Freitag, 12. April 2024
Die Nacht ist entspannt und wir wachen bei Sonnenschein und 11°C auf. Das hatten wir nicht erwartet, eigentlich soll das Wetter auf den Hebriden noch deutlich herber sein als in den Highlands. Es ist viel los, der Parkplatz ist mittlerweile wirklich bis Anschlag belegt. Aber bei dem Wetter ist das verständlich. Wir wundern uns etwas, denn wir haben in der Nacht zwischen zwei PKW geparkt, in denen aber niemand war und die immer noch dort stehen. Wir nutzen das Wetter und machen als erstes einen langen Strandspaziergang. Aber erst mal müssen wir dahin kommen. Denn ein Bachlauf quert den Weg und die kleine Holzbrücke ist gesperrt. Da kommt eine Gruppe mit Pferden vorbei, die uns auf eine seichte Stelle hinweist, wo wir durch können. Wir bekommen zwar etwas nasse Füsse, aber nun können wir auf die Dünen. Dort haben wir einen atemberaubenden Blick auf einen schneeweisssen Strand und Dünen wie wir sie hier nie erwartet hätten. Mitten auf den Dünen piepst plötzlich mein Handy, wir haben Empfang. Also einen Zweizeiler an Mama, dass es uns gut geht und zack ist auch wieder das Netz weg. Wir laufen durch die Dünen, und treffen auf zwei Väter mit vier Söhnen, die dort zelten und scheinbar ein paar sehr coole Vater-Sohn Tage verbringen. Nun ist auch das Thema mit den beiden verlassenen Autos geklärt. Wie nicht anders zu erwarten, kommen wir ins Gespräch – die Schotten sind wirklich sehr redselig – und bekommen weitere Tips zu den Inseln. Wenn das so weiter geht, können wir drei Wochen nur auf den Hebriden bleiben. Wobei die Hauptattraktionen hier scheinbar wirklich diese unglaublichen Strände sind. Weiter geht es und wir laufen noch ein gutes Stück auf den Dünen, dann klettern wir runter zum Strand. Auch wenn der Strand so einladend ausschaut – es lässt sich nicht verleugnen, dass wir hier direkt am Atlantik sind. Die Wellen überschlagen sich und wir machen wie immer ungezählte Photos. Langsam bummeln wir zurück, nicht ohne weiter den ein oder anderen Plausch zu halten. Dann machen wir uns auf den Weg, 2 km weiter ist noch der Gary Beach mit einer kleinen Steinbrücke. Auch hier gibt es wieder einen großzügigen Parkplatz, und wir laufen eine Runde am Rand der Klippen und geniessen den spektakulären Blick auf die tobenden Wellen. Unser nächstes Zeil ist der Leuchtturm Butt of Lewis am Nordzipfel der Insel. Dazu müssen wir erst einmal wieder ein großes Stück der gestrigen Strecke zurückfahren, dann geht es einmal von der Ostküste rüber zur Westküste. Die Fahrt durchs Inland ist nicht sehr aufregend. Landschaftlich erinnert es mich etwas an Island, es gibt kaum Weideland, alles ist sehr felsig und mit Moos und Gräsern bewachsen. Man kann es nicht bewirtschaften und als Weide ist es auch nur sehr eingeschränkt tauglich. Ausserdem ist es sehr moorig, und gefühlt besteht die Hälfte der Insel aus Seen und Teichen. Wirklich aufregend sind jedoch die Küstenabschnitte. Die Strasse ist größtenteils gut ausgebaut, nicht unbedingt zu Peter Begeisterung, er hatte hier eindeutig auf mehr Single Track gehofft. Am Leuchtturm ist nicht viel los, nur zwei oder drei Autos - aber es gibt auch nicht so viel zu sehen, wir laufen einmal an den Klippen lang und machen Photos wie die Wellen die Felsen raufpeitschen, dann fahren wir weiter. Unser Tagesziel ist ein Parkplatz am Bosta Beach. Kurz vorher kommen wir noch an einem Broch vorbei. Hier sind wir jetzt sogar vollkommen allein. Aber wir haben ausnahmsweise gerade Funkempfang und nutzen das für einen kurzen Klönschnack mit Mutter. Dann schnappen wir unsere Jacken und laufen los. Und nun bekommen wir das Wetter auf den Hebriden dann doch zu spüren. Peter hat nur seine Daunenjacke an, und die Regenjacke im Womo gelassen. Also kam was kommen musste: Die Schleusen haben sich geöffnet. Nun ist auch der Sturm da, und schon sieht es hier nicht mehr ganz so freundlich aus. Aber trotzdem sind wir begeistert, und lassen uns davon nicht beeindrucken. Nun geht es auf die letzten Kilometer zum Beach, und wir haben erneut Glück, der Parkplatz ist groß, es gibt ein Toilettenhäuschen und wir dürfen hier über Nacht stehen. Aber es wird sicherlich wieder eine schaukelige Angelegenheit. Es ist noch halbwegs früh und gerade trocken, also laufen wir eine Runde zum Strand. Als erstes kommen wir an einem großen Friedhof vorbei mit Gräbern aus dem zweiten Weltkrieg, dann stehen wir – mal wieder – an einem beeindruckenden Strand. Und wieder öffnen sich die Schleusen und wir sind erneut geduscht. Zurück am Womo koche ich erst einmal Espresso, dazu gibt es kleine Küchlein die wir beim Lidl gekauft haben und dann heisst es schreiben und planen.



