So, nun geht es mit großen Schritten dorthin zurück, wo unsere Reise durch das Land aus Feuer und Eis begonnen hat: Þingvellir. Für heute hatten wir dort eine Schnorcheltour gebucht. Und falls sich jemand fragt, warum man im Þingvallavatn schnorcheln will – wollten wir gar nicht. Sondern in der Silfra Spalte. Dort driften die Nordamerikanische und die Eurasische Platte jährlich 7 mm auseinander. Die Photos im Internet sahen spannend aus. Aber auch wenn ich eigentlich gerne im Wasser bin, und wir in Neuseeland sogar im offenen Meer geschnorchelt sind, rutschte mir bereits seit einigen Tagen ein wenig das Herz in die Hose. Das ganze scheint nämlich ziemlich anstrengend zu sein. Auf jeden Fall muss man vorab einen Fragebogen ausfüllen, den man unterschrieben abgeben muss. Wer über 60 ist braucht eine Unterschrift des Hausarztes auf der Tourbeschreibung, der bestätigen muss dass er einen für gesundheitlich fit genug hält. Und ausserdem (und das ist nicht so ganz unwichtig) hat das Wasser dort ganzjährig frostige 2°-3° C. Ok, man bekommt einen sogenannten Trockenanzug. Aber das ist das nächste Thema. Im normalen Neoprenanzug fühl ich mich wohl, das kenne ich vom surfen. Aber diese Trockenanzüge sind schon eine Nummer schwerer und unhandlicher. Dazu Kapuze und dicke Handschuhe – also werden wir relativ unbeweglich sein. Das gute ist aber natürlich, dass man trocken bleibt – bei Wasser kurz vor dem Gefrierpunkt ein glatter Pluspunkt. Eigentlich bewegt man sich auch in den Anzügen nicht so fort wie normalerweise mit Flossen. Die Anzüge speichern jede Menge Luft und man schwimmt quasi einfach nur wie ein Wasserball auf dem Wasser und treibt mit der Strömung. Mal schauen wie es wird… Wir hatten bei Island Advice gebucht, da die nur kleine Gruppen machen mit maximal 6 Personen. Die anderen Anbieter haben alle 10er Gruppen oder sogar größer. Vor einer Woche wurden wir informiert dass die Firma jetzt zu Troll Expedition gehören, sich sonst aber nichts geändert hat. Also heute früh in Brú gestartet und los Richtung Þingvellir, dort wie angegeben auf P5 geparkt. Wo der Sammelpunkt für den Tourbeginn war wussten wir schon - wir hatten ja vor knapp 3 Wochen schon mal eine kurze Wanderung hier gemacht, als wir den Golden Circle abgefahren sind. Dabei haben wir uns schon mal kurz angeschaut wo wir heute hinmussten. Nach dem traumhaften Tag gestern war es hart, heute morgen bei 7°C und Regen wach zu werden. Aber vielleicht wurde es ja noch besser, wir hatten ja noch gut 150 km zu fahren. Aber irgendwie meinte Petrus wohl, wir wären gestern genug verwöhnt worden. Heute wollte er uns scheinbar mal gründlich duschen. Also im strömenden Regen aus dem Auto und rüber zu der Stelle, wo ca. 7 verschiedene Touranbieter die Schnorcheltour starten. Böses erwachen – während alle Anbieter große Busse oder begehbare Anhänger als Umkleidekabinen bereit gestellt hatten, hat Island Advice bzw. Troll Expedition nichts dergleichen. Umziehen sollte im Regen auf dem Parkplatz stattfinden. Damit hatten wir nicht gerechnet. Unten drunter sollten wir am besten Skiunterwäsche tragen, die wir zwar dabei aber noch nicht anhatten. Darüber sollten wir eine Art Thermoanzug bekommen (innen flauschig, aussen wasserdicht. Und darüber dann der schwere Trockenanzug aus Gummi. Also zuerst mal zurück zu unserem Auto, aus unseren normalen und nassen Klamotten raus in die Skiunterwäsche und darüber einfach nur Regenhose und Regenjacke. Das mag für kleine Kinder lustig sein, sich im Auto umzuziehen. Oder auch für gelenkige, schlanke Jugendliche. In unserem Alter und wohlproportioniert 😊 war das wirklich anstrengend und nervig. Dann wieder rüber gelaufen und dort dann – so schnell wie es halt möglich war – die Schuhe aus, Regenhose aus, in den ersten Anzug rein, dicke Socken drüber, in den nächsten Anzug rein. Und das war dann echt schon schwierig. Wobei meine bessere Hälfte mich und auch die Guides sprachlos gemacht hat. Während wir anderen alle am kämpfen waren, in diesen blöden Trockenanzug reinzukommen und den hinteren Teil irgendwie über den Kopf zu bekommen, hat er das Ding schon – ZACK – angehabt. Das gleiche Spiel wieder als es darum ging, nun noch die Hände irgendwie durch die wirklich fruchtbar enge Dichtung am Handgelenk zu fummeln. Fump - und er war sofort mit den Händen durch. Da merkt man doch den geübten Surfer der schon öfter einen