Die Nacht ist unangenehm, der Sturm ist so stark, dass Tatzel wackelt und bebt und ich fast seekrank werde. Dazu die – zugegebenermaßen – übertriebene Sorge, dass unser Wohnmobil umkippt. Aber zu meiner Verteidigung: Die Böen hatten sicherlich über 100 km/h, das ist wirklich heftig. Auf jeden Fall steht fest, dass die geplante Wanderung am nächsten Tag ausfällt, denn der Weg führt direkt oben auf der Klippe lang, bei dem Sturm ist das unverantwortlich. Nach dem Frühstück wollen wir aber wenigstens mal kurz zum Leuchtturm. Vorher jedoch bin ich so naiv, dass ich meine, ich könnte kurz die Tür öffnen um ein paar Krümel rauszuwerfen. und natürlich fegt mir die erste Böe die Tür aus der Hand und der Gasdruckdämpfer reisst an der Tür ab. So ein Mist, das war unnötig. Peter ist nicht wirklich begeistert, denn die Aufbautüre ist ja aus einem Sandwichprofil, dort die Schrauben wieder ans Halten zu bekommen wird nicht einfach. Ich bin frustriert und ärger mich unglaublich. Dementsprechend ist die Stimmung, als wir uns auf den Weg zum Leuchtturm machen. Ein großes Schild verkündet übrigens, dass der Leuchtturm mitsamt den Nebengebäuden zu mieten ist. Der Sturm ist unglaublich, und wir können uns kaum auf den Beinen halten. Nach 2-3 Photos brechen wir ab, und machen Tatzel abfahrbereit. Wir machen uns nun auf den Weg nach Ullapool, dort geht die Fähre auf die äusseren Hebriden. Wir sind bereits mittags in dem kleinen Hafenstädtchen, und während wir aufs Meer schauen, sehen wir gerade die Vormittagsfähre Richtung Hebriden aus dem Hafen fahren. Wir parken an dem kleinen Tesco und Peter prüft, ob er für die Nachmittagsfähre nach Lewis um 17.30 Uhr noch ein Ticket bekommt. Und wir haben Glück – 5 Minuten und 173 £ später haben wir tatsächlich ein Fährticket für den Nachmittag. Dann geht es in den Laden, dort kaufen wir neben Brot auch eine Tube Klebstoff und Peter versucht, die Schrauben vom Dämpfer irgendwie wieder fest zu bekommen. So richtig vielversprechend sieht es aber nicht aus. Dann laufen wir eine Runde durch den Ort und essen Fish & Chips. Wir sind noch auf der Suche nach Hosenträgern für Peter, denn seine Regenhosen haben keine Gürtelschlaufen und rutscht immer, das ist nervig. Aber egal wo wir schauen – ein Geschäft mit Outdoorkleidung, einem Warehouse (Haushaltsartikel, Angelzubehör, Camping, Lebensmittel, Souvenirs…) – nirgendwo gibt es Hosenträger. Dann kommen wir zu einem Souvenirgeschäft, neben viel Kitsch und dem üblichen Kram aus China haben die auch Unmengen Kleidung aus Tweed, flauschige Fleece Decken im Schottenmuster, Schals, Mützen, Handschuhe und und und. Vielleicht haben die ja tatsächlich welche, Gürtel haben die schliesslich auch. Wir fragen an der Kasse, und einer der beiden Damen fällt ein, dass bei dem Kleinkram aus China auch Hosenträger mit Schottenmuster dabei sind. Die beiden geben sich unglaublich Mühe und suchen, und da sie sich nicht sicher sind, ob das nur für Kinder ist oder auch Erwachsene, packen sie die aus und bitten Peter, unbedingt vorher mal zu probieren, ob die auch passen. Diese schottische Freundlichkeit erleben wir hier wirklich jeden Tag. Die Hosenträger passen wunderbar, kosten 6 £ und glücklich ziehen wir weiter. Zurück am Womo schaut sich Peter seine Reparatur nochmal an, und ist nicht zufrieden. Da wir hier am Tesco nur drei Stunden parken dürfen, fahren wir jetzt erst einmal tanken. Die Tankstelle ist winzig, aber wir wissen nicht, wie gut die Versorgung auf den Hebriden ist und wie teuer dort der Sprit ist. Haben ist bekanntlich besser als brauchen. Nach dem Tanken geht es nochmal zum Tesco