Die Nacht ist unangenehm, der Sturm ist so stark, dass Tatzel wackelt und bebt und ich fast seekrank werde. Dazu die – zugegebenermaßen – übertriebene Sorge, dass unser Wohnmobil umkippt. Aber zu meiner Verteidigung: Die Böen hatten sicherlich über 100 km/h, das ist wirklich heftig. Auf jeden Fall steht fest, dass die geplante Wanderung am nächsten Tag ausfällt, denn der Weg führt direkt oben auf der Klippe lang, bei dem Sturm ist das unverantwortlich. Nach dem Frühstück wollen wir aber wenigstens mal kurz zum Leuchtturm. Vorher jedoch bin ich so naiv, dass ich meine, ich könnte kurz die Tür öffnen um ein paar Krümel rauszuwerfen. und natürlich fegt mir die erste Böe die Tür aus der Hand und der Gasdruckdämpfer reisst an der Tür ab. So ein Mist, das war unnötig. Peter ist nicht wirklich begeistert, denn die Aufbautüre ist ja aus einem Sandwichprofil, dort die Schrauben wieder ans Halten zu bekommen wird nicht einfach. Ich bin frustriert und ärger mich unglaublich. Dementsprechend ist die Stimmung, als wir uns auf den Weg zum Leuchtturm machen. Ein großes Schild verkündet übrigens, dass der Leuchtturm mitsamt den Nebengebäuden zu mieten ist. Der Sturm ist unglaublich, und wir können uns kaum auf den Beinen halten. Nach 2-3 Photos brechen wir ab, und machen Tatzel abfahrbereit. Wir machen uns nun auf den Weg nach Ullapool, dort geht die Fähre auf die äusseren Hebriden. Wir sind bereits mittags in dem kleinen Hafenstädtchen, und während wir aufs Meer schauen, sehen wir gerade die Vormittagsfähre Richtung Hebriden aus dem Hafen fahren. Wir parken an dem kleinen Tesco und Peter prüft, ob er für die Nachmittagsfähre nach Lewis um 17.30 Uhr noch ein Ticket bekommt. Und wir haben Glück – 5 Minuten und 173 £ später haben wir tatsächlich ein Fährticket für den Nachmittag. Dann geht es in den Laden, dort kaufen wir neben Brot auch eine Tube Klebstoff und Peter versucht, die Schrauben vom Dämpfer irgendwie wieder fest zu bekommen. So richtig vielversprechend sieht es aber nicht aus. Dann laufen wir eine Runde durch den Ort und essen Fish & Chips. Wir sind noch auf der Suche nach Hosenträgern für Peter, denn seine Regenhosen haben keine Gürtelschlaufen und rutscht immer, das ist nervig. Aber egal wo wir schauen – ein Geschäft mit Outdoorkleidung, einem Warehouse (Haushaltsartikel, Angelzubehör, Camping, Lebensmittel, Souvenirs…) – nirgendwo gibt es Hosenträger. Dann kommen wir zu einem Souvenirgeschäft, neben viel Kitsch und dem üblichen Kram aus China haben die auch Unmengen Kleidung aus Tweed, flauschige Fleece Decken im Schottenmuster, Schals, Mützen, Handschuhe und und und. Vielleicht haben die ja tatsächlich welche, Gürtel haben die schliesslich auch. Wir fragen an der Kasse, und einer der beiden Damen fällt ein, dass bei dem Kleinkram aus China auch Hosenträger mit Schottenmuster dabei sind. Die beiden geben sich unglaublich Mühe und suchen, und da sie sich nicht sicher sind, ob das nur für Kinder ist oder auch Erwachsene, packen sie die aus und bitten Peter, unbedingt vorher mal zu probieren, ob die auch passen. Diese schottische Freundlichkeit erleben wir hier wirklich jeden Tag. Die Hosenträger passen wunderbar, kosten 6 £ und glücklich ziehen wir weiter. Zurück am Womo schaut sich Peter seine Reparatur nochmal an, und ist nicht zufrieden. Da wir hier am Tesco nur drei Stunden parken dürfen, fahren wir jetzt erst einmal tanken. Die Tankstelle ist winzig, aber wir wissen nicht, wie gut die Versorgung auf den Hebriden ist und wie teuer dort der Sprit ist. Haben ist bekanntlich besser als brauchen. Nach dem Tanken geht es nochmal zum Tesco