Trockenanzug getragen hat. Irgendwann war auch ich im Anzug verstaut - aber irgendwie war ich nicht so richtig glücklich. In dem Anzug war ich genauso unbeweglich wie ich befürchtet hatte. Auf Grund des schlechten Wetters hatten wir uns auch entschieden, unsere wasserdichten Kameras gar nicht erst mitzunehmen, da es mit den dicken Handschuhen eh kaum möglich war, an den Auslöser zu kommen. Gespannt war ich, wie sich meine neue Taucherbrille schlagen würde. Brillenträger sollten Kontaktlinsen tragen – damit komme ich aber wegen meiner extrem trockenen Augen gar nicht zurecht. Also hatten wir bei unserem Optiker eine Taucherbrille mit optischen Gläsern bestellt. Mit 120 € nicht ganz billig, aber wir sind im Sommer ja öfter am Wasser, da kann ich die bestimmt noch weiter gebrauchen. Da die Brille noch unbenutzt war, hatte ich zuerst Sorge dass sie vielleicht schnell beschlagen könnte. Aber die Sorge war wenigstens unbegründet. Aber zuerst ging es jetzt erstmal zu Fuss auf die andere Strassenseite zum Einstieg in die Silfra Spalte. Vorher noch ein Gemeinschaftsphoto vor einem lustigen Warnschild, das Menschen in Taucheranzügen darstellte, die die Strasse queren. Beim Einstieg ist eine große Gitterplattform, dort konnten wir in die Flossen steigen. Dann die Brillen auf die Nase und ab ins Wasser. Ehrlicherweise hatte ich es mir deutlich unangenehmer vorgestellt, ins eisige Wasser zu tauchen. Im ersten Moment war es im Gesicht kalt, aber das legte sich. Trotzdem – obwohl der Anzug dicht war und ich eigentlich nicht wirklich gefroren habe – fingen meine Zähne furchtbar zu klappern an. Und klappernde Zähne beim Schnorcheln sind wirklich störend. Aber gut, unangenehm aber auszuhalten. Nervig war einfach nur die furchtbare Unbeweglichkeit und dass man trotz Flossen kaum richtig steuern konnte. Klar, man konnte in den Dingern auch nicht unter gehen. Aber den Kopf mal aus dem Wasser raus und sich oberhalb der Wasserlinie orientieren war eher mühsam. Doch ich will nicht nur nölen – zwischen zwei Kontinentalplatten zu schwimmen ist schon gewaltig und ein echtes Erlebnis. Aber mit dem Wissen von heute hätten wir definitiv bei einem der anderen Anbieter gebucht, die waren für das isländische Wetter einfach viel besser ausgerüstet, man konnte sich im warmen und trockenen umziehen, die Tour war deutlich länger und die Guides hatten sich auch im Wasser viel mehr um die einzelnen Teilnehmer gekümmert. Aber nun gut, hinterher ist man immer schlauer. Gesehen haben wir ja im Endeffekt das gleiche wie die alle anderen – eine riesige und ewig lange Spalte im Fels – und glasklares Wasser, so dass man wirklich zig Meter tief schauen konnte. Durch den stark bewölkten Himmel und den Regen waren die Farben natürlich nicht so toll wie bei Sonnenschein, aber beeindruckend ist der Anblick wirklich. Wer kann schon von sich behaupten, dass er unter Wasser quasi im gleichen Moment die Eurasische und die Nordamerikanische Kontinentalplatte berührt hat. Und es hat uns wieder gezeigt, wie phantastisch dieser Planet ist und wie gewaltig die Kräfte sein müssen, um diese gigantischen Platten jedes Jahr um mehrere Millimeter zu bewegen. Am Ende der Tour warteten wieder ein paar Stufen auf uns, die bis ins Wasser reinreichten. Dort raus, auf der Plattform die Flossen aus und im großen Bogen die gesamte Strecke zurück gelaufen, die die Strömung uns durch die Silfra Spalte getrieben hat. Dann wieder aus den Anzügen rausgefummelt, unsere Regenkleidung über die Skiunterwäsche und zum Auto. Mittlerweile war es 15 Uhr und wir waren hungrig und nass. Also zur nächsten Tankstelle, dort umgezogen (die Toiletten dort sind immer riesig). Dann erstmal was gegessen und uns bei heissem Kaffee wieder aufgewärmt. Dann weiter Richtung Keflavik zu Bergas Guesthouse, dort hatten wir bereits unsere erste Nacht verbracht. Der Weg führte mitten durch Reykjavik. Da wir keine Lust hatten, uns mitten in der Rushhour im Stau anzustellen, ist Peter kurzerhand über kleinste Straßen ausgewichen und so haben wir ungeplant schon mal eine kleine Sightseeing Tour durch Reykjavik gemacht. Morgen wollen wir dann nochmal die Altstadt erkunden, bevor wir Samstag früh um 5 Uhr (im Ernst???) am Flughafen sein müssen. Und sorry wenn der heutige Tagesbericht ein wenig kunterbunt durcheinander geht, aber das war echt anstrengend heute und nun freuen wir uns wirklich aufs Bett!