Während ich den Tagesbericht tipper, fängt Peter an zu fluchen. Wir müssen unsere Pläne ändern, den nächsten freien Platz auf der Fähre von Lochmaddy zur Isle of Skye bekommen wir erst für Dienstag spät Nachmittag. So lange wollen wir hier eigentlich nicht bleiben, also muss ein neuer Plan her. Der Sonntag bleibt wie gedacht – da fahren wir einmal North und South Uist ab, und für abends bucht Peter uns einen Campingplatz. Montag vormittag geht es dann zurück über Berneray nach Leverburgh, dann fahren wir eine gute halbe Stunde bis Tarbert und von dort geht nachmittags eine Fähre nach Uig auf Sky. So war es zwar nicht geplant, aber dass wir hier flexibel sein müssen haben wir ja in den letzten drei Wochen schon öfter festgestellt. Die Nacht ist wie immer sehr stürmisch, aber wir schlafen gut und werden mit einem Mix aus Sonne, Regen und Sturm geweckt. Peter nutzt eine kurze Lücke im Regen und füllt AdBlue nach, so langsam wird es Zeit, denn die Warnmeldung gibt an, dass in 400 km das Womo nicht mehr gestartet werden kann. Allerdings hat Peter bewusst lange gewartet, denn dann passen genau 10 l rein und wir können direkt einen ganzen Kanister entsorgen. Das gibt wieder Platz hinten in der Garage. Der „Stellplatz“ hier oberhalb des Strandes gehört einem Farmer, der den Campern nicht nur seine Wiese bereitstellt, sondern sogar große Mülltonnen, einige Sitzbankgarnituren aus Holz und auch Frischwasser bereitstellt, also werfen wir natürlich auch die gewünschten 10 £ in die Honestybox ein. Wir wollen ja, dass auch in Zukunft solche Plätze für uns Camper zur Verfügung gestellt werden. Ich krame drinnen zusammen, da kommt Peter an und macht mich auf ein Grüppchen Frauen aufmerksam, die gerade tatsächlich hier am Strand zum Baden gegangen sind. Eine im Neoprenanzug, die anderen aber einfach nur im Badeanzug. Bei 6°C und Sturm im Atlantik zu schwimmen – Respekt. Meins wäre das wirklich nicht, obwohl ich ja auch eine Wasserratte bin. Wir haben nun alles fertig und starten in den Tag. Peter hat wieder eine spannende Route zusammengestellt, so spannend wie es hier auf Uist halt möglich ist. Wir starten von der Clachan Sands Camping Area und unser erstes Ziel ist der Scolpaig Tower, ein kleiner Turm der im seichten Wasser steht. Die Geschichte dahinter ist sehr lang und interessant, in der Kurzfassung ist der Erbauer ein Gutsbetreiber der jedoch das Volk nicht ausbeutete, sondern während großer wirtschaftlicher Not den Turm bauen lies (der ansonsten keinen Nutzen hat) damit die Bauern wenigstens etwas bezahlte Arbeit hatten. Wir machen ein paar Photos und weiter geht es den nächsten Berg rauf zum St. Kilda Viewing Point. Da es gerade mal wieder regnet und stürmt, ist die Sicht nicht optimal und die Photos eher etwas verwaschen. Wir fahren bis hoch zu den Radaranlagen um zu wenden, und binnen Minuten kommt die Sonne raus, so dass wir beim herunterfahren des Bergs doch noch ein paar sonnenbeschiene Bilder von der Landschaft und dem Atlantik im Hintergrund machen können. Nun beginnt unser Insel-Hopping. Die Inseln sind alle mittels kleiner Deiche verbunden, zum Teil als Single Track, aber einige tatsächlich auch zweispurig ausgebaut. Der nächste Halt ist der Kildonan Beach, allerdings kommen wir gar nicht bis ganz hin, denn der Weg wird plötzlich zum Feldweg, das tun wir uns nicht an. Also wenden und wieder zurück. Nun steht weiteres Insel Hopping an und wir kurven über schmalste Strässchen bis runter zur Insel Eriskay und dort zur Prinz Charlie‘s Bay, das ist der kleine Fährhafen nach Barra. Hier geht es nicht weiter, südlicher kommen wir jetzt ohne Fähre nicht mehr. Also wieder zurück gen Norden. In Kilbride halten wir an, denn wir sehen ein „Open“ Schild an einem Café, drin sind fast alle Tische besetzt und es scheinen nur Einheimische zu sein – das ist ein gutes Zeichen. Wir bestellen natürlich Fish & Chips, denn das muss man hier nun mal ausnutzen. Das Essen ist heiss und gut, allerdings haben wir hier auch schon besseren Fisch gehabt. Aber wir wollen nicht meckern, und gut gestärkt geht es weiter. Nun fahren wir nach Cladh Hallan, dort sind die Überrest von Rundhäusern zu sehen. Der Ort ist anthropologisch sehr wichtig, da dort die ältesten Mumien Europas gefunden wurden, die allerdings immer noch Rätsel aufgeben, da die Erdbestattungen zeitlich hunderte Jahre nach dem Todeszeitunkt erfolgt sein müssen. Wir parken an dem nahegelegtem Friedhof, und natürlich bricht in dem Moment ein Wolkenbruch los, als wir starten wollen. Wir überlegen kurz, den Schauer abzuwarten, aber hier weiss man ja nie, wie lang so ein Schauer dauert. Also Regenjacken an und los geht es. Wir müssen quer über hügelige Wiesen, die von tausenden Kaninchenhöhlen durchlöchert sind. Bei jedem Schritt muss man auf passen, nicht in ein Loch zu treten. Als wir die Steinreste erreichen, hört auch der Regen auf, und wir schauen uns in Ruhe um. Viel zu sehen ist von den Rundhäusern nicht mehr, und die Infotafeln sind so ausgebleicht das man kaum etwas lesen kann. Da muss dann später Wikipedia weiterhelfen. Der Sturm bläst so stark, dass unsere nassen Sachen wieder trockengepustet sind, als wir zurück am Parkplatz ankommen. Das hat ja auch was Gutes. Nun machen wir noch einen Abstecher zum Beinn Mhor Trailhead, dort startet eine 12 km lange Wanderung auf den gleichnamigen Berg. Eigentlich wollten wir die Strecke ein paar Kilometer laufen, aber der Sturm und Regen schreckt uns dann doch ab und wir machen uns auf den Weg zum Moorcroft Campingplatz. Als wir auf den Platz fahren, sehen wir schon ein Reserviert Schild mit unserem Namen. Wie immer tobt auch hier der Sturm, und beim Aussteigen reisst es Peter seinen Sonnenclip von der Brille, das Glas fällt raus und der Clip bricht. Zum Glück haben wir ja jetzt Sekundenkleber, hoffentlich kann er es reparieren. Binnen weniger Minuten hängen wir am Strom und ich starte erst einmal die Nespresso Maschine. Dann rufen wir kurz bei Mutter an, bevor wir den kleinen aber feinen Platz erkunden. Es gibt hier eine tolle große und komplett ausgestatte Gemeinschaftsküche, und der Korb mit übriggebliebenen Lebensmitteln ist voll mit frischen Kartoffeln, an denen sich jeder gerne bedienen soll. Da hier fast nicht los ist, und bevor alles wegfault, nehmen wir das Angebot gerne an, also gibt es heute Abend Bratkartoffeln. Speck und Zwiebeln und reichlich Bratwurst haben wir, das wird ein Festmahl. Aber ich gehe nun erst einmal an die Tastatur, während Peter schon mal duschen geht.
eowynrohan am 14. April 2024