich, allerdings war kein Zaun drum rum Und ein Gefängnis direkt am Hafen macht überhaupt keinen Sinn. Dann haben wir das Kreuz gesehen. Es war die neue Kirche. Ohhhh wie hässlich. Auch wenn wir echt gerne photografieren, das Ding war uns kein Bild wert. Am Hafen dann geparkt und vor dem Büro von Eimskip erst noch gewartet, wir mussten nämlich unsere online gebuchten Tickets noch einmal gegen richtige Tickets eintauschen. Dann mit den Tickets ab zur Fähre. Dort stand erst ein Auto, super. Also direkt den zweiten Platz gesichert und gewartet. Währenddessen hab ich nochmal schnell meinen Rucksack kontrolliert, alle Beifahrer müssen nämlich zu Fuss borden und dürfen nicht mit dem Auto auf die Fähre fahren. Die Schlange hinter uns wird von Minute zu Minute länger. Plötzlich fährt ein Auto an allen vorbei direkt runter aufs Schiff. ??? Ah, und zack kommt das Auto rückwärts wieder raus. Das kann ja echt nur ein Tourist sein Ob der sich nicht gewundert hat warum da eine riesige Schlange steht? Jetzt das beste – statt sich hinten dann anzustellen, setzt er sich einfach rückwärts vor das erste Auto. Aber dann hat er scheinbar gemerkt dass er böse Blicke von unserem Vordermann bekommen hat, und ist doch wieder gefahren und hat sich hinten angestellt. Mitgekommen mit der Fähre ist er auf jeden Fall, wir haben ihn nämlich dann auf der Fähre gesehen. Übrigens quasi ein Nachbar von uns – Österreicher. Wie klein die Fähre war erkennt man daran, dass wir beide fast zeitgleich im Aufenthaltsraum am Deck ankamen. Ich über die Gangway und HP übers Fahrzeugdeck. Auf einigen Sitzen lagen Decken der Reederei, vorsichtshalber haben wir uns jeder eine gekapert, und das war keine schlechte Idee. Dann gemütlich gemacht und ein bisschen die weitere Route geplant. Zwischendurch immer mal wieder kurz an Deck um ein paar Photos zu machen und die Landschaft zu geniessen. Aber draussen war es wirklich ungemütlich, da waren wir drin besser aufgehoben. Nach knapp zwei Stunden Fahrt erreichten wir Flatey, eine kleine Insel die vor allem für Vogelliebhaber interessant ist. Entweder als Tagesausflug oder auch über Nacht, es gibt ein kleines Hotel mit 7 Zimmern auf der Insel. Nachdem bestimmt 30 Leute die Fähre verlassen hatten, ging es weiter. Nochmal eine Stunde und dann hatten wir unser Ziel erreicht: BRJÁNSLÆKUR. Wow, der Ort war dann aber mal wirklich überschaubar. Ganze vier Häuser und ein Steg wo die Fähre angelegt hat. Beim „Entladen“ der Fähre wurde es natürlich etwas chaotisch, da ja quasi jedes Fahrzeug draussen erst seine Mitfahrer aufsammeln musste. Also halten alle direkt nach dem Verlassen des Schiffes an damit wir nicht so weit laufen mussten. Hm, das könnte man echt besser regeln, aber egal. Den Rucksack auf die Rückbank geworfen und los ging es. Wow, es war wunderschön hier. Nach ein paar Kilometern machten wir den ersten Photostopp und haben direkt erstmal etliche Autos von der Fähre vorbei fahren lassen. Dann man kann auch einfach mal vom Gas gehen und sich die Gegend anschauen ohne das einem jemand auf der Stoßstange hängt. Die erste größere Ortschaft war Patreksfjörður. Dort haben wir uns wie üblich erst einmal an einer Tankstelle ein Mittagessen gesucht. Ich hatte mich diesmal für ein leckeres heisses Sandwich entschieden, Peter sich für Pizza. Hm, teurer als die letzten Tage und auch nicht ganz so lecker, aber ok. Dann weiter. Und wir wussten jetzt schon welcher Teil Islands uns am besten gefallen würde – genau dieser hier. Fast kein Verkehr, kaum Ortschaften, und wenn dann maximal 5 Häuser. Die Strassen ausserhalb der Ortschaften meist geschottert oder Feldwege. Und eine Landschaft – da würde man am