Heute stand eine Tour auf dem Jökulsárlón auf dem Programm. Der Jökulsárlón ist sicherlich der bekannteste – auf jeden Fall aber der größte Gletschersee Islands. Er ist knapp 250 m tief, und damit auch gleichzeitig der tiefste See Islands. Was den See so faszinierend macht, sind die vielen auf ihm schwimmenden abgebrochenen Gletscherstücke des Breiðamerkurjökull (einem Teil des Vatnajökull). Die Gletscherzunge kalbt dort, das heisst die zum Teil riesigen Stücke brechen vom Gletscher ab und treiben – je nach Größe – bis zu einem Jahr auf dem See. Im Laufe der Zeit verkleinern sie sich (schmelzen, zerbrechen etc.) und werden über den Gletscherfluss Jökulsá á Breiðamerkursandi ins offene Meer rausgetrieben. Der Anblick der treibenden Eisberge muss gigantisch sein, wir freuen uns schon den ganzen Urlaub auf die Tour! Da wir aber erst für 13 Uhr gebucht hatten, konnten wir den Tag recht entspannt starten. Erstmal gemütlich gefrühstückt, das Frühstück war ähnlich wie gut wie am Tag zuvor. Dann ein paar warme Sachen eingepackt und langsam los entlang der Küste Richtung Gletscher. Da wir noch viel Zeit hatten – wir mussten erst 30 min vorher da sein – haben wir die Zeit genutzt und haben wie üblich einen kleinen Abstecher auf eine Schotterpiste gemacht. Dort konnten wir direkt einen ersten Eindruck vom Gletschersee ergattern. Jetzt waren wir erstmal enttäuscht, denn aus dieser Perspektive wirkte der See winzig und die paar schwimmenden Eisbrocken sahen jetzt auch nicht so sensationell aus. Mal schaun – also zurück auf die Ringstrasse. Der Verkehr nahm langsam zu – also mussten wir richtig sein. Oh, und von weitem konnte man jetzt schon die große Brücke sehen, unter der die abgebrochenen Gletscherstücke ins offene Meer raus trieben. Wie schön – so sah das ganze dann doch etwas eindrucksvoller aus. Und genau deswegen war wahrscheinlich auch die Hölle los! Menschenmassen bewegten sich auf dem Strand, der große Parkplatz voll mit Autos und Bussen. Aber nun gut, gleiches Recht für alle, andere wollen sich das halt auch anschauen. Aber warum denn gerade jetzt 😊 Dann erstmal zum Ticketschalter und unsere Buchungsbestätigung gegen ein Ticket eingetauscht. Da wir noch Zeit hatten, sind wir schon mal eine Runde zu Fuss am See lang gelaufen. Gigantisch! Vor allem wenn man bedenkt, das man von den Eisbergen ja nur 10% sehen kann und sich die restlichen 90% unter Wasser befinden. Wir hatten extra einen Anbieter gewählt, der immer gelobt wurde, weil er die Gruppen auf den Booten nicht so groß gemacht hat. Pünktlich 30 min vorher standen wir am Container, um die bekannten wind- und wasserdichten Anzüge zu erhalten. Wir hatten uns entschieden, nicht mit dem Amphibienboot zu fahren, was die meisten tun, sondern hatten uns für eine Fahrt mit dem Zodiac entschieden. Also einem Schlauchboot mit großem Motor. Ja, und es liess sich auch ganz gut an. Ausser uns waren nur noch 4 andere da, super. Tja, und dann kamen immer mehr. Zum Schluss waren wir 24! Personen. Na prima, das wird aber mal kuschelig. Mit unserem Kapitän sind wir dann losgezogen Richtung Anlegestelle. Unterwegs mussten wir alle auf einer Strecke von ca. 100 m die Kapuzen unserer Overalls überziehen, denn wir mussten am Brutplatz der großen Raubmöwen vorbei, und die sind echt angriffslustig! Gut, dann im Konvoi weiter zum Anleger – und hurra, es gab drei Boote! Also hatte Tripadvisor nicht gelogen, mit je 8 Leuten pro Boot hatten wir wirklich ausreichend Platz. Wir hatten Glück und haben direkt vorne in der Spitze die Plätze ergattert. Wobei es später noch Augenblicke gab, wo ich lieber am Heck gesessen hätte. Denn wir mussten ja auf dem Wulst des Schlauchbootes sitzen und hatten nur eine Leine, an der wir uns festhalten konnten. Und die Boote waren echt verdammt schnell. Aber nun ging es erstmal los. Zügig schossen wir vom Anleger weg und erstmal Richtung Seemitte. Dort