auf den Parkplatz. Wir kaufen nun noch Sekundenkleber, und Peter arbeitet weiter daran, den Dämpfer möglichst fest zu bekommen. Nun laufen wir zum Fähranleger und fragen nach, ab wann wir einchecken können. Gemütlich laufen wir zurück, und machen uns auf dem Weg zur Fähre. Die Spuren, in die man sich einordnen muss, sind hier gar nicht direkt am Anleger, sondern auf der anderen Strassenseite auf einem kleinen Innenhof Parkplatz. Das ist ja wirklich besonders. Wir werden in Reihe 13 eingewiesen, nun haben wir nochmal 1,5 Stunden Zeit und könnten sogar nochmal in die Stadt. Aber wir nutzen die Zeit lieber und planen ein bisschen die kommenden Tage bzw. Peter sucht schon mal einen Übernachtungsplatz für die Nacht. Wir kommen gegen 20.30 Uhr an, bis wir dann von der Fähre sind ist es fast dunkel. Da ist es gut, wenn man schon mal eine Grundorientierung hat. Dann beginnt das Boarding, nun müssen wir alle über die recht gut befahrene Hafenstrasse auf die Fähre, aber die Einwohner kennen das Prozedere, es findet ja zweimal täglich statt. Alle zu boardenden Fahrzeuge schalten ihre Warnblinker an, die Fahrzeuge auf der Strasse halten und lassen entspannt die gut 60-70 Fahrzeuge kreuzen und auf die Fähre fahren. Keiner ist genervt oder hupt, solange wie es dauert dauert es halt. Die Fahrt soll 2,5 Stunden dauern, alle müssen die Fahrzeuge verlassen und die Fahrzeugdecks werden gesperrt. Wir gehen hoch auf Deck 5 und finden ein gemütliches Plätzchen am Fenster. Aber viele flitzen noch eine Treppe weiter rauf. Ich bleibe sitzen, und Peter schaut mal, was es oben noch gibt. Dann bekomme ich eine WhatsApp dass ich hoch kommen soll, Peter hat uns zwei tolle gemütliche Sitze in der Lounge gekapert, und wir sitzen direkt vor einer riesigen Panoramascheibe und haben einen tollen Blick aufs Meer. Zum Ablegen gehe ich kurz auf das Deck und mache noch ein paar Photos von Ullapool und der ablegenden Fähre, dann verkrümel ich mich wieder rein. Peter ist bereits im Gespräch mit einem jungen Mann neben ihm, der gerade auf dem Weg zur Beerdigung seines Großvaters ist. Da er ursprünglich von dort stammt, kennt er sich gut aus und die beiden quatschen die ganze Fahrt, während ich abwechseln den tobenden Wellen zuschaue und zwischendurch auch immer mal wieder ein paar Minuten schlafe. Zwischendurch geht Peter auch Photos machen, aber der Seegang wird langsam heftig, viele an Bord werden übelst seekrank und die Putzkolonnen haben viel zu tun, die Restaurants dafür eher wenig. Peter revanchiert sich mittlerweile bei seinem Sitznachbarn für die Tips zu den Hebriden mit Infos zu München und Köln, denn der Mann hat Tickets für die EM und fliegt für 8 oder 9 Tage mit seinem Bruder und einem Freund nach Deutschland. So vergeht die Fahrt wie im Flug, und wir kommen pünktlich an und erreichen quasi in der Dämmerung Stornoway. Und irgendwie ist es hier ganz anders als erwartet. Stornoway ist viel größer als gedacht, es wirkt alles so unglaublich adrett und gepflegt. Die Strassen sind breiter als auf dem Festland, die Landschaft ist viel flacher als erwartet, aber es ist unglaublich schön. Wir fahren zu einem Parkplatz am Strand von North Tolsta. Es geht steil bergab, bis fast auf Strandniveau, und obwohl schon ein Kastenwagen und mehrere PKW dort stehen, ist für uns noch reichlich Platz. Mit dem letzten Büchsenlicht parken wir und richten uns gemütlich für die Nacht ein. Wir erwartet ist der Parkplatz natürlich ein Funkloch, aber Mama ist vorgewarnt, dass wir hier eventuell mal einen oder auch mehrere Tage nicht erreichbar sind. Morgen schauen wir uns hier mal genauer um.