auf den Parkplatz. Wir kaufen nun noch Sekundenkleber, und Peter arbeitet weiter daran, den Dämpfer möglichst fest zu bekommen. Nun laufen wir zum Fähranleger und fragen nach, ab wann wir einchecken können. Gemütlich laufen wir zurück, und machen uns auf dem Weg zur Fähre. Die Spuren, in die man sich einordnen muss, sind hier gar nicht direkt am Anleger, sondern auf der anderen Strassenseite auf einem kleinen Innenhof Parkplatz. Das ist ja wirklich besonders. Wir werden in Reihe 13 eingewiesen, nun haben wir nochmal 1,5 Stunden Zeit und könnten sogar nochmal in die Stadt. Aber wir nutzen die Zeit lieber und planen ein bisschen die kommenden Tage bzw. Peter sucht schon mal einen Übernachtungsplatz für die Nacht. Wir kommen gegen 20.30 Uhr an, bis wir dann von der Fähre sind ist es fast dunkel. Da ist es gut, wenn man schon mal eine Grundorientierung hat. Dann beginnt das Boarding, nun müssen wir alle über die recht gut befahrene Hafenstrasse auf die Fähre, aber die Einwohner kennen das Prozedere, es findet ja zweimal täglich statt. Alle zu boardenden Fahrzeuge schalten ihre Warnblinker an, die Fahrzeuge auf der Strasse halten und lassen entspannt die gut 60-70 Fahrzeuge kreuzen und auf die Fähre fahren. Keiner ist genervt oder hupt, solange wie es dauert dauert es halt. Die Fahrt soll 2,5 Stunden dauern, alle müssen die Fahrzeuge verlassen und die Fahrzeugdecks werden gesperrt. Wir gehen hoch auf Deck 5 und finden ein gemütliches Plätzchen am Fenster. Aber viele flitzen noch eine Treppe weiter rauf. Ich bleibe sitzen, und Peter schaut mal, was es oben noch gibt. Dann bekomme ich eine WhatsApp dass ich hoch kommen soll, Peter hat uns zwei tolle gemütliche Sitze in der Lounge gekapert, und wir sitzen direkt vor einer riesigen Panoramascheibe und haben einen tollen Blick aufs Meer. Zum Ablegen gehe ich kurz auf das Deck und mache noch ein paar Photos von Ullapool und der ablegenden Fähre, dann verkrümel ich mich wieder rein. Peter ist bereits im Gespräch mit einem jungen Mann neben ihm, der gerade auf dem Weg zur Beerdigung seines Großvaters ist. Da er ursprünglich von dort stammt, kennt er sich gut aus und die beiden quatschen die ganze Fahrt, während ich abwechseln den tobenden Wellen zuschaue und zwischendurch auch immer mal wieder ein paar Minuten schlafe. Zwischendurch geht Peter auch Photos machen, aber der Seegang wird langsam heftig, viele an Bord werden übelst seekrank und die Putzkolonnen haben viel zu tun, die Restaurants dafür eher wenig. Peter revanchiert sich mittlerweile bei seinem Sitznachbarn für die Tips zu den Hebriden mit Infos zu München und Köln, denn der Mann hat Tickets für die EM und fliegt für 8 oder 9 Tage mit seinem Bruder und einem Freund nach Deutschland. So vergeht die Fahrt wie im Flug, und wir kommen pünktlich an und erreichen quasi in der Dämmerung Stornoway. Und irgendwie ist es hier ganz anders als erwartet. Stornoway ist viel größer als gedacht, es wirkt alles so unglaublich adrett und gepflegt. Die Strassen sind breiter als auf dem Festland, die Landschaft ist viel flacher als erwartet, aber es ist unglaublich schön. Wir fahren zu einem Parkplatz am Strand von North Tolsta. Es geht steil bergab, bis fast auf Strandniveau, und obwohl schon ein Kastenwagen und mehrere PKW dort stehen, ist für uns noch reichlich Platz. Mit dem letzten Büchsenlicht parken wir und richten uns gemütlich für die Nacht ein. Wir erwartet ist der Parkplatz natürlich ein Funkloch, aber Mama ist vorgewarnt, dass wir hier eventuell mal einen oder auch mehrere Tage nicht erreichbar sind. Morgen schauen wir uns hier mal genauer um.