schwammen riesige Eisberge, in weiss, grau, schwarz und leuchtendem blau. Die unterschiedlichen Farben kommen zum einen durch die Verunreinigung mit Vulkanasche, die Blaufärbung durch die verschiedenen Kristallen und deren Reflexionen. Denn je nach Alter hat das Eis durch die grossen Drücken, die auf ihm lasten, andere Strukturen. Es sieht zum Teil wirklich surreal aus. Dann weiter zu einer kleinen schwimmenden Eisplatte, auf der sich ein vollgefutterter Seehund räkelte. Der See ist sehr fischreich, daher lockt er immer wieder Seehunde aus dem offenen Meer an. Und nun ging es mit wirklich hohem Tempo bis (fast) an den Rand der Gletscherzunge. Das war dann der Teil, wo ich auch gerne einen der hinteren Plätze genommen hätte! Von der Ferne aus sehen die Abrisskanten der Gletscher immer recht harmlos aus, wenn man dann recht dicht dran ist, sieht man erst einmal, wie gewaltig die Eismassen sind, die dort abbrechen. Darum muss auch immer ein großer Sicherheitsabstand gehalten werden, denn die Stücke brechen ohne Vorwarnung ab und würden unser kleines Zodiac einfach platt machen. Scheinbar gab es am Abend vorher erst wieder einen größeren Abbruch, denn es sollen einige große neue Stücke auf dem See schwimmen, die bei der gestrigen Abendtour noch nicht da waren. Wie auch immer, irrsinnig beeindruckend die Kolosse. Und das sind nur „Bröckchen“ im Vergleich zu dem Eisberg, der die Titanic versenkt hat. Viel zu schnell war die Stunde rum, wobei man auch hier erwähnen muss, das bisher bei allen Touren die wir in Island gemacht haben, die Zeit wirklich großzügig genutzt wurde und jede Tour mindestens 10 % länger gedauert hat, als angekündigt war. Zurück an Land sind wir an den Gletscherfluss und haben zugeschaut, wie die Eisbrocken langsam ins offene Meer trieben. Da die Gletscher ja aus Süßwasser bestehen, sollte man meinen dass der See nur Süßwasser führt. Aber Seehunde in Süßwasser? Ja, das Geheimnis liegt drin, dass sich je nach Gezeiten die Strömung umdrehen kann. Dann treibt Meerwasser über den Gletscherfluss in den See zurück. Das verhindert zum einen das Zufrieren des Sees im Winter und sorgt zum anderen für die Vermischung von Süß- und Salzwasser. Hätte ich mich doch mal zu Schulzeiten so für Geographie und Biologie interessiert wie jetzt – ich hätte mein Abitur wahrschein deutlich bestanden 😊. So, mittlerweile waren es gut 15 Uhr, also noch viel zu früh um zurück zum Hotel zu fahren. Direkt wenige Kilometer weiter gab es noch einen Gletschersee, der ebenfalls Touren anbietet. Laut unserem Reiseführer ein Geheimtipp – nicht so überlaufen, günstiger und ähnlich spektakulär. Also einfach mal hin. Oh, wie gut dass wir nicht hier gebucht haben. Ja, ein See – aber nur ein fünftel so groß und nur wenige Abbruchstücke. Auch wenn die Tour günstiger war, war es unserer Ansicht nach keine wirkliche Alternative zum Jökulsárlón. Gut, also wieder ins Auto und weiter. Als nächstes Ziel hatten wir uns Skaftafell auserkoren, dort wollten wir dann noch bis zum Svartifoss Wasserfall wandern. Also wieder auf die Ringstrasse und weiter. Eine knappe Stunden später – immer entlang der Küste - kamen wir an. Hm, kostenpflichtiger Parkplatz? Wanderzeit hin und zurück 3 Stunden? Äh, nein dann doch nicht. Aber da war ja auch eine schöner Feldweg, nehmen wir doch mal den! Der Feldweg führte uns noch knapp 2,5 km weiter in Richtung einer weiteren Gletscherzunge. Leider war man trotzdem noch recht weit weg, aber für ein paar Photos hat es gereicht. Gut, aber da wir morgen ja auch wieder über 300 km auf dem Programm hatten, machten wir uns langsam wieder zurück Richtung Hólabrekka und unserem Hotel. Nach ein paar Kilometern retour haben wir dann eines dieser kleinen und niedlichen rot-weissen Strassenschilder entdeckt, die immer viel Spaß (weil Schotterpisten oder krasser) bedeuten: Ein Wegweiser zum Svínafellsjökull. Ganz klar, das mussten wir