liebsten alle 100 m stehenbleiben und schauen und Photos machen und wieder schauen. Und nach 100 m wieder stoppen. Denn es ist ein unglaubliches und faszinierendes Wechselspiel das sich uns bietet: Karge Felswände die scheinbar bis zum Himmel reichen, plötzlich abfallen und sich weiten grünen Tälern öffnen. Enge Fjorde mit endlosen Schluchten, dann wieder Fjorde so breit dass (gefühlt) der Chiemsee reinpassen würde. Das Wasser wechselte ständig seine Farbe – im Nebel fast schwarz, sobald die Wolken weniger wurden wechselte es ins blaue und wenn die Sonne direkt aufs Wasser schien leuchtete es zum Teil in einem satten türkisgrün. Und dann ein Wasserfall nach dem anderen. Kleine und große, hohe und ganz flache. Wasser dass sich durch enge Felsspalten zwängt und donnernd hundert Meter auf einmal überwindet. Direkt daneben ein Wasserfall der aus ungezählten kleinen Terrassen besteht und das Wasser purzelt quasi Meter für Meter in die Tiefe und hinterlässt auf den einzelnen Stufen jedes Mal einen prächtigen Tropfenregen. Dann Wasserfälle die einfach nur wie dünne Fäden am Berg herunterrieseln. Und Fälle dich sich so breit den Berg herab ergiessen als hätte würde ein gigantischer Brautschleier am Fels herunterhängen. So ging es stundelang durch die Westfjorde, und überall hoppelten Schafe mit ihren kleinen Lämmern rum. Soooo niedlich. Vor allem laufen die nicht nur auf den Wiesen (und gerne auch den Straßen) rum sondern die kraxeln auch die steilsten und steinigsten Hänge hoch. Unglaublich. Aber zurück zu den Wasserfällen – denn nun kam der angeblich schönste Wasserfall von ganz Island: der Dynjandifoss. Wirklich beeindruckend! Ob er schöner und nicht so schön wie der Gullfoss ist können wir eigentlich nicht beurteilen. Er war einfach vollkommen anders, und wurde von unzähligen kleineren Wasserfällen flankierte, so dass sich uns eigentlich gerade eine ganze Schar von Wasserfällen bietet. Also geparkt ( und ja, hier waren dann echt auch wieder einige andere Touristen) die dicken Jacken geschnappt und los. Man kann nicht nur bis direkt zum Fuss des Wasserfalls kraxeln, sondern sogar bis an die Wand und ein Stück dahinter. Das letzte haben wir uns aber gespart, dann sehen tut man da fast nichts und man wird nur furchtbar nass. Aber bis hoch zum Fuss sind wir geklettert und haben einige spektakuläre Aufnahmen gemacht. Ui, war schon steiler als gedacht, aber ein bisschen Bewegung schadet ja nicht, zumal wir heute fast nur im Auto saßen. So, wieder zum Auto und die letzten 80 km in Angriff genommen. Die wurden auch wirklich nochmal spektakulär. Wir mussten über einige Pässe, die dick im Nebel lagen. Sichtweite bis Ende Motorhaube, rechts und links im Wechsel dicke Schneewände, dann wieder steile Abgründe. Dazu viel enge Serpentinen. Aber ich hab ja immer einen guten Fahrer an meiner Seite, also kein Problem. Und irgendwann hatten wir auch wieder Asphalt unter den Rädern und die von uns so geliebten unbefestigten Wege waren vorbei. Dann noch die letzten 10 km, davon führten 9 km durch einen Tunnel. Die ersten 6 km ist der Tunnel nur einspurig, die Gegenfahrbahn hat einige Ausweichbuchten. Da wir auf der „Vorfahrtsstraße“ waren konnten wir also fahren, der Gegenverkehr musste immer ran fahren und uns durchlassen. Der dieser Teil des Tunnels quasi schnurgerade war, konnte man sich auch wirklich immer rechtzeitig sehen. Nach den 6 km kam von rechts noch ein Röhre dazu und der Tunnel war die letzten 3 km dann auch zweispurig. Aus dem Tunnel raus brauchten die Augen erstmal einige Momente um sich wieder an die Helligkeit zu gewöhnen. Dann noch zweimal abgebogen und unser Ziel war erreicht – Ísafjörður.