noch mitnehmen. Also Blinker links und rein. Wow, was für ein schlechter Weg. Schlaglöcher so tief dass man einen kompletten Kleinwagen drin verstecken kann. Hoffentlich lohnt sich das, das war wirklich einer der schlechtesten Wege dieses Urlaubs. Vor uns kämpfte sich noch ein Auto durch, also war klar, das vermutlich am Ziel noch weitere Autos stehen werden, aber egal. Dann am Parkplatz ankommen war die Zahl der Autos recht überschaubar. Und wir befanden uns direkt am Fuss des Gletschersees vom Svínafellsjökull. Beeindruckend. Oh, wie schön – man konnte sogar an der Seite des Sees langklettern Richtung Gletscher. Ok, nicht ganz einfach, aber relativ ungefährlich. Man hätte im schlimmsten Fall einige Schrammen oder maximal eine Prellung kassiert wenn man stürzen würde, aber keinerlei Gefahr sich wirklich böse zu verletzen. Also los und Bergziegen gespielt. Je höher wir kamen umso schöner war natürlich der Ausblick, also wieder Selfiezeit 😊. Dann langsam wieder zurück geklettert Richtung Auto. Dabei sind wir an einer Gedenktafel für 2 Jungs aus Deutschland vorbeigekommen. Die beiden waren im August 2007 zum Wandern hier, ihr Zelt wurde später oben auf dem Berg in der Nähe des Gletschers gefunden, von den beiden fehlt seit dem jede Spur. Die Bergwacht, diverse Einsatzkräft sowie unzählige Freiwillige haben tagelang den Gletscher abgesucht, leider vergeblich. Die Gedenktafel wurde von den Familien der beiden angebracht. Vermutlich sind sie in eine Gletscherspalte abgestürzt – und uns wird wieder einmal bewußt, wie schnell alles vorbei sein kann. Gut, gerade als wir fahren wollen kommt ein ganzer Bus mit Chinesen an – irre das der wirklich bis hierhin gefahren ist. Wir sind dann zurück auf die Ringstrasse. Aber nur kurz. Denn plötzlich sahen wir ein Auto aus einem kleinen Weg biegen, den wir fast übersehen hätten. Ah, da kann man den Gletscher von der anderen Seite aus sehen. Prima, so viel Zeit haben wir noch. Diesmal war der Weg auch deutlich kürzer, allerdings ähnlich buckelig. Am Parkplatz sind gerade ein paar Leute in ihre Autos gestiegen, die irgendwelche wilden Aufnahmen gemacht haben. Wofür auch immer, aber die eine Schnecke hatte ein langes rotes Spitzenkleid an. Ob das die richtige Kulisse dafür ist? Egal, auch da noch ein bisschen herum geklettert, noch zwei Photos aus einer anderen Perspektive und zum Auto zurück. Aber gerade als wir den Weg fast bis zur Hauptstraße zurück sind, kommt es noch besser. Zwei Wohnmobile aus Deutschland sind auf den Weg eingebogen. Ohhh, die Fahrerin des ersten Fahrzeugs schaut nach 200 m schon gestresst aus – na dann viel Spass. Manchmal sind Leute echt unvernünftig. Wir sind dann weiter auf der Ringstrasse und näherten uns wieder dem Jökulsárlón, wo heute früh alles begann. Diesmal haben wir auf einen der Parkplätze am Strand gehalten. Denn der Gletscherfluss treibt die Eisbrocken zwar raus aufs offene Meer, die Brandung spült jedoch einen Teil des Eises zurück an den pechschwarzen feinen Strand . Das sieht unglaublich aus, der Strand wird hier auch Diamond Beach genannt. Auf den Photos seiht man warum. Dann noch kurz rüber und ein Photo von dem großen bläulich schimmernden Brocken gemacht, der seit ein paar Tagen direkt unter der Brücke festsitzt. Und dabei stellen wir fest, dass jetzt das Meer in den See strömt und die Gezeiten und die Strömung gewechselt haben. Dabei werden die sich noch im Gletscherfluss befindlichen Eisstücke zurück in den See getrieben. Toll das wir das zufällig gerade sehen konnten! Dann weiter Richtung „Heimat“. Und noch ein letzter Stop, um erneut einen Blick auf den Strand zu werfen, der tatsächlich aussah, als wäre er mit dicken Glassteinen übersäht. Das war aber wirklich der letzte Stop für diesen Tag und es ging dann ohne weitere Unterbrechung zum Hotel. Dort schnell noch ein paar Brote geschmiert und ab an die Tastatur. Und nun habe ich fertig!